Urteil vom Sozialgericht Düsseldorf - S 32 AL 180/07
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 24.05.2007 in der Fassung des Wider- spruchsbescheides vom 28.06.2007 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist eine Sperrzeit wegen Meldeversäumnis.
3Die Klägerin (Jahrgang 1955) von Beruf Altenpflegerin, war arbeitslos seit dem 02.08.2006.
4Am 18.04.2007 erhielt die Klägerin eine Einladung gemäß § 309 Sozialgesetzbuch (SGB) III zum Termin 14.05.2007 um 11:00 Uhr. Gegenstand des Termins sollte die berufliche Situation der Klägerin und ihr Bewerberangebot sein (siehe Blatt 22 der Ver-waltungsakten).
5Zum Termin am 14.05.2007 erschien die Klägerin nicht bei der Beklagten. Statt dessen sprach sie am 15.05.2007 um 11:00 Uhr vor. An diesem Tag fand kein Gespräch statt; die Klägerin erhielt eine 2. Einladung zum 21.05.2007. Zu diesem Termin erschien die Klägerin pünktlich. Im Vermerk der Beklagten vom 21.05.2007 heißt es: "Persönlich zur 2. Einladung erschienen, hatte sich bei Einladung zum 14.05.2007 im Datum geirrt und ist am 15.05.2007 um 11:00 Uhr bei 223 C erschienen, deshalb ist Irrtum erst am 15.05.2007 aufgefallen. Besucht auf eigene Kosten Weiterbildungsmaßnahme vom 28.05.07 bis 02.06.07, somit kein wichtiger Grund für Meldeversäumnis."
6Mit Änderungsbescheid vom 24.05.2007 stellte die Beklagte daraufhin den Eintritt einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III für die Zeit vom 15.05.2007 bis 21.05.2007 fest.
7Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin - Termin falsch notiert, entschuldigt, menschliches Versehen - wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2007 als unbegründet zurück.
8Am 25.07.2007 hat die Klägerin insoweit Klage erhoben.
9Zur Begründung führt die Klägerin erneut aus, durch die Falschnotierung des Termins auf den 15.05.2007 liege eine entschuldbares menschliches Versagen vor, das durch ihr Erscheinen am 15.05.2007 zur vereinbarten Uhrzeit bestätigt worden sei. Eine Verletzung der Meldepflicht könne damit nicht angenommen werden.
10Die Klägerin beantragt,
11den Bescheid der Beklagten vom 24.05.2007 in der Fassung des Widerspruchs- bescheides vom 28.05.2007 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Die Beklagte trägt ergänzend zum Widerspruchsbescheid vor, das Versäumnis des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III sei unstreitig eingetreten. Damit trete die Rechtsfolge des § 144 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 6 SGB III zwingend ein. Die Regelung ermög-liche nur dann ein Absehen von der Sperrzeit, wenn der Klägerin ein wichtiger Grund zur Seite gestanden habe. Letztlich sei für die Anerkennung des wichtigen Grundes die Schutzbedürftigkeit des Arbeitslosen in Abwägung mit den Interessen der Versicherten-gemeinschaft maßgebend. In der Gesamtschau sei das (grob fahrlässig) von der Klägerin verursachte Versehen nicht zu akzeptieren, weil sie nicht erwarten könne, die Folgen einer Nachlässigkeit der Versichertengemeinschaft aufzubürden. Es finde sich auch in der Rechtsprechung kein Hinweis auf die Zuerkennung eines wichtigen Grundes in ähnlich gelagerten Fällen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten und der zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die zulässige Klage ist begründet.
18Die Klägerin wird durch den Sperrzeitbescheid vom 24.05.2007 in der Fassung des Wider-spruchsbescheides vom 28.06.2007 rechtswidrig beschwert, § 54 Abs. 2 Sozialgerichts-gesetz (SGG). Zu Unrecht geht die Beklagte vorliegend davon aus, dass gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III eine Sperrzeit wegen Meldeversäumnis eingetreten ist.
19Eine Sperrzeit von einer Woche bei Meldeversäumnis tritt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III ein, wenn die Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden gemäß § 309 SGB III - ohne wichtigen Grund - nicht nachkommt. Das Meldever-säumnis im Rahmen der allgemeinen Meldepflicht im Sinne von § 309 SGB III gilt dabei als versicherungswidriges Verhalten im Sinne von § 144 Abs. 1 SGB III.
20Vorausgesetzt, es handelt sich nach Maßgabe von § 309 Abs. 2 SGB III um eine recht-mäßige - mit einem zulässigen Meldezweck - versehene Meldeaufforderung mit Rechts-folgenbelehrung, dann liegt ein Meldeversäumnis grundsätzlich vor, wenn sich der Arbeitslose nicht zu der von der Agentur für Arbeit bestimmten Zeit bzw. nicht an der angegebenen Stelle meldet (§ 309 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin unstreitig bei der zuständigen Stelle nicht zu der in der Meldeaufforderung bestimmten Zeit - am 14.05.2007 um 11:00 Uhr - sondern genau einen Tag später am 15.05.2007 um 11:00 Uhr gemeldet. Das von der Klägerin vorgetragene terminliche Versehen ihrerseits wäre nach Maßgabe von § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III unschädlich, wenn sie sich lediglich in der Uhrzeit nicht aber im Tag der Meldung geirrt hätte.
21In analoger Anwendung des § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III hält das Gericht im vorliegenden Einzelfall - einer genau um einen Tag verspäteten Meldung der Klägerin - die Meldepflicht im Sinne von § 309 SGB III dennoch für gewahrt. Zumal damit auch der Zweck der Meldung: Besprechung der beruflichen Situation und des Bewerberangebots der Klägerin, gewahrt blieb. Weder nach Sinn und Zweck der allgemeinen Meldepflicht gem. § 309 SGB III unter Beachtung der Zielsetzungen des Abs. 2 noch derjenigen einer Sanktionierung für versicherungswidriges Verhalten im Sinne von § 144 Abs. 1 SGB III, ist im Verhalten der Klägerin eine regelwidrige Missachtung der Meldepflicht zu erkennen, die mit einer Sperrzeit zu sanktionieren wäre. Auch das Gesamtverhalten der Klägerin in der hier maßgeblichen Zeit der Arbeitslosigkeit gibt keinen Anlass, ihr im Zusammenhang mit dem "versehentlichen Terminversäumnis" vom 14.05.2007 ein vorwerfbares versicherungswidriges Verhalten im Sinne von § 144 Abs. 1 in Verbindung mit § 309 SGB III anzulasten.
22Der Klage war danach antragsgemäß stattzugeben.
23Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
24Die Berufung wird wegen der Abweichung vom Wortlaut des § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III zugelassen nach Maßgabe von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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