Urteil vom Sozialgericht Köln - S 26 KR 923/14 WA
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten jetzt noch über die Heranziehung einer im Rahmen eines Promotionsstipendiums gewährten Forschungskostenpauschale von 100,00 Euro zur Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Versicherung in der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung, und zwar für den Zeitraum von Juli 2009 bis Ende November 2010.
3Die Klägerin war in diesem Zeitraum als Promotionsstudentin freiwilliges Mitglied der Beklagten; seit Dezember 2010 ist sie als Beschäftigte versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
4Mit Schreiben vom 18.11.2008 wurde der Klägerin vom Cusanuswerk Bonn ein Promotionsstipendium für die Zeit ab 01.12.2008 bewilligt, und zwar wie folgt:
5Grundstipendium 1.050,- Euro monatlich Forschungskostenpauschale 100,- Euro.
6In dem Schreiben ist ausgeführt, dass die Förderung ohne Rechtsanspruch gewährt wird und die Bewilligung insoweit unter Vorbehalt erfolgt, als Veränderungen der Einkommensverhältnisse eine Neuberechnung des Stipendiums notwendig machen. Veränderungen seien mitzuteilen hinsichtlich des Personenstandes, bei den Einkommensverhältnissen oder bei den Einkommensverhältnissen des Ehepartners. In der gesamten streitgegenständlichen Zeit erhielt die Klägerin dieses Promotionsstipendium.
7In der Folgezeit berücksichtigte die Beklagte mit entsprechenden Bescheiden für den streitgegenständlichen Zeitraum den Gesamtbetrag des Stipendiums in Höhe von 1.150,- Euro bei der Beitragsbemessung. Mit Bescheiden vom 02.07. und 26.10.2009 wurde die Klägerin von der Beklagten über die aus dem Stipendium zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung informiert. Mit Schreiben vom 28.02.2010 bat die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des Sozialgerichts Hannover um Überprüfung der Beitragsbemessung ab 01.07.2009; sie vertrat die Ansicht, das Stipendium unterliege nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
8Mit Bescheid vom 19.03.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, das Stipendium stelle eine beitragspflichtige Einnahme dar; eine rückwirkende Änderung der Beiträge werde deshalb abgelehnt. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte unter anderem aus, in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler (BVSzGs) werde ein Stipendium nicht explizit als beitragspflichtige Einnahme genannt.
9Mit Bescheid vom 18.08.2010 bestätigte die Beklagte nochmals die Rechtmäßigkeit der Beitragsbemessung ab Juli 2009 gegenüber der Klägerin und teilte den aktuellen Beitrag mit. Die Klägerin hielt ihren Widerspruch aufrecht und führte ergänzend aus, ein Stipendium werde nach der Rechtsprechung des BSG bisher nicht als Einnahme zum Lebensunterhalt anerkannt. Es sei eine konkretisierende Regelung im Hinblick darauf, dass Stipendien beitragspflichtig seien, erforderlich. § 3 BVSzGs sei ihrer Ansicht nach zu unbestimmt. Ferner würden die Krankenkassen sehr unterschiedliche Beiträge bei Promotionsstudenten ansetzen. Teilweise werde die Forschungskostenpauschale nicht berücksichtigt oder nur ein Studentenbeitrag in Höhe von 76,51 Euro gefordert.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2011 hat die Beklagte schließlich den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19.03.2010 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde folgendes ausgeführt:
11Nach § 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – (SGB V) wird ab dem 01. Januar 2009 für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen ge- regelt. Nach § 3 BVSzGS vom 27. Oktober 2008 in der ab dem 01. Januar 2009 gültigen Fassung gelten als beitragspflichtige Einnahmen u. a. alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt ver- braucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Die Einnahmen sind nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen; eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen findet nicht statt.
12Der Spitzenverband Bund hat als Anlage zu den BVSzGs einen Katalog von Einnahmen und deren beitragspflichtiger Bewertung erstellt. Stipendien werden in diesem Katalog ausdrücklich als beitragspflichtige Einnahme ausgewiesen.
13Nachgewiesene Änderungen in den Verhältnissen, die für die Beitrags- berechnung erheblich sind, werden vom Zeitpunkt der Änderung an wirksam (§ 6 Abs. 4 Satz 2 BVSzGs).
14Dies gilt analog auch für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflege- versicherung (§ 57 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Elftes Buch – [SGB XI] i. V. m. § 1 Abs. 2 BVSzGs).
15Ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wurde durch Ihr Stipendium als Einnahme zum Lebensunterhalt bestimmt.
16Unter Berücksichtigung der seit dem 01. Januar 2009 geltenden BVSzGs ist auch die Forschungskostenpauschale als beitragspflichtige Einnahme bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen. Eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von zweckgebundenen Mitteln für die Durchführung der Forschungsaufgabe ist nicht möglich. Nach Ansicht des Bundesversicherungsamtes und des Bundesministeriums für Gesund- heit ist ein Abzug zweckgebundener Mittel nicht zulässig.
