Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 M 90/19
Gründe
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I. Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 3. Kammer - vom 04.04.2019 ist unbegründet. Die von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung des Beschlusses nicht.
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1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 14.01.2019 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.12.2018 anzuordnen, mit dem ihr untersagt wurde, zusätzlich zum Angebot der Nutzung von Geldspielgeräten auch Sportwetten zu vermitteln, mit folgender Begründung abgelehnt:
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Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Verfügung und dem privaten Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gehe zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Untersagungsverfügung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage sei § 17 Abs. 2 Satz 2 GlüG LSA i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Die Vermittlung von Sportwetten zusätzlich zum Angebot der Nutzung gewerblicher Spielgeräte widerspreche den Zielen des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV. § 5 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 GlüStV bestimme, dass Wettvermittlungsstellen i. S. des § 10a Abs. 5 GlüStV nicht in Räumlichkeiten betrieben werden dürften, die hinsichtlich ihrer Art, Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung der Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV entgegenstünden. Der Landesgesetzgeber habe auf der Grundlage des § 28 Satz 2 GlüStV weitergehende (materiell-rechtliche) Anforderungen an das Vermitteln von Sportwetten aufgestellt, die unabhängig von einem Erlaubnisverfahren Geltung beanspruchten. Es sei ein Ziel des Staatsvertrags, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Die räumliche Verknüpfung der Vermittlung von Sportwetten mit Glücksspielgeräten sowie die damit verbundene Häufung von Glücksspielangeboten biete unerwünschte Anreize zur Förderung von Glücksspiel- und Wettsucht und laufe damit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags zuwider. Die in § 21 Abs. 2 GlüStV enthaltene gesetzgeberische Wertung, wonach das daraus abgeleitete sog. Trennungsgebot von Spielhallen und Sportwettvermittlungsstätten der Vermeidung einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs diene und damit eine Maßnahme der Suchtprävention sei, könne über § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV bei der Prüfung der materiellen Erlaubnisfähigkeit einer Sportwettenvermittlung in Räumen mit gleichzeitig aufgestellten Geldspielgeräten nutzbar gemacht werden. Damit werde nicht gegen den Parlamentsvorbehalt, den Wesentlichkeitsgrundsatz und den Vorbehalt des Gesetzes verstoßen. Durch das zusätzliche Angebot zum Geldautomatenspiel in Vermittlungsstellen für Sportwetten würden Wettgelegenheiten in einer Umgebung angeboten, in der sich Personen aufhalten, von denen ein beträchtlicher Anteil anfällig für die Entwicklung einer Glücksspiel- oder Wettsucht sei. Das Geldautomatenspiel bringe die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervor. Auch § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV bestimme, dass in Wettannahmestellen grundsätzlich Geldspielautomaten nicht aufgestellt werden dürften. Eine ausdrückliche landesrechtliche Bestimmung, die ein räumliches Trennungsgebot von Wettbüro und Geldspielgeräten festlege, sei nicht erforderlich. Die Untersagungsverfügung sei ermessensgerecht und insbesondere verhältnismäßig.
