Urteil vom Sozialgericht Köln - S 5 RA 241/97
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
1

Sozialgericht Köln
3Az.: S 5 RA 241/97 |
Verkündet am 18.11.1998 Haas Regierungsangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle |
Im Namen des Volkes
5Urteil
6In dem Rechtsstreit
7E AG, vertreten durch die Mitglieder des Vorstandes L und H
8Klägerin
9Prozessbevollmächtigte: I, E AG
10gegen
11Deutsche Rentenversicherung Bund, vertreten durch das Direktorium, Ruhrstraße 2, 10709 Berlin
12Beklagte
13G
14Beigeladene
15In Sachen: G
16hat die 5. Kammer des Sozialgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 18.11.1998 durch den Richter Dr. Freudenberg als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Lichtschläger und Marx für Recht erkannt:
17Die Klage wird abgewiesen.
18Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
19Die Sprungrevision wird zugelassen.
20Tatbestand:
21Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Beigeladene für die Zeit vom 02.12.1991 bis zum 31.12.1994 bei der Beklagten nachzuversichern ist.
22Die Beigeladene trat am 02.12.1991 als Postbetriebsärztin in den Dienst der Deutschen Bundespost - Unternehmen POSTDIENST - ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie aufgrund ihrer vorherigen Beschäftigung im Beitrittsgebiet bereits die Wartezeit für eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland erfüllt.
23Zum damaligen Zeitpunkt galt der Tarifvertrag Nr. 356 für Postbetriebsärzte in der Fassung des Tarifvertrages Nr. 371 vom 06.12.1982 - wieder in Kraft gesetzt durch Tarifvertrag Nr. 393 vom 09.06.1989 zwischen dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen und der Deutschen Postgewerkschaft und zuletzt geändert durch Tarifvertrag Nr. 397 vom 11.05.1990 zwischen den Vorständen der Deutschen Bundespost POSTDIENST, der Deutschen Bundespost POSTBANK, der Deutschen Bundespost TELEKOM einerseits und der Deutschen Postgewerkschaft andererseits. § 11 Abs. 1 Satz 1 dieses Tarifvertrages traf folgende Regelung:
24"Der Post-Betriebsarzt sowie seine Hinterbliebenen haben Anspruch auf Versorgung und Beihilfen in entsprechender Anwendung der für die Beamten der Deutschen Bundepost jeweils geltenden Bestimmungen."
25Bis zum 31.12.1994 waren Postbetriebsärzte aufgrund dieser Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei.
26Aufgrund § 1 Abs. 1 des Postumwandlungsgesetzes (PostUmwG), das als Art 3 des Postneuordnungsgesetzes (PTNeuOG) vom 14.09.1994 in Kraft trat (BGBl. 1994 I, S. 2325 ff.), wurden die Unternehmen der Deutschen Bundespost zum 01.01.1995 in Aktiengesellschaften umgewandelt. Die Klägerin ging dabei aus dem Unternehmen Deutsche Bundespost POSTDIENST hervor. Die Aktiengesellschaften traten nach § 21 Abs. 1 Satz 1 des Postpersonalrechtsgesetzes (PostPersRG) - in Kraft getreten als Art 4 PTNeuOG - in die im Zeitpunkt der Umwandlung in die mit den Unternehmen der Deutschen Bundespost bestehenden Beschäftigungsverhältnisse ein. Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 PostPersRG galten die mit den früheren Unternehmen der Deutschen Bundespost geschlossenen Tarifverträge weiter. Ab dem 01.01.1995 entrichteten die Aktiengesellschaften -und damit auch die Klägerin - für die Postbetriebsärzte Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.
27Darüber hinaus wurde § 14 PostPersRG durch § 9 Abs. 2 Nr. 7 des Begleitgesetzes zum Telekommunikationsgesetz (BegleitG TKG) vom 17.12.1997 (BGBl. I, S. 3108 ff.) um einen Absatz 5 ergänzt, demzufolge der Bund für die bis zum Inkrafttreten des PostPersRG aus dem Tarifvertrag für die Postbetriebsärzte entstandenen Versorgungsansprüche der Postbetriebsärzte die Gewährshaftung übernimmt.
28Mit Bescheid vom 01.07.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.1997 stellte die Beklagte fest, dass hinsichtlich der Beigeladenen die Voraussetzungen für die Nachversicherung auf der Grundlage des § 8 Abs. 2 Nr. 2 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Zeit vom 02.12.1991 bis zum 31.12.1994 vorlägen. Die Beigeladene sei nämlich zum 31.12.1994 unversorgt aus ihrer bisherigen Beschäftigung ausgeschieden.
