Urteil vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (1. Zivilsenat) - 1 U 46/12
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 14. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Die Klägerin begehrt Schadenersatz wegen mangelhafter Bauüberwachungsleistungen der Beklagten.
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1999 ließ die Klägerin durch die Streithelferin der Beklagten Sanierungsarbeiten am Dach ihres Verwaltungsgebäudes durchführen. Mit der Objektüberwachung (Leistungsphase 8 des § 15 Abs. 2 HOAI) beauftragte sie die Beklagte.
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Die Schlussrechnung der Streithelferin vom 23./24. November 1999 bezahlte die Klägerin. Mit Schreiben vom 6. Dezember 1999 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass die Gewährleistung für das Bauvorhaben am 24. November 2004 enden werde. Im September 2005 erteilte die Beklagte eine Schlussrechnung über ihre Leistungen, die die Klägerin im November 2005 beglich.
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Im Frühjahr 2007 zeigten sich an der Dacheindeckung Korrosionsschäden. Die Klägerin beauftragte den Privatgutachter ... mit der Überprüfung. Der Privatgutachter rügte im Rahmen eines Ortstermins am 12. November 2007, dass die von der Streithelferin auf das Dach aufgebrachten Evalon-Dachbahnen entgegen der Verlegeanleitung verklebt worden seien und das Titanzink nicht mit einem Anstrich bzw. einer Beschichtung versehen sei. Nach weiteren Untersuchungen teilte er im Schreiben vom 7. Dezember 2009 mit, dass die eingesetzte Dachbahn auf Dauer für die ausgeführte Verklebung nicht geeignet sei oder ein Kleber eingesetzt worden sei, der die Bahn auf Dauer zerstöre. In einem Schreiben vom 23. Dezember 2010 führte der Privatgutachter weitere Mängel des von der Streithelferin sanierten Daches an.
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Mit Schreiben vom 18. Oktober und 29. Oktober 2010 forderte die Klägerin die Beklagte auf, Schadensersatzansprüche wegen der vom Privatgutachter ... festgestellten Ausführungsmängel bis zum 1. November 2010 anzuerkennen. Die Berufshaftpflichtversicherung der Beklagten trat dem mit der Begründung entgegen, dass Schadensersatzansprüche verjährt seien.
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Die Klägerin, die die Mängelbeseitigungskosten auf 185.640,00 € brutto geschätzt hat, hat in der am 29. Dezember 2010 eingereichten Klageschrift behauptet, die Sanierungsarbeiten der Streithelferin seien in dem von ihrem Privatgutachter festgestellten Umfang mangelhaft. Das Ausmaß der Mängel lasse nur den Schluss zu, dass die Beklagte ihren Bauüberwachungspflichten gar nicht oder zumindest nur äußert mangelhaft nachgekommen sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 156.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 2. November 2010 zu zahlen;
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2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen Schäden, die zur Beseitigung der Mängel an der Dachfläche des Anwesens ...straße in … anfallen, zu ersetzen, soweit diese den Betrag von 156.000,00 € übersteigen;
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3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.309,36 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 2. November 2010 als Anwaltskostenersatz zu zahlen.
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Die Beklagte und die Streithelferin haben Klageabweisung beantragt. Sie haben Mängel der Werkleistung der Streithelferin bestritten. Die Beklagte hat zudem behauptet, sie habe die Bauüberwachung ordnungsgemäß vorgenommen. Außerdem haben die Beklagte und die Streithelferin die Einrede der Verjährung erhoben.
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Der Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern hat durch Urteil vom 14. Februar 2012 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat er ausgeführt, es könne dahinstehen, ob und in welcher Höhe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch aus dem Architektenvertrag zustehe. Denn eine solche Forderung wäre jedenfalls verjährt.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
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Eine Entscheidung über die Kosten der Streithelferin hat das Landgericht nicht im Urteil vom 14. Februar 2012, sondern im Ergänzungsurteil vom 11. Mai 2012 getroffen.
