Urteil vom Sozialgericht Braunschweig (14. Kammer) - S 14 U 97/07
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2007 in der Fassung des Bescheides vom 04. Juni 2008 wird abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger infolge des Versicherungsfalls vom 24. Juni 2005 ab dem 01. Juli 2008 auf Dauer eine Teilrente nach einer MdE in Höhe von 35 v. H. der Vollrente zu zahlen.
3. Die Beklagte erstattet dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Höhe einer Verletztenrente infolge eines Arbeitsunfalls.
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Der am 7. November 1964 geborene Kläger ist Heizungsbauer und als Installateurmeister und selbständiger Unternehmer bei der Beklagten versichert. Am 24. Juni 2005 gegen 10.00 Uhr rutschte er mit einem zwei Meter langen Heizkörper in einem Treppenhaus aus und fiel rückwärts die Treppe herunter. Hierbei schlug er u. a. mit dem Hinterkopf auf. Ausweislich des Durchgangsarztberichtes von Prof. Dr. F. vom 27. Juni 2005 konnten zunächst als Diagnosen festgehalten werden: Comotio cerebri, Fraktur der 7. Rippe rechts, eine Prellung im Brustlendenwirbelsäulenübergang sowie Schürfungen im Bereich des linken Beines. Im späteren Behandlungsverlauf zeigten sich auch eine Innenohrfunktionsstörung sowie ein Tinnitus. Die Beklagte holte ein hals-nasen-ohrenärztliches Gutachten von Frau Dr. G. vom 5. Oktober 2006 sowie ein neurologisch-psychiatrisches Zusammenhangsgutachten des Dr. H. vom 8. November 2006 ein. Prof. Dr. I. gab am 2. Dezember 2006 anhand dieser Gutachten eine beratungsärztliche Stellungnahme ab.
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Mit Bescheid vom 23. März 2007 erkannte die Beklagte indirekt das Unfallereignis des Klägers vom 24. Juni 2005 als Arbeitsunfall an und verfügte als vorläufige Entscheidung eine Rentenzahlung ab dem 1. Juni 2006 nach einer MdE in Höhe von 30 %. Als Unfallfolgen stelle sie fest: somatoforme Schmerzstörung mit überwiegender Kopfschmerzsymptomatik mit depressiver Episode mittelgradigen Ausmaßes, ein ohne wesentliche Folgen verheilter Bruch der 7. Rippe rechts, eine knapp geringgradige Schwerhörigkeit rechts mit Ohrgeräusch nach leichtem Schädeltrauma mit Labyrinthläsion rechts sowie eine ohne wesentliche Beeinträchtigung bestehende Störung des Gleichgewichtsorgans des Klägers. Als unfallunabhängig sah sie eine anteilige depressive Reaktion mit psychogener Erektionsschwäche aufgrund eines Partnerschaftskonfliktes und ein leichtes rechtsseitiges Schielen des Klägers an. Der Widerspruch des Klägers hiergegen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2007 zurückgewiesen.
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Der Kläger hat am 31. Juli 2007 Klage erhoben.
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Im Klageverfahren hat die Beklagte parallel weitere Ermittlungen zur Dauerrentenfeststellung durchgeführt. Sie holte u. a. ein weiteres hals-nasen-ohrenärztliches Gutachten von Frau Dr. G. vom 10. März 2008, ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. H. vom 3. April 2008 sowie ein augenfachärztliches Gutachten von Frau J. /Herrn Dr. K. vom 14. März 2008 ein und ließ sich abschließend erneut von Prof. Dr. I. am 25. April 2008 beraten. Sie hat den Kläger daraufhin am 21. Mai 2008 angehört und am 4. Juni 2008 einen Bescheid über Rente auf unbestimmte Zeit erlassen; anstelle der bisherigen Rente als vorläufige Entschädigung hat sie nunmehr eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE in Höhe von 25 % ab dem 1. Juli 2008 auf Dauer verfügt. Als Unfallfolgen hat sie festgestellt: somatoforme Schmerzstörung mit überwiegender Kopfschmerzsymptomatik nach Gehirnerschütterung, eine chronifizierte depressive Symptomatik mittelschweren Ausmaßes, eine geringgradige Innenohrschwerhörigkeit und ein chronisch-komplexer Tinnitus rechts nach Gehirnerschütterung mit Labyrinthläsion sowie ein ohne wesentliche Folgen verheilter Bruch der 7. Rippe. Als unfallunabhängig hat sie festgestellt: Eine anteilige depressive Reaktion, psychogene Erektionsschwäche aufgrund eines Partnerschaftskonflikts, eine Visusminderung des rechten Auges sowie eine konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung und eine Riechstörung des Klägers. Der Bescheid enthält einen Hinweis auf § 96 SGG.
