Urteil vom Sozialgericht Düsseldorf - S 25 AL 25/04
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 16.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2004 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Beklagte den Anspruch auf Arbeitslosengeld berechtigterweise wegen verspäteter Arbeit suchend Meldung gemindert hat.
3Die Klägerin stand im Leistungsbezug bei der Beklagten und trat am 15.03.2004 eine bis zum 31.07.2004 befristet Arbeitsstelle an. Der befristete Arbeitsvertrag wurde der Klägerin am 15.03.2004 von ihrem Arbeitgeber ausgehändigt, da die Klägerin an diesem Tag noch gearbeitet hat, war eine Übergabe des Arbeitsvertrag nach Dienstschluss an die Beklagte nicht mehr möglich. Am 16.03.2004 dann teilte die Klägerin der Beklagten dies unter Überreichung des Arbeitsvertrags mit. Die Übergabe des befristeten Arbeitsvertrages am 16.03.2004 ist in Unterlagen der Beklagten ausdrücklich vermerkt. Am 09.08.2004 suchte die Klägerin dann erneut die Dienststelle der Beklagten auf, hier teilte man ihr mit, sie habe sich nunmehr verspätet arbeitsuchend gemeldet. Die Beklagte erteilte der Klägerin daraufhin am 16.08.2004 einen Minderungsbescheid, mit dem sie den Anspruch auf Arbeitslosengeld kalendertäglich in Höhe von 11,95 Euro - insgesamt auf 30 Tage begrenzt in Höhe von 1.050,- Euro - minderte.
4Hiergegen legte die Klägerin mit Datum vom 20.08.2004 Widerspruch ein, den die Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2004 als unbegründet zurückwies. Die Beklagte begründete dies mit einer Verspätung der Arbeit suchend Meldung von 98 Tagen. Die Klägerin hätte sich gemäß § 37 b S. 2 SGB III spätestens bis zum 03.05.2004 Arbeit suchend melden müssen.
5Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe sich mit der Meldung am 16.03.2004 rechtzeitig gemeldet, bei dieser Meldung habe sie auch nicht die Weiterführung ihres Bewerberangebots verweigert, da sie spätestens ab dem 01.08.2004 wieder Arbeit suchend werden würde.
6Mit ihrer Klage vom 00.00.0000, beim Sozialgericht Düsseldorf am selben Tage eingegangen, verfolgt die Klägerin weiterhin ihr Begehren, den Minderungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids aufzuheben.
7Die Klägerin beantragt,
8der Bescheid der Beklagten vom 16.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2004 wird aufgehoben.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte ist der Ansicht, mit der Meldung vom 16.03.2004 habe die Klägerin nicht die Weiterführung ihres Bewerberangebots gewünscht, sie beruft sich hierbei auf die Veränderungsmitteilung vom 16.03.2004 (Bl. 50 d. LA.). Die Meldung am 16.03.2004 sei somit verfrüht, die Klägerin habe sich frühestens 3 Monate vor Ablauf des befristeten AV melden müssen, also bis spätestens 03.05.2004. Die Meldung am 09.08.2004 sei daher verspätet.
12Die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Kd.-Nr.: 000A000000) lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
13Entscheidungsgründe:
14I. Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben worden. Sie ist im Übrigen auch zulässig und als Anfechtungsklage im Sinne von § 54 I SGG statthaft.
15II. Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Bescheide sind daher aufzuheben.
161. Die Minderung gemäß § 140 SGB III ist rechtswidrig, die Klägerin hat sich mit Ihrer Meldung am 16.03.2004 im Sinne von § 37 b S. 2 SGB III rechtzeitig gemeldet, eine nochmalige Meldepflicht am 03.05.2004 bestand nach Auffassung der Kammer nicht. Eine Doppelmeldung stellt nach Auffassung der Kammer eine reine Förmelei dar. § 37 b S. 2 SGB III verlangt nach seinem Sinn und Zweck vom Arbeitslosen nicht, sich nach Abschluss und Erhalt eines befristeten Arbeitsvertrages und nochmals innerhalb der von § 37 b S. 2 SGB III genannten Frist bei der zuständigen Agentur für Arbeit Arbeit suchend zu melden. Intention der Vorschrift ist es, die Arbeitsagenturen bei Kenntnis der bevorstehenden Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses möglichst frühzeitig in den Prozess der Arbeitssuche zu integrieren. Diese Funktion wird ausreichend gewahrt, wenn der von der Arbeitslosigkeit Bedrohte bereits bei Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages seiner Meldepflicht nachkommt. Dies entspricht auch dem gesetzlichen Ausgangsfall des § 37 b S. 1 SGB III bei der Beendigung von unbefristeten Arbeitsverhältnisses durch Kündigung, sich unverzüglich zu melden.
