Urteil vom Sozialgericht Düsseldorf - S 2 KA 445/13
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen derzeit bezifferbaren Betrag in Höhe von 7.387,55 EUR für die Quartale 1/2011 bis 1/2014 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus den jeweils fälligen Beträgen sowie nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten zu 9/10, die Klägerin zu 1/10.
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Tatbestand:
2Streitig sind Zahlungsansprüche gegen einen "sonstigen Kostenträger" für die Quartale 1/2011 bis 1/2014.
3Mitglieder der Klägerin erbrachten in den streitbefangenen Quartalen ärztliche Leistungen an Sozialhilfeempfänger und Asylbewerber im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Dieser verweigerte teilweise die Begleichung der ihr von der Klägerin in Rechnungen gestellten Kosten, weil die Originalbelege (Krankenbehandlungsscheine/Überweisungen) nicht im Original beigefügt gewesen seien. Nach mehrfacher Mahnung hat die Klägerin am 20.12.2013 Klage erhoben.
4Sie hält die Zahlungsverweigerung für unbegründet. Ausweislich der an den Beklagten übersandten Unterlagen ergäben sich hieraus die Versichertennummer, das Institutionskennzeichen, der Name und das Geburtsdatum des Patienten sowie die Arzt- und Betriebsstättennummer. Ferner seien die Diagnosen, die erbrachten Leistungen sowie das Datum der Leistungserbringung ersichtlich.
5Weiterer Angaben bedürfe es für die Abrechnung der Leistungen gegenüber dem Kostenträger nicht, da nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) sich die Vergütung nach den am Ort der Niederlassung des Arztes geltenden Gesamtverträgen im Sinne des § 72 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) richte, wobei die zuständige Behörde lediglich bestimme, welcher Vertrag Anwendung finde. Mithin gälten die mit den Verbänden der Krankenkassen geschlossenen Verträge, die das elektronische Abrechnungsverfahren regelten, auch für den Beklagten. Diesem obliege es, sein Abrechnungsverfahren den geltenden Verträgen anzupassen. So verfahre etwa die Kreisverwaltung O die die Behandlungsscheine und die genehmigten Überweisungsscheine in die EDV übertrage. Dass der Beklagte keine Unterlagen mehr über den genehmigten Umfang der ärztlichen Leistungen für den betroffenen Personenkreis besitze, habe die Klägerin nicht zu verantworten. Im Rahmen der Online-Abrechnung der Vertragsärzte mit ihr würden Abrechnungsscheine nicht mehr eingescannt. Die Nichtvorlage von Originalscheinen an den Beklagten und ein erhöhter Verwaltungsaufwand für ihn rechtfertigten es jedenfalls unter keinen Umständen, die fälligen Zahlungen zu verweigern.
6In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 11.11.2015 hat der Sitzungsvertreter der Klägerin erklärt, es gebe Rahmenverträge zwischen der Klägerin und dem Städte- und Gemeindebund. Solchen Verträgen sei aber der Landkreis Mayen-Koblenz nicht beigetreten. Mit der erstmaligen Übersendung der Abrechnungs-CD’s an die Sozialhilfeträger sei jeweils auch der Schlüssel zum Öffnen der chiffrierten Dateien mitübersandt worden. Im Übrigen hätten die Sozialhilfeträger jederzeit die Möglichkeit, bei der Klägerin den Schlüssel zu erfragen.
7Die Klägerin beantragt,
8den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen derzeit bezifferbaren Betrag in Höhe von 10.356,79 EUR für die Quartale 1/2011 bis 4/2014 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus den jeweils fälligen Beträgen sowie nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er hält den geltend gemachten Anspruch für unbegründet. Die anspruchstellende Klägerin habe darzulegen, dass die Anspruchsvoraussetzungen vorlägen. Ohne Vorlage der geforderten Unterlagen sei dies nicht erfüllt.
12Die Abrechnungsunterlagen, die die Klägerin mit der CD übermittele, seien aus Sicht des Beklagten nicht prüfbar. Zur Abrechnung würden Originalbelege benötigt. Darauf sei die Klägerin wiederholt hingewiesen worden.
