Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2015 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 6 K 323/14 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt, fallen den Klägern zur Last.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.492,54 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor näher bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens zutreffend bejaht und dieses ebenso wie den Antrag auf Erstattung der den Klägern im Vorfeld der Klage außergerichtlich entstandenen Kosten als unbegründet abgewiesen. Die streitige Teilfläche des städtischen Grundstücks mit der Parzellenbezeichnung 522/37 sei keine öffentliche Straße im Sinne des § 2 Abs. 1 SStrG. Eine sich auf die K.-Gasse beziehende Widmungsverfügung sei nach den Recherchen des Beklagten nie erfolgt und die Voraussetzungen einer Widmungsfiktion nach Maßgabe des § 63 SStrG bzw. einer Widmung kraft „unvordenklicher Verjährung“ lägen in Bezug auf die streitige Teilfläche nicht vor. Die Annahme einer Widmungsfiktion setze – wie im Einzelnen ausgeführt wird – zumindest voraus, dass tatsächliche Vorgänge belegten, dass es bereits vor Inkrafttreten des Saarländischen Straßengesetzes am 13.2.1965 dem Willen der drei klassischen Widmungsbeteiligten entsprochen habe, dass ein Weg dem öffentlichen Verkehr dienen solle. Vorliegend sei schon nicht ersichtlich, dass das streitige Parzellenstück damals äußerlich als auf Dauer angelegte Wegeanlage erkennbar gewesen sei. Gegenteiliges ergebe sich nicht aus den zur Akte gereichten Auszügen aus dem Liegenschaftskataster bzw. dem Dokument des Stadtvermessungsamtes vom 12.8.1954, in denen die Parzelle jeweils in ihrer gesamten Ausdehnung als „K.-Gasse“ bezeichnet sei. Eine vom Willen der Widmungsbeteiligten getragene Bestimmung, dem öffentlichen Verkehr - zumal in der gesamten Ausdehnung - zu dienen, könne allein durch solche Eintragungen nicht belegt werden. Auch dass die hinteren - unbebauten Grundstücke – nur über die streitige Fläche zu erreichen gewesen seien, vermittle dieser nicht die Bestimmung, dem öffentlichen Verkehr zu dienen, und das derzeitige Vorhandensein eines Halteverbotsschilds und einer Straßenlaterne am Ende des als öffentliche Straße ausgebauten Teils der Grundstücksparzelle erlaube ebenfalls keine Rückschlüsse auf die Zweckbestimmung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Saarländischen Straßengesetzes. Selbst wenn das sich am Ende der Sackgasse befindliche Teilstück schon damals von den Anliegern und ihren Besuchern begangen bzw. zum Rangieren von Fahrzeugen genutzt worden sei, belege dies nicht, dass dort ein vom Willen der Widmungsbeteiligten getragener öffentlicher Verkehr stattgefunden habe. Insbesondere gebe es keinerlei Erkenntnisse darüber, dass die Gemeinde als wegeunterhaltspflichtiger Widmungsbeteiligter jemals Maßnahmen zur Instandsetzung bzw. Unterhaltung der Fläche als öffentliche Verkehrsfläche durchgeführt habe. Vielmehr spreche der Sach- und Streitstand gerade für die gegenteilige Annahme, es habe sich seit jeher um eine (brachliegende) Grünfläche gehandelt, so dass auch ein Vorliegen der Voraussetzungen des gewohnheitsrechtlichen Instituts der unvordenklichen Verjährung ausgeschlossen sei. Die mangelnde Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten folge unabhängig von der Erfolglosigkeit des Feststellungsbegehrens bereits aus dem Nichteingreifen des § 80 Abs. 1 Satz 1 SVwVfG.
