Urteil vom Sozialgericht Schleswig (5. Kammer) - S 5 AS 985/05

Tenor

Der Beklagte wird in Abänderung des Bescheides vom 16. Juni 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2005 dazu verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum zwischen dem 01. Februar 2005 und dem 16. März 2005 sowie zwischen dem 11. Mai 2005 und dem 25. Mai 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 51,92 Euro zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger 3/4 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welchem Umfang der Kläger als Untersuchungsgefangener Ansprüche gegen den Beklagten auf Gewährung eines Barbetrags zur Bestreitung des Lebensunterhalts gehabt hat.

2

Der am … 1973 geborene Kläger stand bei dem Beklagten zunächst seit 01. Januar 2005 im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Am 10. Januar 2005 wurde er aufgrund richterlicher Anordnung in die Justizvollzugsanstalt Neumünster eingewiesen und befand sich dort - unterbrochen durch eine zwischen dem 17. März 2005 und dem 10. Mai 2005 verbüßte Freiheitsstrafe (so genannte Überhaft) - bis zum 25. Mai 2005 in Untersuchungshaft.

3

Mit Schreiben vom 28. Januar 2005 beantragte der Kläger bei der Landeshauptstadt Kiel in deren Eigenschaft als örtliche Trägerin der Sozialhilfe die Gewährung eines Taschengeldes für die Dauer seiner Untersuchungshaft. Der Beklagte, an den der Antrag seitens der angegangenen Landeshauptstadt Kiel weitergeleitet worden war, bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 24. März 2005 für dessen in seinem örtlichen Zuständigkeitsbereich noch vorgehaltene Wohnung Leistungen für Unterkunft in Höhe von 290,00 Euro und veranlasste die Zahlung dieser Leistungen unmittelbar an den Vermieter. Hinsichtlich des Taschengeldes traf der Bescheid keine Regelung.

4

Auf einen vom Kläger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erwirkten Beschluss des SG Schleswig vom 25. Mai 2005 hin (S 3 AS 173/05 ER), mit dem der Beklagte für den Zeitraum zwischen dem 11. Mai 2005 und dem 25. Mai 2005 zur Gewährung eines Taschengeldes in Höhe von 14,52 Euro verpflichtet worden war, bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16. Juni 2005 auch für den Zeitraum zwischen dem 01. Februar 2005 und dem 16. März 2005 Leistungen in Höhe von 46,00 Euro, behielt mangels Vorliegens einer Bankverbindung die bewilligte Leistung aber zunächst ein.

5

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 14. Juli 2005 Widerspruch ein. Er könne ein höheres Taschengeld als die bewilligten 30,00 Euro monatlich beanspruchen. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass bereits in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ein Taschengeld in Höhe von 15 % der seinerzeit maßgeblichen Regelleistung weitgehend anerkannt gewesen sei. Angesichts der Erhöhung des Regelsatzes wegen der Einbeziehung der Einzelbeihilfen in die Pauschalierung sei nunmehr ein Anteil von 13 % an der Regelleistung angemessen. Daraus errechne sich ein Betrag in Höhe von 44,85 Euro, der mindestens beansprucht werden könne.

6

Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2005 als unbegründet zurück. Der Kläger könne vielmehr von ihm überhaupt keine Leistungen beanspruchen, weil sein Bedarf im Rahmen der Untersuchungshaft durch die Justizvollzugsanstalt gedeckt worden sei, jedenfalls aber von ihr habe gedeckt werden müssen. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien diesen Leistungen gegenüber jedoch nachrangig.

7

Gegen den Bescheid vom 16. Juni 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2005 richtet sich die am 15. November 2005 erhobene Klage.

