1. Der Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab dem 01.07.2009 eine Altersrente für Frauen in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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| Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Altersrente für Frauen ab 01.07.2009. |
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| Die am ...:1947 geborene Klägerin ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Sie hat keinen Beruf erlernt und war nach eigenen Angaben zwischen 1996 und 2002 in Teilzeit als kaufmännische Angestellte im Betrieb ihres Ehemannes beschäftigt. Mit Bescheid der Bundesversicherungsanstalt der Angestellten vom ... wurden der Klägerin zu Unrecht einbehaltene Beiträge zur Rentenversicherung für den Zeitraum vom 01.01.1996 bis 31.12.2002 zurückerstattet, da aufgrund der familienhaften Mitarbeit der Klägerin im Betrieb ihres Ehemannes keine versicherungspflichtige Tätigkeit vorgelegen hat. In der Rentenauskunft vom 18.05.2009 sind für diesen Zeitraum keine Pflichtbeiträge vermerkt. |
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| Die Klägerin beantragte am 14.07.2009 bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für Frauen. Dabei beantragte sie u.a. die Anerkennung von Kindererziehungszeiten für ihren am ...1995 geborenen Enkelsohn D. für die Zeit vom 08.02.1995 bis zum Eintritt in den Kindergarten zum 01.02.1998. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sie in diesem Zeitraum die Pflege und Betreuung von D. übernommen habe, da der Kindsvater kurz nach der Geburt verstorben sei und die Kindsmutter (die Beigeladene) wieder berufstätig werden musste. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 22.09.2009 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Klägerin lediglich 106 Monate Pflichtbeitragszeiten nach Vollendung des 40. Lebensjahres vorweisen könne. Mit Schreiben vom 29.09.2009 legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die von der Klägerin übernommene Betreuung ihres Enkelsohnes nicht genüge, um nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Anrechnung der Erziehungszeiten nicht bei der Kindsmutter, sondern bei der Klägerin vorzunehmen. |
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| Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 22.03.2010, eingegangen beim Sozialgericht Freiburg am selben Tag, hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erziehungszeiten für ihren Enkelsohn D. zu berücksichtigen seien. Ihre Tochter sei nach dem Tod ihres Ehemannes psychisch sehr angeschlagen gewesen. Aus diesem Grund sei sie nicht in der Lage gewesen, D. zu versorgen. Dies habe sie übernommen. Sie habe D. ganztägig und oftmals über mehrere Tage hinweg betreut. D. habe auch ein Kinderzimmer bei ihr gehabt und auch seine Mahlzeiten fast ausschließlich dort eingenommen. Die Betreuung von D. habe sich nicht nur auf die Zeiten der beruflichen Abwesenheit ihrer Tochter beschränkt. Für eine Ummeldung des Enkelsohnes unter ihrer Wohnadresse habe keine Veranlassung bestanden, da die Wohnungen nur wenige Gehminuten voneinander entfernt gewesen seien. In dieser Zeit sei sie auch keiner Beschäftigung nachgegangen, wie sich aus der Beitragsrückerstattung ergebe. |
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| den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Altersrente für Frauen ab Antragstellung zu gewähren. |
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| Zur Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 verwiesen. |
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| Mit Beschluss des Gerichts vom 02.05.2012 ist die Tochter der Klägerin und Mutter von D. zum Verfahren beigeladen worden. |
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| Am 26.07.2012 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Mit Beschluss des Gericht vom 26.07.2012 ist das Verfahren vertagt worden. Die Beteiligten haben ausdrücklich einen Antrag auf Entscheidung durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt. |
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| Mit Schriftsätzen vom 04.10.2012 und 12.12.2012 haben die Beteiligten nochmals in der Sache Stellung genommen. |
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| Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2012, und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. |
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| Das Gericht konnte vorliegend ohne weitere mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) entscheiden, da die Sache zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten nach Vertagung des Verfahrens diesem Vorgehen ausdrücklich zugestimmt haben. |
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| Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG zulässig |
