Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (4. Senat) - 4 M 71/15

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

1

Die statthafte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu Recht abgelehnt, weil der Antragsteller nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung einen Anordnungsanspruch hinsichtlich einer Verletzung seines Anhörungsrechtes aus § 84 KVG LSA nicht glaubhaft gemacht hat.

3

Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA ist der Antragsteller zu wichtigen Angelegenheiten, welche die Ortschaft betreffen - hier unstreitig die Schließung der Kindertagesstätte „(...)“ (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 4 Nr. 4 KVG LSA) -, mit Ausnahme der Fälle des § 53 Abs. 4 Satz 5 und 6 und der dem Antragsgegner kraft Gesetzes obliegenden Aufgaben, rechtzeitig vor der Beschlussfassung des Gemeinderates oder des zuständigen Ausschusses zu hören.

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Aus dieser Regelung ergibt sich im Gegensatz zur Auffassung des Antragstellers nicht, dass der Ortschaftsrat nach Durchführung einer solchen Anhörung nochmals zwingend angehört werden muss, wenn der Hauptverwaltungsbeamte gegen die erste Beschlussfassung des Gemeinderates gem. § 65 Abs. 3 Satz 1 bis 3 KVG LSA Widerspruch erhebt und gem. § 65 Abs. 3 Satz 4 KVG LSA eine erneute Beschlussfassung erfolgen muss. Mit dem Verwaltungsgericht bezieht sich § 84 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA nicht auf jeden einzelnen Beschluss zu einer wichtigen Angelegenheit, sondern nur auf den die Angelegenheit entscheidenden Beschluss (a.M. wohl Blum u.a., NKomVG, § 94 Rdnr. 6 zu § 94 Abs. 1 NKomVG). Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Formulierung „rechtzeitig vor der Beschlussfassung“ stellt auf den Abschluss des Verfahrens ab. Weiterhin soll der Ortschaftsrat wie schon durch § 87 Abs. 1 Satz 3 bzw. Satz 5 GO LSA durch § 84 Abs. 2 KVG LSA bei wichtigen Angelegenheiten die Interessen der Ortschaft in den Entscheidungsprozess des Gemeinderates einbringen und der Gemeinderat die Möglichkeit haben, Kenntnis von allen relevanten Belangen zu erhalten. Es ist dazu aber grundsätzlich ausreichend, wenn der Ortschaftsrat vor der abschließenden Beschlussfassung mit einer hinreichenden Frist auf sein Anhörungsrecht hingewiesen wurde und Gelegenheit hatte, zu den maßgeblichen Fragen Stellung zu nehmen (vgl. auch Klang/Gundlach/Kirchmer, GO LSA, 3. A., § 87 Rdnr. 2 S. 402 zu § 87 Abs. 1 GO LSA unter Hinweis auf VG Oldenburg, Beschl. v. 21. August 2003 - 2 B 170/03 -, zit. nach JURIS; Koehler/Koehler, LKV 2012, 349, 350). Die Einräumung von Anhörungsrechten gebietet es nicht, lediglich aus formalen Gründen eine Anhörung durchzuführen, ohne dass eine solche sachlich erforderlich ist.

5

Eine erneute Anhörung ist nach Einlegung eines Widerspruches i.S.d. § 65 Abs. 3 KVG LSA und vor der zweiten Beschlussfassung des Gemeinderates deshalb nach Sinn und Zweck des Anhörungsrechts nur dann notwendig, wenn eine derart wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist oder ein derart langer Zeitraum verstrichen ist, dass der Gemeinderat davon ausgehen muss, dass die bisherige Stellungnahme des Ortschaftsrates nicht mehr ohne weiteres gelten kann. Dass einer dieser Fälle gegeben ist, ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Soweit der Antragsteller auf die Ansätze im Haushaltsplan und die Steuerung der Verwaltung hinsichtlich der Aufnahme von Kindern verweist, handelt es sich nicht um wesentliche Änderungen der Sachlage, sondern allenfalls um zusätzliche Erwägungen, die er auch im Rahmen einer Ergänzung seines Vorbringens hätte einbringen können. Denn wie im Rahmen einer erstmaligen Anhörung ist der Ortschaftsrat auch bei einer erneuten Beschlussfassung i.S.d. § 65 Abs. 3 Satz 4 KVG LSA nicht daran gehindert, seine Stellungnahme von sich aus bis zu der Entscheidungsfindung zu ergänzen. Im Übrigen sieht § 85 Abs. 4 Satz 1 KVG LSA ausdrücklich vor, dass der Ortsbürgermeister an Verhandlungen des Gemeinderates und seiner Ausschüsse mit beratender Stimme teilnehmen kann, so dass auch dadurch eine Gelegenheit besteht, zusätzliche Erwägungen vorzutragen.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

7

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG und erfolgt in Anlehnung an den sog. Streitwertkatalog 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 7 ff.). Insoweit wird auf die Darlegungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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