Urteil vom Sozialgericht Freiburg - S 9 U 339/07

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2006 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Sportunfall des Klägers vom 08.06.2005 um einen Arbeitsunfall handelt.

3. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Sportunfalls als Arbeitsunfall.
Der Kläger, geboren am ..., ist Beschäftigter beim Mitgliedsunternehmen der Beklagten, (Freizeitpark ...). Am 8.6.2005 nahm er an einem Fußballspiel der Betriebsfußballmannschaft dieses Unternehmens gegen die Betriebsfußballmannschaft des Freizeitparks … (Schweden) teil, wo das Spiel auch stattfand. Dabei knickte er um und zog sich einen vorderen Kreuzbandriss des rechten Knies zu. Die Beklagte erhielt von diesem Vorfall durch die Anmeldung eines Erstattungsanspruchs der Krankenkasse des Klägers unter dem 5.12.2005 Kenntnis.
Am 14.12.2005 und 15.2.2006 teilte das Arbeitgeberunternehmen auf Anfrage der Beklagten folgendes mit: Die Betriebsmannschaft bestehe seit ca. 1980, es werde ausschließlich Fußball gespielt. Der Arbeitgeber stelle die Sportkleidung, nicht aber Sportgeräte und Sportplatz. Gespielt werde vielmehr auf dem Platz des SV R in der unmittelbaren Nachbarschaft des Betriebsgeländes. Die Frage, ob die Übungen regelmäßig durchgeführt würden, wurde verneint. Zum Kreis der Mannschaft zählten 15 bis 20 Betriebsangehörige und keine betriebsfremden Personen; hiervon seien 15 anwesend gewesen, als der Unfall geschah. Es habe sich um ein Freundschaftsspiel im Rahmen eines dreitägigen Aufenthalts in Schweden gehandelt, der im Zusammenhang mit dem dortigen Auslandspraktikum von Herrn M (Sohn eines Geschäftsführers und Prokurist) gestanden habe. Dieser sei als Spielführer auch als Beauftragter des Unternehmers bei der Veranstaltung anwesend gewesen. Zweck der Veranstaltung sei die Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen beider Freizeitparks gewesen. Jährlich trage die Betriebsmannschaft fünf bis acht Spiele gegen betriebsfremde Mannschaften aus.
Der Kläger teilte am 30.5.2006 auf Frage der Beklagten mit, die Reise nach Schweden sei als Betriebsausflug in den dortigen Freizeitpark organisiert und mit dem Spiel gegen die Betriebsmannschaft dieses Parks verbunden worden. Jeder Spieler bzw. Mitarbeiter habe sich mit 50 EUR pauschal am Flug beteiligt. Die übrigen Kosten (Reise, Unterkunft, Verpflegung) seien von den Betrieben übernommen worden. Die drei Abwesenheitstage seien zur Hälfte als Sonderurlaub gewährt, 1,5 Tage seien vom Jahresurlaub abgezogen worden.
Mit Bescheid vom 17.8.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 8.6.2005 als Arbeitsunfall ab. Sie begründete dies damit, dass es sich bei dem Spiel nicht mehr um Betriebssport im eigentlichen Sinne gehandelt habe, da die erforderliche gewisse Regelmäßigkeit der Übungen sowie der Ausgleichszweck zur betrieblichen Tätigkeit fehlten. Auch eine Einstufung als Betriebsveranstaltung komme nicht in Betracht, da die Veranstaltung nicht allen Beschäftigten des Arbeitgebers offen gestanden habe. Der dagegen mit Schreiben des Klägers vom 16.9.2006 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.006 zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 17.1.2007 Klage zum Sozialgericht Freiburg.