17Zu der Beitragsbemessung anderer Mitglieder, die ein Promotions- stipendium erhalten, kann keine Stellung genommen werden. Allerdings wird angemerkt, dass bei Pflichtversicherten im Gegensatz zu freiwillig Ver- sicherten § 240 SGB V keine Anwendung findet.
18Nach den vorangegangenen Ausführungen ist Ihr Stipendium in der Zeit vom 01. Juli 2009 bis 30. November 2010 mit dem Gesamtbetrag in Höhe von 1.150,00 Euro zur Beitragsberechnung heranzuziehen. Auch Ihre im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgebrachten Argumente können insoweit zu keiner anderen Entscheidung führen.
19Das von Ihnen angeführte Sozialgerichtsurteil bezieht sich lediglich auf das bis zum 31. Dezember 2008 maßgebende Satzungsrecht der Kranken- kassen. Nach Auffassung des Sozialgerichts Hannover hat die Satzungs- regelung der Beklagten nicht ausgereicht, um das Promotionsstipendium des Klägers als Einnahme zur Beitragsbemessung heranzuziehen. Da es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung handelt, kann dies keine Aus- wirkungen auf den vorliegenden Sachverhalt haben.
20Seit dem 01. Januar 2009 wird jedoch die Beitragsbemessung nicht mehr durch die Satzung der jeweiligen Krankenkasse, sondern durch den Spitzenverband Bund geregelt. Hierzu hat sich das Sozialgericht Hannover nicht geäußert.
21Ihre Argumentation, wonach die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbst- zahler zu unbestimmt seien, vermag sich die TK nicht anzuschließen. In dem Einnahme-Katalog des Spitzenverbandes Bund ist eindeutig geregelt, dass die Einnahmeart "Stipendien" zu den beitragspflichtigen Einnahmen zählt.
22Die ab Januar 2009 für die Beitragsbemessung maßgebenden BVSzGs lassen nach alledem leider keine anderslautende Beurteilung zu.
23Dem Widerspruch kann aus den vorgenannten Gründen nicht abgeholfen werden.
24Hiergegen richtet sich die von der Klägerin am 31.10. (Montag) erhobene Klage, mit der diese zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Kostenerstattung für die Zeit von Juli 2009 bis November 2010 begehrte, soweit über die Mindestbeiträge hinaus Krankenversicherungsbeiträge festgesetzt worden seien.
25Sie führte im Wesentlichen aus, § 3 BVSzGs könne für die Berücksichtigung des Stipendienbetrages als Beitragsbemessungsgrundlage nicht herangezogen werden, weil dies lediglich durch ein formelles Gesetz erfolgen dürfe. Im Übrigen sei § 3 BVSzGs eine Generalklausel, die lediglich für die Berücksichtigung solcher Einnahmen ausreiche, die in ständiger Rechtsprechung des BSG als Einnahmen zum Lebensunterhalt anerkannt seien; dies sei bei Stipendien nicht der Fall.
26Im Hinblick auf ein Musterverfahren wurde schließlich mit Beschluss des Sozialgerichtes Köln vom 05.12.2011 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
27Nachdem das Urteil des BSG vom 18.12.2013 (B 12 KR 3/12 R) vorlag, wurde das Verfahren wieder aufgenommen.
28Die Klägerin begehrt jetzt lediglich noch die Nichtberücksichtigung der Forschungskostenpauschale in Höhe von monatlich 100,00 Euro im Rahmen der Beitragsbemessung für den streitgegenständlichen Zeitraum. Im Übrigen hat sie die Klage zurückgenommen. Sie vertritt die Auffassung, dass es bzgl. der Berücksichtigung der Forschungskostenpauschale bei der Beitragsbemessung an einer Rechtsgrundlage mangelt. Die in § 3 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BVSzGs geregelte Nichtberücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht gedeckt und damit unwirksam. Vielmehr sei nach dem BSG entscheidendes Abgrenzungsmerkmal, ob eine bestimmte Leistung eine besondere, eigenständige Zweckbestimmung außerhalb des allgemeinen Lebensunterhaltes aufweise. Um eine solche Einnahme besonderer Zweckbestimmung außerhalb des allgemeinen Lebensbedarfs handele es sich bei der Forschungskostenpauschale. Diese werde – klar abgegrenzt vom Grundstipendium – allein zur Kompensation eines besonderen Bedarfs von Promovierenden gewährt, nämlich für Literatur-, Sach- und Reisekosten sowie Kosten der wissenschaftlichen Ausbildung, und sei damit unter die nach Rechtsprechung des BSG anerkannte Fallgruppe des besonderen persönlichen Bedarfs zu fassen. Derartige zu Ausbildungszwecken gewährte Zuwendungen prägten nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten mit und stünden daher auch nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung.