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| Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente für Frauen gem. § 237 a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 und 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ab 01.07.2009 (§ 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für Frauen nach § 237 a SGB VI sind vorliegend erfüllt. |
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| Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob die Klägerin die versicherungsrechtliche Voraussetzung von mehr als zehn Jahren Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach Vollendung des 40. Lebensjahres (§ 237 a Abs. 1 Nr. 3 SGB VI) erfüllt hat. Unstreitig hat die Klägerin nach Vollendung ihres 40. Lebensjahres an Pflichtbeitragszeiten aus ihrer beruflichen Tätigkeit nur 106 Monate auf ihrem Versicherungskonto. Nach Auffassung der Kammer sind ihr jedoch für den Zeitraum 08.02.1995 bis 01.02.1998 für die Betreuung und Versorgung ihres Enkels D. Kindererziehungszeiten gem. § 56 Abs. 1 SGB VI als Pflichtbeitragszeiten i.S.v. § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI anzurechnen. Die Klägerin hat mithin 141 Monate Pflichtbeitragszeiten nach Vollendung ihres 40. Lebensjahres erreicht. |
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| Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI werden Kindererziehungszeiten einem Elternteil angerechnet. Die Vorschrift bestimmt die Elterneigenschaft nicht näher, sondern verweist diesbezüglich auf § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). § 56 SGB I enthält Vorschriften zur Sonderrechtsnachfolge bezüglich fälliger Ansprüche von Geldleistungen nach den Vorschriften der Sozialgesetzbücher. Bezogen auf § 56 SGB VI sind mithin Eltern i.S. dieser rentenrechtlichen Vorschrift leibliche und Adoptiveltern (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I), Stiefeltern (§ 56 Abs. 3 Nr. 2 SGB I) und Pflegeeltern (§ 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I). § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI verweist nicht auf § 56 Abs. 3 Nr. 1 SGB I, woraus die Kammer entnimmt, dass Angehörige der geraden aufsteigenden Linie (beispielsweise Großeltern) allein aufgrund ihrer Angehörigeneigenschaft grundsätzlich nicht als Eltern und somit nicht als Kindererziehungszeitenberechtigte i.S.v. § 56 SGB VI gelten. |
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| Vorliegend kommt eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten für den Enkelsohn der Klägerin daher nur dann in Betracht, wenn die Klägerin in dem hier geltend gemachten Zeitraum der ersten drei Lebensjahre von D. als seine Pflegemutter i.S.v. § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI anzusehen ist. |
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| § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I konkretisiert den Begriff der Pflegeeltern nur insofern, als es sich hierbei um Personen handelt, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben. § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I definiert den Begriff „Pflegekinder“ dahingehend, dass es sich hierbei um Personen handelt, die mit dem Berechtigten in einem gemeinsamen Haushalt leben oder von ihm wesentlich unterhalten werden. Daraus folgt nach Auffassung der Kammer, dass jedenfalls das Bestehen eines förmlichen Pflegeverhältnisses nach dem Jugendhilferecht nicht erforderlich ist. Der fehlende Verweis auf § 56 Abs. 3 Nr. 1 SGB I in § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI zeigt allerdings weiter, dass eine Einstufung der Leistung der Klägerin als Pflegemutter über das hinausgehen muss, was üblicherweise von Großeltern oder nahen Angehörigen als Pflege-, Betreuungs- und Erziehungsleistungen - auch unter Einsatz erhöhter Tatkraft - erbracht wird. Diese gesetzgeberische Bewertung ist zu beachten. Die Wahrnehmung der Betreuung während der Berufstätigkeit der Beigeladenen - ähnlich einer Tagesmutter - genügt daher allein nicht. |
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| Das Bundessozialgericht hat in mehreren aus den 1990ern stammenden Entscheidungen zur Definition eines Pflegeverhältnisses i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I in Analogie zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) und § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) ausgeführt, dass ein Pflegeverhältnis i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I und somit eine Elterneigenschaft i.S.v. § 56 SGB VI gegeben ist, wenn zwischen dem Kind und der betreuenden Person eine häusliche Gemeinschaft besteht, das Pflegeverhältnis auf „längere Dauer“ angelegt ist und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern nicht mehr besteht (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.1992 – 5 RJ 20/91 -, zit. in Juris Rn. 18 ff.; Urt. v. 23.04.1992 – 5 RJ 70/90 -, zit. in Juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 08.10.1992 – 13 RJ 47/91 –, zit. in Juris Rn. 23 ff.; s.a. LSG Niedersachsen, Urt. v. 27.03.1996 – L 1 J 232/95 -, zit. in Juris; SG Lüneburg, Urt. v. 21.05.2008 – S 14 R 394/05 -, zit. in Juris Rn. 26 ff.). |
