Urteil vom Sozialgericht Duisburg - S 9 KR 274/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob das Entgelt, welches die Klägerin als Referendarin in der Rechtsanwaltssozietät der Beigeladenen zu 2) im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 30.06.2014 erhalten hat, der Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Beigeladenen zu 1) unterliegt und von der beklagten Krankenkasse zu Recht eingezogen wurde.
3Die am 28.11.1987 geborene Klägerin ist gesetzlich krankenversichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse. Nach dem Abschluss ihres 1. Juristischen Staatsexamens begann die Klägerin ab dem 01.10.2012 mit ihrem juristischen Vorbereitungsdienst (Referendariat). Als Referendarin war die Klägerin grundsätzlich, was zwischen den Beteiligten rechtlich unstrittig ist, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch, 6. Buch (SGB VI) in Verbindung mit § 32 Abs. 3 Satz 4 Juristenausbildungsgesetz (JAG) Nordrhein-Westfalen (NRW) von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Die Beklagte hat folglich als Einzugsstelle des Rentenversicherungsträgers (Beigeladene zu 1) im Zeitraum vom 01.10.2012 bis zum 31.08.2013 keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezogen.
4Mit Schreiben der Stammdienststelle der Klägerin (Landgericht LG Essen) wurde die Klägerin für die Zeit vom 01.09.2013 bis zum 30.06.2014 zur Ausbildung bei einem Rechtsanwalt gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 4 JAG NRW der Beigeladenen zu 2) als Referendarin zugewiesen.
5Parallel hierzu schloss die Klägerin mit der Beigeladenen zu 2) einen Ausbildungsvertrag für Referendare. Dieser wurde befristet für die Zeit vom 01.09.2013 bis 30.06.2014, also für die Dauer der Zuweisung abgeschlossen. Die Klägerin verpflichtete sich hierin grundsätzlich an 4 Tagen pro Woche im Büro der Beigeladenen zu 2) anwesend zu sein, wobei eine flexible Anpassung an den Referendardienst und eine Vorbereitung auf das Staatsexamen ermöglicht werden sollten. Die Klägerin erhielt eine monatliche Vergütung von 1.300 EUR brutto. Für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und den gesetzlichen Jahresurlaub galten die gesetzlichen Bestimmungen. § 8 des Ausbildungsvertrages sah neben der Beendigung durch Zeitablauf eine Kündigungsmöglichkeit vor. Insoweit und hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Ausbildungsvertrag vom 01.03.2013 Bezug genommen.
6Die Klägerin überreichte den Ausbildungsvertrag und das Zuweisungsschreiben an die Beklagte. Sie war der Meinung, dass sowohl die Unterhaltsbeihilfe als auch die von der Beigeladenen zu 2) gezahlte Vergütung Arbeitsentgelte aus einem einheitlichen, nicht abtrennbaren Ausbildungsverhältnis darstellten und beantragte die Rückerstattung bereits eingezogener Rentenversicherungsbeiträge. Die Beigeladene zu 2) teilte auf Anfrage der Beklagten mit, dass die Klägerin bei ihr ausschließlich zu Ausbildungszwecken beschäftigt worden sei.
7Mit Bescheid vom 06.12.2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin, ihr die während ihres juristischen Vorbereitungsdienstes von der Beigeladenen zu 2) gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung ab dem 01.09.2013 zu erstatten, ab. Die Vergütung bei der Beigeladenen zu 2) sei aufgrund vertraglicher Vereinbarung und damit nicht ohne zwingenden Rechtsgrund gezahlt worden.
8Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.01.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass die Unterhaltsbeihilfe für Referendare von der gesetzlichen Beitragspflicht befreit sei. Dies gelte auch für das zusätzliche Entgelt, welches sie im Rahmen der Anwaltsstation von der Beigeladenen zu 2) erhalten habe, weil insofern von einem einheitlichen Ausbildungsverhältnis auszugehen sei. Dies ergebe sich aus der Zuweisung der Stammdienststelle sowie der Weisungsberechtigung und Organisationsbefugnis der Stammdienststelle, dem Abhalten von Arbeitsgemeinschaften etc. Das zusätzliche Entgelt von der Beigeladenen zu 2) habe sie nur erzielen können, weil eine Zuweisung der Stammdienststelle erfolgt sei. Ihre Tätigkeit sei zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich in die Ausbildungstätigkeit eingebunden. Die Tätigkeiten habe sie lediglich unter Nutzung der Kenntnisse und Fähigkeiten ausüben können, welche ihr durch die Referendarausbildung vermittelt worden sei. Ausbildungsherrin sei weiterhin das Land NRW, welches das Weisungsrecht nur teilweise an die Beigeladene zu 2) delegiert habe, was an der Fortsetzung der obligatorischen Arbeitsgemeinschaften erkennbar werde. Dass ein separater Ausbildungsvertrag abgeschlossen wurde, sei unerheblich.