8

Zu ihrer Begründung wiederholt und vertieft der Kläger seine bereits im Widerspruchsverfahren gemachten Ausführungen. Die Justizverwaltung sei nicht verpflichtet, während des Aufenthalts in der Untersuchungshaft einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung zu gewähren; ein solcher Anspruch bestehe vielmehr gegenüber den Sozialleistungsträgern. Weil er dem Grunde nach erwerbsfähig sei, habe der Beklagte für diese Leistung einzutreten. Dass der Beklagte sich weigere, den grundsicherungsrechtlichen Bedarf zu decken, sei schon deshalb unverständlich, weil eine optierende Kommune im Lande Schleswig-Holstein Untersuchungshäftlingen ein monatliches Taschengeld in Höhe von 20 Prozent der Regelleistung (= 69,00 Euro) gewähre.

9

Er beantragt,

10

den Beklagten in Abänderung des Bescheids vom 16. Juni 2005 und des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2005 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum zwischen dem 01. Februar 2005 und dem 16. März 2005 sowie zwischen dem 11. Mai 2005 und dem 25. Mai 2005 in Höhe von monatlich 69,00 Euro zu gewähren.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er nimmt auf sein bisheriges Vorbringen Bezug.

14

Der Kammer haben die Leistungsakten des Beklagten vorgelegen. Auf sie und auf die Gerichtsakten wird wegen des der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 16. Juni 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2005 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger kann von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in tenorierter Höhe verlangen.

16

Entgegen der Ansicht des Beklagten zählt der Kläger insbesondere zum leistungsberechtigten Personenkreis. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger; namentlich ist er, auch wenn er während der Dauer der Untersuchungshaft ein Beschäftigungsverhältnis faktisch nicht hat ausüben können, im streitgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach als erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II anzusehen gewesen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die damals aktuelle Unfähigkeit, ein Beschäftigungsverhältnis auszuüben, nicht auf Krankheit oder Behinderung beruht hat.

17

Der Kläger ist auch - im tenorierten Umfang - hilfebedürftig gewesen. Hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist die Kammer überzeugt. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Bedarf namentlich nicht durch Leistungen der Justizverwaltung gedeckt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger, was zwischen den Beteiligten grundsätzlich außer Streit steht, von der Anstalt lediglich Verpflegung in Form von drei Mahlzeiten täglich inklusive jeweils eine Kaltgetränks sowie Hygieneartikel in Form des absoluten Grundbedarfs (Duschgel) erhalten hat. Dass weiter gehende, auch vom soziokulturellen Existenzminimum im Sinne des § 20 Abs. 1 SGB II erfasste Bedarfe (z.B.: Bleistifte, Briefpapier, Rasierschaum, Rasierklingen, Deodorant, Tee, Kaffee oder sonstige Heißgetränke, Radio, Zeitungen, Zeitschriften, Süßigkeiten,…) nicht von der Justizverwaltung gedeckt werden, ist indes aus zahlreichen diesem Hauptsacheverfahren vorangegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gerichtsbekannt. Der Kläger hat mangels Anspruchs gegen die Justizverwaltung auf Deckung des soziokulturellen Existenzminimums auch nicht auf die Selbsthilfemöglichkeit nach § 3 Abs. 3 SGB II verwiesen werden können.