29Tatsächlich habe sie die Forschungskostenpauschale voll umfänglich dem Zuwendungszweck zugeführt; diese sei gänzlich von den im direkten Zusammenhang mit der Promotion stehenden Forschungskosten aufgezehrt worden. Dies belegten die von der Steuerbehörde anhand eingereichter Einzelbelege geprüften und anerkannten Ausbildungskosten, die im direkten Zusammenhang mit dem Promotionsvorhaben entstanden seien.
30Zuletzt hat die Klägerin schriftlich beantragt,
31die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2011 zu verpflichten, die Bescheide vom 02.07.2009, 26.10.2009 und 18.08.2010 abzuändern und für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis 30.11.2010 die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ohne Berücksichtigung der Forschungskostenpauschale in Höhe von 100,00 Euro monatlich festzusetzen sowie der Klägerin die in der Zeit vom 01. Juli 2009 bis 30.11.2010 festgesetzten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in dem Umfang zu erstatten, in dem bei der Beitragsbemessung die Forschungskostenpauschale in Höhe von monatlich 100,00 Euro zugrunde gelegt wurde.
32Die Beklagte beantragt schriftlich,
33die Klage abzuweisen.
34Sie vertritt die Auffassung, das BSG habe zwar nicht über die Verbeitragung der Forschungskostenpauschale zu entscheiden gehabt, jedoch deutliche Zweifel daran geäußert, dass die Zweckbestimmung wirklich der Beitragspflicht entgegenstehen könne. Dem schließe sich die Beklagte an.
35Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass die Kammer 26 des SG Köln nur für die gesetzliche Krankenversicherung zuständig ist. Es wurde den Beteiligten vorgeschlagen, wegen der akzessorischen Pflegeversicherungsbeiträge einen Unterwerfungsvergleich zu schließen. Die Beteiligten haben sich mit einem solchen Unterwerfungsvergleich einverstanden erklärt. Sie haben im Übrigen ihr Einverständnis mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die den Inhalt der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
36Entscheidungsgründe:
37Im Einvernehmen mit den Beteiligten konnte die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden, vgl. § 124 Abs. 2 SGG.
38Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zwar zulässig, jedoch in vollem Umfang unbegründet. Zur Meidung von überflüssigen Wiederholungen verweist die Kammer zunächst auf die zitierte zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2011, welcher sie in vollem Umfang folgt (vgl. § 136 Abs. 3 SGG).
39Die Auffassung der Beklagten wird gestützt durch das Urteil des BSG vom 18.12.2013 – B 12 KR 3/12 R -. Im Wesentlichen hat das BSG dort ausgeführt:
40Durch die Bezugnahme auf die gesamte wirtschaftliche Leistungs- fähigkeit in § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V (zum 01.01.1989 eingeführt durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20.12.1988, BGB I I 2477) sollte erreicht werden, dass der Beitragspflicht "alle Einnahmen und Geldmittel" zugrunde gelegt werden, "die das Mitglied zum Lebens- unterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte", dies "ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung", jedoch auch "nicht automatisch , ohne dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geprüft wird" (so Gesetzent- wurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum GRG, BT-Drucks 11/2237 S 225 zu § 249). Diese nach der Entstehungsgeschichte authentische inhaltliche Ausfüllung des Begriffs der "gesamten wirt- schaftlichen Leistungsfähigkeit" durch die Heranziehung aller "Ein- nahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt ver- braucht oder verbrauchen könnte" (in diesem Sinne auch die stRspr des BSG, vgl. zuletzt BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr. 16, RdNr. 23; ferner z. B. Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, K § 240 RdNr. 45 (Stand Einzelkommentierung 12/2011)) hat der SpVBdKK durch die inhaltsgleiche Formulierung in § 3 Abs. 1 BeitrVerfGrsSz übernommen.
