Urteil vom Sozialgericht Düsseldorf - S 2 KA 326/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand:
2Streitig ist ein Regress wegen der Verordnung von Rapiscan als Sprechstun-denbedarf (SSB).
3Die Klägerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum für Radiologie und Nuklearmedizin mit Vertragsarztsitz in E. Die ihr angehörenden Ärzte verordneten im Quartal 4/2013 Rapiscan 400 µg als SSB. Auf Prüfantrag setzte die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein mit Bescheid vom 14.04.2015 einen Regress wegen unzulässiger Verordnung von Rapiscan 400 µg als SSB in Höhe von 8.875,31 EUR fest.
4Einen hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 24.08.2015 zurück: Bei der Anforderung von SSB seien nur die in der Anlage 1 der SSB-Vereinbarung (in der Fassung ab 01.10.2011) aufgeführten Mittel verordnungsfähig.
5Bei Rapiscan 400 µg (Wirkstoff Regadenoson) handele es sich gemäß Lauer-Taxe/Fachinformation um ein Diagnostikum, welches als pharmakologischer Stressauslöser für Myokardperfusionsaufnahmen (myocardial perfusion imaging, MPI) mit Radionukliden bei erwachsenen, nicht ausreichend körperlich belastbaren Patienten zur Diagnose der koronaren Herzkrankheit eingesetzt werde. Rapiscan simuliere die Auswirkungen der körperlichen Bewegung, indem es kurzzeitig die arterielle Durchblutung im Herzen erhöhe.
6Das Diagnostikum könne weder unter 05 "Mittel zur Diagnostik oder Soforttherapie" noch unter 07 "Arzneimittel für die Sofortanwendung im Notfall" 0709050000 "Cardiaca" subsumiert werden. Der Wirkstoff weise zwar eine amtliche Zulassung als pharmakologischer Stressauslöser für die Behandlung von erwachsenen Patienten auf, jedoch sei Rapiscan 400 µg in Anlage 1 zur nordrheinischen SSB-Vereinbarung nicht gelistet.
7Die Diagnostik über eine Myokardszintigrafie bei ergometrisch nicht ausreichend körperlich belastbaren Patienten sei planbar und stelle keinen unvorhersehbaren Eingriff dar, so dass eine Einzelverordnung auf den Namen des Patienten ausgestellt werden könne. Das Diagnostikum Rapiscan sei somit kein Notfallmedikament.
8Weiter stelle der Beklagte fest, dass in der Fachinformation zur EU-Zulassung von Rapiscan ebenso wie bei Adenoscan der Einsatz nur in medizinischen Einrichtungen vorgesehen ist, in der eine Ausrüstung zur Überwachung der Herzfunktion und zur kardialen Wiederbelebung zur Verfügung stehe.
9Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte könnten nicht zu einer Erweiterung der von den nordrheinischen Vertragspartnern festgelegten verordnungsfähigen Mittel führen. Eine Verordnung über den SSB sei somit ausgeschlossen. Die SSB-Vereinbarung stelle eine Positivliste der als SSB verordnungsfähigen Mittel dar, die nur nach dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang ausgelegt werden könne.
10Die gesetzlichen Vorgaben ließen keinen Ermessensspielraum zu und jeder Vertragsarzt habe auch die Vorgaben der jeweiligen maßgeblichen Vereinbarungen im System der vertragsärztlichen Versorgung zu beachten.
11Hiergegen richtet sich die am 24.09.2015 erhobene Klage.
12Die Klägerin trägt vor, bei Regadenoson handele es sich nicht um ein Diagnostikum, sondern um ein Herzmittel, welches zwar ausschließlich zu diagnostischen Zwecken angewendet werden dürfe, aber als Mittel der Herztherapie in die Gruppe der "Cardiaca" einzuordnen sei. Dies ergebe sich zwingend aus der Zuordnung zum ATC-Code C01EB21 (Pharmakotherapeutische Gruppe: Herztherapie, andere Herzmittel). Cardiaca seien in Anlage 1 der SSB-Vereinbarung unter 07 gelistete Arzneimittel zur Sofortanwendung im Notfall. Ein Notfall in diesem Sinne liege hier vor.