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Der Kläger beantragt,
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1. den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2007 in der Fassung des Bescheides vom 04. Juni 2008 abzuändern und
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2. die Beklagte zu verurteilen, ihm infolge des Versicherungsfalls vom 24. Juni 2005 ab dem 01. Juli 2008 auf Dauer eine Teilrente nach einer MdE in Höhe von mindestens 30 v. H. der Vollrente zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hält die Gesamt-MdE von 25 % auf Dauer zumindest für rechtlich vertretbar. So hat sie schriftsätzlich, siehe insbesondere den Schriftsatz vom 25. März 2009, darauf verwiesen, dass eine Abweichung von 5 % innerhalb der normalen Schwankungsbreite liege. Rechtsfehlerhaft sei die Einschätzung von 25 % nicht, auch wenn diese am unteren Ende der Einschätzung liege und vielleicht nicht so gerecht empfunden werde wie eine Einschätzung von 30 %.
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Das Gericht hat von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten des Herrn L. vom 5. März 2009 eingeholt.
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Außer der Gerichtsakte haben der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die beigezogene Verfahrensakte S 14 U 137/06 vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten sowie die Sitzungsniederschrift vom 30. November 2009 ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Klage ist begründet.
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Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer Teilrente nach einer MdE in Höhe von 35 v.H. der Vollrente ab dem 1. Juli 2008 auf Dauer infolge des Versicherungsfalls vom 24. Juni 2005 gemäß §§ 7 Absatz 1, 1. Alternative, § 8 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 2 SGB VII. Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2007 sowie insbesondere in der Fassung des Bescheides vom 4. Juni 2008 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit er ab dem 1. Juli 2008 lediglich eine Teilrente nach einer MdE in Höhe von 25 v.H. der Vollrente gewährt.
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I.1. Der Kläger leidet auf hals-nasen-ohrenärztlichem Fachgebiet an einem Zustand nach stumpfen Schädelhirntrauma mit Labyrinthläsion rechts, einer Innenohrschwerhörigkeit rechts, einem chronisch komplexen Tinnitussyndrom rechts sowie an Vertigo. Der Hörverlust rechts beträgt 100 %. Auf der linken Seite ist kein Hörverlust messbar. Diese vorhandenen Gesundheitsstörungen sind mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Versicherungsfall zurückzuführen.
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Diese Feststellungen beruhen auf den Befunderhebungen und Darlegungen der Frau Dr. G in deren hals-nasen-ohrenärztlichem Gutachten vom 10. März 2008.
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I.2. Auf augenfachärztlichem Fachgebiet sind keine hinreichend wahrscheinlichen Unfallfolgen feststellbar.
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Diese Feststellung beruht auf dem augenfachärztlichen Gutachten von Frau J. und Herrn Dr. K. vom 14. März 2008 sowie insbesondere auf der Stellungnahme von Frau J. vom 18. April 2008.
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I.3. Auf neurologisch-psychiatrischen-psychosomatischem Fachgebiet leidet der Kläger an einem chronisch-somatoformen Schmerzsyndrom mit chronischem Spannungskopfschmerz, einer chronifizierten depressiven Symptomatik mittelgradiger Ausprägung, einem chronisch-komplexen Tinnitus rechts und an einem wiederkehrenden leichten Schwindel bei Zustand nach Comotio Labyrinthi im Rahmen des Schädelhirntraumas.
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Diese Feststellungen beruhen auf den Befunderhebungen im Gutachten des Herrn L. vom 5. März 2009 und stehen im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Dr. H., zuletzt in dessen Gutachten vom 3. April 2008. Auch diese Gesundheitsstörungen sind hinreichend wahrscheinlich auf den Versicherungsfall zurückzuführen.
II.
