Urteil vom Sozialgericht Speyer (7. Kammer) - S 7 KR 575/02

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Verfahrenskosten hat die Beklagte zu 1/9, die Klägerin zu 8/9 zu tragen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über Krankenhausbehandlungskosten.

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Eine bei der Beklagten Versicherte befand sich vom 23.8.2002-14.11.2002 in einem Krankenhaus, dessen Trägerin die Klägerin ist.

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Ein Kostenübernahmeantrag ging der Beklagten am 29.8.2002 zu. Als voraussichtliches Behandlungsende wurde der 20.9.2002 angegeben. Die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 3.9.2002 eine befristete Kostenzusage bis zum 12.9.2002. Gegen diese Befristung wandte sich die Klägerin am 10.9.2002.

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Am 22.10.2002 stellte die Klägerin der Beklagten 8.548,32 Euro für die Behandlung bis zum 30.9.2002 in Rechnung. Mit Schreiben vom 24.10.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde nur einen Betrag von 4.603,08 Euro zahlen, da sie nur eine Kostenzusage bis zum 12.9.2002 erteilt habe. Am 11.11.2002 ging der Beklagten eine Rechnung für den Behandlungsabschnitt bis zum 6.11.2002 über 8.033,70 Euro zu. Mit Rechnung vom 22.11.2002 verlangte die Klägerin für den restlichen Behandlungsabschnitt 1.445,64 Euro.

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Am 11.12.2002 hat die Klägerin Klage eingereicht.

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§ 9 Absatz 6 des Krankenhausbehandlungsvertrages für Rheinland-Pfalz, nach dem eine Rechnung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen ist, diene dem Ziel, eine schnelle Abwicklung der Abrechnungsfälle zu gewährleisten, so dass der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht nicht zugestanden habe. Zudem sei eine zeitnahe Prüfung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung bei der Beklagten nicht erfolgt, so dass die Beklagte mit ihren Einwendungen abgeschnitten sei. Die Art und Weise, wie die Kostenübernahmeerklärung befristet worden sei, sei zu beanstanden, da der Grund der Befristung nichtssagend und nicht auf den konkreten Einzelfall bezogen sei.

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In der mündlichen Verhandlung vom 23.3.2004 hat die Beklagte ihren Klageantrag um die Rechnungen vom 8.11.2002 und vom 22.11.2002 erweitert und die Zahlung von 13.428,58 Euro begehrt. Im gleichen Termin hat die Beklagte den Vergütungsanspruch für 7 weitere Behandlungstage anerkannt (13.9.-19.9.2002, ausgehend von einem Entlassungsdatum 20.9.2002), was einem Betrag von 1.534,26 Euro entspricht. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.

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Die Klägerin beantragt nunmehr,

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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.411,48 Euro nebst 2% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit dem 28.10.2002, 8.033,70 Euro zuzüglich 2% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit dem 26.11.2002 und 1.445,64 Euro zuzüglich 2% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit dem 8.12.2002 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Da die Klägerin eine Begründung für die für die Notwendigkeit der Dauer der Krankenhausbehandlung nicht gegeben habe, sei sie ihrer vertraglichen Mitwirkungspflicht aus § 4 Absatz 2 des Landesvertrags nach § 112 Absatz 2 Nr.1 SGB V nicht nachgekommen. Die Klägerin hätte eine Verlängerung der Kostenzusage beantragen müssen. Das Krankenhaus selbst habe als voraussichtliches Behandlungsende den 20.9.2002 genannt. Nach § 303 Absatz 1 Nr.3 SGB V hätte es eine Begründung für die Überschreitung geben müssen, nachdem die Beklagte eine solche auch verlangt habe. Da die Klägerin eine solche Begründung nicht gegeben habe, dürfe die Beklagte nach § 303 Absatz 3 SGB V keine Vergütung über den anerkannten Betrag hinaus leisten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Krankenhausakte über die streitige Krankenhausbehandlung, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Absatz 5 SGG zulässig, denn es geht bei einer auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt der Beklagten gegen den Kläger nicht ergehen musste und auch nicht ergangen ist (vgl. nur BSG, 23.7.2002- B 3 KR 64/01 R-).

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Die Klageerweiterung ist nach § 99 Absatz 1 SGG als sachdienlich ohne weiteres zulässig, zudem hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf die erweiterte Klage eingelassen, vgl. § 99 Absatz 2 SGG, so dass eine Einwilligung der Beklagten i.S.d. § 99 Absatz 1 SGG anzunehmen ist (§ 99 Absatz 3 Nr.2 SGG ist nicht einschlägig).