18

Dem Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dem Grunde nach steht schließlich auch die Vorschrift des § 7 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung nicht entgegen. Danach erhält derjenige Leistungen nach diesem Buch nicht, der länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist oder Rente wegen Alters bezieht. Am Vorliegen dieser anspruchsvernichtenden Voraussetzungen fehlt es - ungeachtet der Dauer der Unterbringung - schon deshalb, weil die Vollziehung richterlich angeordneter Freiheitsbeschränkungen keine stationäre Unterbringung im Sinne dieser Vorschrift ist. Bereits zur Rechtslage unter dem Bundessozialhilfegesetz vor Inkrafttreten des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch war anerkannt, dass eine Justizvollzugsanstalt oder eine Untersuchungshaftanstalt nicht zu den stationären Einrichtungen gehört (BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1993 - 5 C 38.92 -, FEVS 44, 225; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Mai 1992 - 4 L 149/90 -, FEVS 43, 241). Die Entstehungsgeschichte des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch und der systematische Gesamtkontext zeigen, dass daran auch die neu geschaffene Vorschrift des § 7 Abs. 4 SGB II nichts ändern sollte. Vielmehr kann, weil das Zweite Buch Sozialgesetzbuch keine eigenständige Definition der stationären Einrichtung enthält, auf die Vorschrift des § 13 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - zurückgegriffen werden (LSG Schleswig, Beschluss vom 14. November 2005 - L 9 B 260/05 SO ER -), wonach stationäre Einrichtungen solche Einrichtungen sind, in denen Leistungsberechtigte leben und die erforderlichen Hilfen erhalten, § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Einrichtungen sind dabei all diejenigen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dienen, § 13 Abs. 2 SGB XII. Dazu indes gehören Untersuchungshaftanstalten nicht. Auch die Neufassung des § 7 Abs. 4 SGB II in der seit dem 01. August 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) spricht dafür, dass vom § 7 Abs. 4 SGB II in der bisherigen Fassung Untersuchungshaftanstalten nicht erfasst sein sollten. Dabei ist insbesondere die neu geschaffene Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II n.F. zu berücksichtigen, wonach dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung nunmehr gleichgestellt ist. Diese Gleichstellung wäre indes nicht erforderlich, wenn die Untersuchungshaftanstalt bereits zu den stationären Einrichtungen gehören würde.

19

Liegen damit die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch im streitgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach vor, hat der Kläger insoweit einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, namentlich von Arbeitslosengeld II allerdings nur in tenorierter Höhe. Dabei hat die erkennende Kammer, da eine abweichende Festsetzung der Regelsätze anders als im Sozialhilferecht (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII -) im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende gerade nicht in Betracht kommt, von einer Regelleistung in Höhe von 345,00 Euro auszugehen (§ 20 Abs. 2 SGB II), die indes gemäß § 19 Satz 2 SGB II durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gemindert wird. Als Einkommen sind dabei gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch zu berücksichtigen, also auch die dem Kläger seitens der Justizverwaltung unentgeltlich erbrachten Sachleistungen, deren Bewertung zur Überzeugung der erkennenden Kammer nach Maßgabe der (unter Beachtung Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 fortgeschriebenen) Werte der einzelnen Abteilungen gemäß § 2 Abs. 2 Verordnung zur Durchführung des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelsatzverordnung) - RSV - in der Fassung vom in der Fassung vom 03. Juni 2004 (BGBl. I S. 1067) vorzunehmen ist.

20

Zwar sieht § 2 Abs. 4 Satz 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V - vor, dass Sachleistungen nach der Sachbezugsverordnung in der jeweils geltenden Fassung zu bewerten sind. Nur soweit in der Sachbezugsverordnung ein Wert nicht festgesetzt ist, sind die üblichen Mittelpreise des Verbrauchsorts zugrunde zu legen, § 2 Abs. 4 Satz 2 Alg II-V. Diese Vorschrift ist indes nach Ansicht der erkennenden Kammer auf die dem Kläger gewährten Sachleistungen nicht anzuwenden. Dies betrifft namentlich die dem Kläger gewährten Verpflegungsleistungen. Allerdings sieht § 1 Abs. 1 Sachbezugsverordnung in der Fassung vom 16. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3493) für freie Verpflegung einen Wert von monatlich insgesamt 202,70 Euro vor. Dieser Wert betrifft aber eine durchschnittliche, regelmäßig als Gegenleistung für erbrachte Arbeit geleistete Vollverpflegung bestehend aus Frühstück, Mittag- und Abendessen unter Berücksichtigung auch von Warmgetränken und eventuellen Zwischenmahlzeiten. Der Kläger hat dagegen seitens der Justizverwaltung in der Untersuchungshaft lediglich eine Grundversorgung (insbesondere im Bereich der Getränke) erhalten, die zur Überzeugung der Kammer jedenfalls in der konkreten Situation nicht mit dem maßgeblichen Wert der Sachbezugsverordnung bemessen werden kann. Es bedarf deshalb auch keiner abschließenden Klärung der Frage, ob die Vorschrift des § 2 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V überhaupt einer rechtlichen Überprüfung standhält, soweit sie auf die Regelungen der Sachbezugsverordnung Bezug nimmt. Dabei ist namentlich zu berücksichtigen, dass der Wert von 202,70 Euro deutlich höher liegt als der Wert von 132,72 Euro, den unter Berücksichtigung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe von 1998 bei Fortschreibung anhand der Veränderung des aktuellen Rentenwerts in der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 4, 5 RSV) die Abteilung 01 (Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren) nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 RSV aufweist. Es erscheint unter Beachtung des Bedarfsdeckungsgrundsatzes fragwürdig, Empfängern von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährte freie Verpflegung auf Grundlage der Werte der Sachbezugsverordnung als Einkommen anzurechnen, weil dies letztlich eine Bedarfsunterdeckung in anderen Abteilungen des Warenkorbs nach sich ziehen würde.

