Urteil vom Sozialgericht Karlsruhe - S 5 KR 975/04

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Berufung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Tatbestand

 
Streitgegenstand ist die sog. „Praxisgebühr" sowie die Erstattung von Portokosten.
Die Beklagte ist bei der Beigeladenen krankenversichert. Am 2.1.2004 ließ sie sich durch die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. K. behandeln. Hierfür zahlte die Beklagte zunächst keine sog. „Praxisgebühr". Stattdessen übergab Dr. K. ihr eine schriftliche Aufforderung, wonach die Beklagte unverzüglich, spätestens innerhalb von zehn Tagen eine Zuzahlung in Höhe von 10 EUR zu entrichten habe.
Nachdem die Beklagte keine Zahlung leistete, erklärte Dr. K. am 16.1.2004, sie trete die Forderung gegenüber der Beklagten „in Höhe von 10,55 EUR (Zuzahlungssumme + Porto Zahlungsaufforderung)" zur Einziehung an die Klägerin als kassenärztliche Vereinigung ab.
Mit Schreiben vom 28.1.2004 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 10.2.2004 - erfolglos - zur Zahlung von 10,55 EUR auf.
Mit der am 8.3.2004 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten in Höhe dieses Betrages. Sie trägt vor, ab dem 1.1.2004 seien Versicherte gem. § 28 Abs. 4 SGB V verpflichtet, für jede erste Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers, die nicht auf Überweisung aus demselben Kalendervierteljahr erfolgt, je Kalendervierteljahr eine Zuzahlung in Höhe von 10 EUR zu leisten. Sofern auf die Aufforderung des Arztes keine Zahlung erfolge, übernehme die Kassenärztliche Vereinigung den weiteren Zahlungseinziehung und führe Vollstreckungsmaßnahmen durch. Hierfür könne die Klägerin von der Beklagten eine Bearbeitungsgebühr beanspruchen, zumindest die Erstattung der eigenen Portokosten in Höhe von 0,55 EUR. Hilfsweise trägt die Klägerin vor, die schriftliche Mahnung vom 28.1.2004 sei für Dr. K. erfolgt. Bei den dabei angefallenen Portokosten handele es sich also um Portokosten der behandelnden Ärztin, die gem. § 18 Abs. 4 Satz 3 BMV-Ä von der Beklagten ersetzt werden müssten.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 10,55 EUR an die Klägerin zu zahlen.
Beklagte und Beigeladene haben im Verfahren nicht Stellung genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
Die Klage ist zulässig (dazu 1.), aber nur zum Teil begründet (dazu 2.). Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung von 10 EUR beanspruchen, nicht aber Erstattung von Portokosten in Höhe von 0,55 EUR.
10 
1. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist eröffnet. Gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit u. a. über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine solche Streitigkeiten liegt hier vor. Die sog. „Praxisgebühr" stellt eine in § 28 Abs. 4 SGB V, mithin öffentlich-rechtlich geregelte Zuzahlung der Versicherten im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Wegen des Sachzusammenhangs sind auch Streitigkeiten über die bei Erhebung der Zuzahlung anfallenden Portokosten den Sozialgerichten zuzuordnen.
11 
Die Klägerin ist auch prozessführungsbefugt. Hierbei handelt es sich um die Befugnis, ein materielles Recht im eigenen Namen geltend zu machen (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl., VI Rdnr. 35).
12 
Unproblematisch ist dies im vorliegenden Fall, soweit die Klägerin - im Hinblick auf die Portokosten - einen eigenen Rechtsanspruch behauptet.
13 
Hinsichtlich der streitigen Zuzahlung ergibt sich die Prozessführungsbefugnis der Klägerin aus einer gesetzlichen Prozessstandschaft. Durch eine gesetzliche Regelung kann einem Dritten die Befugnis erteilt werden, im eigenen Namen einen Prozess über ein fremdes Recht zu führen (Krasney/Udsching, a. a. O.). So verhält es sich hier.