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Die Gesamt-MdE infolge des Versicherungsfalls vom 24. Juni 2005 beträgt bereits seit dem 1. Juni 2006 ununterbrochen und auf Dauer 35 v. H.
- 23
Die Entscheidung der Frage, in welchem Grade die Erwerbsfähigkeit eines Verletzten gemindert ist, ist eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Die Bemessung der unfallbedingten MdE richtet sich gemäß § 56 Absatz 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) nach dem Umfang der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung des Verletzten durch die Unfallfolgen und der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens. Dabei liegt die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, in erster Linie auf medizinisch-wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit sich derartige Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit des Verletzten auswirken, sind zwar nicht verbindlich, bilden aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE. Darüber hinaus sind bei der Beurteilung der MdE auch die von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend, aber als Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis heranzuziehen sind (BSG Urteil vom 26.6.1985 - 2 RU 60/84 - SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23). Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte stellen allgemeine Erfahrungssätze dar und bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet. Die Erfahrungssätze stellen in erster Linie auf das Ausmaß der unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigung ab.
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Sind mehrere und unterschiedliche medizinische Fachgebiete betroffen, hat die Bildung der Gesamt-MdE im Sinne einer integrierenden Gesamtschau der Gesamteinwirkungen aller Funktionseinschränkungen auf die Erwerbsfähigkeit zu erfolgen.
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Hierbei dürfen die einzelnen MdE-Ansätze nicht schematisch zusammengerechnet werden. Entscheidend ist insoweit insbesondere, ob und inwieweit unterschiedliche Funktionseinschränkungen unterschiedliche Fachgebiete betreffen, inwieweit sie nebeneinander stehen und sich gegebenenfalls überlagern und ob der ermittelte Gesamtwert seinerseits vergleichbar mit Einzelbeeinträchtigungen dieser Art und Höhe ist (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Kapitel 2.6.3, S. 158 f.
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II. 1. Auf hals-nasen-ohrenärztlichem Fachgebiet ist eine MdE von 15 - 20 % festzustellen.
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Frau Dr. G. führt insoweit in ihrem Gutachten vom 10. März 2008 bei Verwendung der Tabelle von M. und den Ausführungen von N. aus, dass aufgrund des einseitigen Hörverlustes von 100 % rechts die MdE 20 % betrage; sie relativiert dieses Zwischenergebnis jedoch anhand der objektiven Hörprüfung mittels BERA, demzufolge von einer besseren Hörschwelle rechtsseitig ausgegangen werden müsse und schlägt im Ergebnis eine MdE von 15 % bezüglich des Hörverlustes vor. Die Schwindelsymptomatik bewertet sie nach Stoll mit weniger als 10 %. Die aufgrund des Tinnitus resultierenden psychovegetativen Begleiterscheinungen führen bei ihr mitberücksichtigt zu einer "Gesamt-MdE" auf hno-ärztlichem Gebiet von 20 %. "Klassisch" hno-ärztlich - d.h. ohne die Folgen des Tinnitus psychovegetativer Art - beträgt die MdE hier mindestens 15 %.
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II. 2. Auf neurologisch-psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet beträgt die MdE 30 %.
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Hierbei werden nicht nur die chronisch-somatoforme Schmerzstörung mit chronischem Spannungskopfschmerz sowie die chronifizierte depressive Symptomatik mittelgradiger Ausprägung sondern auch die Folgen des chronisch komplexen Tinnitus rechts mit einbezogen. Dies vor allem aufgrund der faktischen Überschneidungen in den Auswirkungen dieser Krankheitsbilder.
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Herr L. führt in seinem Gutachten vom 5. März 2009 insoweit zutreffend aus, dass ein chronifizierter Schmerzzustand mit stärkergradiger körperlicher und funktioneller Einschränkung mit psychisch-emotionaler Beeinträchtigung eine MdE von 10 - 30 % bedinge, eine depressive Verstimmung entsprechend dem Schweregrad einer mittelgradigen depressiven Episode mit einer MdE zwischen 20 und 40 % zu bewerten sei und schließlich ein Tinnitus ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen eine MdE zwischen 0 und 10 sowie bei erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen eine MdE von 20 % bedinge. In Anbetracht der wechselseitigen Überschneidungen erachtet er nachvollziehbar eine MdE auf seinem Fachgebiet von insgesamt 30 % für angemessen.