Der Kläger trägt vor, die Mannschaft trage regelmäßig mehrere Spiele jährlich aus und legt dies für die Jahre 2003 bis 2006 im Einzelnen dar. Hieraus ergibt sich eine Häufigkeit von drei bis fünf Spielen pro Jahr. Der Kläger trägt weiter vor, jeweils vor den Spielen würden ein bis zwei Trainingseinheiten durchgeführt. Die Teilnahme am Betriebssport stehe jedem Mitarbeiter frei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17.8.2006 in der Fassung des Widerspruchs-bescheids vom 14.12.2006 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Sportunfall des Klägers vom 8.6.2005 um einen Arbeitsunfall handelt.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtsfehlerfrei.
13 
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts in der Sitzung vom 24.7.2007 den Kläger befragt sowie den für die Betriebsfußballmannschaft zuständigen Mitarbeiter P als Zeugen vernommen. Wegen der Einzelheiten ihrer Angaben wird auf die Niederschrift sowie die nachfolgenden Entscheidungsgründe verwiesen.
14 
Die das verfahrensgegenständliche Ereignis betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Az. 0701052-2471399, 1 Bd., Bl. 1-103) lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die genannte Verwaltungsakte sowie die Akte des Gerichts, Az.: S 9 U 339/07, verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, da kein Versicherungsfall eingetreten sei, ist die Klage als Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG in Verbindung mit einer Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 1 SGG statthaft (BSG-Urt. v. 7.9.2004, Az.: B 2 U 45/03 R = SozR 4-2700 § 2 Nr. 2).
16 
Die Klage ist begründet.
17 
Arbeitsunfälle sind gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, oder 6 begründenden Tätigkeit. Dies beinhaltet zwei Aspekte, nämlich einerseits, dass das zum Unfallführende Verhalten zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist (sog. innerer Zusammenhang) und dass andererseits diese Tätigkeit den Unfall herbeigeführt hat (sog. haftungsbegründende Kausalität). Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Der innere Zusammenhang setzt bei ihnen eine sachliche Verbindung zwischen der vom Versicherten ausgeübten Verrichtung im Unfallzeitpunkt mit der Betriebstätigkeit und dem Beschäftigungs-verhältnis voraus, die es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzu-rechnen. Maßgebendes Kriterium für diese wertende Entscheidung ist die Handlungstendenz des Versicherten, ob er eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung ausüben wollte, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (st. Rspr., vgl. BSG-Urt. v. 12.4.2005, Az.: B 2 U 11/04 R = BSGE 94, 262, m. w. N.).
18 
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass das unmittelbar zum Unfall führende Verhalten des Klägers (Fußballspiel) der Handlungstendenz des Klägers nach zugleich betrieblichen und privaten Zwecken zu dienen bestimmt war. Der eigenwirt-schaftliche Zweck ergibt sich daraus, dass der Kläger auf die Frage des Gerichts nach dem Zweck des zu dem Unfall führenden Fußballspiels u. a. antwortete, es sei "natürlich immer interessant, gegen eine andere Mannschaft zu spielen". Der Kläger ist - außerhalb der Betriebsmannschaft in einem Sportverein - aktiver Fußballspieler. Er hat sich wie die anderen Mannschaftsmitglieder an den Aufwendungen der Reise nach Schweden und damit auch des Fußballspiels in Form eines finanziellen Beitrags in Höhe von 50 EUR sowie von 1,5 Tagen Jahresurlaub beteiligt. Seine Aussage ist vor diesem Hintergrund plausiblerweise dahingehend zu verstehen, dass er an dem Spiel zumindest wesentlich auch um der eigenen Freude am Fußballsport willen teilgenommen hat.
