Beschluss vom Sozialgericht Detmold - S 5 KR 245/08 ER
Tenor
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
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Gründe:
2Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig, aber nicht begründet.
3Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller das Bestehen eines Rechtsverhältnisses glaubhaft macht, aus dem er eigene Ansprüche ableitet. Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm unter Berücksichtigung der widerstreitenden öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Die tatsächlichen Verhältnisse für das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes müssen von dem Antragsteller glaubhaft gemacht werden.
4Diese Voraussetzungen liegen bei der Antragstellerin nicht vor, denn es ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage sie die Versorgung mit neuem Zahnersatz geltend machen kann. Ebensowenig ist ein Anordnungsgrund, der eine sofortige Entscheidung nötig erscheinen lässt, nicht gegeben.
5Nach der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung bestehen nach Auffassung des Gerichts erhebliche Zweifel, ob die Antragstellerin erneut mit Zahnersatz entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen versorgt werden kann.
6Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 a Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) umfasst die Krankenbehandlung ebenfalls die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktiongen. § 55 SGB V legt dabei fest, dass Versicherte bei einer medizinisch notwendigen Versorgung Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse haben, sofern die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs. 1 SGG V anerkannt ist.
7Vor diesem Hintergrund wurde der Antragstellerin sowohl im Oberkiefer, wo eine Vielzahl von Zähnen auf Grund mangelhafter hygienischer Versorgung extrahiert werden mussten, als auch im Unterkiefer im Dezember 2007 Zahnersatz eingegliedert, der von der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen bezuschusst wurde. Die 1974 geborene Antragstellerin hatte in der Folgezeit Probleme mit der Prothese und war mehrmals bei dem behandelnden Zahnarzt vorstellig.
8Aus dem Vorbringen der Antragstellerin sowie aus den in den Verwaltungsakten befindlichen medizinischen Unterlagen geht nicht hervor, dass eine Neuversorgung mit Zahnersatz medizinisch notwendig ist.
9Vielmehr erbrachte das von der Beklagten veranlasste Mängelgutachten, erstellt von dem Zahnarzt Dr. K L, keine Hinweise auf technische Defizite der prothetischen Versorgung. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin die normalen Abläufe beim Heilungsprozess beklagt, wenn eine Vielzahl von Zähnen verloren gegangen ist. Im Rahmen der am 25.01.2008 vorgenommenen Untersuchung wurde der Antragstellerin der Sachverhalt erläutert und sie wurde aufgefordert, ggf. in der Heilungsphase eine weitere Unterfütterung vornehmen zu lassen.
10Unter Berücksichtigung dieser Umstände steht der Klägerin ein erneuter Anspruch auf Bezuschussung von Zahnersatz nicht zu.
11Etwas anderes ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin nach ihrem Vortrag so starke Schmerzen hat, dass sie nur bedingt in der Lage ist, Nahrung zu sich zu nehmen.
12Insoweit hat die Antragstellerin nämlich keinen medizinischen Nachweis über die bestehenden Beeinträchtigungen erbracht. Im übrigen ist für das Gericht wenig nachvollziehbar, dass die Antragstellerin so extrem von dem schlechten Sitz der Prothese beeinträchtigt ist. Es hätte nahe gelegen, weitere medizinische Maßnahmen durch allgemein- oder zahnärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen, um die Probleme zu lösen. Hiervon berichtet die Antragstellerin jedoch nicht.
13Im Übrigen wurde im Rahmen der weiteren Begutachtung am 25.04.2008 durch Dr. N Q festgestellt, dass die Unterkiefer-Modellprothese einen anderen tatsächlichen Zustand aufwies als bei der Eingliederung bzw. bei der ersten Begutachtung im Januar 2008. Unabhängig davon, ob sich der Manipulationsverdacht bestätigen lässt oder nicht, ist die medizinische Erforderlichkeit der Neuversorgung mit Zahnersatz aufgrund dieses Sachverhalts nicht glaubhaft gemacht.
14Ebenso wenig hat die Antragstellerin einen Anordnungsgrund glaubhaft vorgetragen. Nach den Ausführungen des Gutachters Dr. Q kann die Immediatprothese im Oberkiefer eingesetzt werden. Selbst wenn die Antragstellerin die derzeit in ihrem Besitz befindliche Unterkieferprothese mangels einwandfreiem Sitz nicht verwenden kann, so begründet dies keine besondere Eilbedürftigkeit, die das Abwarten der Hauptsache für die Antragstellerin unzumutbar erscheinen lässt.
15Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient nämlich lediglich vorläufigen Regelungen. Nur wenn es zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, ist ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache (hier die vorläufige Neuversorgung mit Zahnersatz) im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zulässig (vgl. Meyer-Ladewig § 86 b Randnr. 31).
16Die Antragstellerin hat darüber hinaus auch nicht vorgetragen, zahnärztliche Behandlung erfolglos in Anspruch genommen zu haben. Der bloße Hinweis, sie sei auf Grund der mangelhaften Zahnbehandlung 24 Stunden schmerzbelastet, genügt für die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes nicht, zumal aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht hervorgeht, welche Maßnahmen im Vorfeld ergriffen wurden, um eine Linderung der Beschwerden zu erreichen.
17Auch der Umstand, dass die Antragstellerin bereits an Gewicht verloren hat und Schwierigkeiten bestehen, die sechs minderjährigen Kinder zu versorgen, rechtfertigt keine andere Sichtweise. Die Antragstellerin kann nach Auffassung des Gerichts zunächst die üblichen Behandlungsmaßnahmen einleiten, sofern erforderlich und möglich den defekten Zahnersatz reparieren lassen und ggf. gegenüber der Beklagten im Hauptsacheverfahren einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 SGB V geltend machen.
18Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war daher abzulehnen.
19Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
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