Beschluss vom Sozialgericht Köln - S 22 AS 44/05 ER
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 19.04.2005 sowie der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3Der Antrag,
4die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller die am 05.10.2004 beantragten Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhaltes zu zahlen,
5ist unbegründet.
6Eine einstweilige Anordnung kann - nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG - nur ergehen, wenn der Rechtsschutzbegehrende glaubhaft macht, dass ihm der geltend gemachte materielle Rechtsanspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und es der sofortigen Durchsetzung dieses Anspruchs zur Beseitigung einer gegenwärtigen Notlage im Wege der gerichtlichen Entscheidung bedarf, weil ihm anderenfalls unzumutbare Nachteile entstünden (Anordnungsgrund).
7Im vorliegenden Falle fehlt es am Anordnungsanspruch als auch am Anordnungsgrund. Dies ist das Ergebnis der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Überprüfung des Sach- und Streitverhältnisses.
8Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes setzen gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II Hilfebedürftigkeit des Anspruchstellers voraus. Maßgeblich sind hierfür die Einkommens-/Vermögensverhältnisse der Bedarfsgemeinschaft, in der er lebt, insbesondere sind die finanziellen Mittel, über die der Partner verfügt, in die Gesamtrechnung einzustellen (vgl. § 7 Abs. 1, 2 Satz 1 SGB II). Im Falle des Antragstellers führt dies zum Verlust seiner Anspruchsberechtigung nach dem SGB II.
9Dabei geht auch das Gericht davon aus, dass im vorliegenden Falle die Bedarfsgemeinschaft nur aus dem Antragsteller und seiner Ehefrau besteht. Der Stiefsohn des Antragstellers, geb. am ..., hat bei Inkrafttreten des SGB II bereits des 18. Lebensjahr vollendet; als Volljähriger fällt er, worauf die Antragsgegnerin im Ablehnungsbescheid vom 12.01.2005 zutreffend hinweist, nicht mehr in die Bedarfsgemeinschaft der Eltern, sondern ist selbst nach dem SGB II antragsberechtigt. Ebenfalls steht fest, dass die beiden Pflegekinder, die der Ehefrau des Antragstellers als selbstständige Erzieherin zugeordnet sind, der am ... geborene ... (L.) und ... (D.), geboren am ..., nicht Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind, da eine solche Eigenschaft nur minderjährigen unverheirateten Kindern eines Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft zukommt (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Elterneigenschaft haben aber weder der Antragsteller noch seine Ehefrau in Bezug auf L. und D ...
10Dennoch wirken sich beide Pflegekindschaftsverhältnisse insoweit - negativ - auf die Leistungsberechtigung nach SGB II aus, als Zahlungen für L. und D. der Ehefrau des Antragstellers, als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zufließen, die ihrer Höhe nach Hilfebedürftigkeit insgesamt ausschließen. Für jedes der genannten Pflegekinder werden nämlich 1.204,01 Euro monatlich als "Erziehungshonorar" sowie 692,28 Euro als "Sachkostenzuschuss" gezahlt, Aufwendungen die insgesamt die Pflegeleistungen für beide Kinder i. S. d. § 39 Abs. 1 SGB VIII ausmachen. Ihrer Berücksichtigung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach § 7 SGB II steht nicht § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II entgegen.
11Allerdings nimmt diese Vorschrift Einnahmen, soweit sie als "zweckbestimmte Einnahmen" einem anderen Zwecke als die Leistungen nach dem SGB II dienen, grundsätzlich von der Berücksichtigung als Einkommen aus. Als zweckbestimmte Einnahmen in diesem Sinne lässt sich unstreitig- und sachgerecht- das hier in Rede stehende Pflegegeld qualifizieren. Zuzugeben ist dem Antragsteller auch, dass nach dem bis 31.12.2004 geltenden § 77 BSHG Pflegegeld als einem von dem des BSHG abweichenden Zwecke dienend unangetastet zu bleiben hatte. Der ab 01.01.2005 geltende § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II ist indes mit der genannten Vorschrift des BSHG nicht deckungsgleich. Vielmehr wird für die zur Beurteilung stehenden Einnahmen zusätzlich zur abweichenden Zweckbestimmung gefordert, dass sie "die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buche nicht gerechtfertigt wären, ...". Bei der insoweit anzustellenden Prüfung mag, wie es die Antragsgegnerin zum Vorteil der Antragstellerin im Bescheid vom 12.01.2005 getan hat, der Betrag von 692,28 Euro je Kind monatlich außen vor bleiben, da diese Leistungen als "Sachkostenzuschuss" ausschließlich auf die materiellen Bedürfnisse des jeweiligen Kindes zentriert sind. Anders hingegen verhält es sich mit dem Betrag von 1.204,01 Euro pro Pflegekind und Monat, der als "Erziehungshonorar" bezeichnet ist. Nach der von Seiten des Antragstellers in das Verfahren eingeführten Stellungnahme des Referates Prof. Dr. Dr. h.c. Wiesner, Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, vom 26.01.2005 werden derzeit die Kosten der Erziehung nach den aktualisierten Empfehlungen des Vereines für öffentliche und private Fürsorge mit 202.- Euro pro Kind und Monat bewertet. Für jedes der Pflegekinder L. und D. verbleiben damit der Ehefrau des Antragstellers rund 1000.- Euro. Selbst wenn man - anders als es die Antragsgegnerin wohl in ihren Dienstanweisungen tut - der Ehefrau des Antragstellers im Rahmen der Prüfung nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II nicht nur die halbe, sondern die vollständige Regelleistung, gem. § 20 Abs. 2 SGB II 345.- Euro pro Monat, quasi als Freibetrag zubilligen und lediglich den überschießenden Betrag noch anrechnen wollte, verblieben ihr für L. und D. noch etwas mehr als 1300.- Euro pro Monat, eine Summe, die den im Bescheid vom 12.01.2005 ermittelten - zutreffenden - Bedarf deutlich übersteigt und damit Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft ausschließt. - Dem kann nicht entgegengehalten werden, die finanzielle Lage der Familie sei so angespannt, dass man sich von der Mutter des Antragstellers "2000.- Euro für die Begleichung einiger Strom- und Heizungsrechnungen am 01.02.05 geliehen" habe. Nach dem Vorstehenden ist die schließlich auch mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2005 bestätigte Wertung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden. Sie hat sich an den ihr durch das SGB II gezogenen Rahmen zu halten.
12Zutreffend ist schließlich der Hinweis der Antragsgegnerin, es fehle vorliegend auch am Anordnungsgrund. Ihre Begründung, die der Ehefrau des Antragstellers zugeflossenen Pflegeleistungen hätten - unabhängig von deren endgültiger Anrechenbarkeit - der Bedarfsgemeinschaft jedenfalls tatsächlich zur Bedarfsdeckung zur Verfügung gestanden, ist nachvollziehbar.
13Die Kostenentscheidung ergeht analog § 183, 193 SGG.
14Prozesskostenhilfe konnte schon mangels Erfolgsaussicht des Antragsverfahrens nicht bewilligt werden.
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