19 
Die Handlungstendenz des Klägers beschränkte sich jedoch nicht auf diesen eigenwirt-schaftlichen Aspekt. Ihm waren zugleich die geschäftlichen Beziehungen zwischen den beiden beteiligten Unternehmen bzw. deren Eigentümerfamilien bekannt. Der Zeuge erklärte in diesem sachlichen Zusammenhang, die Spiele der Betriebfußballmannschaft seien "immer auch unter dem Aspekt des Marketings" zu sehen. So sei die Eigentümerfamilie des Arbeitgebers des Klägers mit dem gleichnamigen Herstellerunternehmen von Fahrgeschäften verbunden, das seine Produkte u. a. auch nach L verkaufe. Der Kläger gab an, die Reise nach Schweden und das Fußballspiel im besonderen im Zusammenhang mit den Geschäftsbeziehungen zwischen seinem Arbeitgeber und dem Freizeitpark L gesehen zu haben. Hieraus ergibt sich die weitere Zweckrichtung des Klägers, mit der Teilnahme am Fußballspiel zugleich Interessen seines Arbeitgebers zu dienen. Insoweit entsprach seine Handlungstendenz auch objektiv dem Interesse des Unternehmens, was sich aus dem dargelegten Marketingzweck besagten Fußballspiels ergibt. Dieses Unternehmensinteresse war dem Kläger aufgrund der objektiven Umstände erkennbar: Die geschäftlichen Beziehungen der beteiligten Unternehmen waren den Mitarbeitern bekannt. Das Unternehmen hatte sein Interesse durch die großzügige Unterstützung der Reise (weitgehende Kostentragung, Sonderurlaubsgewährung) sowie die durch die Geschäftsleitung (hier: den Prokuristen und Sohn eines Geschäftsführers M) veranlasste Anberaumung des Spiels gegenüber der Belegschaft deutlich gemacht. Der Zeuge P schildert die Vorgeschichte des unfallbringenden Spiels folgendermaßen: "Herr M machte zu dieser Zeit ein Praktikum im dortigen Park. Er nahm mit mir telefonisch Kontakt auf und sagte, er habe für diesen und jenen Termin ein Spiel gegen die Betriebsmannschaft vereinbart (...) Er hatte den Termin abgesprochen. Ich organisierte dann in Absprache mit ihm und der Familie M die Flüge. In der Folge wurden dann auch die weiteren Einzelheiten ausgehandelt (..)".
20 
Die private und die dem Unternehmen dienende Zweckrichtung der Teilnahme des Klägers an dem Fußballspiel ist vorliegend so eng und untrennbar miteinander verbunden, dass von einer sogenannten gemischten Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG auszugehen ist. Danach besteht in derartigen Fällen Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall betrieblichen Interessen wesentlich gedient hat; sie braucht ihnen aber nicht überwiegend gedient zu haben. Die Wesentlichkeit des betrieblichen Interesses beurteilt sich hierbei in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des Versicherten (BSG-Urt. v. 28.2.1964, Az.: 2 RU 30/61 = BSGE 20, 215, 218 f.). In der zitierten Entscheidung hat das BSG eine versicherte Tätigkeit für den Fall bejaht, dass die unfallbringende Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre. In einer weiteren Entscheidung hat das BSG - in dem Bemühen, sich der früheren Entscheidung anzuschließen - allgemein diese Frage als entscheidendes Abgrenzungs-kriterium bezeichnet (Urt. v. 5.5.1994, Az.: 2 RU 26/93 = NZS 1994, 522). Dies könnte zu dem Schluss verleiten, dass eine versicherte Tätigkeit bei Verneinung der Frage nicht in Betracht kommt. Ein derartiger Schluss würde jedoch zu kurz greifen. Neben Fällen, in denen einer der beiden Zwecke ein so überwiegendes Gewicht hat, dass bereits die vom BSG formulierte Frage die Wesentlichkeitsfrage hinreichend klärt, sind Situationen denkbar, in denen betrieblicher und eigenwirtschaftlicher Zweck als derart gleichwertig angesehen werden, dass die Tätigkeit bei Entfallen eines der beiden Zwecke - gleich welchen - nicht vorgenommen worden wäre. Um einen Sachverhalt zutreffend einer der drei möglichen Fallgruppen (betrieblicher Zweck überwiegt/eigenwirtschaftlicher Zweck überwiegt/beide Zwecke sind gleichwertig) zuzuordnen, bedarf es eines Doppelhypothesenverfahrens: Neben der vom BSG formulierte Frage ist gleichsam als Gegenprobe zu untersuchen, ob die unfallbringende Tätigkeit bei Entfallen des betrieblichen Zwecks allein aus privaten Motiven unternommen worden wäre. Nur wenn diese Frage bejaht wird, kann eine wesentliche betriebliche Zweckrichtung und damit ein Versicherungsschutz ausgeschlossen werden. Andernfalls würde man in Fällen, in denen das Entfallen eines Zwecks - gleich welchen - zur Nichtvornahme der unfallbringenden Verrichtung geführt hätte, in denen beide Zwecke also gleiches Gewicht besitzen, zum Ausschluss des Versicherungsschutzes gelangen. Dies wäre aber mit dem Postulat des BSG unvereinbar, dass der betriebliche Zweck lediglich wesentlich, nicht überwiegend zu sein braucht. Richtigerweise ist umgekehrt bereits eine dem privaten Zweck gleichgewichtige Motivation durch betriebliche Zwecke als wesentlich anzusehen.