Das nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO den Umfang der vom Senat im Zulassungsverfahren vorzunehmenden Prüfung begrenzende Vorbringen der Kläger in ihrem Schriftsatz vom 26.10.2015 ist auch unter ergänzender Berücksichtigung ihrer späteren Ausführungen in ihren Schriftsätzen vom 22. und 30.12.2015 nicht geeignet, die behaupteten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung darzulegen.
Wenngleich die Sorge der Kläger, dass die Benutzung ihrer Doppelgarage erheblich beeinträchtigt würde, wenn der Beigeladene die ihm vermietete Fläche in ihrer vollen Ausdehnung zum Abstellen von Fahrzeugen nutzen bzw. sie anderweitig am Überfahren der ersten Meter dieser Fläche hindern würde, nach den zur Akte gereichten Fotos der Örtlichkeit nachvollziehbar ist, steht dies der Ergebnisrichtigkeit des angegriffenen Urteils nicht entgegen. Denn zu entscheiden war und ist über die Frage, ob das hintere Teilstück der Parzelle 522/37 die Rechtsnatur einer öffentlichen Straße besitzt, was unter den gegebenen Umständen allein davon abhängt, ob dieses Teilstück im Sinne des § 63 Satz 1 SStrG vor Inkrafttreten des Saarländischen Straßengesetzes dem öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt war. Dafür, dass ein Eingreifen dieser Widmungsfunktion ernstlich in Betracht zu ziehen und daher eine Klärung in einem Berufungsverfahren herbeizuführen wäre, sind indes keine hinreichenden Anhaltspunkte dargetan. Die Sicherstellung der Benutzbarkeit der Garage der Kläger betrifft das nachbarrechtliche Verhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten bzw. dem Beigeladenen. Sollten insoweit - entgegen der Bekundungen des Beigeladenen, wie sie in der Verwaltungsakte dokumentiert sind - Schwierigkeiten auftreten, bedürfte es einer Regelung innerhalb dieses nachbarrechtlichen Verhältnisses.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen, wenn gegen die Richtigkeit der Entscheidung nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.(BVerfG, Beschlüsse vom 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163 f., und vom 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 -, NJW 2004, 2511)
Die Kläger machen geltend, es gebe durchaus tatsächliche Umstände, die erkennen ließen, dass die städtische Parzelle vor dem 13.2.1965 auch in ihrem hinteren Teil ein konkludent gewidmeter öffentlicher Weg gewesen sei. Ohne Erfolg beziehen sie sich diesbezüglich auf den bereits in erster Instanz vorgelegten Katasterauszug vom 12.8.1954, hinsichtlich dessen das Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt hat, dass die Eintragung eines Wegenamens in einem Katasterauszug keinen Rückschluss darauf erlaubt, ob die klassischen Widmungsbeteiligten – der Grundstückseigentümer, der Wegeunterhaltspflichtige und die Wegepolizeibehörde – zur Zeit der Erstellung des Katasterauszugs übereinstimmend der Auffassung waren, dass die Parzelle in voller Länge dem allgemeinen Verkehr dienen solle.(vgl. zur Problematik der „Öffentlichkeit“ eines Weges auch Beschluss des Senats vom 6.9.2010 – 1 A 15/10 -, juris) Im Übrigen ist die gesamte Parzelle auch in dem am 1.4.2015 erstellten Auszug aus dem Liegenschaftskataster (Bl. 103 d.A.) mit der Eintragung „K.-Gasse“ versehen, obwohl keinem Zweifel unterliegt, dass das hintere Teilstück zumindest seit geraumer Zeit nicht als Verkehrsfläche angelegt ist. Dies verdeutlicht, dass die Eintragung von Straßennamen in Katasterauszügen keinen Rückschluss auf die aktuellen tatsächlichen Verhältnisse in der Örtlichkeit erlaubt.
