Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 2 B 52/18

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 29. Januar 2018 – 6 L 22/18 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die 1993 geborene Antragstellerin, marokkanische Staatsangehörige, heiratete im April 2015 in Marokko den deutschen Staatsangehörigen Q.. Im Februar 2016 reiste die Antragstellerin mit einem in Rabat ausgestellten Visum zur Familienzusammenführung in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielt anschließend von der Ausländerbehörde in A-Stadt eine bis zum 21.3.2019 gültige Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.

Rund sechs Monate nach ihrer Einreise, am 2.8.2016, stellte der Ehemann der Antragstellerin während eines Aufenthaltes in Marokko beim Amtsgericht Ou. einen Ehescheidungsantrag wegen zerrütteter ehelicher Lebensgemeinschaft. Im Januar 2017 erfolgte dort die Scheidung der Ehe.

Im Rahmen der Anhörung zu einer vom Antragsgegner nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG beabsichtigten nachträglichen Befristung ihrer Aufenthaltserlaubnis trugen die ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Wesentlichen vor, die Antragstellerin habe nach Übersiedlung nach Deutschland im Februar 2016 gemeinsam mit ihrem Ehemann im Anwesen von dessen Familie zusammengelebt. Sie sei von ihren Ehemann und dessen Familie ständig verbal und körperlich verletzt worden. Ihre Funktion habe sich darauf reduziert, zu putzen, zu kochen und zu bedienen; sie habe wie eine „Sklavin“ in dem Haushalt gelebt. Im Sommer 2016 habe ihr Ehemann entschieden, dass sie in Begleitung seiner Eltern zu Urlaubszwecken nach Marokko fliege. Nach ihrer Ankunft habe sie feststellen müssen, dass der Urlaubszweck nur vorgeschoben gewesen sei. Ihr Ehemann habe ihr die Ausweisdokumente abgenommen und ihr mitgeteilt, sich scheiden lassen zu wollen. Er habe erklärt, sie müsse in Marokko bleiben und dürfe nicht mehr zurück nach Deutschland. Im August 2016 sei sie gleichwohl nach Deutschland zurückgekehrt. Sie sei aufgrund des Erlebten psychisch angeschlagen, weshalb auch eine ärztliche Behandlung erforderlich sei. Ihr drohten als getrennt lebende bzw. geschiedene Ehefrau im Heimatland erhebliche Nachteile. Ihre Eltern hätten erklärt, sie auf keinen Fall mehr aufnehmen zu wollen. Aus diesem Grund beantrage sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 2 AufenthG.

Seit ihrer Rückkehr nach Deutschland im August 2016 hielt sich die Antragstellerin nach ihren Angaben im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren - 20 Js 1467/16 -, das aufgrund ihrer Strafanzeige vom 18.10.2016 gegen ihren Ehemann wegen des Verdachts der häuslichen Gewalt (hier: gefährliche Körperverletzung und Beleidigung) eingeleitet wurde, in einem Frauenhaus auf.

Mit Bescheid vom 8.11.2017 befristete der Antragsgegner die Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin nachträglich bis zum 17.11.2017 (Nr. 1) und lehnte den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab (Nr. 2). Die Antragstellerin wurde zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen, vom Erhalt des Bescheides an gerechnet, aufgefordert (Nr. 3). Für den Fall der nicht rechtzeitigen Ausreise wurde ihr die Abschiebung nach Marokko oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht (Nr. 4). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf drei Jahre befristet (Nr. 5). Die sofortige Vollziehung der Verfügung wurde angeordnet (Nr. 6). In der Begründung des Bescheids heißt es, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG habe die Antragstellerin nicht erwerben können, da die Lebensgemeinschaft nicht drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe. Es sei auch keine besondere Härte ersichtlich, weshalb die Dreijahresfrist nicht unbeachtlich sei. Bis auf die zurückliegenden 20 Monate habe die Antragstellerin 22 Jahre lang in E. gelebt, einer Kleinstadt mit über 30.000 Einwohnern, die eher nicht zu den ländlich geprägten Gemeinden Marokkos zähle. Zwar spiele dem aktuellen Lagebericht zufolge der Einfluss der Traditionen und damit der religiösen Elemente gerade im ländlichen Bereich Marokkos eine große Rolle, die Lebenssituation für alleinstehende (oft geschiedene) Frauen sei im großstädtischen, westlich geprägten Bereich jedoch eher unproblematisch. Die geschilderten Übergriffe des Ehemannes hätten die Antragstellerin nicht bewogen, sich von ihrem Ehemann zu trennen, die Antragstellerin sei nach eigenem Bekunden von der Trennungsabsicht des Ehemannes „überrascht“ gewesen. Atteste über notwendige Behandlungen seien nie vorgelegt worden.