9Mit Bescheid vom 26.02.2014 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Auf die Widerspruchsbegründung wird insoweit Bezug genommen.
10Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 14.03.2014, mit der sie ihr vorgerichtliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend trägt sie vor, dass sie im Rahmen ihrer Ausbildung bei der Beigeladenen zu 2) regelmäßig an den dortigen hauseigenen Kursen der "Referendar Academy" (Examensvorbereitung im Zivilrecht, Strafrecht, Öffentlichen Recht und für die mündliche Prüfung) teilgenommen habe.
11Die Klägerin beantragt schriftsätzlich:
12Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 06.12.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 (versehentlich: 28.02.2014) verpflichtet, an die Klägerin die im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 30.06.2014 zu Unrecht entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 1.228,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie verteidigt ihre Bescheide und nimmt auf diese Bezug.
16Mit Beschluss vom 05.05.2014 wurden die Beigeladenen zu dem Verfahren hinzugezogen.
17Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt. Sie haben sich schriftsätzlich der Klägerin vollumfänglich angeschlossen. Die Beigeladene zu 2) teilte mit, dass die Sozialversicherungsanmeldung und Beitragsabführung zu Lasten der Klägerin nur rein vorsorglich erfolgt sei.
18Das erkennende Gericht hat das Referendarzeugnis der Klägerin zur Rechtsanwaltsstation vom 30.06.2014 beigezogen. Auf den Inhalt dieses Zeugnisses vom 30.06.2014 wird Bezug genommen.
19Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 02.06.2016, 03.06.2016, 06.06.2016 und 17.06.2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
20Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen. Der wesentliche Inhalt der vorgenannten Akten ist Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden.
21Entscheidungsgründe:
22Das Gericht kann gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt.
23Die zulässige Klage ist unbegründet.
24Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht in ihren Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert, denn der Bescheid der Beklagten vom 06.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 erweist sich als rechtsmäßig.
25Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt die von ihr als Einzugsstelle für die Beigeladene zu 1) eingenommen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gemäß § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, 4. Buch (SGB IV) an die Klägerin zu erstatten.
26Gemäß § 26 Abs. 2 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat. Der Erstattungsanspruch steht gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV dem zu, der die Beiträge getragen hat. Hier hat die Klägerin somit allenfalls ein Rückerstattungsanspruch, soweit es um den Arbeitnehmeranteil der für sie entrichteten Rentenversicherungsbeiträge geht. Eine genaue Differenzierung, wer welche Beiträge entrichtet hat, braucht hier nicht vorgenommen zu werden, denn es besteht weder für die Klägerin noch für die Beigeladene zu 2) ein Erstattungsanspruch.
27Schuldnerin des Erstattungsanspruchs ist grundsätzlich die Beklagte als Einzugsstelle. Gemäß § 126 SGB VI ist zwar grundsätzlich der Rentenversicherungsträger für die Durchführung der Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung, die auch die Erstattung von Beiträgen umfasst, zuständig. Die Einzugsstelle ist aber gemäß § 211 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur Rentenversicherung dann zuständig, wenn der Erstattungsanspruch noch nicht verjährt ist, die Beiträge vom Träger der Rentenversicherung noch nicht beanstandet worden sind und die Träger der Rentenversicherung dies mit den Einzugsstellen oder den Leistungsträgern vereinbart haben. Nach Nr. 4.3.1. Abs. 1 Satz 1 der Gemeinsamen Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 21.11.2006 ist für die Bearbeitung des Antrags auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge die Einzugsstelle zuständig, soweit sich aus den Abschnitten 4.3.2 und 4.3.3 nichts anderes ergibt. Letzteres ist hier nicht der Fall, was auch nicht geltend gemacht wird.
28Ein Erstattungsanspruch ist jedoch nicht gegeben, denn die Rentenversicherungsbeiträge wurde nicht zu Unrecht im Sinne von § 26 Abs. 2 SGB IV entrichtet. Die Beigeladene zu 2) hat zu Recht Rentenversicherungsbeiträge für die Klägerin entrichtet, denn die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 2) war nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 4 SGB VI in Verbindung mit § 32 Abs. 3 Satz 4 JAG NRW rentenversicherungsfrei.
