Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (1. Strafsenat) - 1 Ws 81/17

Tenor

Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der 4. Strafkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 25. Januar 2017 wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

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Die Beschwerde ist zulässig (1.), allerdings nicht begründet (2.).

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1. Das Rechtsmittel richtet sich gegen den Beschluss der Strafkammer vom 25. Januar 2017, mit welchem – in Kammerbesetzung – der Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens abgelehnt worden ist. Aus den Schreiben des Verurteilten vom 13., 21. und 25. Februar 2017 gehen zwar auch die Beschlussdaten 23. Januar 2017 (Abhilfeentscheidung des Vorsitzenden der Strafkammer auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft) und 20. Februar 2017 (Nichtabhilfeentscheidung der Strafkammer) hervor. Der entsprechend § 300 StPO maßgebliche Anfechtungswille des Beschwerdeführers beschränkt sich jedoch der Sache nach auf die Ablehnung der Beiordnung als solche.

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Die – einfache – Beschwerde gegen eine ablehnende Entscheidung nach § 364b StPO ist statthaft (BGH, NJW 1976, 431; Meyer-Goßner, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage 2016, § 364b, Rn. 11).

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2. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Nach § 364b Abs. 1 S. 1 StPO bestellt das für die Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren zuständige Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, auf Antrag einen Verteidiger schon für die Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bestimmte Nachforschungen zu Tatsachen oder Beweismitteln führen, welche die Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens begründen können (Nr. 1), wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint (Nr. 2) und der Verurteilte außerstande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts auf eigene Kosten einen Verteidiger zu beauftragen (Nr. 3).

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Hierbei kann offen bleiben, ob der bisherige Pflichtverteidiger Rechtsanwalt Y aufgrund mittlerweile vorhandenen Misstrauens des Verurteilten durch einen anderen Verteidiger zu ersetzen wäre oder ob nach § 364b Abs. 1 S. 2 StPO die Feststellung der Voraussetzungen nach § 364b Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 bis 3 StPO vorzunehmen wäre. Denn die Voraussetzungen dieser Norm müssten in beiden Alternativen sämtlich vorliegen. Dies ist – wie die Strafkammer zutreffend ausführt – nicht der Fall.

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Es liegen bereits keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass bestimmte Nachforschungen zu Tatsachen oder Beweismitteln führen, welche die Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens begründen können (§ 364b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO). Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte in diesem Sinne bestehen dann, wenn zumindest eine nicht nur entfernte Möglichkeit besteht, neue Tatsachen oder Beweismittel ausfindig zu machen (Schmidt, in: KK-StPO, 7. Auflage 2013, § 364b, Rn. 4 m. w. N.; Gössel, in: LR-StPO, 26. Auflage 2013, § 364b, Rn. 9 m. w. N.). Darunter wird üblicherweise verstanden, dass – ähnlich wie bei dem prozessualen Gegenstück in Gestalt des Anfangsverdachts im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO – tatsächliche Umstände vorliegen müssen, die das Auffinden von relevanten Tatsachen oder Beweismitteln als konkret möglich erscheinen lassen (OLG Karlsruhe, GA 1976, 344; Feilcke, in: Miebach/Hohmann, Wiederaufnahme in Strafsachen, 2016, Abschnitt D, Rn. 155; Frister, in: SK-StPO, 4. Auflage 2014, § 364b, Rn. 4). Hierbei dürfen einerseits keine überspannten Anforderungen an die Tatsachengrundlage gestellt werden (Frister, a. a. O.). Andererseits reichen bloße Vermutungen des Antragstellers nicht aus (Gössel, in: LR-StPO, 26. Auflage 2013, § 364b, Rn. 9 m. w. N.). Demnach ist zu verlangen, dass der Antragsteller in seinem Antrag zumindest die Tatsachen substantiiert mitteilt, die hinreichende Anhaltspunkte für die Erfolgsaussicht des künftigen Wiederaufnahmeverfahrens geben, und dass er die Nachforschungen, die seiner Meinung nach neue Tatsachen oder Beweismittel zutage fördern können, bestimmt bezeichnet (OLG Karlsruhe, a. a. O.; Gössel, a. a. O., Rn. 14; OLG Düsseldorf, MDR 1991, 984 [LS]). Das Vorbringen muss so ausführlich sein, dass das Gericht in der Lage ist, die Beiordnungsvoraussetzungen auf dieser Grundlage zu prüfen (Frister, a. a. O., Rn. 13 m. w. N.; Gössel, a. a. O., Rn. 14 m. w. N.).

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Diesen Anforderungen wird der Antrag nicht gerecht:

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Mit seinem Schreiben vom 12. Oktober 2016 macht der Verurteilte keinerlei Ausführungen zu den Voraussetzungen nach § 364b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO. Erst mit seinem Schreiben vom 13. Dezember 2016 nimmt er auf seine Eingaben aus dem Mai 2016 Bezug. Es kann offen bleiben, ob eine solche Bezugnahme ausreichend ist. Denn auch das Vorbringen in den genannten Schreiben vom 19. und 24. Mai 2016 stützt nicht in hinreichender Weise die Erfolgsaussicht eines künftigen Wiederaufnahmeverfahrens. Der Verurteilte bringt im Wesentlichen Angriffe gegen das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 29. April 2015 vor, die schon Gegenstand des Revisionsverfahrens waren und die Beweiswürdigung sowie die Sachaufklärung betreffen. Soweit er weitere Ermittlungsschritte anregt, basiert dies auf bloßen Vermutungen. Die Angriffe des Verurteilten gegen das eingeholte forensisch-psychiatrische Gutachten sind ebenfalls nicht hinreichend konkret, um eine Erfolgsaussicht eines Wiederaufnahmeverfahrens im Sinne von § 364b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO zu begründen.

II.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

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