13Die pharmakologische Belastung im Rahmen einer Myokard-Szintigraphie sei in der Regel nicht planbar. Ziel der Myokard-Szintigraphie sei die Feststellung, ob bei dem Patienten weitere invasive Diagnostik (z.B. Herzkatheteruntersuchung) erforderlich sei oder andere weitere therapeutische Eingriffe (Herzoperationen) erforderlich würden. Hierzu bedürfe es der kardialen Ausbelastung des Patienten, welche normalerweise ausschließlich körperlich erfolge (z.B. mit einem Fahrradergometer). Manche Patienten wiesen im Rahmen ihrer normalen körperlichen Leistungsfähigkeit jedoch keine EKG-Veränderungen auf. Gleichwohl bestehe bei ihnen aufgrund des kardialen Risikoprofils (Rauchen, Hypertonie etc.) der Verdacht auf eine gefährliche Herzerkrankung. Hier bedürfe es leitliniengerecht der ergänzenden pharmakologischen Belastung im Rahmen einer Sofortanwendung. Nicht vertretbar sei es insofern, die Behandlung abzubre-chen, um den Patienten die Möglichkeit zu geben, sich das zu verwendende Arzneimittel mit einem Einzelrezept in der Apotheke zu besorgen. Der Notfall im Sinne der SSB-Vereinbarung sei dahin zu verstehen, dass dann, wenn der Patient unvorhersehbare Schwierigkeiten im Rahmen der Untersuchung und/oder Behandlung aufweise, der behandelnde Arzt gehalten sei, die zur Abwendung dieser Notfallsituation erforderliche Therapie und Medikation vorzunehmen. Folglich sei die nach bereits eingeleiteter Untersuchung erforderliche Umstellung von konventioneller auf pharmakologische Belastung als Notfall anzusehen.
14Hilfsweise sei Regadenoson gemäß Ziffer IV.1 der SSB-Vereinbarung als von der Anlage 1 unter Nr. 07 abweichendes Arzneimittel in der hier geschilderten Notfallsituation als SSB verordnungsfähig.
15Regadenoson sei schließlich zu keinem Zeitpunkt als Einzeldosis auf dem Markt gewesen. Es habe nur eine Gebindeform in Form von fünf Flaschen gegeben.
16Die Klägerin beantragt,
17den Bescheid des Beklagten vom 24.08.2015 ersatzlos aufzuheben.
18Der Beklagte beantragt:
191. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
20Er verteidigt seinen Bescheid.
21Er stellt nicht die medizinische Indikation zur Verordnung von Rapiscan in Fra-ge, sondern die Art und Weise der Verordnung als SSB.
22Gesetzlicher Regelfall sei die Verordnung von Arzneimitteln auf den Namen des Patienten zu Lasten seiner Krankenkasse. Abweichend hiervon bestimm-ten die Vertragspartner einen (abschließenden) Katalog der als SSB verord-nungsfähigen Mittel, wobei dieser Katalog weder einer erweiternden Auslegung unter teleologischen Gesichtspunkten noch einer Rechtsfortbildung zugänglich sei.
23Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei (nur), ob Rapiscan seiner Art nach bei mehr als einem Berechtigten im Rahmen der vertragsärztlichen Be-handlung angewendet werde oder zur Sofortbehandlung im Rahmen der ver-tragsärztlichen Versorgung erforderlich und in Anlage 1 zur SSB-Vereinbarung gelistet sei. Die Sinnfälligkeit der Verordnungsfähigkeit eines Artikels als SSB sei nicht Gegenstand der Entscheidung des Beklagten. Es gelte der regional vereinbarte Katalog, so dass es auch auf Qualifizierungen in anderen KV- Bereichen nicht ankomme.
24Ausgehend hiervon sei Rapiscan weder der Art noch der Anwendung nach als SSB verordnungsfähig. Entscheidend für die Mehrfachverwendbarkeit sei die Gebindeform. Rapiscan werde in Einzelgebinden als 5 ml Durchstechflasche vertrieben. Diese enthalte die für Einzelanwendungen vorgesehene Menge von 400 µg Regadenoson. Dass mehrere Gebinde in Großpackungen bezogen werden könnten, begründe keine Teilbarkeit der Art nach.