Die Antragstellerin hat am 7.12.2017 Widerspruch gegen die Verfügung des Antragsgegners erhoben und am 16.2.2018 beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gestellt. Unter Wiederholung und Ergänzung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren hat sie vorgetragen, sie habe ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 2 AufenthG erworben, da dies zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich sei. Sie stamme aus einer äußerst konservativen Familie aus Marokko. Durch die Scheidung sei die Ehre ihrer Familie in hohem Maße beschädigt. Ihr werde daher nicht erlaubt, zu ihrer Familie, die ihr Vorwürfe mache, zurückzukehren. In der Familie ihres Ehemannes sei sie wie eine Sklavin gehalten und ständig verbal und körperlich misshandelt worden. Konkret benennen und schildern könne sie einen Vorfall Ende Juni 2016 in der gemeinsamen Wohnung. Damals habe ihr Ehemann zunächst eine Pfanne so auf den Herd aufgeschlagen, dass heißes Fett herausgespritzt sei und sie verbrannt habe. Anschließend habe er sie angegriffen und getreten. Die Antragstellerin legte ein in Marokko am 29.7.2016 ausgestelltes Attest vor, in dem u.a. eine Brandnarbe am rechten Handgelenk, Spuren von Prellungen und eine Narbe am rechten Knie aufgeführt sind. Zwischenzeitlich habe sie sich in psychiatrische Behandlung begeben. Die Diagnose im eingereichten Arztbrief vom 23.11.2017 lautet auf schwere Depression, Anpassungsstörung sowie Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung. Sie habe zwischenzeitlich beim Amtsgericht - Familiengericht - A-Stadt ihrerseits ein Scheidungsverfahren anhängig gemacht. In Deutschland tue sie alles dafür, sich zu integrieren. Im Mai 2017 habe sie das Zertifikat „Deutsch - Test für Zuwanderer“ mit dem Ergebnis B1 erworben. Ferner habe sie ein Praktikum in der Altenpflege absolviert und wolle in diesem Bereich eine Ausbildung durchlaufen. Ein Ausbildungsvertrag sei ihr von der K. Diakonie in Aussicht gestellt worden. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags hat die Antragstellerin eidesstattliche Versicherungen vom 8.1.2018 und vom 5.3.2018 eingereicht.