17Es ist zu berücksichtigen, dass § 37 b S. 2 SGB III zwei Fälle regelt. Zum einen befristete Arbeitsverträge mit einer Beschäftigungsdauer von drei Monaten oder weniger und zum anderen befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Dauer von über drei Monaten. Den Normalfall - um den es auch vorliegend geht - hat der Gesetzgeber in den über dreimonatigen Arbeitsverhältnissen gesehen. Danach entsteht die Meldepflicht nach dem Wortlaut "frühestens" drei Monate vor dem vereinbarten Ende. Diese Regelung stellt unter Berücksichtigung des systematischen Ausgangsfalls des § 37 b S. 1 SGB III aber zugleich auch eine Meldepflicht "spätestens" drei Monate vor dem vereinbarten Ende auf. Dieser Normbefehl ergibt sich aus § 37 b S. 1 SGB III, bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen sich "unverzüglich" nach Kenntnis der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeit suchend zu melden.
18Allerdings schließt die Regelung des § 37 b S. 2 SGB III bei befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Dauer von über drei Monaten eine Meldung direkt nach deren Abschluss nicht aus. Die "frühestens" - Regelung des § 37 b S. 2 SGB III soll nach Auffassung der Kammer die Arbeitsverwaltung zwar insoweit entlasten, als dass die Vermittlungsaufgabe der Arbeitsagentur erst beim nahen Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses akut wird. Allerdings widerspricht es dem Sinn und Zweck des § 37 b SGB III diese Intention der Vorschrift in den Vordergrund zu stellen. Die Arbeitsagenturen sollen möglichst frühzeitig in den Prozess der Arbeitssuche eingebunden sein. Dieses Ziel ist nach Auffassung der Kammer vorrangig und darf nicht durch den nachrangigen Sinn der "frühestens" - Regelung des § 37 b S. 2 SGB III ausgehebelt werden.
192. Auch dem Einwand der Beklagten, die Klägerin habe mit der Veränderungsmitteilung vom 16.03.2004 (Bl. 50 LA) ihr Verfügbarkeit ausgeschlossen, folgt die Kammer nicht. Die Erklärung ist auszulegen. Auszulegen ist dabei die Erklärung der Klägerin, sie stünde in der Zeit vom 15.03.2004 bis zum 31.07.2004 in einem befristeten Arbeitsverhältnis als Krankenschwester mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden. Maßstab für die Auslegung ist der Erklärungsgehalt aus der Empfängersicht unter analoger Anwendung der §§ 133, 157 BGB. Hiernach hat die Klägerin sich nach Ablauf der Befristung zum 01.08.2004 ausdrücklich dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung gestellt. Es liegt in der Natur eines befristeten Arbeitsvertrages mit einer mehr als 15 stündigen Arbeitszeit pro Woche, während dieser Tätigkeit nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Diese Erklärung schließt aber gerade die Verfügbarkeit nach Ablauf der Befristung nicht aus. Die Klägerin hat ihre Verfügbarkeit für die Zeit danach auch nicht anderweitig ausgeschlossen. Mit dieser Auslegung wird auch nicht der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 37 b SGB III unterlaufen, die Arbeitsverwaltung möglichst frühzeitig in die Arbeitsvermittlung einzuschalten. Die Aufgabe der Arbeitsverwaltung, dem künftig wieder Arbeitslosen zu einer Anstellung zu verhelfen, greift naturgemäß erst dann, wenn das alte Beschäftigungsverhältnis endet, sei es durch Fristablauf, sei es durch Kündigung.
20III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
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