21 
Im hier zu entscheidenden Fall ist zum einen davon auszugehen, dass der Kläger sich ohne den privaten Zweck - etwa wenn er nicht oder nicht gerne Fußballspiel spielte - auch nicht an dem unfallbringenden Fußballspiel beteiligt hätte. Umgekehrt wäre es ohne die Ausrichtung dieses Spiels und Aufstellung einer Mannschaft auf Veranlassung, im Interesse und mit Unterstützung seines Arbeitgebers ebenso wenig zu dem Spiel gekommen. Nach den dargelegten Grundsätzen ist somit von einem wesentlich auch betrieblichen Zweck des Spiels auszugehen mit der Folge, dass es sich bei der Teilnahme an diesem Spiel um eine versicherte Tätigkeit des Klägers handelt und dass das unfallbringende Verhalten als in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers als Beschäftigter des Freizeitparks ... stehend anzusehen ist.
22 
Da die Teilnahme am Fußballspiel unmittelbar versicherte Tätigkeit des Klägers als Be-schäftigter war (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) kommt es auf die im angefochtenen Bescheid dis-kutierte Frage nicht an, ob die Voraussetzungen versicherten Betriebssports oder einer ver-sicherten Gemeinschaftsveranstaltung erfüllt sind.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

 
15 
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, da kein Versicherungsfall eingetreten sei, ist die Klage als Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG in Verbindung mit einer Anfechtungsklage gem. § 54 Abs. 1 SGG statthaft (BSG-Urt. v. 7.9.2004, Az.: B 2 U 45/03 R = SozR 4-2700 § 2 Nr. 2).
16 
Die Klage ist begründet.
17 
Arbeitsunfälle sind gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, oder 6 begründenden Tätigkeit. Dies beinhaltet zwei Aspekte, nämlich einerseits, dass das zum Unfallführende Verhalten zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist (sog. innerer Zusammenhang) und dass andererseits diese Tätigkeit den Unfall herbeigeführt hat (sog. haftungsbegründende Kausalität). Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Der innere Zusammenhang setzt bei ihnen eine sachliche Verbindung zwischen der vom Versicherten ausgeübten Verrichtung im Unfallzeitpunkt mit der Betriebstätigkeit und dem Beschäftigungs-verhältnis voraus, die es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzu-rechnen. Maßgebendes Kriterium für diese wertende Entscheidung ist die Handlungstendenz des Versicherten, ob er eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung ausüben wollte, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (st. Rspr., vgl. BSG-Urt. v. 12.4.2005, Az.: B 2 U 11/04 R = BSGE 94, 262, m. w. N.).