14 
Zuzahlungen, die Versicherte nach § 28 Abs. 4 SGB V zu entrichten haben, hat der Leistungserbringer lediglich einzubehalten (§ 43b Abs. 2 Satz 1 SGB V). Er erwirbt indes keinen eigenen Zahlungsanspruch gegenüber dem Versicherten. Vielmehr handelt es sich um einen Anspruch der jeweiligen Krankenkasse - hier: der Beigeladenen - auf Zuzahlung zu den von ihr erbrachten Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Mangels eines eigenen Anspruchs der behandelnden Ärztin scheidet somit im vorliegenden Fall die Vereinbarung einer Abtretung zwischen Klägerin und Dr. K. aus.
15 
Die Klägerin ist allerdings zur Einziehung der Forderung der Beigeladenen ermächtigt. Bei einer Einziehungsermächtigung verbleibt die Forderung beim Gläubiger. Der Ermächtigte kann die Forderung aber im eigenen Namen geltend machen und je nach Inhalt der Ermächtigung Leistung an den Gläubiger oder an sich selbst verlangen (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 398 Rdnr. 29). Im vorliegenden Fall ergibt sich die Ermächtigung der Klägerin, Zahlung an sich zu verlangen, aus § 43b Abs. 2 Satz 4 SGB V i. V. m. § 18 Abs. 5 Satz 1 bis 3 BMV-Ä. Nach dieser Vorschrift übernimmt die für den Arzt zuständige Kassenärztliche Vereinigung für den Vertragsarzt und die Krankenkasse den weiteren Zahlungseinzug, sofern der Versicherte trotz einer schriftlichen Zahlungsaufforderung innerhalb der vom Arzt gesetzten Frist nicht leistet. Die Kassenärztliche Vereinigung fordert den Versicherten sodann schriftlich mit Fristsetzung erneut zur Zahlung auf. Zahlt der Versicherte wiederum nicht, führt die Kassenärztliche Vereinigung Vollstreckungsmaßnahmen durch.
16 
Der materiellen Einziehungsermächtigung zu Gunsten der Klägerin entspricht prozessual eine Prozessstandschaft. Die Kassenärztliche Vereinigung soll die Zuzahlungsforderung gegenüber dem Versicherten nicht nur außergerichtlich geltend machen, sondern - sofern auf ihre schriftliche Mahnung gem. § 18 Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä keine Zahlung erfolgt - auch gerichtlich durchsetzen. Dies belegt § 18 Abs. 5 Satz 5 BMV-Ä, wonach die Krankenkasse der Kassenärztlichen Vereinigung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen „Gerichtskosten" erstattet. Die der Kassenärztlichen Vereinigung auferlegte Durchführung von „Vollstreckungsmaßnahmen" (§ 18 Abs. 5 Satz 3 BMV-Ä) setzt zudem einen vollstreckbaren Titel voraus. Insoweit kommt nur eine von der Kassenärztlichen Vereinigung erwirkte gerichtliche Entscheidung in Betracht. Denn mangels eines Überordnungsverhältnisses kann sie gegenüber dem Versicherten keinen Verwaltungsakt erlassen (Rixen, SGb 2004, 2, 11). Die - materiell berechtigte - Krankenkasse wäre hierzu zwar grundsätzlich in der Lage. Jedenfalls im Rahmen von Gesamtverträgen nach den §§ 82 f. SGB V ist die Einziehung der Zuzahlung durch die Krankenkasse aber gem. § 43b Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 SGB V ausgeschlossen (vgl. auch Peters-Schmidt, Handbuch der Krankenversicherung, § 43b Rdnr. 61).
