Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (6. Zivilsenat) - 6 W 37/16
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 25.04.2016 geändert: Die von dem Antragsteller an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten werden auf
1.826,65 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit 01.04.2016 festgesetzt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf bis 1.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
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Der bei der Antragsgegnerin unfallversicherte Antragsteller begehrte im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Art, Ursache und Folgen einer Verletzung an seinem rechten Handgelenk, seiner rechten Mittelhand sowie seinem rechten Unterarm. Antragsgemäß holte das Landgericht Landau in der Pfalz mit Beschluss vom 13.08.2012 ein orthopädisches Gutachten ein. Nachdem der von dem Landgericht bestellte Sachverständige Prof Dr. med. P… seine Begutachtung zunächst nur anhand der Krankenunterlagen vorgenommen hatte, beraumte er im Anschluss an Ergänzungsfragen des Antragstellers einen gutachterlichen Untersuchungstermin auf den 01.08.2014 an. Zu diesem Termin erschien neben dem Antragsteller auch der Rechtsanwalt F… als Unterbevollmächtigter der Antragsgegnervertreter. Die Anwesenheit des Rechtsanwaltes fand im Rahmen des fachneurologischen Zusatzgutachtens vom 11.08.2014 (Bl. 229 ff d.A.) wie folgt Erwähnung:
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„Die Untersuchung des Probanden erfolgte nach Identifikation des Probanden durch den Rechtsanwalt F…...“ (vgl. Bl. 239 d.A.).
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An der eigentlichen medizinischen Untersuchung nahm der Antragsgegnervertreter nicht teil.
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Nachdem eine dem Antragsteller gemäß § 494 a Abs.1 ZPO gesetzte Frist zur Klageerhebung verstrichen war, wurde dem Antragsteller mit Beschluss des Landgerichts vom 01.04.2016 auferlegt, die der Antragsgegnerin entstandenen Kosten zu tragen.
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In ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 22.03.2016 beantragte die Antragsgegnerin unter anderem die Festsetzung einer Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG. Die Rechtspflegerin gab dem Kostenfestsetzungsantrag mit Ausnahme der beantragten Terminsgebühr statt. Eine Anwesenheit des Antragsgegnervertreters bei der eigentlichen Untersuchung sei nicht ersichtlich. Überdies sei die Teilnahme eines Prozessbevollmächtigten an einer gerichtlichen Beweisaufnahme durch den bestellten Sachverständigen zwar grundsätzlich notwendig. Dies gelte aber nicht für derartige medizinische Gutachten, da in einem solchen Fall weder die andere Partei noch deren Bevollmächtigter ein Recht auf Anwesenheit bei der ärztlichen Untersuchung habe.
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Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie trägt vor, der Termin habe nicht erst mit der Untersuchung, sondern bereits mit der Identifikation des Antragstellers begonnen. Der Antragsteller verteidigt die Entscheidung der Rechtspflegerin und trägt vor, das Tätigwerden des Antragsgegnervertreters sei unnötig gewesen.
II.
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Die zulässige, insbesondere gem. § 104 Abs.3 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde, über die der Senat gem. § 568 Satz 2 ZPO in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, ist auch begründet. Die Terminsgebühr (3104 VV RVG) ist mit der Wahrnehmung des Sachverständigentermins durch den Bevollmächtigen der Antragsgegnerin entstanden. Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 VV RVG entsteht die Terminsgebühr auch für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins. Wahrnehmung eines Termins im vorgenannten Sinne ist die vertretungsbereite Teilnahme des Rechtsanwaltes. Nicht erforderlich ist, dass der Rechtsanwalt von Anfang bis Ende anwesend sein muss; es genügt vielmehr, wenn er später dazukommt oder den Termin früher verlässt. Allerdings muss der Termin bereits begonnen haben und darf nicht schon beendet gewesen sein (vgl. Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 22. Auflage, Vorb.3 VV Rn 133 f). In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass Herr Rechtsanwalt F… als vertretungsbereiter Bevollmächtigter der Antragsgegnerin den Sachverständigentermin zumindest teilweise wahrgenommen hat.
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Während im Falle eines Beweisaufnahmetermin (§§ 355, 361, 362, 365 ZPO) anerkannt ist, dass ein Terminsbeginn mit Eröffnung des Termins anzunehmen ist (Schneider/Wolf, Anwalt-Kommentar RVG, 7. Auflage, VV Vorb3 Rn.130), wird die Frage, wann ein Sachverständigentermin im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs.3 Satz 3 Nr.1 VV RVG im Rechtssinne begonnen hat, in der einschlägigen Kommentarliteratur bislang nicht diskutiert. Da sich dem Gesetz keine zwingende Regelungen über den Beginn eines Sachverständigentermins entnehmen lassen, insbesondere eine mit § 220 Abs.1 ZPO vergleichbare Vorschrift fehlt, ist nach Auffassung des Senats jeweils auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Ein Terminsbeginn ist aber jedenfalls in dem Moment anzunehmen, in dem der Sachverständige Feststellungen trifft, die er zum Gegenstand seiner Begutachtung macht. Im Falle einer medizinischen Begutachtung ist die Klärung der Identität des zu begutachtenden Verfahrensbeteiligten als eine solche Feststellung anzusehen, denn vor der eigentlichen Untersuchung hat sich der medizinische Sachverständige regelmäßig - als notwendige Vorfrage - davon zu überzeugen, dass die richtige, nämlich die im Beweisbeschluss genannte Person untersucht und begutachtet wird. Nach dem Grundsatz der Parteiöffentlichkeit (§ 357 Abs.1 ZPO) besteht ein berechtigtes Interesse des Gegners oder eines Bevollmächtigten, an dieser Anwesenheits- und Identitätsfeststellung teilzunehmen - auch wenn bei der eigentlichen medizinischen Untersuchung eine Anwesenheit des Gegners oder eines Bevollmächtigten ohne Zustimmung der zu untersuchenden Person in aller Regel nicht in Betracht kommt (hierzu Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 16.Juli 2003 - Az 1 W 13/03). Da ausweislich des fachneurologischen Zusatzgutachtens vom 11.08.2014 der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin jedenfalls an der Anwesenheitsfeststellung des Antragstellers durch den Sachverständigen, bzw. des für ihn handelnden Oberarztes Dr. O... teilnahm und sich der untersuchende Arzt ausweislich des schriftlichen Gutachtens bei der Identifikation des Antragstellers sogar des Antragsgegnervertreters bediente, steht eine die Terminsgebühr auslösende Teilnahme des Antragsgegnervertreters fest.
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Der Einwand des Antragstellers, die Tätigkeit des Antragsgegnervertreters sei nicht von Nutzen gewesen, steht der Erstattungsfähigkeit der Terminsgebühr nicht entgegen. Eine inhaltliche Tätigkeit des Bevollmächtigten, die über die Wahrnehmung des Termins hinausgeht, fordert der Gebührentatbestand nicht (vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 6. Auflagen, Vorbemerkung 3 VV RVG, Rn. 49). An der Notwendigkeit der so ausgelösten Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (§ 91 Abs.1 S.1 ZPO) besteht angesichts des berechtigten Interesses der Antragsgegnerin an einer ordnungsgemäßen Anwesenheits- und Identitätsfeststellung (s.o.) kein Zweifel.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.
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