Auch das mit dem Zulassungsantrag vorgelegte Schriftstück des königlichen Katasteramtes vom 28.8.1907 vermag dem klägerischen Anliegen nicht zum Erfolg zu verhelfen. Es beinhaltet einen handgezeichneten Auszug aus der Grundsteuergemarkungskarte, nach dem die verfahrensgegenständliche städtische Parzelle noch die Parzellenbezeichnung 3205/522 trug. Sie ist – ebenso wie in dem späteren Katasterauszug von 1954 – in ihrer ganzen Ausdehnung als „K.-Gasse“ bezeichnet und die eingetragene Bebauung endete rechts und links der Straße mit den nunmehr von den Klägern bzw. dem Beigeladenen bewohnten Häusern. Auch diese Handzeichnung und die textlichen Angaben auf dem Schriftstück erlauben keine Rückschlüsse darauf, dass die Parzelle damals in ihrer gesamten Ausdehnung dem öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt war. Die hinteren rechts und links gelegenen Privatgrundstücke waren unbebaut und sind dies heute noch. Ein für Wohnbebauung typischer Anliegerverkehr kann mithin damals in Bezug auf die hinteren Grundstücke auf dem fraglichen Parzellenstück nicht stattgefunden haben.
Zwar trifft sicherlich zu, dass die spätere Zusammenlegung dieser Grundstücke mit den jeweils benachbarten bebauten Grundstücken eine Entwidmung nicht bewirken konnte, allerdings ersetzt diese Erkenntnis nicht die Feststellung, dass das fragliche Parzellenstück vor der Zusammenlegung und vor allem vor dem 13.2.1965 gewidmet war bzw. seither als gewidmet gilt.
Dass die Parzelle 522/37 in ihrem hinteren Teil vor dem 13.2.1965 als öffentliche Straße in einem den damaligen Gepflogenheiten genügenden Ausbauzustand angelegt war, erscheint nach Aktenlage auch mit Blick darauf fernliegend, dass sie auf der Oberkante einer Böschung endet. Das sich dahinter anschließende Gelände liegt, wie sich aus den anlässlich der Ortsbesichtigung seitens des Verwaltungsgerichts gefertigten Fotos der Örtlichkeit erschließt, deutlich tiefer. Die Kläger bestätigen dies, indem sie vortragen, das natürliche Ende der K.-Gasse sei ein Abhang. Beklagtenseits ist hierzu in der Antragserwiderung vorgetragen, es handele sich um einen Höhenunterschied von ca. 10 m. Dieser Schätzung sind die Kläger nicht entgegengetreten. Angesichts dessen scheidet eine frühere Nutzung des hinteren Parzellenteils als Verbindungsweg zum weiteren öffentlichen Verkehrsnetz realistischerweise aus. Nimmt man des Weiteren in den Blick, dass die beiden an das Parzellenende rechts und links angrenzenden – früher selbständigen – Grundstücke nicht bebaut sind, spricht nichts für die Annahme, die Parzelle sei Anfang 1965 in ihrer gesamten Länge in dem damals für Anbau- oder Verbindungsstraßen üblichen Zustand, wie er im vorderen Teil vorhanden war, hergestellt gewesen.
Es besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass das streitige Teilstück Anfang 1965 von seinem äußeren Erscheinungsbild nicht als öffentliche Straße ausgebaut und nicht dem öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt gewesen war.
Der beklagtenseits vorgelegte Auszug aus dem vom Historischen Verein der Stadt A-Stadt herausgegebenen Straßenlexikon A-Stadt aus dem Jahr 2009 bestätigt, dass der hintere Teil der streitigen Parzelle in früheren Jahren nicht als öffentliche Straße ausgebaut war. Es heißt dort, die Anlegung der Straße sei wohl schon 1879 geplant worden, 1885 sei das – nunmehr im Eigentum der Kläger stehende - Haus Nr. 3 als erstes Wohnhaus gebaut worden. Die Sackgasse habe nur vier Wohnanwesen und sei ca. 50 m lang. Diese Längenangabe entspricht relativ genau der Länge des nicht im Streit befindlichen Teils der städtischen Parzelle 522/37, wie sich aus der im Maßstab 1:250 gefertigten Anlage zu dem Mietvertrag mit dem Beigeladenen ergibt.
