Urteil vom Sozialgericht Braunschweig (22. Kammer) - S 22 U 64/06
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 308,21 € festgesetzt.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren als Verzugsschaden.
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Ein Versicherter der Beklagten wurde bei der Klägerin stationär behandelt. Mit Rechnungslegung vom 21. September 2005 forderte die Klägerin hierfür einen Gesamtbetrag in Höhe von 11.570,43 € von der Beklagten ein. Die Rechnung enthielt den Zusatz, dass der liquidierte Betrag zum 05. Oktober 2005 fällig sein sollte. Nach Zahlung eines Teilbetrages - die Gesamtrechnung erschien der Beklagten nicht schlüssig - mahnte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Oktober 2005 den ausstehenden Restbetrag in Höhe von 2.578,77 € an. Mit weiterem Schreiben vom 23. November 2005 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 03. Dezember 2005 zur Restzahlung auf. Hierbei machte sie bereits 10,53 € Verzugszinsen neben dem Restrechnungsbetrag geltend. Mit weiterem Schreiben vom 22. Februar 2006 forderte die Klägerin abermals den endgültigen Rechnungsausgleich, diesmal unter Fristsetzung zum 01. März 2006 ein. Die Beklagte antwortete hierauf, es sei ihr gegenüber trotz Aufforderung noch nicht nachgewiesen, dass die Restforderung in Höhe von 2.578,77 € tatsächlich bestehe; Behandlungen aufgrund der Nebendiagnose B 95.2 könnten ohne weitere ärztliche Stellungnahme, die weiterhin nicht vorliege, nicht übernommen werden. Mit Schreiben vom 02. bzw. 08. März 2006 antwortete der Oberarzt G. für die Klägerin erstmalig auf die Einwände der Beklagten gegen die Rechnungsstellung vom 21. September 2005. Die Beklagte holte daraufhin am 15. März 2006 eine beratungsärztliche Stellungnahme der Frau Dr. H. ein, die diese am 20. März 2005 abgab. Frau Dr. H. befand die Rechnung nunmehr für korrekt. Mit weiterem Schreiben vom 15. März 2006 forderte die Klägerin die Beklagte unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Oberarztes G. auf, den ausstehenden Betrag nunmehr bis zum 30. März 2006 zu zahlen. Die Beklagte teilte am 21. März 2006 mit, dass der Restbetrag in Höhe von 2.578,77 € gezahlt werde. Am 30. März 2006 bestätigte die Klägerin den Zahlungseingang. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin baten bei dieser Gelegenheit um Ausgleich einer Kostennote über ihre anwaltliche Tätigkeit in Höhe von 308,21 € binnen zehn Tagen als eingetretener Verzugsschaden. Die Beklagte verweigerte diese Zahlung mit Schreiben vom 24. April 2006. Am 03. Mai 2006 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte erneut zur Zahlung der Kostennote bis zum 10.05.2006 auf, am 29. Mai 2006 hat die Klägerin Klage erhoben.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte den Rechnungsbetrag vom 21. September 2005 über 11.570,43 € unverzüglich in voller Höhe hätte zahlen müssen, spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsstellung. Vorschriften sowie vertragliche Vereinbarungen aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung seien auf die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung nach ihrem Sinn und Zweck entsprechend anwendbar. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum gesetzlichen Krankenversicherungsrecht gelte auch im Verhältnis zur Beklagten. Zurückbehaltungsrechte stünden der Beklagten nicht zu, da diese kein Prüfrecht habe. Die Kostennote sei als Verzugsschaden zu zahlen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 308,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 12. April 2006 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Außer der Gerichtsakte hat der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Verwaltungsvorgang der Beklagten bei der Entscheidungsfindung vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten sowie die Sitzungsniederschrift des Erörterungstermins vom 14. Februar 2008 ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Gericht konnte den Rechtstreit ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
II.
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Die Klage ist zulässig, insbesondere als sog. echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthaft.
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Jedoch ist die Klage unbegründet.
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Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 308,21 €. Es gibt keine Anspruchsgrundlage, auf die sich die Klägerin stützen könnte.
II.
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1. Ein Anspruch kann zunächst nicht aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit dem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 2 SGB V hergeleitet werden. Denn insoweit müsste die Beklagte eine gesetzliche Krankenkasse oder Ersatzkasse sein. Der eindeutige Wortlaut der gesetzlichen Ermächtigung erlaubt keine Einbeziehung der Beklagten als gesetzliche Unfallversicherungsträgerin. Die gesetzlichen Unfallversicherungen sind nicht Vertragspartei dieser Vereinbarungen.
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Mangels Verweises im SGB VII finden auch das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und die Fallpauschalenverordnung keine direkte Anwendung. Ohne dies betreffende gesetzliche Ermächtigung ist auch nicht von einer Gesetzeswirkung des § 3 KHG im Umkehrschluss auszugehen.