21

Sind die Werte der Sachbezugsverordnung vorliegend nach allem nicht aussagekräftig und kommt angesichts der Unterbringung des Klägers in Untersuchungshaft auch der örtliche Markt (Mittelpreise des Verbrauchsorts) zur Wertbestimmung nicht in Betracht, erweist sich nach Ansicht der Kammer einzig die fortgeschriebene Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 zur Festschreibung des Regelsatzes gemäß § 5 RSV als geeignet, den Wert der seitens der Justizverwaltung erbrachten bzw. für den Kläger in Untersuchungshaft hinfälligen Leistungen zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich auch der Regelsatz des § 20 Abs. 2 SGB II in Höhe von 345,00 Euro nach der Gesetzesbegründung an der statistischen Fortschreibung dieser Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nach §§ 4, 5 RSV orientiert. Für die einzelnen Abteilungen ergeben sich dabei unter Berücksichtigung der Ausgangswerte von 1998 und der Steigerungen des aktuellen Rentenwerts (vgl. dazu BR-Drucks 206/04 S. 12 f.) folgende fortgeschriebenen Werte:

22
Abteilung 01 Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM DM EURO
01.07.99 242,05   1,34 3,24   245,29  
01.07.00 245,29   0,6 1,47   246,77  
01.07.01 246,77   1,91 4,71   251,48  
01.07.02 251,48   2,16 5,43   256,91  
01.07.03 256,91   1,04 2,67   259,58   132,72  
Abteilung 03 Bekleidung und Schuhe
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM DM EURO
01.07.99 62,25   1,34 0,83   63,08  
01.07.00 63,08   0,6 0,38   63,46  
01.07.01 63,46   1,91 1,21   64,67  
01.07.02 64,67   2,16 1,40   66,07  
01.07.03 66,07   1,04 0,69   66,76   34,13  
Abteilung 04 Wohnung, Wasser, Strom, Gas u.a. Brennstoffe
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM DM EURO
01.07.99 49,01   1,34 0,66   49,67  
01.07.00 49,67   0,6 0,30   49,96  
01.07.01 49,96   1,91 0,95   50,92  
01.07.02 50,92   2,16 1,10   52,02  
01.07.03 52,02   1,04 0,54   52,56   26,87  
Abteilung 05 Einrichtungsgegenstände
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM DM EURO
01.07.99 50,65   1,34 0,68   51,33  
01.07.00 51,33   0,6 0,31   51,64  
01.07.01 51,64   1,91 0,99   52,62  
01.07.02 52,62   2,16 1,14    53,76  
01.07.03 53,76   1,04 0,56   54,32   27,77  
Abteilung 06 Gesundheitspflege
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM DM EURO
01.07.99 24,10   1,34 0,32   24,42  
01.07.00 24,42   0,6 0,15   24,57  
01.07.01 24,57   1,91 0,47   25,04  
01.07.02 25,04   2,16 0,54   25,58  
01.07.03 25,58   1,04 0,27   25,85   13,21  
Abteilung 07 Verkehr
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM/Euro DM EURO
01.07.99 35,03   1,34 0,47   35,50   17,91  
01.07.00 35,50   0,6 0,21   35,71  
01.07.01 35,71   1,91 0,68   36,39  
01.07.02 36,39   2,16 0,79   19,01  
01.07.03 19,01   1,04 0,20   19,21  
Abteilung 08 Nachrichtenübermittlung
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM DM EURO
01.07.99 40,82   1,34 0,55   41,37  
01.07.00 41,37   0,6 0,25   41,62  
01.07.01 41,62   1,91 0,79   42,41  
01.07.02 42,41   2,16 0,92   43,33  
01.07.03 43,33   1,04 0,45   43,78   22,38  