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Mit ihrer Berufung gegen das Urteil vom 14. Februar 2012 verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Hilfsweise beantragt sie, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen die Zurückweisung der Berufung.
II.
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Die verfahrensrechtlich bedenkenfreie Berufung der Klägerin hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg. Das der Abweisung ihrer Klage zugrunde liegende Verfahren des Erstrichters leidet an einem wesentlichen Mangel im Sinn des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, weil er den Kerngehalt des Vorbringens der Klägerin zu Mängeln der Bauüberwachungsleistung der Beklagten verkannt und damit deren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat (vgl. dazu z.B.: BGH NJW 2009, 2137; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl. § 538 Rn. 7 "Kernvortrag").
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Da der Streit der Parteien über den Grund der Haftung der Beklagen und die haftungsausfüllende Kausalität noch eine umfangreiche Beweisaufnahme (insbesondere durch Einholung von Sachverständigengutachten) notwendig machen wird, hält es der Senat auch mit Rücksicht auf die dadurch verursachte Verteuerung des Verfahrens und auf mögliche Verzögerungen für sachdienlich, den Parteien zwei Tatsacheninstanzen zu erhalten und das Verfahren auf Antrag der Klägerin an das Landgericht zurückzuverweisen (vgl. § 538 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 1 und letzter Halbsatz ZPO).
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1. Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Erstrichters, dass der Schadensersatzanspruch der Klägerin verjährt ist, soweit ein von der Klägerin im Berufungsverfahren ausdrücklich angesprochenes arglistiges Verschweigen der Beklagten von Mängeln der Werkleistung oder ihrer eigenen Architektenleistung außer Betracht bleibt.
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Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind mit Ausnahme der Verjährungsvorschriften (Art. 229 § 6 EGBGB) die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechtsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1, § 6 EGBGB).
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a) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte, der schon vor der Abnahme entstehen konnte, beruht auf § 635 BGB (a. F.). Es handelt sich vorliegend um enge Mangelfolgeschäden und nicht um entferntere Mangelfolgeschäden, die nach dem hier anwendbaren Schuldrecht in der Fassung bis 31. Dezember 2001 nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zu ersetzen wären. Das Werk der Beklagten war darauf gerichtet, sich in dem weiteren Werk "Dachsanierung" zu verkörpern, so dass sich der Mangel des einen Werks nahezu zwangsläufig auf das Andere übertragen musste (vgl. BGH NJW-RR 2010, 1604 = BauR 2010, 1959).
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Der Anspruch wäre in fünf Jahren verjährt (§ 638 BGB). Die Frist war am 31. Dezember 2001 noch nicht abgelaufen. Ab 1. Januar 2002 gilt für die Verjährung nun § 634 a n. F. BGB, der den Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist (vgl. § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) in Absatz 2 (ebenfalls – vgl. § 638 S. 2 BGB) an die Abnahme knüpft (vgl. BGH BauR 2011, 1032).
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b) Die Abnahme ist abweichend vom Erstrichter spätestens (schon) zum 24. November 2004 erfolgt.
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Besondere Vereinbarungen über die Abnahme des Architektenwerks der Beklagten haben die Parteien nicht getroffen. Eine konkludente Abnahme liegt vor, wenn die Klägerin durch schlüssiges Verhalten zu erkennen gab, dass sie die erbrachten Leistungen als im Wesentlichen vertragsgerecht akzeptieren will (z. B. BGH BauR 2006, 396). Die vom Erstrichter dafür herangezogene Bezahlung der Rechnung der Beklagten vom 14.09.2005 ist sicher ein Anzeichen dafür. Das muss indes – wie die Beklagte zu Recht vorbringt – nicht bedeuten, dass die Abnahme nicht schon vorher erfolgt ist. Die Beklagte hat ohne substantiierten Widerspruch vorgetragen, dass sie ihre Arbeiten für die Klägerin mit Schreiben vom 20. Januar 2000 zu Rechnungen wegen erfolgter Ausbesserungsarbeiten beendet hatte und von der das Bauwerk nutzenden Klägerin innerhalb der im Schreiben vom 26. Dezember 1999 aufgelisteten Gewährleistungsfrist bis 24. November 2004 nichts mehr hörte. Die späte Rechnungstellung hat sie mit persönlichen Problemen erklärt. Bei dieser Sachlage kann das Verhalten der Klägerin nach Vollbeendigung der Leistungen der Beklagten jedenfalls im Januar 2000 in der Zeit danach bis 24. November 2004 ohne weiteres als konkludente Billigung der jahrelang nicht gerügten Leistung der Beklagten verstanden werden (vgl. z. B.: BGH BauR 1982, 290; Galda/Wirth in Kuffer/Wirth, Bau- und Architektenrecht 3. Aufl., S. 1380 Rn. 187 m.w.N.).