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| Soweit in einigen früheren Entscheidungen des Bundessozialgerichts noch darauf abgestellt wurde, dass das familiäre Band zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern gelöst sein muss, Kontakte lediglich wie Besuche bei fremden Kindern erscheinen müssen (so noch BSG, Urt. v. 12.09.1990 – 5 RJ 45/89 -, zit. in Juris dort Leitsatz; BSG, Urt. v. 28.11.1990 – 5 RJ 64/89 -, zit. in Juris Rn. 17; Urt. v. 15.05.1991 – 5 RJ 58/90 – zit. in Juris Rn. 14; Urt. v. 29.10.1991 – 13/5 RJ 22/89 -, zit. in Juris Rn. 18, dem folgend SG Lüneburg, Urt. v. 21.05.2008 – S 14 R 394/05 -, zit. in Juris Rn. 30), folgt die Kammer dieser Einschätzung ausdrücklich nicht. Auch das Bundessozialgericht hat in späteren Entscheidungen ausdrücklich davon Abstand genommen (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.1992 – 5 RJ 20/91 -, a.a.O. Rn. 19; Urt. v. 23.04.1992 – 5 RJ 70/90 -, a.a.O. Rn. 18) Ein solches Erfordernis der vollständigen Lösung des Kindes zu seinen Eltern widerspricht zum einem dem Inhalt förmlicher Pflegeverhältnisse nach dem Jugendhilferecht, in denen grundsätzlich darauf geachtet wird, dass die Kinder – soweit dies im Einzelfall möglich ist – Kontakt zur Herkunftsfamilie halten. Zum anderen lässt sich die Notwendigkeit eines so weit gehenden Erfordernisses auch im Hinblick auf den Begriff des Obhuts- und Pflegeverhältnisses (§ 2 BKGG bzw. § 32 EStG) nicht erkennen. Entscheidend ist nach Auffassung der Kammer, ob zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind tatsächlich eine Eltern-Kind-Beziehung besteht, die es den leiblichen Eltern ermöglicht, auf die Erziehung und Entwicklung des Kindes entscheidend Einfluss zu nehmen. Geht es wie hier um die Pflege und Erziehung eines Säuglings und Kleinkindes, kommt es darauf an, ob in einem ausreichenden Umfang Kontakte zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind bestehen, die eine solche Einflussnahme überhaupt ermöglichen (BFH, Urt. v. 12.06.1991, BFHE 165, 201; zustimmend BSG, Urt. v. 08.10.1992 – 13 RJ 47/91 -, a.a.O. Rn. 28 f.). Weiterhin kommt es nach Auffassung der Kammer auch darauf an, ob die leiblichen Eltern aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse überhaupt in der Lage sind, wesentliche elterntypische erzieherische und betreuerische Impulse zu geben. Nicht ausschlaggebend ist nach Auffassung der Kammer, ob eine emotionale Bindung zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind besteht oder sich diese bemüht haben, ihren elterlichen Pflichten nachzukommen. Zusammenfassend ist für die Kammer bei der Frage des Vorliegens eines Pflegeverhältnisses i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I maßgebend, wer die Bezugsperson des Kindes, für das Kindererziehungszeiten i.S.v. § 56 SGB VI angerechnet werden sollen, war (in diese Richtung auch LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.01.1989 – L 2 J 129/88 -, zit. in Juris dort Leitsatz 2). Nach Auffassung der Kammer verbietet sich daher eine pauschalierende Bewertung der Betreuungstätigkeit durch nahe Angehörige. Der vorliegende Fall zeigt - wie auch die in der Rechtsprechung entschiedenen Fälle -, dass der Übernahme der Betreuung durch die Großeltern oder anderen nahen Angehörigen oftmals sehr persönliche Schicksale zugrunde liegen. Es ist daher stets eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Nur so kann den besonderen Umständen Rechnung getragen werden. |
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| Ausgehend davon ist das Verhältnis der Klägerin zu ihrem Enkelsohn D. im Zeitraum vom 08.02.1995 bis 01.02.1998 als Pflegeverhältnis i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I einzuordnen, mit der Folge, dass ihr diese Zeiten als Kindererziehungszeiten gem. § 56 SGB VI anzurechnen sind. |
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| Nach Auffassung der Kammer bestand zwischen der Klägerin und D. im vorgenannten Zeitraum eine häusliche Gemeinschaft. Der Umstand, dass D. nicht bei ihr, sondern bei der Beigeladenen polizeilich gemeldet war, steht dem nicht entgegen (vgl. auch BSG, Urt. v. 22.04.1992 – 5 RJ 20/91 -, a.a.O. Rn. 18). Vielmehr ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Nach den glaubwürdigen und auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Klägerin und der Beigeladenen hielt sich D. weit überwiegend bei seinen Großeltern auf. In ihrem Haushalt war ein komplettes Kinderzimmer eingerichtet. D. wurde umfassend mit allen Mahlzeiten – welche von der Klägerin besorgt und zubereitet wurden – versorgt. Sie hat ihn morgens für den Tag fertig gemacht, betreut, versorgt und abends „bettfertig“ an die Beigeladene übergeben. Auch wenn sich die Beigeladene bei ihr aufgehalten hat, hat die Klägerin D. versorgt und betreut. Nach den Angaben der Beigeladenen war sie nach der Geburt von D. meistens ohne ihn im Krankenhaus bei ihrem Ehemann, da dieser aufgrund seiner schweren Krankheit die Anwesenheit des Kindes nicht ertragen konnte. Es entspricht im übrigen der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Säuglinge nicht als Besucher in Stationen mit Schwerstkranken mitgebracht werden. Nach Wiederaufnahme der Berufstätigkeit der Beigeladenen hielt sich D. weit über die wöchentliche Arbeitszeit der Beigeladenen hinausgehend bei der Klägerin auf. Nach Angaben der Beigeladenen hat sie D. morgens gebracht und erst nach Einnahme des gemeinsamen Abendessens im Haus ihrer Eltern wieder mitgenommen. Auch an ihren arbeitsfreien Tagen bzw. an den Wochenenden hat sie sich mit D. im Haushalt der Klägerin aufgehalten oder D. dort abgegeben. Auch Urlaubsreisen haben die Klägerin und ihr Ehemann mit D. gemacht. |