41Weil § 240 Abs. 1 S 2 SGB V an die "gesamte" wirtschaftliche Leistungs- fähigkeit des Mitglieds anknüpft, ist nach der Rechtsprechung des Senats die Beitragspflicht unabhängig davon, ob diese Einnahmen dem Arbeits- entgelt vergleichbar sind – was noch ein Kriterium unter Geltung der RVO war – und grundsätzlich auch unabhängig davon, ob mit einer Zuwendung ein bestimmter Zweck verfolgt wird oder nicht (vgl. z. B. BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 9 RdNr. 14; BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 18 RdNr. 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Die Grenzziehung zwischen bei- tragspflichtigen und von der Beitragspflicht ausgenommenen Leistungen erfordert regelmäßig eine wertende Entscheidung dazu, ob die Leistungen dem Bestreiten des Lebensunterhaltes zugeordnet werden können oder ob sie ausnahmsweise – etwa weil sie Leistungen vergleichbar sind, für die das BSG in seiner Rechtsprechung zu § 240 SGB V Derartiges bereits anerkannt hat – eine besondere, eigenständige Zweckbestimmung außerhalb des all- gemeinen Lebensunterhaltes aufweisen (so bereits BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr. 16, RdNr. 29 f). Der Senat hat jedoch nur zwei Gruppen von Einnahmen von der Beitragspflicht ausgenommen. Das sind zum einen (Sozial-) Leistungen, die gerade der Kompensation eines bestehenden besonderen persönlichen Bedarfs dienen oder als "Hilfe in besonderen Lebenslagen nicht für den "allgemeinen" Lebensbedarf des Betroffenen bestimmt sind, sondern dem Betroffenen ungekürzt erhalten bleiben sollen (vgl. z. B. zum speziellen Pflegebedarf in Bezug auf den Aufenthalt in einer stationären Einrichtung BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr. 16, RdNr. 27ff; BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 17 RdNr. 47, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Zum anderen sind nicht zu verbeitragen Geldleistungen des sozialen Entschädigungsrechts, die in Ansehung eines in der Verantwortung der staatlichen Gemeinschaft erlittenen Sonderopfers gewährt werden und in nahezu der gesamten Rechtsordnung nicht als Einkommen gelten (zur BVG-Grundrente vgl. BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 9; zu SED- Opferpensionen vgl. BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 18, auch zur Ver- öffentlichung in BSGE vorgesehen). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Geltung der BeitrVerfGrsSz weiter fest
42Ob auch die seitens des Begabtenförderungswerks gezahlte Forschungskostenpauschale in Höhe von 100,00 Euro monatlich zur Beitragsbemessung heranzuziehen ist, hat der Senat auf die allein zulässige Revision der Klägerin hin nicht zu entscheiden. Insoweit könnte es jedoch darauf ankommen, ob schon allein die im Bewilligungsschreiben seitens des Zuwenders vorgenommene Zweckbestimmung wirklich der Eignung dieser Einnahmen entgegen- stehen kann, zum Lebensunterhalt verbraucht zu werden und damit beitragspflichtig zu sein.
43Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, die sich die erkennende Kammer zu eigen macht, ist im Fall der Klägerin folgendes zu berücksichtigen: Aus dem Schreiben des Cusanuswerks vom 18.11.2008 ergibt sich nicht, dass die Forschungskostenpauschale an irgendwelche Bedingungen gebunden wäre, welche die Klägerin zu erfüllen hat. So ist dort kein Nachweis vorgesehen, dass die Pauschale von 100,00 Euro auch tatsächlich für Forschungskosten verbraucht werden muss. Eine Rückzahlung bei nicht sachgerechter Verwendung sieht das Schreiben nicht vor. Damit handelt es sich bei dem Monatsbetrag von 100,00 Euro um einen solchen, der zum Lebensunterhalt verbraucht werden kann.
44Nach dem Bewilligungsschreiben des Cusanuswerkes darf z. B. auch derjenige die Forschungskostenpauschale behalten, der sein Promotionsstudium – sicherlich anders als die Klägerin, die inzwischen einen Doktortitel führt – nicht ernsthaft oder gar nicht betreibt und die Forschungspauschale zum Lebensunterhalt verbraucht. Das Abstellen auf den Wortlaut des Bewilligungsbescheids hält die erkennende Kammer für ein geeignetes Kriterium, um eine gerechte und praktikable Beitragsbemessung bzgl. der Forschungskostenpauschale ohne weitreichende Ermittlungen (wie z. B. die Auswertung von Steuerbescheiden von Promotionsstudenten) zu erreichen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass bei der Ordnung von Massenerscheinungen- hier der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung- generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwendet werden dürfen, wenn die damit verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine kleine Anzahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist, vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.09.2010- 1 BvR 1660/08.
45Aus Sicht der erkennenden Kammer unterliegt deshalb – angesichts des Bewilligungsschreibens des Cusanuswerkes – auch die Forschungskostenpauschale der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Krankenversicherung, die hier im Fall der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum freiwillig durchgeführt wurde.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
47Das Gericht hat vorsorglich gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Berufung zugelassen, weil die Frage, ob auch die Forschungskostenpauschale aus einem Promotionsstipendium zur Bemessung der Beiträge in der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung heranzuziehen ist, noch nicht obergerichtlich geklärt ist; zudem ist der Wert des Beschwerdegegenstands angesichts der begehrten Neubescheidung derzeit ungewiss.
48Rechtsmittelbelehrung:
49Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
50Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
51Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,
52schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
53Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
54Sozialgericht Köln, An den Dominikanern 2, 50668 Köln,
55schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
56Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
57Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben.
58Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
59Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
60Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
61Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
62Dr. Jung Richterin am Sozialgericht
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