25Nach wortgetreuer Auslegung stelle Rapiscan kein Mittel zur Soforttherapie im Sinne des Abschnitts 05 der Anlage 1 zur SSB-Vereinbarung dar. Dabei sei die ATC-Klassifikation unerheblich. Entscheidend sei, dass es sich um kein therapeutisches Mittel handele bzw. nicht als solches zur Anwendung komme. Der Einsatz von Rapiscan sei ausschließlich diagnostisch bestimmt.
26Unter die Überschrift "Mittel zur Diagnostik" sei Rapiscan ebenfalls nicht zu fassen. Zwar sehe insofern die Symbol-Nr. 0538000000 "Substanzen, die bei Funktionsprüfungen appliziert werden (z.B. TRH-Test, Pancreolauryltest)" als SSB-fähig vor. Rapiscan sei aber nicht als entsprechende Substanz zu werten. Die Vertragspartner hätten unter der Symbol-Nr. 0510000000 allein eine ausdrückliche Bestimmung für das Mittel Dobutamin im Rahmen der Kardialdiagnostik als SSB-fähig getroffen.
27Die Verordnungsfähigkeit von Rapiscan ergebe sich auch nicht aus Abschnitt 07 "Arzneimittel zur Sofortanwendung im Notfall". Selbst wenn man die Arznei-mittelqualität in den Vordergrund stelle, sei nicht zu verkennen, dass die in diesem Abschnitt aufgeführten Arzneimittel alle auf die Aktivierung vitaler Funktionen und/oder gegen gesundheitliche Beeinträchtigungen gerichtet seien und nicht auf diagnostische Zwecke wie beim Umstieg von der ergometrischen auf die pharmakologische Belastung im Rahmen einer Myokard-Perfusions-Szintigrafie. Augenfällig sei, dass es bei der Untersuchung der Klägerin nicht um plötzlich auftretende Akutbehandlung gehe, sondern um planvolle Diagnostik. Die Ungewissheit, ob ein Patient die ergometrische Belastung durchstehe, begründe keinen Notfall im beschriebenen Sinne. Die leitliniengerechte Vorbereitung auf die streitgegenständliche Untersuchung spreche ebenfalls dagegen, dass ein Wechsel im diagnostischen Vorgehen unvorhersehbar sei.
28Die Beigeladenen stellen keine Prozessanträge.
29Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die zulässige Klage ist unbegründet.
32Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten nicht be-schwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da der ausgesprochene Regress rechtmäßig ist.
33Die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung und damit der Beklagte sind befugt, Regresse wegen unzulässiger Verordnung von SSB festzusetzen. Dies ergibt sich aus Ziffer VI.1 der hier maßgeblichen SSB-Vereinbarung in der Fassung ab 01.10.2011 (Rhein. Ärzteblatt 10/2011, S. 60 ff.) i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 4 der Gemeinsamen Prüfvereinbarung. Danach gilt für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit sowie der Zulässigkeit von SSB-Anforderungen die gemeinsame Prüfvereinbarung. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür findet sich in § 106 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), nach dem die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die in § 106 Abs. 2 Satz 1 SGB V vorgesehenen Prüfungen hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vorsehen können. Demgemäß ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass den Prüfgremien die Zuständigkeit für Regresse wegen unzulässiger Arzneimittelverordnung durch gesamtvertragliche Vereinbarung übertragen werden darf. Dies gilt auch für die Verordnung solcher Gegenstände oder Arz-neimittel, für die zwar eine Leistungspflicht der Krankenkassen nach den Be-stimmungen des SGB V besteht, die aber nicht zulässigerweise als SSB ver-ordnet werden können (BSG, Urteil vom 18.08.2010 - B 6 KA 14/09 R -; LSG NRW, Urteil vom 18.01.2012 - L 11 KA 82/10 - m.w.N.).