Soweit die Kläger bekräftigen, die beiden an den streitigen Parzellenteil angrenzenden Grundstücke seien Baugrundstücke gewesen, kann offenbleiben, ob diese sehr kleinen – die Parzelle 3200/522 war ausweislich des Veränderungsnachweises aus dem Jahr 1964 142 qm groß - und unmittelbar am Abhang gelegenen Grundstücke einer Bebauung zugänglich gewesen wären, und ob der als öffentliche Straße ausgebaute Teil der K.-Gasse, wäre ein Bauvorhaben rechtzeitig vor Inkrafttreten des Saarländischen Straßengesetzes in Gang gesetzt worden, dem Rechnung tragend noch vor diesem Zeitpunkt bis zum Ende der Parzelle verlängert worden wäre. Denn zu einer solchen Entwicklung kam es nicht und daher verbleibt es bei der Maßgeblichkeit der aktenkundigen Erkenntnisse, nach denen der Ausbau der K.-Gasse als öffentliche Straße zum Stichtag mit dem Abschluss der Wohnbebauung mit den Hausnummern 3 und 4 endete. Eine etwaige Zweckbestimmung, dem öffentlichen Verkehr zu dienen, ergibt sich insbesondere nicht aus der vorgelegten Erklärung einer früheren Eigentümerin des Anwesens der Kläger, die bekundet, der hintere Teil der Straße sei von Eigentümern, Mietern und Besuchern schon in den 50iger Jahren zum Befahren und Abstellen von Fahrzeugen genutzt worden. Der Senat bezweifelt dies nicht. Auch ein jahrelanges oder jahrzehntelanges faktisches Befahren einer brachliegenden – keinerlei weitere Verbindung zu dem übrigen öffentlichen Verkehrsnetz der Gemeinde herstellenden und nicht als Straße angelegten – Fläche seitens der Anlieger und ihrer Besucher zwecks des dortigen Parkens bzw. zum Wenden ihrer Fahrzeuge ersetzt nicht das Mindesterfordernis eines zumindest „primitiven“ Ausbauzustands und das spätestens Anfang 1965 erforderliche Einvernehmen der klassischen Widmungsbeteiligten, dass die Fläche mit allen rechtlichen Konsequenzen – wie etwa dem Bestehen von Instandsetzungs- und Unterhaltungspflichten – dem öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt sei. In diesem Zusammenhang deutet im Übrigen der Vortrag der Kläger, sie hätten die fragliche Fläche bis zur Vermietung an den Beigeladenen von Unkraut freigehalten, darauf hin, dass sie eine insoweit bestehende Unterhaltungspflicht der Beklagten, deren Erfüllung angemahnt werden könnte, wohl selbst nicht in Betracht gezogen haben. Ohne Relevanz ist schließlich der Zeitpunkt, zu dem der Bordstein am Ende der Fahrbahn angebracht worden ist. Dass 1965 gegebenenfalls eine Schlussbefestigung der Fahrbahn fehlte, besagt nicht, dass die Fahrbahn in früheren Jahren länger als nunmehr gewesen wäre. Schließlich heißt es auch in der klägerseits vorgelegten Erklärung einer früheren Eigentümerin nur, der Bürgersteig links sei damals weiter nach hinten gegangen, etwa bis zum Kirschbaum, was gerade zum Ausdruck bringt, dass es einen vollständigen Ausbau der Parzelle als Straßenfläche weder in voller Länge noch in voller Breite gab.
Aus welchen Gründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Ablehnung ihres Erstattungsbegehrens bestehen sollten, ist klägerseits nicht dargelegt.
Nach alldem ist der Antrag auf Zulassung der Berufung vollumfänglich mit der Kostenfolge aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 3 und Abs. 1, 52 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.