29Schon mit Urteilen vom 31.05.1978 (12 RK 25/77, 12 RK 48/76 und 12 RK 49/76) hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass ein Rechtsreferendar, der im Rahmen seines Vorbereitungsdienstes einem Rechtsanwalt zur Ausbildung zugeteilt ist und während dieser Ausbildungsstation neben dem Unterhaltszuschuss von dem Rechtsanwalt eine zusätzliche Vergütung erhält, insgesamt versicherungsfrei ist, wenn sich die vom Ausbildungszweck freie Beschäftigung von der Ausbildungsbeschäftigung nicht abgrenzen lässt. Referendare, die im Rahmen ihres juristischen Ausbildungsdienstes neben dem Unterhaltszuschuss von den ausbildenden Stellen zusätzlich Vergütungen erhielten, seien während dieser Zeit jedenfalls dann nicht rentenversicherungspflichtig, wenn sich eine Trennung der verrichteten Arbeiten in einen ausbildungsbezogenen Teil und eine hiervon unabhängige Beschäftigung anderer Art nicht vornehmen lasse. Die Referendarausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses ist dabei eine "Beschäftigung" im Sinne des § 7 SGB IV. Das ausbildende Land bleibt auch dann alleiniger Arbeitgeber der Referendare, wenn die praktische Ausbildung bei Stellen außerhalb von Gerichtsbarkeit und der Verwaltung erfolgt. Der "Dienstherr" überlässt der auszubildenden Person bzw. Stelle dabei regelmäßig nur das Weisungsrecht in Bezug auf die von den Referendaren im Einzelnen zu erfüllenden Aufgaben (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2015 B 12 KR 1/13 R m.w.N.).
30Ausgehend hiervon ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Anwaltsstation Bestandteil der juristischen Ausbildung ist und von dieser grundsätzlich nicht als separates Beschäftigungsverhältnis losgelöst betrachtet werden kann. Nach Auffassung der erkennenden Kammer kann von einem einheitlichen Ausbildungsverhältnis aber nicht mehr ausgegangen werden, wenn zu dem zugewiesenen Ausbildungsmodul ein in qualitativer und quantitativer Hinsicht selbstständiges Beschäftigungsverhältnis hinzutritt. So verhält es sich hier aber, denn schon der enorme Anteil der Wochenarbeitszeit von 4 von 5 Werktagen (§ 2 des Ausbildungsvertrages) verdeutlicht, dass der überwiegende Anteil der Wochenarbeitszeit in den Büroräumen der Beigeladenen zu 2) in Düsseldorf absolviert werden musste. Die Eingliederung der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 2) ging dabei deutlich über das Maß hinaus, welches die Referendarausbildung gewöhnlich erfordert. Im Grunde ist die Klägerin lediglich für einen Werktag von der Arbeitspflicht befreit worden, damit sie an den Arbeitsgemeinschaften der Stammdienststelle teilnehmen konnte. Der Zeitrahmen der Ausbildung hat bei dieser Sachlage eher den Charakter eines "Full-time-Jobs", als den einer abgrenzbaren Ausbildungseinheit. Die vorgelegten Beurteilungen und Stationszeugnisse zeigen dabei, dass nicht der Lernstoff des klassischen juristischen Vorbereitungsdienstes bei der Beigeladenen zu 2) im Vordergrund stand, sondern das Arbeitsumfeld eines unternehmerisch tätigen Rechtsanwalts, wie er sich in modifizierter Form bei jungen Rechtsanwälten und Associates in Großkanzleien findet. So war die Klägerin ausweislich des Zeugnisses vom 30.06.2014 mit der Erstellung von englischen Präsentationen zum Erstattungssystem in einigen osteuropäischen Ländern, Memoranden, Markenrecherchen etc. befasst. Hierbei handelt es sich nicht um klassischen Ausbildungs- und Unterrichtsstoff des 2. Staatsexamens, wie gerichtsbekannt ist, zumal ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung und Beschäftigung entgegen § 184 Gerichtsverfassungsgesetz GVG die Korrespondenz in englischer Sprache war, was im Abschlusszeugnis vom 30.06.2014 ausdrücklich betont wurde. Bei dieser Sachlage war das Tätigkeitsfeld eines beratenden Wirtschaftsrechtsanwalts prägend. Hierzu passt, dass die von der Beigeladenen zu 2) geschuldete (nicht nur freiwillig gewährte) Vergütung von 1.300 EUR monatlich die Unterhaltsbeihilfe für juristische Referendare im Land NRW erheblich überstieg. So betrug die Unterhaltsbeihilfe als Grundbeihilfe in NRW im streitgegenständlichen Leistungszeitraum nach § 1 Abs. 1 Unterhaltsbeihilfeverordnung