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2. Eine analoge Anwendung derjenigen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen, die in den Rechtsbeziehungen von stationären Einrichtungen/Krankenhäusern gegenüber den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung gelten, auf das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung ist rechtlich nicht möglich. Denn es fehlt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke.
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Das Rechtsverhältnis von Ärzten und Unfallversicherungsträgern ist in einem eigenständigen Vertragswerk geregelt. Die Gebührenordnung für Ärzte UV-GOÄ ermöglicht es, sämtliche Leistungen, die die Klägerin als Krankenhaus erbringt, mit den Unfallversicherungsträgern abzurechnen. Die UV-GOÄ ist als eigenständige, spezielle Regelung im Rechtsverhältnis Ärzte - Träger der gesetzlichen Unfallversicherung anzusehen. Dass im UV-GOÄ keine vertraglichen Fälligkeits-, Zahlungs- und Fristenbestimmungen getroffen wurden, die mit denjenigen im Versorgungsvertrag auf Basis der Ermächtigung in § 109 Abs. 2 SGB V vergleichbar wären - dies gilt insbesondere für das Zahlungsziel von 14 Tagen nach Rechnungsstellung ohne Prüfrecht -, ermächtigt nicht zur Anwendung dieser, die Klägerin einseitig begünstigenden Regelungen. Es ist im Gegenteil schon zu bezweifeln, ob die Unterschiede zum Versorgungsvertrag, insbesondere die hier streitigen "Nicht-Regelungen" im UV-GOÄ, planwidrig sind. Die besondere Rechtstellung der gesetzlichen Unfallversicherungsträger deutet eher darauf hin, dass eine Gleichstellung mit den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung bewusst vermieden werden soll.
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Mangels vertraglicher, speziellerer Regelungen zur Fälligkeit von Forderungen gilt insoweit allgemeines Zivilrecht.
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3. Die Klägerin kann gegenüber der Beklagten keinen Verzugsschaden geltend machen. Denn die Beklagte ist nicht in Verzug gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geraten. Vielmehr stand der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB gegenüber dem Zahlungsanspruch der Klägerin zu. Denn sie hatte einen fälligen Auskunftsanspruch gegen die Klägerin, der aus der Auskunftspflicht des behandelnden Arztes gemäß §§ 5 Abs. 1, § 46 UV-GOÄ resultiert. Der Beklagten steht - im Gegensatz zu den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung - als gesetzlicher Unfallversicherungsträgerin ein eigenes Prüfrecht zu.
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Dieses Prüfungsrecht ergibt sich ausdrücklich aus der Auskunftspflicht der behandelnden Ärzte, die im UV-GOÄ niedergelegt ist. Des Weiteren ist es abzuleiten aus § 11 Abs. 5 SGB V. Denn dort ist die Subsidiarität von Leistungsansprüchen gegen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung im Verhältnis zu vorrangigen Ansprüchen zu Lasten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung normiert. Die gesetzlichen Unfallversicherungsträger müssen anhand von Rechnungsunterlagen und genaueren Angaben des ärztlichen Leistungserbringers feststellen können, ob überhaupt ein Versicherungsfall im Sinne des SGB VII vorliegt. Diese Feststellung muss den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung zunächst ermöglicht werden. Dies ist zudem sinnvoll, um nachholende Erstattungsstreitigkeiten zwischen Krankenkassen und Unfallversicherungsträgern zu vermeiden. Ferner ist den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung deshalb ein eigenes Prüfungsrecht zuzubilligen, weil ihnen kein spezielleres, vertraglich vereinbartes Prüfungsverfahren, das der sofortigen Zahlung nachgelagert wäre, zusteht. Denn das Prüfungsverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) gilt für sie nicht.
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Nach diesen Grundsätzen trifft die Beklagte kein Verschulden an der verspäteten Rechnungsbegleichung. Im Gegenteil hat sie nach Erhalt der eingeforderten Unterlagen unverzüglich den Restbetrag geleistet. Erst am 02. bzw. 08. März 2006 antwortete die Klägerin durch ihren Oberarzt Schwarz auf die Einwende der Beklagten gegen die Rechnungsstellung vom 21. September 2005. Nach kurzer Prüfung durch die Beratungsärztin Frau Dr. H. - lediglich fünf Tage - wurde der Restbetrag in Höhe von 2.578,77 € am 21. März 2006 zur Zahlung angewiesen. Die Zeitspanne zwischen Eingang der ärztlichen Stellungnahme am 02. bzw. 08. März 2006 und Zahlungsanweisung am 21. März 2006 ist als Prüfungszeit angemessen. Ein schuldhaftes Zögern kann hierin nicht erblickt werden.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
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Die Berufung war entgegen § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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