34Ziffer III.1 der SSB-Vereinbarung schränkt die Verordnungsfähigkeit von Mitteln als SSB doppelt ein. Es muss sich zum einen um Mittel handeln, die ihrer Art nach bei mehr als einem Berechtigten im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung angewendet werden oder die zur Sofortbehandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung erforderlich sind. Bei der Anforderung von SSB sind (zum anderen) nur die in Anlage 1 dieser Vereinbarung aufgeführten Mittel verordnungsfähig.
35Für die begriffliche Interpretation der Regelungen der als SSB zulässigen Arti-kel ist maßgebend, dass die Parteien der SSB-Vereinbarung einen abschlie-ßenden Katalog der verordnungsfähigen Mittel aufgestellt haben. Dieser ist mangels Regelungslücke einer erweiternden Auslegung unter teleologischen Gesichtspunkten, d.h. nach Sinn und Zweck, oder gar einer Rechtsfortbildung nicht zugänglich (LSG NRW, Urteil vom 18.01.2012 - L 11 KA 83/10 - m.w.N.). Vielmehr hat sich die Auslegung allein auf den Wortlaut und den systemati-schen Zusammenhang zu stützen (LSG NRW, Urteil vom 10.12.2008 - L 11 KA 16/07 - m.w.N.). Es obliegt allein den Vertragspartnern der SSB-Vereinbarung, medizinische Fortschritte und wirtschaftliche Gesichtspunkte zu beobachten und ggf. die SSB-Vereinbarung entsprechend anzupassen. Das ist für diagnostische Situationen der vorliegenden Art mit der ab 01.01.2016 geltenden SSB-Vereinbarung auch geschehen. Dort ist unter Ziffer 05 "Mittel zur Diagnostik oder Soforttherapie" mit der Symbolnummer 0546000 das Präparat "Adenosin als Mittel der Myokardszintigraphie, sofern eine reproduzierbare definierte physikalische Belastung des Patienten nicht möglich ist" ausdrücklich gelistet (Rhein. Ärzteblatt 1/2016, S. 110). Eine analoge Anwendung auf Rapiscan und zudem eine rückwirkende Erstreckung auf Zeiträume vor Inkrafttreten der SSB-Vereinbarung zum 01.01.2016 2016 scheiden jedoch aus.
36Nach Maßgabe der SSB-Vereinbarung vom 01.10.2011 ist Rapiscan (Regadenoson) nicht als SSB verordnungsfähig.
37Es handelt sich um ein Arzneimittel mit dem ATC-Code C01EB21 (Pharmakotherapeutische Gruppe: Herztherapie, andere Herzmittel). Diese Klassifizierung hat jedoch keine Bedeutung für die Zuordnung zu den in Anlage 1 zur SSB-Vereinbarung gelisteten Artikeln.
38Die Anwendungszwecke der ATC-Klassifikation sind im SGB V geregelt. Ge-mäß § 92 Abs. 2 SGB V hat der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Hinweise zu Arznei- und Hilfsmitteln aufzunehmen, die dem Vertragsarzt einen Preisvergleich verschiedener Arz-neimittel nach Indikationsgebiet und Wirkstoffgruppen ermöglicht. Nach § 73 Abs. 8 SGB V sind die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis nach den Anga-ben der Anatomisch-Therapeutisch-Chemischen (ATC) Klassifikation anzuge-ben. Die Angaben zu den definierten Tagesdosen (DDD) der Klassifikation nach § 73 Abs. 8 SGB V sind eine rechtssichere Grundlage für die Bestimmung von Tagestherapiekosten, durch welche dem Arzt der Vergleich von Arzneimittelkosten erleichtert werden soll. Die Anwendung dieser Klassifikation gewährleistet für alle Hersteller und Präparate einen einheitlichen Bezug für die Angabe von Tagestherapiekosten. Für die Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels als SSB ist die ATC-Klassifikation indes nicht prägend.
39Rapiscan (Regadenoson) ist kein "Mittel zur Diagnostik oder Soforttherapie" in Sinne der Nr. 05 der Anlage 1. Nach der Symbol-Nr. 0538000000 sind zwar "Substanzen, die bei Funktionsprüfungen appliziert werden (z.B. TRH-Test, Pancreolauryltest)" als SSB verordnungsfähig. Für die Herzdiagnostik ist jedoch allein und abschließend unter der Symbol-Nr. 0510000000 "Dobutamin im Rahmen einer Stressechokardiographie" gelistet.