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Die Klage ist aber über das von der Beklagten abgegebene Teilanerkenntnis hinaus unbegründet, da die Klägerin keinen Vergütungsanspruch für die stationäre Behandlung der Versicherten über den 19.9.2002 hinaus hat.

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Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Vergütungsanspruches, dessen Höhe rechnerisch nicht angegriffen wird, ist § 109 Absatz 4 Satz 3 SGB V i.V.m. dem am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Krankenhausbehandlungsvertrag (KBV) nach § 112 Absatz 2 SGB V zwischen der Rheinland-Pfälzischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen.

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Nach § 109 Absatz 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet; Satz 3 der Vorschrift verpflichtet die Krankenkassen, mit den zugelassenen Krankenhäusern Pflegesatzverhandlungen zu führen und setzt damit die Vergütungspflicht als selbstverständlich voraus. Der KBV regelt u.a. Voraussetzungen und Modalitäten der Zahlungspflichten der Krankenkassen. Der Anspruch des Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse auf Krankenhausbehandlung ergibt sich dagegen aus § 39 Absatz 1 Satz 2 SGB V. Das Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Krankenhaus ist zu trennen vom Behandlungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Versichertem sowie vom Versicherungsverhältnis, kraft dessen der Versicherte die Krankenhausbehandlung als Naturalleistung verlangen kann. Für das Abrechnungsverhältnis gilt: die Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (BSG, 17.5.2000- B 3 KR 33/99 R-). Die Krankenkasse ist bei einem zugelassenen Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist (BSG, 13.12.2001- B 3 KR 11/01 R-). Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet zunächst der Krankenhausarzt. Eine Zahlungspflicht der Krankenkasse für die stationäre Versorgung eines Versicherten entfällt nur dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausstellt.

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Nach § 9 Absatz 6 Satz 1 KBV muss die Krankenkasse die Rechnung innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang bezahlen. Hat sie Zweifel an der Notwendigkeit der Behandlungsdauer, muss sie zeitnah eine Überprüfung derselben einleiten. Eine solche zeitnahe Überprüfung der Notwendigkeit der Behandlungsdauer ist vorliegend nicht eingeleitet worden, so dass grundsätzlich an eine Pflicht zur Zahlung zu denken wäre.

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Dem Anspruch der Klägerin steht jedoch § 303 Absatz 3 i.V.m. § 301 Absatz 1 Nr.3 SGB V i.d. bis zum 31.12.2003 gültigen Fassung entgegen. Die Krankenkassen dürfen gem. § 303 Absatz 3 Satz 1 SGB V Abrechnungen der Leistungserbringer nur vergüten, wenn die Daten nach § 291 Abs. 2 Nr. 1 bis 6, § 295 Abs. 1 und 2, § 296 Abs. 1 und 2, § 297 Abs. 2, § 300 Abs. 1, § 301 Abs. 1 und § 302 Abs. 1, in dem jeweils zugelassenen Umfang maschinenlesbar oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern, angegeben oder übermittelt worden sind. Die nach § 108 zugelassenen Krankenhäuser sind gem. § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V verpflichtet, den Krankenkassen bei Krankenhausbehandlung u.a. die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung maschinenlesbar zu übermitteln. Gem. § 301 Absatz 1 Satz 2 SGB V ist die Übermittlung der medizinischen Begründung von Verlängerungen der Verweildauer nach Satz 1 Nr. 3 auch in nicht maschinenlesbarer Form zulässig. Die Vertragsparteien haben diese gesetzliche Mitteilungspflicht auch nicht beschränkt, denn nach § 12 Absatz 2 Satz 2 KBV bleiben weitere gesetzlich zugelassene Mitteilungspflichten im Zusammenhang mit der Erbringung der Leistungen der Krankenhäuser an die Versicherten unberührt.