29Hiergegen richtet sich die am 10.04.1997 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage, die von dort durch Beschluss vom 11.06.1997 an das Sozialgericht Köln verwiesen worden ist.
30Die Klägerin ist der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Nachversicherung seien nicht gegeben, und trägt hierzu vor:
31Die Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 2 Nr. 2 5GB VI seien bereits ihrem Wortlaut nach nicht erfüllt. Im Hinblick auf den gesetzlich angeordneten Übergang sämtlicher Arbeitgeberrechte und -pflichten von der Deutschen Bundespost POSTDIENST auf sie - die Klägerin - sei die Beigeladene schon nicht aus ihrer Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB VI "ausgeschieden". Selbst wenn man jedoch ein Ausscheiden annehme wolle, so sei dieses jedenfalls nicht "ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung" erfolgt. Denn sie - die Klägerin - sei aufgrund der Vorschrift des § 21 PostPersRG in die bestehenden Tarifverträge eingetreten und habe damit die Versorgungsanwartschaften aus dem Tarifvertrag Nr. 356 mit übernommen. Darüber hinaus habe der Bund für die bis zum 31.12.1994 entstandenen Versorgungsanwartschaften die Gewähr übernommen.
32Für eine Nachversicherung bestehe im vorliegenden Fall auch kein Bedürfnis: Der Sinn des Rechtsinstituts der Nachversicherung bestehe darin, Personen, die wegen ihrer Einbeziehung in ein anderes Sicherungssystem in ihrer bisherigen Beschäftigung versicherungsfrei waren, als Ersatz für die weggefallene Aussicht auf Versorgung so zu stellen, als seien sie rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Vom Wegfall einer Versorgungsaussicht könne man bei den Postbetriebsärzten im Hinblick auf die genannten Regelungen jedoch nicht ausgehen. Vielmehr würden Rentenanwartschaften, die aufgrund der Nachversicherung neben die bereits bestehenden Versorgungsanwartschaften träten, zu einer Überversorgung der Postbetriebsärzte führen.
33Die Klägerin beantragt,
34den Bescheid der Beklagten vom 01.07.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.1997 aufzuheben,
35hilfsweise,
36die Sprungrevision zuzulassen.
37Die Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen,
39hilfsweise,
40die Sprungrevision zuzulassen.
41Sie trägt vor:
42Die Beigeladene sei schon deshalb zum 31.12.1994 aus ihrem bisherigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB VI "ausgeschieden“, weil sie ungeachtet des Fortbestandes des arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses zum einen den Arbeitgeber gewechselt habe und zum anderen ab dem 01.01.1995 versicherungspflichtig geworden sei.
43Die Beigeladene sei darüber hinaus auch "ohne Anspruch bzw. Anwartschaft für Versorgung" ausgeschieden. Ihre bis zum 31.12.1994 erworbenen Anwartschaften bzw. Ansprüche auf Versorgung ergäben sich nämlich nicht unmittelbar aus der bis zum Ausscheiden ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung. Vielmehr bestünden die Anwartschaften ab dem 01.01.1995 gegenüber der neuen Arbeitgeberin, der Klägerin. Da diese - anders als die Unternehmen der Deutschen Bundespost - eine juristische Person des Privatrechts sei, hätten die gegen sie gerichteten Ansprüche jedenfalls am 31.12.1994 noch keinen ausreichenden Insolvenzschutz genossen. Der - in Ermangelung von Gründen für den Aufschub - zu diesem Zeitpunkt erfolgte Eintritt des Nachversicherungsfalls könne durch die Gewährsübernahme des Bundes gemäß § 14 Abs. 5 PostPersRG nicht mehr rückwirkend aufgehoben werden.
44Hinsichtlich der von der Klägerin gerügten Möglichkeit einer Überversorgung sei auf die Vorschrift des § 55 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) zu verweisen.
45Die durch Beschluss vom 11.12.1997 Beigeladene ist durch Postzustellungsurkunde am 29.10.1998 vom Termin benachrichtigt worden. Sie ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen und hat auch schriftsätzlich keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Sie hat jedoch darauf hingewiesen, dass sie am 31.12.1994 noch keine Pensionsansprüche erworben habe. Deshalb halte sie eine Erweiterung der Gewährshaftung des Bundes über den 31.12.1994 hinaus für erforderlich.
46Die die Beigeladene betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Vers.-Nr. 49 060539 K 504) ist beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
47Entscheidungsgründe:
48Die Kammer kann den Rechtsstreit auch in Abwesenheit der Beigeladenen entscheiden, da diese mit der am 29.10.1998 zugestellten Benachrichtigung vom Termin darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens ohne sie verhandelt werden und eine Entscheidung ergehen kann.
49Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat zu Recht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Beiträgen zur Nachversicherung der Beigeladenen festgestellt.
50Die Voraussetzungen der Nachversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI liegen vor.
51Die Klägerin ist in der Zeit vom 02.12.1991 bis zum 31.12.1994 als Angestellte einer Körperschaft versicherungsfrei im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI gewesen. Denn ihr wurde aufgrund des Tarifvertrages Nr. 356 Anwartschaft für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit, im Alter und auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet.
52Aus dieser Beschäftigung ist die Klägerin zum 31.12.1994 im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB VI "ausgeschieden". Der Begriff des Ausscheidens ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Auffassung in der Literatur nicht arbeits-, sondern sozialversicherungsrechtlich auszulegen. Danach ist ein "Ausscheiden" bereits dann anzunehmen, wenn die Versicherungsfreiheit der jeweiligen Beschäftigung erlischt (BSGE 16, 112, 114; BSGE 26, 136, 139; KassKomm/Gürtner, § 8 SGB VI, Rdnr. 13; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, § 8 SGB VI, Rdnr. 6). Die Kammer schließt sich dieser Ansicht aus eigener Überzeugung an. Die Notwendigkeit einer rein sozialversicherungsrechtlichen Interpretation des Begriffs des "Ausscheidens" folgt bereits aus Sinn und Zweck der Nachversicherung. Diese bestehen darin, Personen, die im Hinblick auf eine spezielle Versorgung in ihrer Beschäftigung versicherungsfrei waren, als Ersatz für die weggefallene oder nicht realisierte Aussicht auf diese Versorgung ohne soziale Sicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu verschaffen. Sie sollen dabei so gestellt werden, als wären sie in der fraglichen Zeit rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Dieser Gedanke gebietet es jedoch, bereits das Ende der Versicherungsfreiheit - unabhängig von einem etwaigen Übergang des Beschäftigungsverhältnisses - als "Ausscheiden" anzusehen. Ausgehend hiervon, ist die Klägerin mit der Umwandlung der Deutschen Bundespost POSTDIENST in die POSTDIENST AG aus ihrer bisherigen Beschäftigung "ausgeschieden" im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Denn die zur Versicherungsfreiheit führende Privilegierung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI - die Beschäftigung bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts - fiel mit der Übernahme des Beschäftigungsverhältnisses durch eine privatrechtliche Arbeitgeberin weg. Seither sind die Postbetriebsärzte, die auch schon zur Deutschen Bundespost in einem Anstellungs- und nicht in einem Beamtenverhältnis gestanden haben, nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert.
53Die Beigeladene ist auch "ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung" aus ihrer Beschäftigung ausgeschieden.
54Für die Beurteilung dieser Frage ist ausschließlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des "Ausscheidens" am 31.12.1994 abzustellen. Auch insoweit sind nämlich allein sozialversicherungsrechtliche Grundsätze maßgebend (vgl. BSGE 55, 209, 210; KassKomm/Gürtner, § 8 SGB VI Rdnr. 15; Klattenhoff in Hauck/Haines, SGB VI, § 8 Rdnr. 37; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, § 8 SGB VI Rdnr. 21). Das folgt schon systematisch aus dem Zusammenspiel von § 8 Abs. 2 SGB VI und § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Nach der letztgenannten Vorschrift besteht ein Grund für den Aufschub der Nachversicherung darin, dass innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden wiederum eine versicherungsfreie Beschäftigung aufgenommen wird. Der amtlichen Begründung zufolge kommt es dabei auf die Erwartung zum Zeitpunkt des Ausscheidens an (BT-Dr 11/4124, S. 188; ebenso KassKomm/Gürtner, § 184 SGB VI, Rdnr. 11). Wenn dieser Zeitpunkt aber sogar für das Vorliegen von Aufschubgründen entscheidend ist, so muss er zur Wahrung der Einheitlichkeit der Verwaltungsentscheidung erst recht für die übrigen Voraussetzungen der Nachversicherung und damit auch für die Frage des Bestehens von Versorgungsansprüchen oder -anwartschaften maßgeblich sein. Dieser allgemeine Grundsatz wird zusätzlich dadurch bestätigt, dass sich der Gesetzgeber veranlasst gesehen hat, durch § 18 Abs. 2 PostPersRG einen - im vorliegenden Fall nicht einschlägigen - Grund für den Aufschub der Nachversicherung aus wirtschaftlichen Gründen bis spätestens 31.12.2003 als Ausnahmetatbestand einzuführen.