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Die Antragstellerin führt dagegen aus, ein allgemeines Verbot der Kumulation verschiedener Glücksspiele ergebe sich weder aus dem GlüStV noch aus dem GlüG LSA. Das Verwaltungsgericht verkenne die Reichweite des Vorbehalts des Gesetzes und des Wesentlichkeitsvorbehalts. Es stehe nicht zur Diskussion, ob der Landesgesetzgeber ein solches Verbot erlassen könne, sondern ob aus den genannten Vorschriften ein allgemeines Kombinationsverbot von Sportwetten und Geldspielgeräten folge oder ob es hierfür einer konkreter gefassten parlamentarischen Rechtsgrundlage bedürfe, die die wesentlichen Fragen der Grundrechtsausübung regele. Alles spreche dafür, dass die allgemeinen Zielbestimmungen des GlüStV nicht als ausreichend klar und konkret gefasste Verbotstatbestände anzusehen seien. Dies folge aus der Natur der Zielbestimmungen, ihrem inneren Spannungsverhältnis und der in Sachsen-Anhalt ausdrücklich bestehenden Vorgabe einer Normierung durch Rechtsverordnung. Die in § 1 GlüStV formulierten Ziele seien nur Leitlinien für die Auslegung, nicht aber Ersatz für gesetzliche oder zumindest verordnungsrechtliche Regelungen, zumal § 1 Satz 2 GlüStV bestimme, dass die genannten Ziele durch „differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen“ zu verfolgen seien. Diese Maßnahmen seien durch den jeweiligen Gesetz- oder Verordnungsgeber zu treffen, wie dies etwa durch § 21 Abs. 2 GlüStV für die Trennung von Spielhalle und Wettvermittlungsstelle vorgeschrieben sei. Die Länder mögen befugt sein, eine Trennung von Sportwetten und Geldspielautomaten zu normieren. Dass einige Länder solche Regelungen normiert hätten, andere hingegen nicht, deute darauf hin, dass es - anders als im Fall des § 21 Abs. 2 GlüStV - keine einheitliche Überzeugung gegeben habe. Das Verwaltungsgericht mache ein Ziel zu einer Maßnahme. In der Rechtsprechung werde zunehmend anerkannt, dass ein Kumulationsverbot auch nicht aus einer Gesamtschau der Vorschriften des GlüStV abgeleitet werden könne. Zudem stünden die Ziele des GlüStV in einem Spannungsverhältnis zueinander. So könne der in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV enthaltene Kanalisierungsgedanke in Widerspruch zu anderen Zielen, etwa der Suchtbekämpfung, treten. Daher ließen sich aus den Zielen konkrete Handlungsvorgaben oder Verbotstatbestände nicht ableiten. Es bedürfe zu einer Konkretisierung einer autoritativen Entscheidung des Landesgesetzgebers bzw. (nach entsprechender Ermächtigung) des LandesverordnungsgebersS darüber, welche Maßnahme zu treffen sei, wobei sämtliche - gleichrangigen - in § 1 GlüStV genannten Ziele abzuwägen seien. Es widerspreche dem Wesentlichkeitsvorbehalt und dem Bestimmtheitsgrundsatz, der Verwaltung ein derart unbestimmtes Abwägungsprogramm zu überlassen und auf dieser Grundlage konkrete Verbote abzuleiten. Zudem seien die Erlaubnisvorgaben in § 5 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 GlüG LSA (noch) nicht durch eine Verordnung konkretisiert, obwohl es in § 18 Nr. 6 GlüG LSA eine entsprechende Verordnungsermächtigung gebe. Der Landesgesetzgeber habe die Frage der Angebotskombination einer ausdrücklichen Normierung im Verordnungswege vorbehalten. Andernfalls dürften die Vorgaben in § 5 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. § 5 Abs. 3 GlüG LSA zu unbestimmt sein, um vollzogen werden zu können. Es könne nicht Aufgabe der Vollzugsbehörden sein, die bislang nicht erfolgte Normierung durch eine extensive Auslegung von Zielbestimmungen zu ersetzen und auf diese Weise eine Art Ersatzgesetzgeber zu werden.
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Diese Einwände verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg.
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Ein auf § 17 Abs. 2 Satz 2 GlüG LSA i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV gestütztes durch die zuständige Glückspielaufsichtsbehörde angeordnetes Verbot der Vermittlung von Sportwetten zusätzlich zum Angebot der Nutzung gewerblicher Spielgeräte widerspricht nicht dem Parlamentsvorbehalt und dem Wesentlichkeitsgrundsatz.
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Der im Rechtsstaatsprinzip und im Demokratiegebot wurzelnde Parlamentsvorbehalt gebietet, dass in grundlegenden normativen Bereichen, insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung, soweit diese staatlicher Regelung zugänglich ist, die wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber getroffen werden. Wann es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den dort verbürgten Grundrechten, zu entnehmen (BVerfG, Beschluss vom 01.04.2014 - 2 BvF 1/12 -, BVerfGE 136, 69, juris, Rdnr. 101 ff.).