18 
Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass das unmittelbar zum Unfall führende Verhalten des Klägers (Fußballspiel) der Handlungstendenz des Klägers nach zugleich betrieblichen und privaten Zwecken zu dienen bestimmt war. Der eigenwirt-schaftliche Zweck ergibt sich daraus, dass der Kläger auf die Frage des Gerichts nach dem Zweck des zu dem Unfall führenden Fußballspiels u. a. antwortete, es sei "natürlich immer interessant, gegen eine andere Mannschaft zu spielen". Der Kläger ist - außerhalb der Betriebsmannschaft in einem Sportverein - aktiver Fußballspieler. Er hat sich wie die anderen Mannschaftsmitglieder an den Aufwendungen der Reise nach Schweden und damit auch des Fußballspiels in Form eines finanziellen Beitrags in Höhe von 50 EUR sowie von 1,5 Tagen Jahresurlaub beteiligt. Seine Aussage ist vor diesem Hintergrund plausiblerweise dahingehend zu verstehen, dass er an dem Spiel zumindest wesentlich auch um der eigenen Freude am Fußballsport willen teilgenommen hat.
19 
Die Handlungstendenz des Klägers beschränkte sich jedoch nicht auf diesen eigenwirt-schaftlichen Aspekt. Ihm waren zugleich die geschäftlichen Beziehungen zwischen den beiden beteiligten Unternehmen bzw. deren Eigentümerfamilien bekannt. Der Zeuge erklärte in diesem sachlichen Zusammenhang, die Spiele der Betriebfußballmannschaft seien "immer auch unter dem Aspekt des Marketings" zu sehen. So sei die Eigentümerfamilie des Arbeitgebers des Klägers mit dem gleichnamigen Herstellerunternehmen von Fahrgeschäften verbunden, das seine Produkte u. a. auch nach L verkaufe. Der Kläger gab an, die Reise nach Schweden und das Fußballspiel im besonderen im Zusammenhang mit den Geschäftsbeziehungen zwischen seinem Arbeitgeber und dem Freizeitpark L gesehen zu haben. Hieraus ergibt sich die weitere Zweckrichtung des Klägers, mit der Teilnahme am Fußballspiel zugleich Interessen seines Arbeitgebers zu dienen. Insoweit entsprach seine Handlungstendenz auch objektiv dem Interesse des Unternehmens, was sich aus dem dargelegten Marketingzweck besagten Fußballspiels ergibt. Dieses Unternehmensinteresse war dem Kläger aufgrund der objektiven Umstände erkennbar: Die geschäftlichen Beziehungen der beteiligten Unternehmen waren den Mitarbeitern bekannt. Das Unternehmen hatte sein Interesse durch die großzügige Unterstützung der Reise (weitgehende Kostentragung, Sonderurlaubsgewährung) sowie die durch die Geschäftsleitung (hier: den Prokuristen und Sohn eines Geschäftsführers M) veranlasste Anberaumung des Spiels gegenüber der Belegschaft deutlich gemacht. Der Zeuge P schildert die Vorgeschichte des unfallbringenden Spiels folgendermaßen: "Herr M machte zu dieser Zeit ein Praktikum im dortigen Park. Er nahm mit mir telefonisch Kontakt auf und sagte, er habe für diesen und jenen Termin ein Spiel gegen die Betriebsmannschaft vereinbart (...) Er hatte den Termin abgesprochen. Ich organisierte dann in Absprache mit ihm und der Familie M die Flüge. In der Folge wurden dann auch die weiteren Einzelheiten ausgehandelt (..)".