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II. 3. Bei der Bildung der Gesamt-MdE sind die Beeinträchtigungen neurologisch-psychiatrisch-psysomatischer Natur mit einer Einzel-MdE von 30 % und die MdE auf hals-nasen-ohrenärztlichem Fachgebiet in Höhe von 15 - 20 % integrierend zusammenzufassen. Die Kammer hält es für angemessen und sachgerecht, die MdE-Festsetzung insgesamt mit 35 v. H. vorzunehmen. Eine Festsetzung mit lediglich 25 % berücksichtigt nicht einmal die neurologisch-psychiatrisch-psychosomatischen Beeinträchtigungen in ihrer vollen Ausprägung. Und auch eine MdE-Festsetzung von 30 % wird den Unfallfolgen insgesamt nicht gerecht. Denn hierbei flössen die gesamten Beeinträchtigungen auf hals-nasen-ohrenärztlichem Fachgebiet überhaupt nicht mit ein: 30 % sind allein auf neurologisch-psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet anzusetzen; die 15 % auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet würden bei einer Gesamtfestsetzung der MdE von 30 % vollständig außer Acht gelassen werden. Eine Erhöhung der neurologisch-psychiatrisch-psychosomatischen Einzelbewertung um 5 % auf 35 % insgesamt erscheint sachgerechter.
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Der insoweit entgegenstehende Bewertungsvorschlag des Prof. Dr. I. in dessen beratungsärztlichen Stellungnahmen, zuletzt vom 25. April 2008, vermag nicht in gleicher Weise zu überzeugen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb Prof. Dr. I. auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet eine nicht messbare MdE von unter 10 % annimmt. Aufgrund dieser Fehleinschätzung ist auch sein Gesamtbewertungsvorschlag nicht schlüssig.
- 33
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Gesamt-MdE in Höhe von 35 % bereits seit dem 1. Juni 2006 fortdauernd besteht. Eine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers auf den einzelnen Fachgebieten ist anhand der Untersuchungsergebnisse zwischen Oktober 2006 und März 2009 nicht nachweisbar eingetreten. Gewöhnungseffekte sind nicht erwiesen und ersichtlich. Auch dieser Umstand belegt, weshalb die Rentenherabsetzung von 30 % auf 25 % sachlich nicht nachvollziehbar und begründbar ist.
III.
- 34
Die Kammer war jedoch rechtlich daran gehindert, die MdE für den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis einschließlich 30. Juni 2008 ebenfalls anzuheben und eine höhere Rente für diesen Zeitraum zuzuerkennen. Denn die Differenz zwischen der in der vorläufigen Rentenbescheidung verfügten MdE in Höhe von 30 % und der Festsetzung der Kammer mit 35 %, nämlich 5 %, liegt innerhalb einer sog. Beurteilungsspannbreite, die es nach der Auffassung in Teilen der Rechtsprechung unmöglich machen soll, eine für falsch erachtete, behördliche Festsetzung gerichtlich korrigieren zu können (s. Bundessozialgericht, Urteil vom 7. Dezember 1976, Az.: 8 RU 14/76; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 15.10.2009, Az.: L 6 U 284/06).
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Für den Zeitraum der dauerhaften Rentengewährung ab 1. Juli 2008 bestand diese, gesetzlich nicht niedergelegte Beschränkung nicht: die behördlich verfügte MdE-Festsetzung von 25 % kann auf 35 % angehoben werden.
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Der Erhöhung der MdE-Festsetzung von 25 % auf 35 % steht schließlich nicht die Berechtigung der Beklagten entgegen, die Dauerrentenfeststellung ohne Bindung an die vorläufige Rentengewährung vorzunehmen, § 63 Abs. 2 Satz 2 SGB VII - hierin ist die Beklagte nämlich von der Beschränkung des § 73 Abs. 3 SGB VII befreit, d.h. sie muss nicht den Nachweis einer wesentlichen Änderung - MdE-Veränderung von mehr als 5 % - erbringen, um eine Rente herabsetzen zu können; § 73 Abs. 3 SGB VII ist bei der erstmaligen Dauerrentenfeststellung nicht anwendbar. Denn die MdE-Festsetzung war von vorne herein, wie dargelegt, zu niedrig.
IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
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Die Berufung ist zulässig, § 143 SGG.
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