- 25
Die Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte verjährten somit am 24. November 2009.
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c) Der Einrede der Verjährung stehen die Grundsätze der sogenannten Sekundärhaftung der Beklagten nicht entgegen (vgl. dazu z. B. BGHZ 71, 144; BauR 2007, 423; BauR 2011, 1840).
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Die Beklagte, die mit Architektenleistungen einschließlich der Objektüberwachung (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 HOAI der bis zum 17. August 2009 geltenden Fassung) beauftragt war, muss zwar auch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens der Klägerin bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegen andere Bau- und Planungsbeteiligte (einschließlich sie selbst) behilflich sein. Verletzt sie hierbei ihre Beratungs- und Untersuchungspflichten, begründet das einen weiteren Schadenersatzanspruch dahin, dass die Verjährung als nicht eingetreten gilt (vgl. z. B.: BGH BauR 2009, 1607; 2011, 1840). Dies setzt indes voraus, dass die Beklagte im unverjährten Gewährleistungszeitraum von Baumängeln Kenntnis erlangte (zur Mitwirkungspflicht nach Kenntniserlangung vgl. z. B.: BGH, BauR 2007, 423). Sind die Mängelansprüche gegen alle Bau- und Planungsbeteiligten verjährt, scheidet eine Verletzung der Mitwirkungspflicht der Beklagten nach Kenntniserlangung aus, weil dann keine Gewährleistungsansprüche mehr durchsetzbar sind (vgl. BGH, VersR 2013, 109).
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Vorliegend wurde die Beklagte nach dem unstreitigen Sachverhalt in erster Instanz erstmals durch Schreiben der Klägervertreter vom 18. und 29. Oktober 2010, mithin nach Verjährung aller Mängelansprüche über Mängel am Bauwerk informiert. Die –bestrittene –Behauptung der Klägerin in der Berufung, an die Beklagte sei bereits mit einem Schreiben vom 1. September 2009 wegen "Schäden an den Titanzink-Blechen und der Dachbahnen herangetreten worden, ist neu und grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Gründe, sie ausnahmsweise zuzulassen (vgl. § 531 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ZPO), sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
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c) Danach kommt es auf die Auffassung des Landgerichts, die Sekundärhaftung der Beklagten scheide deshalb aus, weil die Klägerin vor Ablauf der Verjährungsfrist durch von ihr hinzugezogene Sachkundige (Bausachverständiger; Rechtsanwalt) genügend informiert gewesen sei, um Gewährleistungsansprüche durchzusetzen - die nach Meinung der Klägerin im Falle ihres Unterliegens die Zulassung der Revision notwendig mache –, nicht an.