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| Allein der Umstand, dass D. meistens nicht im Haushalt der Klägerin sondern im Haushalt der Beigeladenen die Nacht verbracht hat, führt zu keiner anderen Einschätzung. Eine häusliche Gemeinschaft wurde dadurch nicht begründet. Nach Auffassung der Kammer dürfen die vorbezeichneten Kriterien zur Frage des Vorliegens eines Pflegeverhältnisses nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Ob eine häusliche Gemeinschaft besteht, richtet sich nicht nur danach, ob sich das Kind und seine leiblichen Eltern in einer Wohnung gemeinsam aufhalten, sondern auch danach, ob in diesem Zeitraum auch nennenswerte Erziehungs- und Betreuungsaufgaben wahrgenommen wurden. Dies muss vorliegend für die Nachtstunden, in denen D. im Haushalt der Beigeladenen war, verneint werden. Die Beigeladene hat D. abends bettfertig von der Klägerin abgeholt und am nächsten Morgen im Schlafanzug wieder zu ihr gebracht. Ihre Leistungen beschränkten sich mithin auf das Zu-Bett-Legen des Kindes, das morgendliche Wickeln und ggf. nächtliche Betreuung, falls D. wach wurde. Nennenswerte Betreuungs- oder gar Erziehungsleistungen durch die Beigeladene waren damit nicht verbunden. |
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| Das Pflegeverhältnis war auch auf „längere Dauer“ i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I angelegt. Die Vorschrift selbst nennt dafür keinen zeitlichen Rahmen. Für die Annahme eines Pflegeverhältnisses von längerer Dauer ist daher maßgebend, wenn es für einen Zeitraum begründet wird, der einen für die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes erheblichen Zeitraum erfasst (vgl. nur BSG, Urt. v. 23.04.1992 – 5 RJ 70/90 -, a.a.O. Rn. 21). Dies kann je nach Alter und Entwicklung des Kindes unterschiedlich zu beantworten sein. Vorliegend hat die Klägerin D. von seiner Geburt an bis knapp zur Vollendung seines dritten Lebensjahres betreut. Eine solche Zeitspanne erfasst maßgebliche Entwicklungsschritte eines Kleinkindes und kann ohne weiteres als ausreichend erachtet werden. |
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| Die Kammer ist davon überzeugt, dass in dem vorliegenden Zeitraum das familiäre Band zwischen der Beigeladenen und ihrem Sohn nicht in einem solchen Umfang ausgeprägt war, dass dadurch die Annahme eines Pflegeverhältnis zwischen der Klägerin und D. ausgeschlossen gewesen ist. |
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| Wie bereits ausgeführt, kommt es nicht darauf an, dass die Beziehung zwischen der Beigeladenen und ihrem Sohn völlig gelöst gewesen ist. Zwar mag sie D. während seines Aufenthalts in ihrem Haushalt betreut, versorgt und erzogen haben. Dies mag zwar auch über den Umfang gewöhnlicher besuchsweiser Kontakte hinausgegangen sein. Die Feststellungen in der mündlichen Verhandlung haben jedoch ergeben, dass dies nur einen untergeordneten Teil des gewöhnlichen Wochenablaufs, nämlich nachts und teilweise am Wochenende, ausgemacht hat. |
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| Nach Auffassung der Kammer kommt es im Übrigen bei der Bestimmung eines familiären Bandes entscheidend neben dem Zeitfaktor darauf an, ob die leiblichen Eltern aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse überhaupt in der Lage waren, typische Elternpflichten über einen längeren, für die Entwicklung des Kindes maßgeblichen Zeitraum wahrzunehmen. Erst wenn dies zu bejahen ist, kann von einem familiären Band zwischen den leiblichen Eltern und ihrem Kind, welches der Annahme eines Pflegeverhältnisses entgegenstehen würde, gesprochen werden. Daran fehlt es vorliegend. Nach Überzeugung der Kammer war die Beigeladene aufgrund der erheblichen psychischen Belastung durch die tödliche Krankheit ihres Ehemannes und Vaters von D. und seines Todes überhaupt nicht in der Lage, D. angemessen zu betreuen, zu versorgen und zu erziehen. Nach dem Eindruck, den die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, war und ist sie psychisch schwer von den Ereignissen um den Tod ihres Ehemannes und den Anforderungen an allein erziehende Eltern getroffen. Neben der psychischen Belastung war sie auch emotional nicht in der Lage, die Bedürfnisse eines Säuglings und Kleinkindes auch nur