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Die Untersagung von Glücksspielen greift zwar in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ein. Jedoch verlangt der Parlamentsvorbehalt nicht, dass der Gesetzgeber selbst die Entscheidung darüber trifft, ob und ggf. welche räumliche Kumulationen verschiedener Glücksspielangebote untersagt werden dürfen (vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.07.2017 - 10 CS 17.10 -, juris, Rdnr. 34; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2017 - 6 L 988/16 -, juris, Rdnr. 48; VG Dresden, Beschluss vom 14.07.2017 - 6 L 999/17 -, juris, Rdnr. 36). Gemäß § 9 Abs. 1 GlüStV und § 17 Abs. 2 GlüG LSA obliegt es den Glücksspielaufsichtsbehörden, die Erfüllung der nach dem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund des Staatsvertrags begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Die Behörden können die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. In § 1 Satz 1 GlüStV sind (gleichrangige) Ziele geregelt, die der Staatsvertrag im Zusammenhang mit Glücksspielen verfolgt, darunter die von der Antragstellerin angesprochene Kanalisierung und die Verhinderung von Glücksspiel- und Wettsucht. § 5 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 GlüG LSA bestimmt, dass Wettvermittlungsstellen nach § 10a Abs. 5 GlüStV unbeschadet der Erlaubnisvoraussetzungen des § 13 GlüG LSA nicht in Räumlichkeiten betrieben werden dürfen, die hinsichtlich ihrer Art, Lage, Beschaffenheit, Ausstattung oder Einteilung der Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV entgegenstehen. Der Gesetzgeber hat also eine Ermächtigungsgrundlage für Anordnungen im Einzelfall geschaffen. Mit der Regelung über die Anforderungen an Räumlichkeiten unter Bezugnahme auf die in § 1 GlüStV genannten Ziele kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, unter welchen Voraussetzungen die zuständige Behörde zu Maßnahmen zur Wahrung der Anforderungen an die räumliche Trennung mehrerer Glücksspielangebote berechtigt ist. Bei den allgemeinen Zielbestimmungen nach § 1 GlüStV handelt es sich zwar - wie die Antragstellerin zutreffend ausführt - nicht um konkret gefasste Verbotstatbestände. Im Hinblick auf die Vielfältigkeit von Spielangeboten und Kombinationsmöglichkeiten verschiedener Angebote sowie die Unkalkulierbarkeit künftiger Entwicklungen ist der Gesetzgeber jedoch zur Wahrung des Parlamentsvorbehalts nicht verpflichtet, die Zulässigkeit von Glücksspielangeboten, insbesondere der räumlichen Kombination verschiedener Angebote, abschließend zu regeln. Die Regelung des § 1 GlüStV enthält hinreichend bestimmte Zielvorgaben für die Beurteilung der Zulässigkeit der räumlichen Kumulation von Glücksspielangeboten im Einzelfall.
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Es läuft dem Ziel der Vorbeugung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zuwider, wenn in Vermittlungsstellen für Sportwetten zusätzlich auch die Möglichkeit zum Geldautomatenspiel angeboten wird. Hierdurch wird die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Anzahl anfällig für die Entwicklung einer Glücksspiel- oder Wettsucht ist. Die räumliche Verknüpfung von gewerblichen Geldautomatenspielen in einer Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten bietet daher für diese in hohem Maße suchtgefährdeten Personen einen nach der Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrags unerwünschten Anreiz, sich auch den Sportwetten zuzuwenden. Ebenso könnte eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden dazu animieren, sich auch dem Geldautomatenspiel zuzuwenden (Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.07.2017 - 10 CS 17.1147 -, juris, Rdnr. 15). Zudem lässt die gesetzgeberische Wertung, die dem für Spielhallen geregelten Trennungsgebot in § 21 Abs. 2 GlüStV zugrunde liegt, den Schluss zu, dass die Vermittlung von Sportwetten in räumlicher Verknüpfung mit dem Betrieb von Geldspielgeräten generell nicht erlaubnisfähig ist (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 30.01.2018 - 3 B 233/17 -, juris, Rdnr. 17).