NRW 1.104,17 EUR. Die im streitgegenständlichen Zeitraum unverheiratete und kinderlose Klägerin hat daher bei der Beigeladenen zu 2) wesentlich mehr verdient als sie an Unterhaltsbeihilfe von ihrem Dienstherrn erhalten hat. Für die Eigenständigkeit der Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) spricht auch, dass eigens hierfür ein gesonderter Ausbildungsvertrag abgeschlossen wurde. § 1 des Ausbildungsvertrages sieht sogar vor, dass der Ausbildungsvertrag nur und erst zustande komme, wenn der Referendar der Beigeladenen zu 2) einen unterzeichneten Ausbildungsvertrag aushängt, was die Eigenständigkeit der Ausbildung neben der Zuweisung verdeutlicht. Zudem sah der Ausbildungsvertrag spezielle Vorschriften zur Entgeltfortzahlung bei Erkrankung und Urlaub vor, was erneut ein Indiz für die Eigenständigkeit des Ausbildungsverhältnisses bei der Beigeladenen zu 2) neben dem beim Land NRW verdeutlicht. Es trifft daher auch nicht zu, dass Urlaubsgewährung und Bezügefortzahlung im Krankheitsfall allein in der Hand des ausbildenden Landes gelegen hätten. Letzteres gilt lediglich für den öffentlich-rechtlichen Ausbildungsteil, für den das Land NRW als Dienstherr verantwortlich war. Hinzu kam aber ein privatrechtlicher Ausbildungsvertrag mit separater Vergütung, Urlaubsgewährung und Lohnfortzahlung bei Erkrankung.
31Auffällig ist auch, dass keine auflösende Bedingung für den Fall einer anderweitigen Zuweisung im Ausbildungsvertrag vereinbart wurde. Zwar war der Ausbildungsvertrag analog zur Zuweisung befristet, jedoch ist es denkbar, dass der Ausbildungsvertrag trotz anderweitiger Zuweisung fortgesetzt wird. Insbesondere sah auch § 8 kein explizites Kündigungsrecht des Ausbildungsvertrages für den Fall einer anderweitigen Zuweisung der Klägerin vor. Dies hätte aber nahe gelegen, wenn die Zuweisung und die Ausbildung bei der Beigeladenen zu 2) eine rechtliche Einheit darstellen sollten, wie die Klägerin wiederholt behauptet.
32Nach Auswertung des Arbeitsvertrages und des Ausbildungszeugnisses ist die erkennende Kammer davon überzeugt, dass die Ausbildung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) nicht nur ein Bestandteil der juristischen Vorbereitung auf das 2. Staatsexamen war. Wesentlich prägender war die Ausbildung der Klägerin zur Wirtschaftsanwältin, sodass von einem Nebenausbildungsverhältnis auszugehen ist, welches im Wesentlichen nicht lediglich Bestandteil des Hauptausbildungsverhältnis war, sondern sowohl in qualitativer wie quantitativer Hinsicht losgelöst hiervon anzusehen ist und daher an der Befreiung von der Rentenbeitragspflicht nicht partizipiert. Hierzu passt, dass in der speziell angebotenen Referendar Academy explizit und bewusst auch berufsbegleitende Fertigkeiten wie Verhandlungsführung, Präsentationstechniken, Legal English behandelt wurden. Für die Kammer steht daher fest, dass die Beigeladene zu 2) neben dem Land NRW weitere Arbeitgeberin der Klägerin war. Eine Beschäftigung der Klägerin durch die Beigeladene zu 2), die abgrenzbar neben dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis bestand, kann damit angenommen werden (vgl. BSG, a.a.O.).
33Zu Recht hat die Beklagte als Einzugsstelle eine Beitragsbefreiung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 4 SGB VI in Verbindung mit § 32 Abs. 3 Satz 4 JAG NRW hinsichtlich der Ausbildungsvergütung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) in Höhe von 1.300 EUR im Zeitraum vom 01.09.2013 bis 30.06.2014 abgelehnt. Da auch im Übrigen weder eine Versicherungsfreiheit nach § 5 SGB VI oder Befreiungsmöglichkeit nach § 6 SGB VI in Betracht kam noch dargelegt wurde, hat die Beklagte die Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zu Recht eingezogen. Ein Erstattungsanspruch nach § 26 Abs. 2 SGB IV scheidet daher aus.
34Mangels Erstattungsanspruch kommt auch eine Verzinsungspflicht nicht in Betracht. Ohnehin entsprach das Zinsbegehren der Klägerin nicht den gesetzlichen Vorgaben, § 27 Abs. 1 SGB IV.
35Damit war die Klage insgesamt abzuweisen.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.
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