Abteilung 09 Freizeit, Unterhaltung, Kultur
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM DM EURO
01.07.99 70,61   1,34 0,95   71,56  
01.07.00 71,56   0,6 0,43   71,99  
01.07.01 71,99   1,91 1,37   73,36  
01.07.02 73,36   2,16 1,58   74,95  
01.07.03 74,95   1,04 0,78   75,72   38,72  
Abteilung 11 Beherbergungs- und Gaststättenleistungen
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM DM EURO
01.07.99 18,84   1,34 0,25   19,09  
01.07.00 19,09   0,6 0,11   19,21  
01.07.01 19,21   1,91 0,37   19,57  
01.07.02 19,57   2,16 0,42   20,00  
01.07.03 20,00   1,04 0,21   20,20   10,33  
Abteilung 12 andere Waren und Dienstleistungen
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM DM EURO
01.07.99 36,82   1,34 0,49   37,31  
01.07.00 37,31   0,6 0,22   37,54  
01.07.01 37,54   1,91 0,72   38,25  
01.07.02 38,25   2,16 0,83   39,08  
01.07.03 39,08   1,04 0,41   39,49   20,19  
Gesamt
Anpassung DM Anpassung in % Erhöhung in DM/Euro DM EURO
630,00   322,11  
01.07.99 630,00   1,34 8,44   638,44  
01.07.00 638,44   0,6 3,83   642,27  
01.07.01 642,27   1,91 12,27   654,54  
01.07.02 654,54   2,16 14,14   341,89  
01.07.03 341,89   1,04 3,56   345,45  
P=Z*100/K 7,24323451 % bei genauer Betrachtung
7,10497619 % bei 345,- Euro
23

Bei Beachtung dieser fortgeschriebenen eckregelsatzrelevanten Verbrauchsstichprobe hat der Kläger nach Abzug von Sachleistungen bzw. für ihn in Untersuchungshaft hinfälliger Leistungen im Wert von 293,08 Euro eine Restleistungsanspruch in Höhe von 51,92 Euro, den der Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum zu erfüllen hat. Der Betrag in Höhe von 293,08 Euro errechnet sich dabei aus der Addition der beim Kläger in der Untersuchungshaft nicht bestehenden bzw. seitens der Justizverwaltung gedeckten Bedarfe in den Abteilungen 01, 03, 04, 05, 07, 09 und 11 zzgl. eines Betrags in Höhe von monatlich 3,33 Euro, den der Kläger in Abteilung 06 im Zusammenhang mit der vom Regelsatz abgegoltenen Praxisgebühr im Hinblick auf die ihm seitens der Justizverwaltung gewährten freien Heilfürsorge erspart.

24

Der Beklagte ist für die betreffenden Leistungen auch örtlich zuständig gewesen. Dabei hat die Kammer zu berücksichtigen, dass der Kläger während der Dauer der Untersuchungshaft in Kiel eine Wohnung vorgehalten hat, so dass davon auszugehen ist, dass dort auch weiterhin sein gewöhnlicher Aufenthalt gewesen ist, § 36 Satz 1 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I -.

25

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.

26

Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG zuzulassen gewesen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Weder höchstrichterlich noch - im Hauptsacheverfahren - obergerichtlich geklärt sind insbesondere die Fragen, ob Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende an Untersuchungshäftlinge wegen § 7 Abs. 4 SGB II a.F. prinzipiell ausgeschlossen gewesen sind und ob der grundsicherungsrechtliche Bedarf angesichts der Leistungen der Justizverwaltung als gedeckt zu gelten hat.


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