annähernd zu erfüllen. D. befand sich entweder allein oder mit ihr bei den Großeltern oder die Beigeladene nahm ihn mit zu Bekannten. Eine alleinige und eigenständige Betreuung und Erziehung hat die Beigeladene offensichtlich versucht zu vermeiden bzw. war sie dazu aufgrund der erheblichen psychischen Belastung nicht in der Lage. Dass sich die Beigeladene trotz ihrer Belastung im Ansatz bemüht haben dürfte, dass Band zu ihrem Sohn zu begründen und aufrechtzuerhalten, steht dem nicht entgegen (vgl. BSG, Urt. v. 08.10.1992 – 13 RJ 47/91 -, a.a.O. Rn. 28). Entscheidend ist vielmehr, dass sie keine elterntypischen Aufgaben in einem maßgeblichen Umfang wahrnehmen konnte, dass von einer tatsächlichen Mutter-Kind-Beziehung gesprochen werden kann. |
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| Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es vorliegend für unerheblich angesehen wird, dass keine entsprechenden ärztlichen Unterlagen über die psychische Belastung der Beigeladenen und die daraus resultierenden Einschränkungen vorliegen. Die Kammer hat auch von der Einholung fachärztlicher Einschätzungen abgesehen. Der Vortrag der Beigeladenen und auch der Eindruck, den sie in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, waren eindeutig und überzeugend. |
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| Für die Kammer steht abschließend fest: hätten die Beigeladene und D. nicht in unmittelbarer Nähe der Klägerin gewohnt und hätte diese nicht die zeitlichen und auch emotionalen Kapazitäten gehabt, die Betreuung, Erziehung und Pflege von D. zu übernehmen, wäre es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Intervention seitens des Jugendamtes gekommen. Mit anderen Worten: D. wäre ohne die Klägerin aus der Herkunftsfamilie herausgenommen und in eine Pflegefamilie gegeben worden. Dass deren Funktion vorliegend von der Klägerin als Großmutter übernommen wurde, kann zu keiner anderen Betrachtung führen. |
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| Der Klägerin ist daher antragsgemäß die begehrte Rente zu gewähren. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. |
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| Das Gericht konnte vorliegend ohne weitere mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) entscheiden, da die Sache zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten nach Vertagung des Verfahrens diesem Vorgehen ausdrücklich zugestimmt haben. |
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| Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG zulässig |
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| Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente für Frauen gem. § 237 a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 und 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ab 01.07.2009 (§ 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für Frauen nach § 237 a SGB VI sind vorliegend erfüllt. |
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| Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob die Klägerin die versicherungsrechtliche Voraussetzung von mehr als zehn Jahren Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nach Vollendung des 40. Lebensjahres (§ 237 a Abs. 1 Nr. 3 SGB VI) erfüllt hat. Unstreitig hat die Klägerin nach Vollendung ihres 40. Lebensjahres an Pflichtbeitragszeiten aus ihrer beruflichen Tätigkeit nur 106 Monate auf ihrem Versicherungskonto. Nach Auffassung der Kammer sind ihr jedoch für den Zeitraum 08.02.1995 bis 01.02.1998 für die Betreuung und Versorgung ihres Enkels D. Kindererziehungszeiten gem. § 56 Abs. 1 SGB VI als Pflichtbeitragszeiten i.S.v. § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI anzurechnen. Die Klägerin hat mithin 141 Monate Pflichtbeitragszeiten nach Vollendung ihres 40. Lebensjahres erreicht. |
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| Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI werden Kindererziehungszeiten einem Elternteil angerechnet. Die Vorschrift bestimmt die Elterneigenschaft nicht näher, sondern verweist diesbezüglich auf § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). § 56 SGB I enthält Vorschriften zur Sonderrechtsnachfolge bezüglich fälliger Ansprüche von Geldleistungen nach den Vorschriften der Sozialgesetzbücher. Bezogen auf § 56 SGB VI sind mithin Eltern i.S. dieser rentenrechtlichen Vorschrift leibliche und Adoptiveltern (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I), Stiefeltern (§ 56 Abs. 3 Nr. 2 SGB I) und Pflegeeltern (§ 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I). § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI verweist nicht auf § 56 Abs. 3 Nr. 1 SGB I, woraus die Kammer entnimmt, dass Angehörige der geraden aufsteigenden Linie (beispielsweise Großeltern) allein aufgrund ihrer Angehörigeneigenschaft grundsätzlich nicht als Eltern und somit nicht als Kindererziehungszeitenberechtigte i.S.v. § 56 SGB VI gelten. |