17 
Bei der Prozessführungsbefugnis der Klägerin handelt es sich um eine „gesetzliche" Prozessstandschaft. Zwar ergibt sich die Prozessstandschaft nicht unmittelbar aus der gesetzlichen Rechtsgrundlage des § 43b Abs. 2 Satz 4 SGB V, sondern erst aus § 18 Abs. 5 BMV-Ä. Beim Bundesmantelvertrag - Ärzte handelt es sich aber um einen sog. Normvertrag, dessen Bestimmungen allgemein verbindlich sind (BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 12 S. 75), der also auch Rechte und Pflichten nicht am Vertragsschluss beteiligter Dritter begründet oder verändert (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 16 Seite 84). Diese normative Wirkung des BMV-Ä rechtfertigt die Annahme einer „gesetzlichen" Prozessstandschaft. Auf die besonderen Voraussetzungen einer „gewillkürten" Prozessstandschaft (vgl. dazu Krasney/Udsching, a. a. O.). kommt es danach im vorliegenden Fall nicht an.
18 
2. Die Klage ist nur zum Teil begründet.
19 
a) Die Klägerin kann gegenüber der Beklagten die Zahlung von 10 EUR beanspruchen. Gem. § 28 Abs. 4 Satz 1 SGB V leisten Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, je Kalendervierteljahr für jede erste Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutische Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers, die nicht auf Überweisung aus demselben Kalendervierteljahr erfolgt, als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 2 SGB V ergebenden Betrag - also 10 EUR - an der Leistungserbringer. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt. Die Beklagten hatte für die Behandlung durch Dr. K. eine Zuzahlung in Höhe von 10 EUR zu leisten. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass hier Ausnahmegründe im Sinne des § 28 Abs. 4 SGB V vorlägen. Wie ausgeführt, ist die Klägerin zur Einziehung der Zuzahlung ermächtigt.
b)
20 
Die Klägerin hat hingegen keinen Anspruch auf Erstattung von Portokosten in Höhe von 0,55 EUR.
21 
Gem. § 43b Abs. 2 Satz 4 SGB V i. V. m. § 18 Abs. 4 Satz 2 BMV-Ä stellt der Vertragsarzt die „ggf. entstehenden" Portokosten für eine schriftliche Zahlungsaufforderung dem Versicherten in Rechnung. Im vorliegenden Fall sind der behandelnden Ärztin Dr. K. indes keine Portokosten entstanden. Denn die schriftliche Zahlungsaufforderung hat sie der Beklagten am 2.1.2004 in ihrer Praxis übergeben.
22 
Nicht zu überzeugen vermag der Vortrag der Klägerin, ihre - mit der Post übermittelte - Mahnung vom 28.1.2004 sei letztlich für Dr. K. erfolgt, sodass die dabei entstandenen Portokosten der Klägerin als Portokosten der behandelnden Ärztin zu werten seien. Die Zuständigkeit des Vertragsarztes für den Einzug der Zuzahlung endet nach der Systematik des § 18 Abs. 4 und 5 BMV-Ä mit seiner ersten (erfolglosen) Zahlungsaufforderung und der anschließenden Übernahme des Verfahrens durch die Kassenärztliche Vereinigung. In Übereinstimmung hiermit weist die Klägerin in ihrem Schreiben vom 28.1.2004 darauf hin, dass Zahlungen nunmehr ausschließlich an sie - und nicht mehr an den Vertragsarzt - zu leisten seien. Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, die Zahlungsaufforderung durch die Klägerin vom 28.1.2004 stehe einer Zahlungsaufforderung durch Dr. K. gleich. Denn die behandelnde Ärztin hatte das Einzugsverfahren bereits zuvor am 16.1.2004 an die Klägerin abgegeben.
23 
Die Erstattung eigener Portokosten kann die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht beanspruchen. Weder im SGB V noch im BMV-Ä findet sich hierfür eine Rechtsgrundlage. Hätten die Parteien des BMV-Ä einen solchen Anspruch begründen wollen, hätte es nahegelegen, in § 18 Abs. 5 BMV-Ä eine ähnliche Regelung aufzunehmen wie in § 18 Abs. 4 Satz 3 BMV-Ä, der den Anspruch des Vertragsarztes auf Portokosten normiert. Dies ist aber gerade nicht geschehen.