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Eine Entscheidungsbefugnis der Glücksspielaufsichtsbehörden zur Untersagung der räumlichen Kumulation verschiedener Glückspielangebote ist auch nicht im Hinblick auf das von der Antragstellerin angenommene Spannungsverhältnis der einzelnen Zielvorgaben nach § 1 GlüStV mit dem Parlamentsvorbehalt und dem Wesentlichkeitsgrundsatz unvereinbar. Unabhängig davon, dass der in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV geregelte Kanalisierungsgedanke auf eine Beschränkung des Glücksspielangebots gerichtet ist und damit dem Ziel der Suchtbekämpfung nicht entgegensteht, widerspricht es dem Parlamentsvorbehalt und dem Wesentlichkeitsgrundsatz nicht, der Exekutive im Einzelfall die Abwägung auch widerstreitender Interessen zu überlassen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn durch die gesetzlichen Vorgaben - wie hier durch § 1 GlüStV - hinreichend deutlich ist, welche Interessen bei der Einzelfallentscheidung zu berücksichtigen sind. Im Übrigen zeigt auch die Antragstellerin nicht auf, warum die räumliche Kumulation von Vermittlungsstellen für Sportwetten und Geldautomatenspiel dem Ziel des § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV, den Spieltrieb „in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken“ entsprechen sollte.
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Aus dem Umstand, dass das Landesrecht anderer Bundesländer (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 LGlüG Rheinland-Pfalz) ein ausdrückliches gesetzliches Verbot der Kumulation von Geld- und Warenspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit und Wettvermittlungsstellen geregelt hat, lässt sich nicht darauf schließen, dass eine solche gesetzliche Regelung verfassungsrechtlich geboten ist, um behördliche Verbotsverfügungen zu ermöglichen.
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Inzwischen hat auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht seine zuvor geäußerten Zweifel daran, dass die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags hinsichtlich der räumlichen Verknüpfung der Vermittlung von Sportwetten mit dem Betrieb von Geldspielgeräten dem Parlamentsvorbehalt und dem Wesentlichkeitsgrundsatz entsprechen (vgl. Beschluss vom 12.01.2017 - 3 B 135/16 -, juris, Rdnr. 11), ausdrücklich aufgegeben (Beschluss vom 30.01.2018 - 3 B 233/17 -, juris, Rdnr. 19 und Beschluss vom 09.11.2018 - 3 A 893/17 -, juris, Rdnr. 33 f.).
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Der Befugnis der Antragsgegnerin, die Kumulation der Vermittlung von Sportwetten mit der Nutzung von Geldspielgeräten zu untersagen, steht auch kein Verordnungsvorbehalt entgegen. Ein solcher Vorbehalt ergibt sich nicht aus der Regelung des § 18 GlüG LSA, mit der die Landesregierung in Nr. 6 ermächtigt wird, durch Verordnung Vorschriften zu erlassen „über Anzahl, Art, Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der nach § 5 Abs. 3 erlaubnisfähigen Annahmestellen und Art, Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung der Wettvermittlungsstellen nach § 10a Abs. 5 des Glücksspielstaatsvertrages und deren Räumlichkeiten und Personal, insbesondere eine Beschränkung auf eine Kombination mit anderen gewerblichen Tätigkeiten oder sonstigen Veranstaltungen sowie die Zahl und Art der jeweils in einer Annahmestelle erlaubten Glücksspiele“. Bei dieser Norm handelt es sich lediglich um eine Verordnungsermächtigung, mit welcher der Verordnungsgeber befugt wird, entsprechende Regelungen
- auch hinsichtlich der Kombination verschiedener Glückspielangebote - zu erlassen. Demgegenüber zeichnet sich ein Verordnungsvorbehalt dadurch aus, dass die gesetzliche Regelung der Behörde nur dann eine Entscheidungskompetenz ermöglicht, wenn die Voraussetzungen hierfür in einer Rechtsverordnung geregelt worden sind (vgl. z. B. § 7 Satz 4 BBodSchG, nach dem Anordnungen zur Vorsorge gegen schädliche Bodenveränderungen nur dann getroffen werden dürfen, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind). Aus § 18 Nr. 6 GlüG LSA lassen sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber die Regelung von Anforderungen an die räumliche Kumulation verschiedener Glückspielangebote dem Verordnungsgeber vorbehalten lassen wollte und den Glückspielaufsichtsbehörden daher keine Entscheidungskompetenz zum Einschreiten bei einer den Anforderungen nach § 5 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 GlüG LSA nicht entsprechenden Kumulation von Glückspielangeboten zustehen sollte. Verfassungsrechtlich ist ein solcher Verordnungsvorbehalt nicht geboten, da die bestehenden gesetzlichen Regelungen - wie oben ausgeführt - der Behörde hinreichend konkrete Vorgaben für Anordnungen im Einzelfall bieten. Aus dem Umstand, dass die Glückspielverordnung des Landes Sachsen-Anhalt keine Regelungen zu einem räumlichen Kumulationsverbot verschiedener Glückspielangebote getroffen hat, lässt sich demnach keine Sperrwirkung für ein behördliches Einschreiten entnehmen.