13Eine Kostenzusage erfolge für den Hilfeempfänger ausschließlich über die Ausstellung des Behandlungsscheins. Daher müsse dieser der Abrechnung beigefügt sein. Insbesondere bei Hilfeempfängern nach dem AsylbLG müssten alle Überweisungen genehmigt sein, da die Asylbewerber nur eingeschränkte Leistungen erhielten.
14Soweit die Klägerin argumentiere, sie könne die ausgestellten Behandlungsscheine nicht mit der Abrechnung beim Beklagten einreichen, da sie diese von den Ärzten selbst nicht (mehr) erhalte, liege dies ausschließlich an ihr selbst. Selbstverständlich könne sie den Ärzten abverlangen, die Behandlungsscheine vorzulegen. Das diene auch ihren eigenen Interessen, denn so, wie es ihrem eigenen Vortrag zufolge jetzt laufe, vergüte sie ihren Ärzten Behandlungen, ohne selbst beurteilen zu können, ob ein wirksamer Behandlungsschein und somit eine Kostenzusage zugrunde gelegen habe.
15Noch deutlicher werde das Problem in den Fällen der Überweisung an einen Facharzt durch den Hausarzt. Der Beklagte stelle ausschließlich Behandlungsscheine für den Hausarzt aus. Die Klägerin rechne indessen auch fachärztliche Leistungen ab. Wie solle der Beklagte in die Lage versetzt werden, beurteilen zu können, ob der Hausarzt den Patienten an einen Facharzt überwiesen habe oder ob der Patient ohne Überweisung selbst dorthin gegangen sei, wenn die Klägerin sich weigere, diese Überweisung mit der Abrechnung vorzulegen?
16Die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 AsylbLG könne im Ergebnis nicht dazu führen, dass der Sozialhilfeträger dazu gezwungen werde, Kosten ohne genaue Prüfung, ob die der Leistungsvoraussetzungen erfüllt seien, zu übernehmen.
17Mehrfach sei der Klägerin angeboten worden, die Originalbelege wenigstens per Fax oder in eingescannter Form elektronisch zu übermitteln. Derartige Absprachen funktionierten mit anderen Kassenärztlichen Vereinigungen außerhalb des Landes Rheinland-Pfalz problemlos. Auf einen dahingehenden Einigungsvorschlag sei die Kläger nicht eingegangen. Mit anderen Kassenärztlichen Vereinigungen habe sich der Beklagte darauf verständigen
18können, dass die elektronische Datenübermittlung eingescannte Belege enthalte, aus denen ersichtlich sei, welcher Arzt Leistungen abrechne. Die Unterlagen seien somit prüf- und in der Folge abrechnungsfähig.
19Der erhöhte Verwaltungsaufwand stelle zwar nicht den maßgeblichen Aspekt in diesem Rechtsstreit dar. In Bezug auf die Kreisverwaltung O habe sich der Zeitaufwand für eine Abrechnung von 15 Minuten auf 8 Stunden erhöht. Dieser extreme Unterschied müsse durchaus Berücksichtigung bei der Festlegung von Verfahrensregelungen finden.
20Der Beklagte hat sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
21Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
22Mit der Klage hatte die Klägerin zunächst Zahlungsansprüche für die Quartale 1/2011 bis 2/2013 geltend gemacht. Diese hat sie mit Schriftsatz vom 26.02.2015 um die Quartale 3/2013 bis 1/2014 erweitert. Mit Schriftsatz vom 09.11.2015 hat sie die Klage ferner um die Quartale 2/2014 bis 4/2014 erweitert. Da dem Beklagten angesichts der kurzen Zeitspanne bis zur mündlichen Verhandlung hierzu kein hinreichendes rechtliches Gehör hat gewährt werden können, hat die Kammer die Klage hinsichtlich der Quartale 2/2014 bis 4/2014 nach Schluss der mündlichen Verhandlung abgetrennt und führt sie unter dem Aktenzeichen S 2 KA 379/15 in einem eigenständigen Verfahren.