40Rapiscan (Regadenoson) ist auch kein "Arzneimittel zur Sofortanwendung im Notfall" gemäß Nr. 07 der Anlage 1. Ein Notfall im medizinischen Sinne ist ein akuter, lebensbedrohlicher Zustand durch Störung der Vitalfunktionen oder die Gefahr plötzlich eintretender, irreversibler Organschädigung infolge Trauma, akuter Erkrankung oder Vergiftung (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl. 2007). Typisch für den Notfall ist die fehlende Vorhersehbarkeit (vgl. z.B. LSG NRW, Urteil vom 28.01.2009 - L 11 KA 24/08 -).
41Eine solche Situation liegt bei der Anwendung von Rapiscan (Regadenoson) gerade nicht vor. Es wird im Gegenteil leitliniengerecht gezielt als pharmakolo-gischer Stressauslöser für Myokard-Perfusionsaufnahmen mit Radionukliden bei ergometrisch nicht ausreichend belastbaren Patienten eingesetzt. Das Arz-neimittel dient auch nicht der Therapie, d.h. der Behandlung von notfallmäßig aufgetretenen Gesundheitsstörungen. Bei systematischer Auslegung der im Kapitel 07 "Arzneimittel zur Sofortanwendung im Notfall" gelisteten Präparate zeigt sich, dass es sich sämtlich um therapeutische Mittel handelt bzw. sie als solche zur Anwendung kommen. Nach der Fachinformation (4.1) darf Rapiscan (Regadenoson) hingegen nur zu diagnostischen Zwecken angewendet werden. Deshalb unterfällt es auch nicht den "Cardiaca" (Symbolnummer 07090500000).
42Rapiscan (Regadenoson) kann auch nicht hilfsweise gemäß Ziffer IV.1 der SSB-Vereinbarung als SSB verordnet werden. Danach können von der Anlage 1 unter Nr. 07 abweichende Arzneimittel nur in begründeten Notfällen als SSB verordnet werden. Diese Regelung ist dahin zu verstehen, dass grundsätzlich nur die gelisteten Arzneimittel als SSB verordnet werden können und in einem besonderen Ausnahmefall, z.B. wenn in einem Notfall eines der gelisteten Mittel nicht greifbar ist, ausnahmsweise auch ein anderes, den gelisteten ähnliches Arzneimittel verordnet werden darf. Das schließt aber von vornherein aus, dass ein solches Arzneimittel - wie hier - regelmäßig als SSB verordnet wird (vgl. LSG NRW, Urteil vom 18.01.2012 - L 11 KA 82/10 -).
43Rapiscan (Regadenoson) war daher entsprechend Ziffer III.3 der SSB-Vereinbarung mit Angabe der zuständigen Krankenkasse auf den Namen des Versicherten zu verordnen. Soweit das Arzneimittel nur in Gebinden zu je fünf Flaschen erhältlich gewesen war und für den Versicherten nur eine 5 ml-Durchstechflasche mit 400 µg Injektionslösung entsprechend der Dosierungs-empfehlung verbraucht wurde, hätten die nicht benötigten weiteren vier Fla-schen in der Betriebsstätte (Praxis) verbleiben können und wären dem SSB zuzuführen gewesen. Dies hätte ausreichend Raum geschaffen, bei solchen Patienten die Untersuchung nahtlos fortzuführen, denen es nicht zuzumuten gewesen wäre, die Untersuchung zu unterbrechen und sich das Arzneimittel in der Apotheke auf Einzelrezept zu beschaffen.
44Der Beklagte hat den Regress auch in der zutreffenden Höhe festgesetzt, in-dem er als Schaden den Nettobetrag unter Berücksichtigung von 3 % Skonto bzw. Rabatt zugrunde gelegt hat (vgl. BSG, Urteil vom 18.08.2010 - B 6 KA 14/09 R -).
45Der angefochtene Regressbescheid erweist sich damit insgesamt als rechtmä-ßig.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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