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Die Klägerin hat vorliegend im Kostenübernahmeantrag als voraussichtliche Behandlungsdauer den 20.9.2002 angegeben. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 3.9.2002 eine Kostenzusage bis zum 12.9.2002 erteilt, verbunden mit dem Hinweis, dass dann, wenn über das Datum der vom Krankenhausarzt prognostizierten Verweildauer weitere Krankenhausbehandlung erforderlich sein sollte, eine medizinische Begründung rechtzeitig zu übermitteln sei. Die Klägerin hat die angeforderte Begründung nicht geliefert, sondern, obgleich die von ihr selbst prognostizierte Verweildauer erheblich überschritten worden ist, lediglich Rechnungen übersandt. Die Klägerin hat damit im Ergebnis ihren Anspruch gegen die Beklagte verloren. Zwar erscheint die rechtsdogmatische Einordnung des § 303 Absatz 3 Satz 1 SGB V nicht ganz unproblematisch. In Betracht kommt dabei am ehesten, dass der Anspruch des Krankenhauses zwar unberührt bleibt, er jedoch nicht fällig ist, weil den Krankenkassen bis zur Abgabe der erforderlichen Begründung für das Überschreiten der Verweildauer ein Zurückbehaltungsrecht zusteht (vgl. Hauck-Kranig, SGB V, K § 303, Rn.5; Krauskopf-Waschull, § 303 SGB V, Rn.14; SG Saarland, 14.1.2004 – S 1 KR 273/00 -). In diesem Fall würde eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung Zug-um-Zug gegen die Übersendung der Begründung für die Krankenhausbehandlungsdauer in Betracht kommen, wobei allerdings zu bedenken ist, dass eine solche Verurteilung voraussetzt, dass der klägerische Anspruch tatsächlich besteht, andererseits die Übermittlung der Begründung für die Verweildauer die Krankenkasse gerade in die Lage versetzen soll, das Bestehen der Voraussetzungen zu überprüfen (vgl. SG Saarland, 14.1.2004 – S 1 KR 273/00 -, das ohne weiteres die Klage abgewiesen hat, in den Entscheidungsgründen aber darauf hinweist, dass die Klage mangels Fälligkeit als zur Zeit unbegründet abzuweisen gewesen sei).

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Die Klägerin hat vorliegend aber unabhängig von diesen dogmatischen Schwierigkeiten ihren Anspruch endgültig verloren. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V i.V.m. den Vorschriften aus dem rheinland-pfälzischen KBV. Sinn und Zweck des § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V und des KBV ist es, für eine zügige Abwicklung des Überprüfungsverfahrens zu sorgen. Hier ist auch die Rechtsprechung des BSG zu den „Berliner Verträgen“ zu heranzuziehen (BSG, 13.12.2001- B 3 KR 11/01 R-). Hier hat das Bundessozialgericht entschieden, die Weigerung eines Vertragspartners, die vertraglich vereinbarte Form einzuhalten, führe nicht unbedingt zum sofortigen Verlust der Rechtsposition, soweit eine Nachholung möglich sei. Die Überprüfung könne aber nur solange nachgeholt werden, wie sich der andere Vertragspartner darauf einstellen kann und muss.

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Vorliegend hat die Klägerin sich geweigert, die gesetzliche und die vertragliche Form einzuhalten. § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V und auch der KBV sind aber auf eine zeitnahe Durchführung des Abwicklungs- und Überprüfungsverfahrens ausgerichtet. Für das Gesetz geht dies aus der nach § 303 Absatz 3 getroffenen Vereinbarung über das Verfahren zur Abrechnung und Übermittlung der Daten nach § 301 Abs.1 SGB V (Datenübermittlungsvereinbarung) vom 5.12.1994 hervor (diese wird erst seit 1996 umgesetzt, vgl. Krauskopf-Waschull, § 301 SGB V, Rn.15). § 4 dieser Vereinbarung ist ohne weiteres vom Bestreben einer zügigen Abwicklung getragen. Der Aufnahmesatz ist nach § 4 Absatz 1 spätestens 3 Arbeitstage nach Aufnahme des Versicherten an die Krankenkasse oder die von der Krankenkasse benannte Stelle zu übermitteln. Die Verlängerungsanzeige ist nach § 4 Absatz 1 Satz 2 in der Regel vor Ablauf der vorausgegangenen Kostenübernahme zu übermitteln, wenn der Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V dies erfordert. Die Krankenkasse oder die von der Krankenkasse benannte Stelle übermittelt nach § 4 Absatz 2 den Kostenübernahmesatz spätestens 3 Arbeitstage nach Eingang des Aufnahmesatzes bzw. der Verlängerungsanzeige an das jeweilige Krankenhaus oder die vom Krankenhaus benannte Stelle. Die Entlassungsanzeige soll nach § 4 Absatz 4 innerhalb von 3 Arbeitstagen nach der Entlassung oder Verlegung des Versicherten an die Krankenkasse oder die von der Krankenkasse benannte Stelle übermittelt werden. Sie ist spätestens mit der Schlussrechnung zu übermitteln. Die genannten Vorschriften ergeben, auch wenn für die nach § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V von der Krankenkasse geforderte medizinische Begründung keine ausdrückliche Zeitvorgabe existiert, dass eine zeitnahe und zügige Abwicklung zwischen den Beteiligten vorgesehen ist und jeder der Beteiligten abrechnungsrelevante Daten und Sachverhalte rechtzeitig erfahren soll, um sich auf diese einstellen und ggf. reagieren zu können.