23Entscheidungsgründe:
24Die Kammer konnte in Abwesenheit eines Vertreters des Beklagten einseitig verhandeln und entscheiden, da auf diese Möglichkeit in der form- und fristgerecht zugestellten Terminbenachrichtigung hingewiesen worden ist. Von einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) hat die Kammer abgesehen.
25Die Klage ist als Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) zulässig und überwiegend begründet.
26Gegenstand der Klage sind nach Abtrennung der Ansprüche bezüglich der Quartale 2/2014 bis 4/2014 Zahlungsansprüche hinsichtlich der Quartale 1/2011 bis 1/2014.
27Materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Zahlungsanspruch ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Vorrangige vertragliche Ansprüche zwischen den Beteiligten bestehen nicht. Weder ist der Beklagte einem Rahmenvertrag zwischen der Klägerin und dem Städte- und Gemeindebund beigetreten noch sind grundsätzlich Gesamtverträge zwischen der Klägerin und den Krankenkassen(verbänden) einschließlich der Bundesmantelverträge (§§ 83 Satz 1, 83 Abs. 1 SGB V) anwendbar.
28Insbesondere folgt aus § 4 Abs. 3 Sätze 2, 3 AsylbLG nicht die pauschale Geltung vertragsarztrechtlicher Vertragsbestimmungen im Rechtsverkehr zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und "sonstigen Kostenträgern". Nach diesen Bestimmungen richtet sich die Vergütung, soweit die Leistungen durch niedergelassene Ärzte ( ) erfolgen, nach den am Ort der Niederlassung des Arztes ( ) geltenden Verträgen nach § 72 Abs. 2 SGB V. Die zuständige Behörde bestimmt, welcher Vertrag Anwendung findet. Diese Vorschriften treffen lediglich Regelungen über die Höhe der Vergütung für die Fälle, in denen die Leistungen durch niedergelassene Ärzte erfolgen. Nach der bis zum Inkrafttreten des 1. ÄndG zum AsylbLG geltenden Fassung des § 4 Abs. 3 Satz 2 AsylbLG hatten die niedergelassenen Ärzte Anspruch auf die Vergütung, welche die Ortskrankenkasse, in deren Bereich der Arzt niedergelassen war, für ihre Mitglieder zahlte. Durch den neu aufgenommenen Satz 3 haben die zuständigen Behörden nunmehr ein Bestimmungsrecht über den für die Vergütungsbemessung anzuwendenden Vertrag. Damit sollen die Behörden die Möglichkeit erhalten, "eine örtliche und für sie günstigere Vereinbarung auszuwählen" (BT-Drucks. 12/2746, S 16 – Begr. zu § 4 Buchst. b). Durch diese kostenorientierte, d.h. auf Kostensenkung abzielende Regelung werden die zuständigen Behörden befugt, zwischen mehreren für den Ort der Niederlassung geltenden Verträgen nach § 72 Abs. 2 SGB V auszuwählen und den kostengünstigsten zur Bemessung der ärztlichen Versorgung heranzuziehen (Hohm, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, Kommentar zum AsylbLG, Stand: September 2014, III - § 4, RdNr. 182; vgl. auch Frerichs, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 4 AsylbLG RdNr. 65 m.w.N.). Allein hierauf beschränkt sich der Regelungsgehalt des § 4 Abs. 3 Sätze 2, 3 AsylbLG. Vorgaben über die Vergütungsmodalitäten zwischen Sozialhilfeträgern und Kassenärztlichen Vereinigungen machen diese Bestimmungen nicht (vgl. ergänzend SG Marburg, Urteil vom 29.03.2006 - S 12 KA 638/05 -).
29Das bedeutet insbesondere, dass alle Regelungen über den elektronischen Datenaustausch, die im Rechtsverkehr zwischen der Klägerin und ihren Vertragsärzten bestehen (z.B. Anlage 6 zum BMV-Ä: Vertrag über den Datenaustausch auf Datenträgern), im Rechtsverhältnis zu dem Beklagten keine Anwendung finden.