Das Verwaltungsgericht hat das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin in dem Beschluss vom 29.1.2018 - 6 L 22/18 - zunächst dahingehend ausgelegt, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ausschließlich gegen die Ablehnung auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 2 AufenthG (Nr. 2 des Ausgangsbescheides) sowie die Abschiebungsandrohung (Nr. 4 des Ausgangsbescheides) gerichtet ist, und den Antrag insoweit unter Verweis auf mangelnde Erfolgsaussichten des Widerspruchs zurückgewiesen. Nach der derzeitigen Erkenntnislage sei nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 31 Abs. 2 AufenthG habe. Ehebezogene Nachteile habe die Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Marokko nicht zu befürchten. Soweit sie auf das Verhalten ihrer Familie abstelle, erschöpfe sich der Vortrag in der Behauptung, ihre Familie sei sehr konservativ und nach der Verheiratung froh gewesen, sie loszuwerden, deshalb würde sie von ihrer Familie nicht mehr aufgenommen. Es spreche vorliegend nichts dagegen, dass die Antragstellerin als erwachsene, kinderlose Frau eine Existenz auch ohne Unterstützung ihrer Familie in Marokko in einem anderen, westlicher und städtischer geprägten Landesteil führen könnte. Der Antragstellerin sei ein Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft auch nicht unzumutbar i.S. des § 31 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AufenthG gewesen. Sie habe zunächst angegeben, ständig Misshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein. Konkret näher dargelegt habe sie allerdings lediglich ein Ereignis Ende Juni 2016. Zwar ließen sich dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren und auch auf der Basis der vorgelegten Arztberichte durchaus Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Antragstellerin möglicherweise mit Verhaltensweisen ihres Ehemannes konfrontiert worden sei, die sie als unzumutbar empfunden haben mag. Ein tatsächlicher Nachweis von Misshandlungen durch den früheren Ehemann könne indes nicht festgestellt werden. Ihr damaliger Ehemann habe jegliche Misshandlungsvorwürfe der Antragstellerin in seiner polizeilichen Vernehmung vom 12.12.2016 (Bl. 24 der Strafverfahrensakte - 20 Js 1467/16 -) zurückgewiesen. Der vorgelegte Arztbrief des Medizinischen Versorgungszentrums S. GmbH vom 23.11.2017 reiche als Nachweis für tatsächliche Misshandlungen nicht aus, da er maßgeblich auf den Schilderungen der Antragstellerin gegenüber dem Arzt beruhe. Die ärztliche Untersuchung in Marokko sei erst am 29.07.2016 und damit rund einen Monat nach dem Vorfall erfolgt. Dokumentiert seien allgemein gehaltene unspezifische Verletzungsbilder. Schließlich habe auch die Staatsanwaltschaft A-Stadt das Ermittlungsverfahren 20 Js 1467/16, das die Antragstellerin mit ihrer Anzeige erst am 18.10.2016 und mithin rund vier Monate nach dem letzten Vorfall sowie rund zwei Monate nach ihrer Rückkehr nach Deutschland angestrengt habe, mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt. Die Frage, ob physische und/oder psychische Misshandlungen der Antragstellerin durch ihren damaligen Ehemann erfolgt seien, könne letztlich offen bleiben, da die Härteklausel nämlich dann nicht eingreife, wenn eine ausländische Ehefrau trotz etwaiger tätlicher oder sonstiger Übergriffe ihres Ehemannes an der Ehe fest halte und die Trennung aus anderem Grund erfolge. Daher müsse die eheliche Lebensgemeinschaft regelmäßig durch den (ausländischen) Ehegatten, der das eigenständige Aufenthaltsrecht für sich beanspruche, beendet werden und nicht durch den stammberechtigten Ehegatten. Die Trennung sei nicht von der Antragstellerin, sondern von ihrem Ehemann ausgegangen. Im Übrigen habe sie entgegen ihrem Vorbringen auch unter dem Aktenzeichen 128 F 20/17 des Amtsgerichts -Familiengericht- A-Stadt nicht selbst ein Scheidungsverfahren anhängig gemacht. Sie habe vielmehr einen Antrag auf Trennungsunterhalt gestellt. Damit habe sie einen Trennungswunsch nicht kundgetan oder gar rechtlich erheblich umsetzen wollen.

Gegen diesen der Antragstellerin am 5.2.2018 zugestellten Beschluss richtet sich die am 16.2.2018 bei Gericht eingegangene Beschwerde der Antragstellerin, die am 5.3.2018 begründet wurde.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29.1.2018 - 6 L 22/18 - bleibt erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung des Antragsgegners hinsichtlich der Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 2 AufenthG (Nr. 2 des Ausgangsbescheides) sowie gegen die Abschiebungsandrohung (Nr. 4 des Ausgangsbescheides) vom 8.11.2017 anzuordnen. Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang abschließend bestimmende Vorbringen in der Beschwerdebegründung vom 5.3.2018 und ergänzend in dem Schriftsatz vom 15.3.2018, das in der Sache eine Vertiefung des bisherigen Vorbringens der Antragstellerin enthält, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens in der Hauptsache.