55Am 31.12.1994 stand der Beigeladene kein Anspruch auf Versorgung zu. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Ruhegehaltes waren schon deshalb nicht erfüllt, weil die Beigeladene hierfür noch nicht das erforderliche Lebensalter hatte. Darüber hinaus bestand auch kein Anspruch auf Unterhaltsbeitrag nach § 15 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG), da die Beigeladene weder wegen Dienstunfähigkeit noch wegen Erreichens der Altersgrenze ausschied.
56Die Beigeladene hatte darüber hinaus am 31.12.1994 aber auch noch keine Anwartschaft auf Versorgung.
57Vom Bestehen einer solchen "Anwartschaft" kann im Rahmen der Nachversicherung nämlich nur dann die Rede sein, wenn - außer dem Eintritt des Versorgungsfalles - im Zeitpunkt des Ausscheidens sämtliche übrigen Voraussetzungen für das Entstehen des Versorgungsanspruchs erfüllt sind. Zwar ist der Begriff der "Anwartschaft" weder im SGB VI noch im BeamtVG definiert. Nach allgemeinem juristischen Sprachgebrauch handelt es sich jedoch bei einer Anwartschaft um eine Rechtsposition, die durch Erfüllung einer oder mehrerer Voraussetzungen zum Vollrecht erstarken kann. Im Rahmen der Nachversicherung kann von einer - ausreichend sicheren - Rechtsposition in diesem Sinne nur dann die Rede sein, wenn das Vollrecht, also der Versorgungsanspruch, nur noch vom Eintritt des Versorgungsfalles - insbesondere dem Erreichen der Altersgrenze - abhängt. Das ergibt sich vor allem aus Sinn und Zweck der Nachversicherung. § 8 Abs. 2 SGB VI stellt nämlich ersichtlich darauf ab, dass sich die ursprünglich mit der Begründung der Versicherungsfreiheit verbundene Aussicht auf anderweitige Sicherung nicht realisiert hat. Die hierdurch - in rückschauender Betrachtung - entstandene Schutzlücke soll sodann durch die Nachversicherung geschlossen werden (vgl. BSGE 76, 267, 272). Eine solche Schutzlücke besteht jedoch immer schon dann, wenn zu einem beliebigen Zeitpunkt nach dem Ausscheiden bei Eintritt des Versorgungsfalles die bzw. der Versicherte wegen Fehlens einer oder mehrerer anderweitiger gesetzlicher Voraussetzungen aus dem jeweiligen Sicherungssystem keine Versorgungsansprüche herleiten kann. Auf die Frage, ob diese übrigen Voraussetzungen noch zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt werden können, darf es dabei nicht ankommen. Denn sonst würden die Tatbestandsmerkmal des Fehlens einer Versorgungsanwartschaft in unzulässiger Weise mit dem des Nichtvorliegens von Aufschubgründen im Sinne von § 184 Abs. 2 SGB VI vermengt.
58Ausgehend hiervon hat bei der Beigeladenen am 31.12.1994 eine Ruhegehaltsanwartschaft schon deshalb nicht bestanden, weil sich ihre Versorgungsansprüche nach dem Tarifvertrag Nr. 356 nach beamtenrechtlichen Grundsätzen richtete und sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erforderliche Dienstzeit von mindestens fünf Jahren abgeleistet hatte. Die Dienstzeit im Sinne der Beamtenversorgung wird nämlich vom Zeitpunkt der ersten Berufung in das Beamtenverhältnis abgerechnet (§ 4 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG), hier also ab dem 02.12.1991. Ob davor liegende Zeiten, die eingerechnet werden könnten, ihrer Art nach bei der Beigeladenen vorliegen, kann dahingestellt bleiben, weil die Beigeladene sie gegebenenfalls ausschließlich im Beitrittsgebiet vor dem 03.10.1990 zurückgelegt hätte und solche Zeiten nach der eindeutigen Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 4 BeamtVG nicht einzurechnen sind. Eventuelle Zeiten wären überdies nicht einmal ruhegehaltsfähig, weil die Beigeladene schon vor ihrem Eintritt in das dem Beamtenverhältnis tarifvertraglich gleichgestellte Arbeitsverhältnis die allgemeine Wartezeit für die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt hatte (N 12 b Abs. 1 BeamtVG). Eine Anwartschaft auf die - spätere - Zahlung eines Unterhaltsbeitrages scheitert schon daran, dass der Versorgungsfall im Sinne des § 15 BeamtVG im Zeitpunkt des Ausscheidens eingetreten sein muss, was hier ersichtlich nicht der Fall war. Demgemäß hat am 31.12.1994 auch die von der Klägerin als Argument gegen die Notwendigkeit einer Nachversicherung angeführte Gefahr einer Überversorgung in der Person der Beigeladenen nicht bestanden, so dass die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob diese Überversorgung durch die Vorschrift des § 55 BeamtVG verhindert wird, im vorliegenden Fall keiner Entscheidung bedarf.