24 
Angesichts dessen kann die Kammer dahingestellt lassen, ob die Parteien des BMV-Ä überhaupt befugt sind, die Versicherten zur Zahlung von Portokosten zu verpflichten. Zwar können durch den BMV-Ä grundsätzlich auch Pflichten Dritter begründet werden (siehe 1.). Die Vertragspartner müssen sich aber im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung halten. § 43b Abs. 2 Satz 4 SGB V ermächtigt nur dazu, das „Nähere zum Verfahren" der Einbehaltung der Zuzahlung und der Verrechnung zu vereinbaren. Ob dies auch die Befugnis umfasst, Zahlungspflichten der Versicherten zu begründen, könnte fraglich sein. Denn der Umfang der Zahlungspflicht im Zusammenhang mit der sog. „Praxisgebühr" ist in § 28 Abs. 4 i. V. m. § 61 Satz 2 SGB V möglicherweise abschließend normiert.
3.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193.
4.
26 
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird die Berufung zugelassen (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Gründe

 
Die Klage ist zulässig (dazu 1.), aber nur zum Teil begründet (dazu 2.). Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung von 10 EUR beanspruchen, nicht aber Erstattung von Portokosten in Höhe von 0,55 EUR.
10 
1. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist eröffnet. Gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit u. a. über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine solche Streitigkeiten liegt hier vor. Die sog. „Praxisgebühr" stellt eine in § 28 Abs. 4 SGB V, mithin öffentlich-rechtlich geregelte Zuzahlung der Versicherten im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Wegen des Sachzusammenhangs sind auch Streitigkeiten über die bei Erhebung der Zuzahlung anfallenden Portokosten den Sozialgerichten zuzuordnen.
11 
Die Klägerin ist auch prozessführungsbefugt. Hierbei handelt es sich um die Befugnis, ein materielles Recht im eigenen Namen geltend zu machen (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl., VI Rdnr. 35).
12 
Unproblematisch ist dies im vorliegenden Fall, soweit die Klägerin - im Hinblick auf die Portokosten - einen eigenen Rechtsanspruch behauptet.
13 
Hinsichtlich der streitigen Zuzahlung ergibt sich die Prozessführungsbefugnis der Klägerin aus einer gesetzlichen Prozessstandschaft. Durch eine gesetzliche Regelung kann einem Dritten die Befugnis erteilt werden, im eigenen Namen einen Prozess über ein fremdes Recht zu führen (Krasney/Udsching, a. a. O.). So verhält es sich hier.
14 
Zuzahlungen, die Versicherte nach § 28 Abs. 4 SGB V zu entrichten haben, hat der Leistungserbringer lediglich einzubehalten (§ 43b Abs. 2 Satz 1 SGB V). Er erwirbt indes keinen eigenen Zahlungsanspruch gegenüber dem Versicherten. Vielmehr handelt es sich um einen Anspruch der jeweiligen Krankenkasse - hier: der Beigeladenen - auf Zuzahlung zu den von ihr erbrachten Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung. Mangels eines eigenen Anspruchs der behandelnden Ärztin scheidet somit im vorliegenden Fall die Vereinbarung einer Abtretung zwischen Klägerin und Dr. K. aus.