Die Antragstellerin kann die Erteilung einer (eheunabhängigen) Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 AufenthG kann nicht beanspruchen. Die ausnahmsweise ein Absehen von der hier bei weitem nicht erfüllten Mindestbestandszeit der ehelichen Lebensgemeinschaft nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG rechtfertigende und durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vermeidbare „besondere“ Härte bezogen auf den Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft(vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 4.6.2010 – 2 B 86/10 –, SKZ 2010, 223, Leitsatz Nr. 49; juris) liegt hier offensichtlich nicht vor. Das hat das Verwaltungsgericht sowohl mit Blick auf Schwierigkeiten bei einer Rückkehr der Antragstellerin nach Marokko (§ 31 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. AufenthG) als auch hinsichtlich des von ihr behaupteten Verhaltens ihres mittlerweile geschiedenen Ehemanns (§ 31 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AufenthG) richtig festgestellt.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann dem Ausländer oder der Ausländerin das Vorliegen einer „besonderen“ Härte im Rahmen der Geltendmachung eines eigenständigen nachehelichen Aufenthaltsrechts nach § 31 Abs. 2 AufenthG unter dem Aspekt der notwendigen Rückkehr in das Heimatland nur ausnahmsweise dann zugebilligt werden, wenn die von ihm/ihr zu gewärtigenden Schwierigkeiten der Wiedereingliederung in die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Herkunftslandes deutlich über die damit naturgemäß regelmäßig verbundenen Probleme hinausgehen. Daher ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer und individuellen Integrationsleistungen speziell mit Blick auf geltend gemachte Rückkehrschwierigkeiten eine besondere Härte nur anzunehmen, wenn im Einzelfall über die regelmäßig mit der Aufenthaltsverlagerung in ein anderes Land verbundenen Schwierigkeiten hinaus besondere Umstände vorliegen, aus denen heraus die Ausreisepflicht den konkreten Ausländer oder die Ausländerin ungleich härter trifft als andere in vergleichbarer Situation. Die alle Rückkehrer bzw. Rückkehrerinnen gleichermaßen treffenden typischen Rückkehreffekte können die Ausreisepflicht von vornherein nicht über das Merkmal der „besonderen Härte“ in § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG suspendieren.(vgl. Beschluss des Senats vom 24.2.2011 - 2 B 17/11 -, juris m.w.N.)

Angesichts der konkreten Fallumstände ist nicht ersichtlich, dass die bei der Rückkehr nach Marokko zu erwartenden Schwierigkeiten für die Antragstellerin nach Art und Schwere so erheblich sind, dass die Versagung der Aufenthaltserlaubnis als nicht mehr vertretbar erscheinen würde. Schwierigkeiten bei der Reintegration dürfte die heute 24 Jahre alte Antragstellerin, die bis 2016, also bis zu ihrem 22. Lebensjahr, in einer marokkanischen Kleinstadt in der Provinz T. gelebt hat, nicht haben, denn sie hat nahezu ihr ganzes Leben in Marokko zugebracht. Von daher fällt die im Verhältnis dazu kurzzeitige Aufenthaltsdauer der Antragstellerin in Deutschland nicht wirklich ins Gewicht. Auch bedeutende verfestigende Integrationsleistungen sind - auch unter Berücksichtigung des von der Antragstellerin erworbenen Sprachzertifikats und der Absolvierung eines Praktikums in der Altenpflege - nicht zu verzeichnen.

Eine Unzumutbarkeit der Rückkehr ergibt sich mit Blick auf die allgemeine Situation in Marokko auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragstellerin nach einer gescheiterten Ehe als Frau alleine zurückkehren würde. Dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10.3.2017 zufolge bestehen zwar insbesondere im ländlichen Bereich gesellschaftliche Zwänge aufgrund traditioneller Einstellung fort.(dort Seite 14) Dass speziell geschiedene Frauen in Marokko Übergriffen oder ähnlichen Maßnahmen ausgesetzt wären, lässt sich der Auskunftslage aber nicht entnehmen. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Antragstellerin als erwachsene alleinstehende Frau in Marokko leben kann, wenn auch an anderen Stellen als ihrem Herkunftsort, sofern es zutreffen sollte, dass sie von ihrer Familie verstoßen würde. Aufgrund ihres Bildungsniveaus, die Antragstellerin hat in Marokko das Abitur abgelegt und Islam-Wissenschaften studiert(vgl. Eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin vom 5.3.2018), sollte sie in der Lage sein, sich auch ohne familiäre Unterstützung eine Lebensgrundlage zu sichern.

Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde geltend macht, sie sei von ihren Eltern „zwangsverheiratet“ und von ihrem Ehemann ständig misshandelt, geschlagen und beschimpft worden, begründet dies keine besondere Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AufenthG. Danach ist eine besondere Härte auch dann anzunehmen, wenn dem Ehegatten wegen einer Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange ein Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Das lässt sich im Fall der Antragstellerin nicht feststellen. Die Antragstellerin hat auch im Beschwerdeverfahren nicht mit der notwendigen Gewissheit glaubhaft machen können, dass die Misshandlungen tatsächlich stattgefunden haben. Ihre Einlassung, die Misshandlungen des Ex-Ehemannes seien so vielfältig gewesen, dass sie sich im Einzelnen - mit Ausnahme des Vorfalls Juni 2016 - nicht mehr an sie erinnern könne,(vgl. eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin vom 5.3.2018) ist wenig aussagekräftig. Ihre Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom 5.3.2018 stehen außerdem in Widerspruch zu der Aussage ihres früheren Ehemannes, der bei seiner polizeilichen Vernehmung vom 12.12.2016 jegliche Misshandlungsvorwürfe der Antragstellerin zurückgewiesen hat. Die Staatsanwaltschaft A-Stadt hat das Ermittlungsverfahren, das die Antragstellerin rund vier Monate nach dem letzten Vorfall sowie rund zwei Monate nach ihrer Rückkehr nach Deutschland angestrengt hat, mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt(vgl. Verfahren 20 Js 1467/16, Seite 43). Auch die eingereichten ärztlichen Stellungnahmen sind nicht geeignet, die behaupteten Vorfälle zu belegen. Das hat das Verwaltungsgericht im einzelnen herausgestellt, indem es darauf hingewiesen hat, dass der vorgelegte Arztbrief vom 23.11.2017 des MVZ S. GmbH als Nachweis für die behaupteten Misshandlungen nicht ausreicht, weil er maßgeblich auf den Schilderungen der Antragstellerin gegenüber dem Arzt beruht und die erstmalige persönliche Vorstellung der Antragstellerin beim ausstellenden Arzt erst am 27.4.2017 erfolgte, zu einem Zeitpunkt, in dem sie aber bereits rund acht Monate von ihrem früheren Ehemann getrennt lebte. Bemerkenswert ist außerdem, dass die Antragstellerin auch in zeitlicher Nähe zu dem den Vorwurf der Misshandlung begründenden Vorfall Ende Juni 2016 keinen Arzt aufgesucht hat, sondern erst rund einen Monat später in zeitlichem Zusammenhang mit der Bekanntgabe der Trennungsabsicht durch ihren damaligen Ehemann. Dokumentiert sind in dem auf dieser Untersuchung beruhenden ärztlichen Attest vom 26.8.2016 nur allgemein gehaltene unspezifische Verletzungsbilder.

Selbst wenn man anders als das Verwaltungsgericht den Umstand, dass nicht die Antragstellerin sondern ihr Ehemann die Scheidung herbeigeführt hat, nicht als entscheidend ansehen wollte(vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 17.1.2007 – 7 TG 2908/06 –, wonach der Umstand, dass nicht der das eigenständige Aufenthaltsrecht begehrende Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft beendet hat, weder notwendig bedeutet, dass ihm das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft zumutbar gewesen ist, noch dieser Umstand ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal ist, das ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten nach § 31 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. AufenthG ausschließt; juris), fiele bei der Würdigung, ob der Antragstellerin das Festhalten am Fortbestand der Ehe unzumutbar war, ins Gewicht, dass sie selbst unmittelbar nach den behaupteten Vorfällen keine Veranlassung gesehen hatte, sich von ihrem Ehemann zu trennen, sondern an der Ehe festhalten wollte, also subjektiv gerade nicht von der Unzumutbarkeit der Fortführung der Ehe ausgegangen ist.

Durchgreifende Anhaltspunkte für eine „besondere“ Härte in dem Sinne, dass die Versagung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts für die Antragstellerin als nicht mehr vertretbar bewertet werden müsste, sind nach alledem nicht dargetan.

Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragstellerin ist daher für die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 47 GKG, wobei eine Halbierung des Auffangstreitwertes gerechtfertigt erscheint.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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