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| Vorliegend kommt eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten für den Enkelsohn der Klägerin daher nur dann in Betracht, wenn die Klägerin in dem hier geltend gemachten Zeitraum der ersten drei Lebensjahre von D. als seine Pflegemutter i.S.v. § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI anzusehen ist. |
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| § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I konkretisiert den Begriff der Pflegeeltern nur insofern, als es sich hierbei um Personen handelt, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben. § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I definiert den Begriff „Pflegekinder“ dahingehend, dass es sich hierbei um Personen handelt, die mit dem Berechtigten in einem gemeinsamen Haushalt leben oder von ihm wesentlich unterhalten werden. Daraus folgt nach Auffassung der Kammer, dass jedenfalls das Bestehen eines förmlichen Pflegeverhältnisses nach dem Jugendhilferecht nicht erforderlich ist. Der fehlende Verweis auf § 56 Abs. 3 Nr. 1 SGB I in § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI zeigt allerdings weiter, dass eine Einstufung der Leistung der Klägerin als Pflegemutter über das hinausgehen muss, was üblicherweise von Großeltern oder nahen Angehörigen als Pflege-, Betreuungs- und Erziehungsleistungen - auch unter Einsatz erhöhter Tatkraft - erbracht wird. Diese gesetzgeberische Bewertung ist zu beachten. Die Wahrnehmung der Betreuung während der Berufstätigkeit der Beigeladenen - ähnlich einer Tagesmutter - genügt daher allein nicht. |
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| Das Bundessozialgericht hat in mehreren aus den 1990ern stammenden Entscheidungen zur Definition eines Pflegeverhältnisses i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I in Analogie zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) und § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) ausgeführt, dass ein Pflegeverhältnis i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I und somit eine Elterneigenschaft i.S.v. § 56 SGB VI gegeben ist, wenn zwischen dem Kind und der betreuenden Person eine häusliche Gemeinschaft besteht, das Pflegeverhältnis auf „längere Dauer“ angelegt ist und ein Obhuts- und Pflegeverhältnis zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern nicht mehr besteht (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.1992 – 5 RJ 20/91 -, zit. in Juris Rn. 18 ff.; Urt. v. 23.04.1992 – 5 RJ 70/90 -, zit. in Juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 08.10.1992 – 13 RJ 47/91 –, zit. in Juris Rn. 23 ff.; s.a. LSG Niedersachsen, Urt. v. 27.03.1996 – L 1 J 232/95 -, zit. in Juris; SG Lüneburg, Urt. v. 21.05.2008 – S 14 R 394/05 -, zit. in Juris Rn. 26 ff.). |
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| Soweit in einigen früheren Entscheidungen des Bundessozialgerichts noch darauf abgestellt wurde, dass das familiäre Band zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern gelöst sein muss, Kontakte lediglich wie Besuche bei fremden Kindern erscheinen müssen (so noch BSG, Urt. v. 12.09.1990 – 5 RJ 45/89 -, zit. in Juris dort Leitsatz; BSG, Urt. v. 28.11.1990 – 5 RJ 64/89 -, zit. in Juris Rn. 17; Urt. v. 15.05.1991 – 5 RJ 58/90 – zit. in Juris Rn. 14; Urt. v. 29.10.1991 – 13/5 RJ 22/89 -, zit. in Juris Rn. 18, dem folgend SG Lüneburg, Urt. v. 21.05.2008 – S 14 R 394/05 -, zit. in Juris Rn. 30), folgt die Kammer dieser Einschätzung ausdrücklich nicht. Auch das Bundessozialgericht hat in späteren Entscheidungen ausdrücklich davon Abstand genommen (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.1992 – 5 RJ 20/91 -, a.a.O. Rn. 19; Urt. v. 23.04.1992 – 5 RJ 70/90 -, a.a.O. Rn. 18) Ein solches Erfordernis der vollständigen Lösung des Kindes zu seinen Eltern widerspricht zum einem dem Inhalt förmlicher Pflegeverhältnisse nach dem Jugendhilferecht, in denen grundsätzlich darauf geachtet wird, dass die Kinder – soweit dies im Einzelfall möglich ist – Kontakt zur Herkunftsfamilie halten. Zum anderen lässt sich die Notwendigkeit eines so weit gehenden Erfordernisses auch im Hinblick auf den Begriff des Obhuts- und Pflegeverhältnisses (§ 2 BKGG bzw. § 32 EStG) nicht erkennen. Entscheidend ist nach Auffassung der Kammer, ob zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind tatsächlich eine Eltern-Kind-Beziehung besteht, die es den leiblichen Eltern ermöglicht, auf die Erziehung und Entwicklung des Kindes entscheidend Einfluss zu nehmen. Geht es wie hier um die Pflege und Erziehung eines Säuglings und Kleinkindes, kommt es darauf an, ob in einem ausreichenden Umfang Kontakte zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind bestehen, die eine solche Einflussnahme überhaupt ermöglichen (BFH, Urt. v. 12.06.1991, BFHE 165, 201; zustimmend BSG, Urt. v. 08.10.1992 – 13 RJ 47/91 -, a.a.O. Rn. 28 f.). Weiterhin kommt es nach Auffassung der Kammer auch darauf an, ob die leiblichen Eltern aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse überhaupt in der Lage sind, wesentliche elterntypische erzieherische und betreuerische Impulse zu geben. Nicht ausschlaggebend ist nach Auffassung der Kammer, ob eine emotionale Bindung zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind besteht oder sich diese bemüht haben, ihren elterlichen Pflichten nachzukommen. Zusammenfassend ist für die Kammer bei der Frage des Vorliegens eines Pflegeverhältnisses i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I maßgebend, wer die Bezugsperson des Kindes, für das Kindererziehungszeiten i.S.v. § 56 SGB VI angerechnet werden sollen, war (in diese Richtung auch LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.01.1989 – L 2 J 129/88 -, zit. in Juris dort Leitsatz 2). Nach Auffassung der Kammer verbietet sich daher eine pauschalierende Bewertung der Betreuungstätigkeit durch nahe Angehörige. Der vorliegende Fall zeigt - wie auch die in der Rechtsprechung entschiedenen Fälle -, dass der Übernahme der Betreuung durch die Großeltern oder anderen nahen Angehörigen oftmals sehr persönliche Schicksale zugrunde liegen. Es ist daher stets eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Nur so kann den besonderen Umständen Rechnung getragen werden. |
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| Ausgehend davon ist das Verhältnis der Klägerin zu ihrem Enkelsohn D. im Zeitraum vom 08.02.1995 bis 01.02.1998 als Pflegeverhältnis i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I einzuordnen, mit der Folge, dass ihr diese Zeiten als Kindererziehungszeiten gem. § 56 SGB VI anzurechnen sind. |
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| Nach Auffassung der Kammer bestand zwischen der Klägerin und D. im vorgenannten Zeitraum eine häusliche Gemeinschaft. Der Umstand, dass D. nicht bei ihr, sondern bei der Beigeladenen polizeilich gemeldet war, steht dem nicht entgegen (vgl. auch BSG, Urt. v. 22.04.1992 – 5 RJ 20/91 -, a.a.O. Rn. 18). Vielmehr ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Nach den glaubwürdigen und auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Klägerin und der Beigeladenen hielt sich D. weit überwiegend bei seinen Großeltern auf. In ihrem Haushalt war ein komplettes Kinderzimmer eingerichtet. D. wurde umfassend mit allen Mahlzeiten – welche von der Klägerin besorgt und zubereitet wurden – versorgt. Sie hat ihn morgens für den Tag fertig gemacht, betreut, versorgt und abends „bettfertig“ an die Beigeladene übergeben. Auch wenn sich die Beigeladene bei ihr aufgehalten hat, hat die Klägerin D. versorgt und betreut. Nach den Angaben der Beigeladenen war sie nach der Geburt von D. meistens ohne ihn im Krankenhaus bei ihrem Ehemann, da dieser aufgrund seiner schweren Krankheit die Anwesenheit des Kindes nicht ertragen konnte. Es entspricht im übrigen der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Säuglinge nicht als Besucher in Stationen mit Schwerstkranken mitgebracht werden. Nach Wiederaufnahme der Berufstätigkeit der Beigeladenen hielt sich D. weit über die wöchentliche Arbeitszeit der Beigeladenen hinausgehend bei der Klägerin auf. Nach Angaben der Beigeladenen hat sie D. morgens gebracht und erst nach Einnahme des gemeinsamen Abendessens im Haus ihrer Eltern wieder mitgenommen. Auch an ihren arbeitsfreien Tagen bzw. an den Wochenenden hat sie sich mit D. im Haushalt der Klägerin aufgehalten oder D. dort abgegeben. Auch Urlaubsreisen haben die Klägerin und ihr Ehemann mit D. gemacht. |
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| Allein der Umstand, dass D. meistens nicht im Haushalt der Klägerin sondern im Haushalt der Beigeladenen die Nacht verbracht hat, führt zu keiner anderen Einschätzung. Eine häusliche Gemeinschaft wurde dadurch nicht begründet. Nach Auffassung der Kammer dürfen die vorbezeichneten Kriterien zur Frage des Vorliegens eines Pflegeverhältnisses nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Ob eine häusliche Gemeinschaft besteht, richtet sich nicht nur danach, ob sich das Kind und seine leiblichen Eltern in einer Wohnung gemeinsam aufhalten, sondern auch danach, ob in diesem Zeitraum auch nennenswerte Erziehungs- und Betreuungsaufgaben wahrgenommen wurden. Dies muss vorliegend für die Nachtstunden, in denen D. im Haushalt der Beigeladenen war, verneint werden. Die Beigeladene hat D. abends bettfertig von der Klägerin abgeholt und am nächsten Morgen im Schlafanzug wieder zu ihr gebracht. Ihre Leistungen beschränkten sich mithin auf das Zu-Bett-Legen des Kindes, das morgendliche Wickeln und ggf. nächtliche Betreuung, falls D. wach wurde. Nennenswerte Betreuungs- oder gar Erziehungsleistungen durch die Beigeladene waren damit nicht verbunden. |