30Demgemäß gibt z.B. die KV Rheinland-Pfalz folgende Hinweise an ihre Mitglieder zur Behandlung und Abrechnung von Leistungen für Patienten, die den "sonstigen Kostenträgern" unterfallen:
31Regelungen Asylbewerber
32Kostenträger-Nummer 47801 - 47815 (Der Kreis Mayen-Koblenz führt die Nr. 47807)
33&9632; Nur Original-Behandlungsausweise bzw. Überweisungsscheine mit Genehmigungsvermerk oder Überweisungsscheine mit beigefügter Genehmigung per FAX. &9632; Bei Notfallscheinen muss ein Antrag auf Kostenübernahme vorliegen. (Entfällt bei Vorlage eines Original-Behandlungsausweises). &9632; Vertretungsscheine können ausgestellt werden. &9632; Asylbewerber nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes Den Überweisungsscheinen ist eine Kopie des Original-Behandlungsausweises beizufügen.
34Regelungen Sozialhilfe
35Kostenträger-Nummer 47801 – 47815
36&9632; Original-Behandlungsausweise &9632; Bei Überweisungsscheinen muss eine Kopie des Original-Behandlungsausweises vorliegen. &9632; Bei Notfallscheinen muss ein Antrag auf Kostenübernahme vorliegen. &9632; Vertretungsscheine können ausgestellt werden.
37(www.kvrlp, Webcode 588897).
38Demgegenüber praktiziert die Klägerin auch bei "sonstigen Kostenträgern" mit ihren Mitgliedern die Online-Abrechnung und sieht seit dem 3. Quartal 2013 keine Vorlage von Original-Behandlungsausweisen oder Fotokopien davon vor. In ihrem "Merkblatt für Betriebsstätten, die sich über die verschiedenen Online-Abrechnungs-Varianten der KV Nordrhein informieren möchten", Stand: 07.07.2015, Version 6.9, heißt es unter Punkt 2.3.2 ("Behandlungsausweise der sonstigen Kostenträger"): Das Einreichen der Behandlungsausweise der sonstigen Kostenträger entfällt ab der Abrechnung des 3. Quartals 2013. Stattdessen müssen Praxen diese Behandlungsausweise über einen Zeitraum von vier Quartalen aufbewahren und auf Verlangen vorlegen". Eine entsprechende Mitteilung veröffentlichte auch das Deutsche Ärzteblatt 2013 am 25.09.2013 ("KV Nordrhein vereinfacht die Abrechnung"; http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/55960).
39Diese Abrechnungsweise ist offensichtlich jedenfalls nicht mit allen "sonstigen Kostenträgern" abgestimmt worden. Gleichwohl vermag die Nichtvorlage der Originalscheine den geltend gemachten Zahlungsanspruch dem Grunde nach nicht zu Fall zu bringen.
40Die Klägerin stellt dem Beklagten mit der Abrechnung Daten-CDs zur Verfügung, die sich anhand des mitgelieferten Schlüssels öffnen lassen und alle wesentlichen Angaben über die erbrachten Leistungen enthalten: Name, Geburtsdatum und Versichertennummer des Patienten, das Institutionskennzeichen, Arzt- und Betriebsstättennummer sowohl des die Leistung erbringenden als auch ggf. des überweisenden Arztes, die Diagnosen nach ICD-10, die erbrachten Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen des EBM, den Fallwert in EUR sowie das Datum der Leistungserbringung. Ferner enthalten die Daten-CDs als Zusatzinformation die Art der Inanspruchnahme, das Unfallkennzeichen sowie die Behandlungsart. Diese Angaben ermöglichen eine hinreichende Prüfung. Soweit fachärztliche Leistungen erbracht worden sind, lässt sich vor allem den einzelnen Fällen jeweils entnehmen, ob der Hausarzt den Patienten an einen Facharzt überwiesen hat oder ob der Patient den Facharzt ohne Überweisung selbst aufgesucht hat. Denn es ist jeweils ausdrücklich der Überweiser mit Arztnummer und Betriebsstättennummer mit angegeben. Aus der Betriebsstättennummer lässt sich anhand der 3. und 4. Ziffer jeweils die Fachgruppe des Arztes erkennen. Diese stimmt mit der Arztgruppe überein, die als Anlage 1 zur Prüfvereinbarung (01.01.2008) im Rheinischen Ärzteblatt 2007, 70 sowie auf der Website der Klägerin (https://www.kvno.de/10praxis/30honorarundrecht/30recht/60primaer ersatzkassen/index.html) veröffentlicht worden ist. Bei Durchsicht der streitbefangenen Abrechnungsfälle hat die Kammer keinen Fall entdecken können, in dem ein Facharzt ohne Überweisung durch einen Hausarzt Leistungen erbracht und abgerechnet hat.