15 
Die Klägerin ist allerdings zur Einziehung der Forderung der Beigeladenen ermächtigt. Bei einer Einziehungsermächtigung verbleibt die Forderung beim Gläubiger. Der Ermächtigte kann die Forderung aber im eigenen Namen geltend machen und je nach Inhalt der Ermächtigung Leistung an den Gläubiger oder an sich selbst verlangen (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 398 Rdnr. 29). Im vorliegenden Fall ergibt sich die Ermächtigung der Klägerin, Zahlung an sich zu verlangen, aus § 43b Abs. 2 Satz 4 SGB V i. V. m. § 18 Abs. 5 Satz 1 bis 3 BMV-Ä. Nach dieser Vorschrift übernimmt die für den Arzt zuständige Kassenärztliche Vereinigung für den Vertragsarzt und die Krankenkasse den weiteren Zahlungseinzug, sofern der Versicherte trotz einer schriftlichen Zahlungsaufforderung innerhalb der vom Arzt gesetzten Frist nicht leistet. Die Kassenärztliche Vereinigung fordert den Versicherten sodann schriftlich mit Fristsetzung erneut zur Zahlung auf. Zahlt der Versicherte wiederum nicht, führt die Kassenärztliche Vereinigung Vollstreckungsmaßnahmen durch.
16 
Der materiellen Einziehungsermächtigung zu Gunsten der Klägerin entspricht prozessual eine Prozessstandschaft. Die Kassenärztliche Vereinigung soll die Zuzahlungsforderung gegenüber dem Versicherten nicht nur außergerichtlich geltend machen, sondern - sofern auf ihre schriftliche Mahnung gem. § 18 Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä keine Zahlung erfolgt - auch gerichtlich durchsetzen. Dies belegt § 18 Abs. 5 Satz 5 BMV-Ä, wonach die Krankenkasse der Kassenärztlichen Vereinigung unter den dort beschriebenen Voraussetzungen „Gerichtskosten" erstattet. Die der Kassenärztlichen Vereinigung auferlegte Durchführung von „Vollstreckungsmaßnahmen" (§ 18 Abs. 5 Satz 3 BMV-Ä) setzt zudem einen vollstreckbaren Titel voraus. Insoweit kommt nur eine von der Kassenärztlichen Vereinigung erwirkte gerichtliche Entscheidung in Betracht. Denn mangels eines Überordnungsverhältnisses kann sie gegenüber dem Versicherten keinen Verwaltungsakt erlassen (Rixen, SGb 2004, 2, 11). Die - materiell berechtigte - Krankenkasse wäre hierzu zwar grundsätzlich in der Lage. Jedenfalls im Rahmen von Gesamtverträgen nach den §§ 82 f. SGB V ist die Einziehung der Zuzahlung durch die Krankenkasse aber gem. § 43b Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 SGB V ausgeschlossen (vgl. auch Peters-Schmidt, Handbuch der Krankenversicherung, § 43b Rdnr. 61).
17 
Bei der Prozessführungsbefugnis der Klägerin handelt es sich um eine „gesetzliche" Prozessstandschaft. Zwar ergibt sich die Prozessstandschaft nicht unmittelbar aus der gesetzlichen Rechtsgrundlage des § 43b Abs. 2 Satz 4 SGB V, sondern erst aus § 18 Abs. 5 BMV-Ä. Beim Bundesmantelvertrag - Ärzte handelt es sich aber um einen sog. Normvertrag, dessen Bestimmungen allgemein verbindlich sind (BSG SozR 3-2500 § 75 Nr. 12 S. 75), der also auch Rechte und Pflichten nicht am Vertragsschluss beteiligter Dritter begründet oder verändert (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 16 Seite 84). Diese normative Wirkung des BMV-Ä rechtfertigt die Annahme einer „gesetzlichen" Prozessstandschaft. Auf die besonderen Voraussetzungen einer „gewillkürten" Prozessstandschaft (vgl. dazu Krasney/Udsching, a. a. O.). kommt es danach im vorliegenden Fall nicht an.