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| Das Pflegeverhältnis war auch auf „längere Dauer“ i.S.v. § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I angelegt. Die Vorschrift selbst nennt dafür keinen zeitlichen Rahmen. Für die Annahme eines Pflegeverhältnisses von längerer Dauer ist daher maßgebend, wenn es für einen Zeitraum begründet wird, der einen für die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes erheblichen Zeitraum erfasst (vgl. nur BSG, Urt. v. 23.04.1992 – 5 RJ 70/90 -, a.a.O. Rn. 21). Dies kann je nach Alter und Entwicklung des Kindes unterschiedlich zu beantworten sein. Vorliegend hat die Klägerin D. von seiner Geburt an bis knapp zur Vollendung seines dritten Lebensjahres betreut. Eine solche Zeitspanne erfasst maßgebliche Entwicklungsschritte eines Kleinkindes und kann ohne weiteres als ausreichend erachtet werden. |
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| Die Kammer ist davon überzeugt, dass in dem vorliegenden Zeitraum das familiäre Band zwischen der Beigeladenen und ihrem Sohn nicht in einem solchen Umfang ausgeprägt war, dass dadurch die Annahme eines Pflegeverhältnis zwischen der Klägerin und D. ausgeschlossen gewesen ist. |
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| Wie bereits ausgeführt, kommt es nicht darauf an, dass die Beziehung zwischen der Beigeladenen und ihrem Sohn völlig gelöst gewesen ist. Zwar mag sie D. während seines Aufenthalts in ihrem Haushalt betreut, versorgt und erzogen haben. Dies mag zwar auch über den Umfang gewöhnlicher besuchsweiser Kontakte hinausgegangen sein. Die Feststellungen in der mündlichen Verhandlung haben jedoch ergeben, dass dies nur einen untergeordneten Teil des gewöhnlichen Wochenablaufs, nämlich nachts und teilweise am Wochenende, ausgemacht hat. |
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| Nach Auffassung der Kammer kommt es im Übrigen bei der Bestimmung eines familiären Bandes entscheidend neben dem Zeitfaktor darauf an, ob die leiblichen Eltern aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse überhaupt in der Lage waren, typische Elternpflichten über einen längeren, für die Entwicklung des Kindes maßgeblichen Zeitraum wahrzunehmen. Erst wenn dies zu bejahen ist, kann von einem familiären Band zwischen den leiblichen Eltern und ihrem Kind, welches der Annahme eines Pflegeverhältnisses entgegenstehen würde, gesprochen werden. Daran fehlt es vorliegend. Nach Überzeugung der Kammer war die Beigeladene aufgrund der erheblichen psychischen Belastung durch die tödliche Krankheit ihres Ehemannes und Vaters von D. und seines Todes überhaupt nicht in der Lage, D. angemessen zu betreuen, zu versorgen und zu erziehen. Nach dem Eindruck, den die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, war und ist sie psychisch schwer von den Ereignissen um den Tod ihres Ehemannes und den Anforderungen an allein erziehende Eltern getroffen. Neben der psychischen Belastung war sie auch emotional nicht in der Lage, die Bedürfnisse eines Säuglings und Kleinkindes auch nur annähernd zu erfüllen. D. befand sich entweder allein oder mit ihr bei den Großeltern oder die Beigeladene nahm ihn mit zu Bekannten. Eine alleinige und eigenständige Betreuung und Erziehung hat die Beigeladene offensichtlich versucht zu vermeiden bzw. war sie dazu aufgrund der erheblichen psychischen Belastung nicht in der Lage. Dass sich die Beigeladene trotz ihrer Belastung im Ansatz bemüht haben dürfte, dass Band zu ihrem Sohn zu begründen und aufrechtzuerhalten, steht dem nicht entgegen (vgl. BSG, Urt. v. 08.10.1992 – 13 RJ 47/91 -, a.a.O. Rn. 28). Entscheidend ist vielmehr, dass sie keine elterntypischen Aufgaben in einem maßgeblichen Umfang wahrnehmen konnte, dass von einer tatsächlichen Mutter-Kind-Beziehung gesprochen werden kann. |
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| Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es vorliegend für unerheblich angesehen wird, dass keine entsprechenden ärztlichen Unterlagen über die psychische Belastung der Beigeladenen und die daraus resultierenden Einschränkungen vorliegen. Die Kammer hat auch von der Einholung fachärztlicher Einschätzungen abgesehen. Der Vortrag der Beigeladenen und auch der Eindruck, den sie in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, waren eindeutig und überzeugend. |
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| Für die Kammer steht abschließend fest: hätten die Beigeladene und D. nicht in unmittelbarer Nähe der Klägerin gewohnt und hätte diese nicht die zeitlichen und auch emotionalen Kapazitäten gehabt, die Betreuung, Erziehung und Pflege von D. zu übernehmen, wäre es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Intervention seitens des Jugendamtes gekommen. Mit anderen Worten: D. wäre ohne die Klägerin aus der Herkunftsfamilie herausgenommen und in eine Pflegefamilie gegeben worden. Dass deren Funktion vorliegend von der Klägerin als Großmutter übernommen wurde, kann zu keiner anderen Betrachtung führen. |
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| Der Klägerin ist daher antragsgemäß die begehrte Rente zu gewähren. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. |
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