59Ebenso kann die von der 8. Kammer des Sozialgerichts Köln (Urt. v. 25.09.1998 - Az.: § 8 (6) RA 283/97) bejahte Frage, ob die vom Bund in § 14 Abs. 5 Post-PersRG übernommene Gewährshaftung für bis zum 31.12.1994 entstandene Versorgungsansprüche ausreicht, um die durch das Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung drohende Schutzlücke zu schließen, hier unentschieden bleiben. Denn die Gewährshaftung ist ausdrücklich auf die Zeit bis zum 31.12.1994 beschränkt und kann - schon weil sie als Ausfallhaftung konzipiert ist - nicht weiter gehen als die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche oder Anwartschaften. Sind aber - wie im vorliegenden Fall - ausreichende Anwartschaften noch gar nicht entstanden, so kann auch die Übernahme einer Gewährshaftung den Eintritt des Nachversicherungsfalles nicht verhindern.
60Gründe, die Nachversicherung nach § 184 Abs. 2 5GB VI aufzuschieben, sind - was zwischen den Beteiligten im Übrigen auch unstreitig ist - im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der spezielle Aufschubgrund des § 18 Abs. 2 PostPersRG ist ebenfalls nicht gegeben, da die Beigeladene nicht erst nach Gründung der Klägerin aus ihrer versicherungsfreien Beschäftigung ausgeschieden ist.
61Die Klägerin ist überdies die richtige Adressatin des Anspruchs der Beklagten auf Zahlung von Beiträgen zur Nachversicherung. Zwar ist Schuldner dieser Beiträge grundsätzlich der letzte Arbeitgeber (§§ 181 Abs. 5 Satz 1, 185 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Dies wäre grundsätzlich der Bund mit seinem Teilsondervermögen der Deutschen Bundespost POSTDIENST. Die mit dem Ablauf des 31.12.1994 entstandene Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge ist jedoch kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 3 PostUmwG auf die Klägerin übergegangen.
62Die Beklagte hatte schließlich auch das Recht, die Klägerin im Wege des Verwaltungsaktes zur Nachversicherung zu verpflichten. Diese Befugnis besteht nach allgemeiner Auffassung gegenüber dem - ehemaligen - Arbeitgeber mit Rücksicht auf seine nachwirkenden Rechte und Pflichten aus dem vormaligen Beschäftigungsverhältnis und den Umstand, dass Rentenversicherungsträger ihre - hoheitlich ausgestalteten - Ansprüche gegenüber Beitragsschuldnern im Wege des Verwaltungsakts durchsetzen dürfen (vgl. BSG SozR 2400 § 124 Nr. 6; KassKomm/Gürtner, § 181 SGB VI Rdnr. 14). Die hiernach jedenfalls dem Grunde nach bereits am 31.12.1994 angelegte Gewaltunterworfenheit der Deutschen Bundespost - POSTDIENST - ist im Wege der Gesamtrechtsnachfolge akzessorisch mit der Verpflichtung zur Beitragszahlung auf die Klägerin übergegangen.
63Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Das Gericht hat es dabei nicht für angemessen gehalten, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, zumal diese ihrerseits kein Kostenrisiko getragen hat. Denn da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, wäre es im Falle eines Obsiegens der Klägerin nach dem in den §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) enthaltenen Rechtsgedanken nicht angemessen gewesen, die dieser entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gesamtschuldnerisch mit der Beklagten (§ 194 SGG) aufzuerlegen.
64Das Gericht hat - den Anträgen der Klägerin und der Beklagten folgend - die Sprungrevision nach §§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 SGG zugelassen, weil die Rechtssache insbesondere im Hinblick auf die Frage des Ausscheidens ohne Versorungsanwartschaften von grundsätzlicher Bedeutung ist.
65Rechtsmittelbelehrung:
66Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
67Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
68Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen,
69Zweigertstraße 54,
7045130 Essen,
71schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
72Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem
73Sozialgericht Köln,
74An den Dominikanern 2,
7550668 Köln,
76schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
77Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
78Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
79Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zufassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
80Dr. Freudenberg
81Richter
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Referenzen
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