Gerichtsbescheid vom Sozialgericht Aachen - S 8 AS 114/06
Tenor
Der Bescheid vom 09.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2006 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 28.02.2007 Heizkosten i. H. v. 52,- EUR monatlich zu erstatten. Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
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Tatbestand:
2Die am 00.00.1959 geborene Klägerin ist alleinstehend. Sie wohnt in einer 40,11m² großen Mietwohnung. Die Klägerin bezieht seit dem 01.01.2005 Arbeitslosengeld II. Mit Bescheid vom 03.08.2006 erstattete die Beklagte für die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 28.02.2007 Heizkosten i. H. v. 20,45 EUR monatlich. Mit Schreiben vom 21.09.2006 teilte die Wohnungsverwalterin, Firma U. OHG, der Klägerin mit, die monatlich ab 01.11.2006 zu zahlende "Vorauszahlung Heizkosten" werde auf 52,- EUR erhöht. Die Klägerin beantragte die Erstattung dieses Betrages. Mit Bescheid vom 09.10.2006 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 28.02.2007 Arbeitslosengeld II. Sie erstattete Heizkosten ab 01.11.2006 in Höhe von 40,18 EUR monatlich. Die Beklagte hatte in einem internen Vermerk angemessene Heizkosten nach "Wärmeklassen" errechnet.
3Im Widerspruchsverfahren meinte die Klägerin, ihr stehe für die Heizkosten ein Erstattungsbetrag in Höhe von 52,- EUR monatlich zu. Sie sei nicht in der Lage, diesen Betrag selbst zu tragen.
4Mit Bescheid vom 06.12.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, Heizkosten, die den Betrag von 40,18 EUR monatlich übersteigen, seien "unter Hinweis auf die Dienstwohnungsverordnung" als unangemessen i. S. d. § 22 Abs. 1 SGB II anzusehen.
5Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 18.12.2006 erhobene Klage. Die Beteiligten wiederholen und vertiefen ihr bisheriges Vorbringen.
6Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
7die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 09.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2006 zu verurteilen, die Heizkostenpauschale in Höhe von 52,- EUR monatlich zu erstatten.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte verwiesen. Die Beteiligten wurden zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und waren damit einverstanden.
11Entscheidungsgründe:
12Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig i. S. d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme der vollen Heizkostenpauschale in Höhe von 52,- EUR monatlich.
13Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Grundsätzlich ergibt sich hierbei die Höhe der als angemessen anzusehenden Heizkosten aus den von den Energieunternehmen festgesetzten Vorauszahlungen (LSG NRW, Beschluss vom 28.09.2005 - L 19 B 68/05 AS ER -). Für die von der Beklagten vorgenommene pauschale Berechnung nach der Dienstwohnungsverordnung gibt es keine Rechtsgrundlage. Eine Pauschalierung der zu erstattenden Heizkosten ist allenfalls nach Erlass einer Rechtsverordnung gemäß § 27 Nr. 1 SGB II zulässig. Bis dahin sind Heizkosten nur dann als unangemessen anzusehen, wenn der Leistungsträger darlegen kann, dass die konkrete Höhe der Heizkosten auf ein unwirtschaftliches Verhalten des Leistungsempfängers schließen lässt (vgl. hierzu ausführlich Berlit, in: LPK-SGB II, § 22 Rdnr. 66 f.). Dies wird im vorliegenden Fall von der Beklagten weder behauptet, noch gibt es sonst Anhaltspunkte dafür. Vielmehr hat die Klägerin im Erörterungstermin unwidersprochen und nach dem Schreiben vom 21.09.2006 auch plausibel dargelegt, dass die Heizkostenpauschale für alle Mieter ihres Wohnhauses erhöht wurde. Die Klägerin kann sich einer entsprechenden Erstattung ohne dem Vermieter gegenüber vertragsbrüchig zu werden, nicht entziehen. Auch dieser Umstand ist bei der Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten zu berücksichtigen. Schließlich mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen und kommen somit dem Leistungsträger bei Fortzahlung der Leistungsbewilligung zugute.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
15Das Gericht hat die Berufung trotz Entscheidung durch Gerichtsbescheid zugelassen, weil aufgrund einer abweichenden Verwaltungspraxis der Beklagten die Rechtssache gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung hat.
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