41Die Kammer verkennt nicht, dass es für den Beklagten Schwierigkeiten aufwirft, ohne Vorlage der Originalbelege durch die Klägerin, ggf. als Scans oder Fotokopien, den Umfang der genehmigten Leistungen nachzuvollziehen, wenn er selbst keine Scans oder Fotokopien fertigt. Ob der Beklagte hierzu nach den Grundsätzen der Verwaltungslehre angehalten ist oder ob umgekehrt die Klägerin nach den Grundsätzen der Verwaltungslehre verpflichtet ist, dem Beklagten die Originalscheine auszuhändigen, brauchte die Kammer nicht zu entscheiden. Rein praktisch dürfte es auch für die Zeit ab dem Quartal 3/2013 keine Probleme bei der Prüfung der Abrechnung geben. Die Klägerin übersendet ihre Abrechnungen im vierten Monat nach Ende des jeweiligen Quartals an den Beklagten (z.B. Quartal 3/2012: Rechnung vom 16.01.2013; Quartal 4/2012: Rechnung vom 08.04.2013). Bei eventuellen Unklarheiten kann der Beklagte bei der Klägerin telefonisch oder schriftlich ganz oder teilweise der Rechnung widersprechen. Das kann dazu führen, dass die Klägerin, die für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ihrer Abrechnung beweispflichtig ist, von den behandelnden und/oder überweisenden Ärzten im jeweils betroffenen Einzelfall die Originalscheine anfordert und dem Beklagten übersendet. Bei einem Aufbewahrungszeitraum von vier Quartalen sind die Unterlagen ohne weiteres noch vorhanden. Bei berechtigter Remonstration der Rechnung wird die Klägerin gegenüber den betroffenen Ärzten sachlich-rechnerische Berichtigungen durchzuführen haben, und zwar entweder bereits mit dem Quartalshonorarbescheid oder nachträglich innerhalb der vertragsärztlich zulässigen Grenzen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19.08.2015 - B 6 KA 36/14 R - RdNr. 23).
42Die Kammer hat der Klage gleichwohl nicht in vollem Umfang stattgegeben, sondern die Forderung um einen pauschalen Sicherheitsabschlag von 10 % reduziert. Aus den Einwendungen des Beklagten gegen die Rechnungen der Klägerin geht hervor, dass mitunter Personen, die ärztlich behandelt worden sind, bei dem Beklagten sozialhilferechtlich nicht bekannt seien und durch ihn keine Leistungen erhielten. In anderen Fällen sei weder eine Kostenübernahme beantragt noch eine Kostenzusage erteilt worden. Mit dem Sicherheitsabschlag ist hinreichend gewährleistet, dass der Beklagte keine sachfremden Kosten an die Klägerin zu zahlen hat, zugleich aber die Forderung der Klägerin nicht übermäßig verkürzt wird.
43Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. dazu BSG, Urteil vom 02.07.2013 - B 1 KR 18/12 R - RdNr. 47), der Anspruch auf Prozesszinsen aus der analogen Anwendung des § 291 BGB (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2012 - B 6 KA 12/11 R - RdNr. 52 m.w.N.).
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Referenzen
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- SGG § 197a 1x
- VwGO § 155 1x
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