20 
Die private und die dem Unternehmen dienende Zweckrichtung der Teilnahme des Klägers an dem Fußballspiel ist vorliegend so eng und untrennbar miteinander verbunden, dass von einer sogenannten gemischten Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG auszugehen ist. Danach besteht in derartigen Fällen Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall betrieblichen Interessen wesentlich gedient hat; sie braucht ihnen aber nicht überwiegend gedient zu haben. Die Wesentlichkeit des betrieblichen Interesses beurteilt sich hierbei in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des Versicherten (BSG-Urt. v. 28.2.1964, Az.: 2 RU 30/61 = BSGE 20, 215, 218 f.). In der zitierten Entscheidung hat das BSG eine versicherte Tätigkeit für den Fall bejaht, dass die unfallbringende Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre. In einer weiteren Entscheidung hat das BSG - in dem Bemühen, sich der früheren Entscheidung anzuschließen - allgemein diese Frage als entscheidendes Abgrenzungs-kriterium bezeichnet (Urt. v. 5.5.1994, Az.: 2 RU 26/93 = NZS 1994, 522). Dies könnte zu dem Schluss verleiten, dass eine versicherte Tätigkeit bei Verneinung der Frage nicht in Betracht kommt. Ein derartiger Schluss würde jedoch zu kurz greifen. Neben Fällen, in denen einer der beiden Zwecke ein so überwiegendes Gewicht hat, dass bereits die vom BSG formulierte Frage die Wesentlichkeitsfrage hinreichend klärt, sind Situationen denkbar, in denen betrieblicher und eigenwirtschaftlicher Zweck als derart gleichwertig angesehen werden, dass die Tätigkeit bei Entfallen eines der beiden Zwecke - gleich welchen - nicht vorgenommen worden wäre. Um einen Sachverhalt zutreffend einer der drei möglichen Fallgruppen (betrieblicher Zweck überwiegt/eigenwirtschaftlicher Zweck überwiegt/beide Zwecke sind gleichwertig) zuzuordnen, bedarf es eines Doppelhypothesenverfahrens: Neben der vom BSG formulierte Frage ist gleichsam als Gegenprobe zu untersuchen, ob die unfallbringende Tätigkeit bei Entfallen des betrieblichen Zwecks allein aus privaten Motiven unternommen worden wäre. Nur wenn diese Frage bejaht wird, kann eine wesentliche betriebliche Zweckrichtung und damit ein Versicherungsschutz ausgeschlossen werden. Andernfalls würde man in Fällen, in denen das Entfallen eines Zwecks - gleich welchen - zur Nichtvornahme der unfallbringenden Verrichtung geführt hätte, in denen beide Zwecke also gleiches Gewicht besitzen, zum Ausschluss des Versicherungsschutzes gelangen. Dies wäre aber mit dem Postulat des BSG unvereinbar, dass der betriebliche Zweck lediglich wesentlich, nicht überwiegend zu sein braucht. Richtigerweise ist umgekehrt bereits eine dem privaten Zweck gleichgewichtige Motivation durch betriebliche Zwecke als wesentlich anzusehen.
21 
Im hier zu entscheidenden Fall ist zum einen davon auszugehen, dass der Kläger sich ohne den privaten Zweck - etwa wenn er nicht oder nicht gerne Fußballspiel spielte - auch nicht an dem unfallbringenden Fußballspiel beteiligt hätte. Umgekehrt wäre es ohne die Ausrichtung dieses Spiels und Aufstellung einer Mannschaft auf Veranlassung, im Interesse und mit Unterstützung seines Arbeitgebers ebenso wenig zu dem Spiel gekommen. Nach den dargelegten Grundsätzen ist somit von einem wesentlich auch betrieblichen Zweck des Spiels auszugehen mit der Folge, dass es sich bei der Teilnahme an diesem Spiel um eine versicherte Tätigkeit des Klägers handelt und dass das unfallbringende Verhalten als in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers als Beschäftigter des Freizeitparks ... stehend anzusehen ist.
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Da die Teilnahme am Fußballspiel unmittelbar versicherte Tätigkeit des Klägers als Be-schäftigter war (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) kommt es auf die im angefochtenen Bescheid dis-kutierte Frage nicht an, ob die Voraussetzungen versicherten Betriebssports oder einer ver-sicherten Gemeinschaftsveranstaltung erfüllt sind.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Referenzen

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