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Auch aus dem Umstand, dass § 21 Abs. 2 GlüStV ein Kumulationsverbot geregelt hat, das sich nur auf die Vermittlung von Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex bezieht, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, lässt sich nicht die Wertung des Gesetzgebers entnehmen, andere räumliche Kumulationen von Glückspielangeboten seien glückspielrechtlich zulässig, so dass gegen sie keine behördlichen Anordnungen ergehen dürften. Bei der Vorschrift handelt es sich nicht um eine abschließende Regelung. Dagegen spricht schon, dass § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüG LSA allgemein Anforderungen an die Räumlichkeiten von Annahmestellen und (über § 5 Abs. 6 Satz 4 GlüG LSA) Wettvermittlungsstellen festlegt. Der Gesetzgeber hat in § 21 Abs. 2 GlüStV einen Fall normiert, in dem die räumliche Kumulation bestimmter Glückspielangebote jedenfalls unzulässig ist. Aus der Vorschrift lässt sich - wie bereits ausgeführt - die Wertung entnehmen, dass die räumliche Kumulation im Hinblick auf die Verfolgung der Ziele des § 1 GlüStV ähnlich problematischer Glückspielangebote ebenfalls unzulässig ist. Im Übrigen stellt auch die Antragstellerin nicht in Abrede, dass es trotz der Regelung des § 21 Abs. 2 GlüStV zulässig wäre, ein Gebot der räumlichen Trennung von Geldspielgeräten und Vermittlung von Sportwetten durch Rechtsverordnung zu regeln. Das wäre nicht möglich, wenn es sich bei § 21 Abs. 2 GlüStV um eine hinsichtlich der räumlichen Kumulation von Glückspielangeboten abschließende Regelung handeln würde.
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2. Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohung richtet.
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Soweit die Antragstellerin die Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung aus der „offenkundigen Rechtswidrigkeit der Grundverfügung“ ableitet, greift der Einwand aus den oben ausgeführten Gründen nicht durch.
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Im Übrigen hält die Antragstellerin die Zwangsgeldandrohung für (offenkundig) ermessensfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin für die Bestimmung der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes den möglichen Gewinn aus der Aufstellung der Geldspielgeräte herangezogen habe. Maßgeblich könne, wie die Antragstellerin meint, nur die untersagte Handlung - hier die Vermittlung von Sportwetten - sein. Deshalb habe das wirtschaftliche Interesse an der Sportwettenvermittlung herangezogen werden müssen.
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Dieser Einwand verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Die Antragsgegnerin hat sich zu Recht an dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin an der weiteren Vornahme der untersagten Handlungen orientiert. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sie sich in diesem Zusammenhang - mangels Kenntnis der Gewinnmöglichkeiten aus der Vermittlung von Sportwetten - an dem geschätzten Gewinn aus den aufgestellten Geldspielgeräten orientiert hat, zumal der Antragstellerin zur Umsetzung der Untersagungsverfügung - alternativ - die Möglichkeit eingeräumt wurde, entweder die Vermittlung von Sportwetten einzustellen oder die Geldspielgeräte zu entfernen. Es spricht nichts dafür, dass der Gewinn aus der Vermittlung von Sportwetten nennenswert niedriger zu kalkulieren ist als der Gewinn aus den aufgestellten Geldspielgeräten. Gegenteiliges hat auch die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 54.2.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Von der sonst üblichen Halbierung des Streitwerts (vgl. Nr. 1.7.1 des Streitwertkatalogs) sieht der Senat wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung ab. Die Zwangsgeldandrohung bleibt, wie bereits das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Streitwertfestsetzung zutreffend ausgeführt hat, in Orientierung an Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs außer Betracht.
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IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
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