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2. Das Landgericht hat das Vorbringen der Klägerin zu Fehlern der Beklagten bei der Bauüberwachung jedoch nur unvollständig zur Kenntnis genommen und damit ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Die Klägerin hat nämlich unter Hinweis auf die Anzahl und die Schwere der von ihrem Privatgutachter festgestellten Mängel auch vorgetragen, dass die Beklagte die Bauüberwachung überhaupt nicht oder nur äußerst mangelhaft vorgenommen habe. Das beinhaltet ersichtlich den Vorwurf, die Beklagte habe damals nur den Anschein einer ordnungsgemäßen Bauüberwachung erweckt und deren tatsächliches Unterlassen arglistig verschwiegen. Vergleichbares gilt für den Vorwurf, die vom Privatgutachter festgestellten Mängel hätte die Beklagte bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung ohne weiteres bemerken müssen, so dass sie diese Bauüberwachung entweder nicht vorgenommen habe oder bemerkte Mängel letztlich hingenommen habe. Wäre dem so, hätte die Beklagte der Klägerin dies offenbaren müssen. Ein Verschweigen wäre vor diesem Hintergrund auch als arglistig anzusehen, weil die Mängel entweder in der Architektenleistung der Beklagten oder der Werkleistung der Streithelferin ebenso bekannt gewesen sein müssen wie das Interesse der Klägerin, hierüber von der für die Bauüberwachung zuständigen Beklagten informiert zu werden. Unerheblich ist, dass die Klägerin in erster Instanz diese Zusammenhänge nicht ausdrücklich mit dem Begriff "Arglist" umschrieb. Maßgeblich ist die Beurteilung des von der Klägerin zur Entscheidung gestellten Lebenssachverhalts (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 308 Rn. 5 m.w.N.). Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass sie sich auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt nicht stützen wolle (vgl. dazu z.B.: Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., Einleitung Rn. 84 m.w.N.).
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Die Verkennung eines wesentlichen Teils des Kernvortrags der Klägerin ist entscheidungserheblich, weil bei einer arglistigen Pflichtverletzung der Beklagten der Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht verjährt ist. Ob er dem Grunde und der Höhe nach gegeben ist, hat das Landgericht dahinstehen lassen. Im weiteren Verfahren wird es den Beweisanträgen der Parteien zu Mängeln der Werkleistung der Streithelferin und deren Auswirkung auf die Beurteilung der Bauüberwachungsleistung der Beklagten nachzugehen haben.
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a) Hat die Beklagte einen Mangel im Werk der Streithelferin oder ihrer eigenen Architektenleistung arglistig verschwiegen, verjähren die Gewährleistungsansprüche hinsichtlich dieses Mangels nach § 634 a Abs. 3 Satz 1 BGB in der regelmäßigen Verjährungsfrist, also nach den §§ 195, 199 BGB in drei Jahren ab Entstehung des Anspruchs und Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen. Ist bei einigen Mängeln ein arglistiges Verschweigen nicht festzustellen, verbleibt es insoweit bei der Verjährung (vgl. BeckOK BGB-Voith, § 634 a Rn. 19 a. E.).
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b) Arglist setzt das Bewusstsein voraus, dass die Leistung (im übernommenen Aufgabengebiet) vertragswidrig erbracht wurde (vgl. BGH NJW –RR 2010, 1604; MünchKomm, BGB-Busche, § 634 a Rn. 38 m.w.N.), hier also die Kenntnis von Mängeln des Werks der Streithelferin oder der eigenen unzureichenden Objektüberwachung (vgl. BGH aaO; BauR 2004, 1476 zur Unterlassung von Bauüberwachungsleistungen; Busche aaO, Rn. 73). Ein solcher Anschein entsteht selbst bei schwerwiegenden Baumängeln dann nicht, wenn der sich hieraus ergebende Bauüberwachungsfehler auch auf einfacher Nachlässigkeit beruhen kann (vgl. BGH NJW-RR 2010, 1604 zur Organisation der Bauüberwachung). Allerdings genügt der Bauherr seiner Darlegungslast grundsätzlich, wenn die Mängel so augenfällig, schwerwiegend und/oder zahlreich sind, dass sie bei vernünftiger Betrachtungsweise nur infolge einer bewusst lückenhaften Bauüberwachung unentdeckt bleiben konnten oder hätten bemerkt werden müssen (vgl. BGH BauR 1992, 412; Galda/Wirth aaO, S. 1385 Rn. 199).