18 
2. Die Klage ist nur zum Teil begründet.
19 
a) Die Klägerin kann gegenüber der Beklagten die Zahlung von 10 EUR beanspruchen. Gem. § 28 Abs. 4 Satz 1 SGB V leisten Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, je Kalendervierteljahr für jede erste Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutische Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers, die nicht auf Überweisung aus demselben Kalendervierteljahr erfolgt, als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 2 SGB V ergebenden Betrag - also 10 EUR - an der Leistungserbringer. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt. Die Beklagten hatte für die Behandlung durch Dr. K. eine Zuzahlung in Höhe von 10 EUR zu leisten. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass hier Ausnahmegründe im Sinne des § 28 Abs. 4 SGB V vorlägen. Wie ausgeführt, ist die Klägerin zur Einziehung der Zuzahlung ermächtigt.
b)
20 
Die Klägerin hat hingegen keinen Anspruch auf Erstattung von Portokosten in Höhe von 0,55 EUR.
21 
Gem. § 43b Abs. 2 Satz 4 SGB V i. V. m. § 18 Abs. 4 Satz 2 BMV-Ä stellt der Vertragsarzt die „ggf. entstehenden" Portokosten für eine schriftliche Zahlungsaufforderung dem Versicherten in Rechnung. Im vorliegenden Fall sind der behandelnden Ärztin Dr. K. indes keine Portokosten entstanden. Denn die schriftliche Zahlungsaufforderung hat sie der Beklagten am 2.1.2004 in ihrer Praxis übergeben.
22 
Nicht zu überzeugen vermag der Vortrag der Klägerin, ihre - mit der Post übermittelte - Mahnung vom 28.1.2004 sei letztlich für Dr. K. erfolgt, sodass die dabei entstandenen Portokosten der Klägerin als Portokosten der behandelnden Ärztin zu werten seien. Die Zuständigkeit des Vertragsarztes für den Einzug der Zuzahlung endet nach der Systematik des § 18 Abs. 4 und 5 BMV-Ä mit seiner ersten (erfolglosen) Zahlungsaufforderung und der anschließenden Übernahme des Verfahrens durch die Kassenärztliche Vereinigung. In Übereinstimmung hiermit weist die Klägerin in ihrem Schreiben vom 28.1.2004 darauf hin, dass Zahlungen nunmehr ausschließlich an sie - und nicht mehr an den Vertragsarzt - zu leisten seien. Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, die Zahlungsaufforderung durch die Klägerin vom 28.1.2004 stehe einer Zahlungsaufforderung durch Dr. K. gleich. Denn die behandelnde Ärztin hatte das Einzugsverfahren bereits zuvor am 16.1.2004 an die Klägerin abgegeben.
23 
Die Erstattung eigener Portokosten kann die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht beanspruchen. Weder im SGB V noch im BMV-Ä findet sich hierfür eine Rechtsgrundlage. Hätten die Parteien des BMV-Ä einen solchen Anspruch begründen wollen, hätte es nahegelegen, in § 18 Abs. 5 BMV-Ä eine ähnliche Regelung aufzunehmen wie in § 18 Abs. 4 Satz 3 BMV-Ä, der den Anspruch des Vertragsarztes auf Portokosten normiert. Dies ist aber gerade nicht geschehen.
24 
Angesichts dessen kann die Kammer dahingestellt lassen, ob die Parteien des BMV-Ä überhaupt befugt sind, die Versicherten zur Zahlung von Portokosten zu verpflichten. Zwar können durch den BMV-Ä grundsätzlich auch Pflichten Dritter begründet werden (siehe 1.). Die Vertragspartner müssen sich aber im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung halten. § 43b Abs. 2 Satz 4 SGB V ermächtigt nur dazu, das „Nähere zum Verfahren" der Einbehaltung der Zuzahlung und der Verrechnung zu vereinbaren. Ob dies auch die Befugnis umfasst, Zahlungspflichten der Versicherten zu begründen, könnte fraglich sein. Denn der Umfang der Zahlungspflicht im Zusammenhang mit der sog. „Praxisgebühr" ist in § 28 Abs. 4 i. V. m. § 61 Satz 2 SGB V möglicherweise abschließend normiert.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193.
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Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird die Berufung zugelassen (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

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