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Ein solches Geschehen hat die Klägerin schon in der Klageschrift vorgetragen. Sie hat nämlich behauptet, dass die später entdeckten gravierenden Baumängel (entgegen dem Leistungsverzeichnis Kiespressschicht nicht geräumt; einen anderen und dazu noch ungeeigneten Kleber für die Dachbahnen verwandt; eine Verklebung entgegen den Herstellervorschriften vorgenommen und die Materialverträglichkeit der Baustoffe nicht geprüft) gegen die Durchführung einer Objektüberwachung/Bauüberwachung sprechen. Das hat sie später mit dem Vortrag zu weiteren Mängeln wie das Unterbleiben der Montage einer Holzunterkonstruktion, das Fehlen der Entwässerung der innenliegenden Vorhängerinne und eine unzureichende Befestigung des Fassadenaufbaus sowie das Fehlen einer im Leistungsverzeichnis unter Position 2.07 vorgesehenen Trennlage untermauert. Sie hat zudem durchgehend - und unter Beweisantritt - behauptet, dass die Sanierungsarbeiten der Streithelferin am Flachdach des Gebäudes der Klägerin nicht zu den einfachen Bauarbeiten ("handwerkliche Selbstverständlichkeiten") gehört hätten, sondern wichtige und kritische Baumaßnahmen gewesen seien, die die Beklagte intensiv hätte überwachen müssen (vgl. dazu z. B.: Korbion in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI,7. Aufl., § 15 Rn. 170, 171; Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 6. Aufl., Kap. 4 Rn. 519, 521 und 522 zu - hier ausgeführten – Dachdeckerarbeiten, Abdichtungsarbeiten und Sanierungsarbeiten, jeweils m.w.N.).
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c) Die Klägerin hat von den Umständen, die ein arglistiges Verschweigen der Beklagten begründen können, nach ihrem - unter Beweis gestellten - Vorbringen erst im Zuge der 2008 und später getroffenen Feststellungen ihrer Privatgutachter ... und ..., der die "bestehenden Dachdeckerarbeiten ... während des Abrisses ... dokumentieren" sollte, Kenntnis erlangt. Die im Dezember 2010 eingereichte Klage hat den Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist, die mit dem Schluss des Jahrs beginnt, in dem die Kenntnis erlangt wurde oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangt werden müssen (§ 199 Abs. 1, 1. Halbs. BGB), rechtzeitig gehemmt (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167 ZPO).
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Entgegen der Ansicht der Beklagten ist nicht erheblich, dass der Klägerin Verfärbungen der Titanzinkbleche auf dem Dach ihres Gebäudes schon vor 2007 hätten auffallen müssen. Allein daraus ergab sich kein Anhaltspunkt für ein arglistiges Verschweigen der Beklagten bei Beendigung ihrer Arbeiten Ende 1999/Anfang 2000. Darüber hinaus hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, dass die Angelegenheit insbesondere durch das E-Mail des Zeugen ... vom 5. September 2007 zu "Schäden an Zinkteilen" des Daches ins Rollen gekommen sei und sie danach die Streithelferin mit Ausbesserungsarbeiten beauftragt habe (vgl. die Rechnungen der Streithelferin vom 7. November 2007 und 19. März 2008). Im Rahmen der Ursachenforschung habe der von ihr beauftragte Privatgutachter ... dann die ersten erheblichen Baumängel aufgedeckt. Das hat die Beklagte nicht ausgeräumt (zur Beweislast der Beklagten hinsichtlich Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von Umständen im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB vgl.: BGH NJW 2007, 1584; 2008, 2578; Palandt/Ellenberger BGB, § 199 Rn. 50).
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3. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Feststellungen zur Höhe der Schadensersatzforderung der Klägerin erst getroffen werden können, wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme über das Vorliegen von Baumängeln eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach hinsichtlich derjenigen Mängeln ergibt, die sie arglistig verschwiegen hat. Ist die Arglist für einige Mängel zu verneinen, ist – wie ausgeführt – insoweit ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar (vgl. oben unter Nr. 1).
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4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ist dem Landgericht mitzuübertragen, weil der Ausgang des Rechtsstreits noch offen ist.
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5. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen hierfür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen.
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