25

Dieses Anliegen geht auch aus verschiedenen Vorschriften des rheinland-pfälzischen KBV hervor. So fordert nach § 4 Absatz 4 KBV das Krankenhaus für Patienten, die bei der Aufnahme noch keine Kostenübernahmeerklärung vorweisen, eine solche unverzüglich bei der zuständigen Krankenkasse an. Die Krankenkasse teilt unverzüglich mit, ob sie die Kosten übernimmt oder aus welchen Gründen sie die Kostenübernahme ablehnt.  Nach § 7 Absatz 1 KBV ist der Krankenkasse spätestens am dritten Werktag nach der Aufnahme die Aufnahmeanzeige zuzusenden. Ebenso ist nach § 7 Absatz 2 KBV die Entlassanzeige spätestens am dritten Werktag nach dem Verlassen zu übersenden. Nach § 9 Absatz 1 Satz 1 KBV wird die Rechnung der Krankenkasse in der Regel innerhalb von 14 Kalendertagen nach der Entlassung übersandt. Diese ist nach § 9 Absatz 6 Satz 1 KBV von der Krankenkasse innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang zu zahlen. Nach § 9 Absatz 8 KBV gelten vorstehende Regelungen als zeitnahe Regelungen nach § 17 Absatz 1 Satz 3 BPflV. Mitteilungen nach § 12 Absatz 2 KBV müssen unverzüglich erfolgen.

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Der Vertrag nach § 112 Absatz 2 Nr.2 SGB V über die Überprüfung zur Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist insgesamt vom Bestreben einer zeitnahen Klärung von Zweifelsfragen getragen. In den Schlussbemerkungen zu den Erläuterungen und Umsetzungshinweisen zu diesem Vertrag heißt es denn auch, das Verfahren sei im Interesse der Beteiligten zügig durchzuführen.

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Dies zeigt, dass auch die rheinland-pfälzischen Vertragsparteien von einer zügigen Abwicklung des Überprüfungsverfahrens ausgegangen sind. Der Grund hierfür ist dem vergleichbar, den das BSG für die Berliner Verträge herausgearbeitet hat. Es soll nicht ein Gutachter nachträglich allein auf schriftliche Dokumentationen angewiesen sein, sondern vor allem die anschauliche Beurteilung des laufenden Falles oder die frische Erinnerung des behandelnden Krankenhausarztes im Zusammenwirken mit dem Vertreter des MDK nutzbar sein. Dies ist der beste Weg, aufgekommene Zweifel möglichst rasch und unbürokratisch auszuräumen (vgl. BSG, 13.12.2001 – B 3 KR 11/01 R-). Diese bislang nur zu Ungunsten der Krankenkassen aufgestellten Grundsätze wirken sich aber im Einzelfall auch zu Lasten der Krankenhäuser aus. Merkt ein Krankenhaus, dass die von ihm selbst genannte Verweildauer nicht einzuhalten ist, muss es der Krankenkasse unverzüglich Mitteilung davon machen, um eine zügige Prüfung seitens der Krankenkasse zu ermöglichen. Vorliegend hat die Beklagte überhaupt erst drei Wochen nach Ablauf des zunächst ins Auge gefassten Entlassungsdatums davon erfahren, dass die prognostizierte Verweildauer erheblich überschritten wurde. Eine Begründung für das Überschreiten lieferte die Klägerin aber trotz Aufforderung der Beklagten im Schreiben vom 3.9.2002 auch nicht durch die Übersendung der Rechnungen. Bei der Schwere des Verstoßes musste die Beklagte von sich aus kein Prüfungsverfahren einleiten, sondern konnte warten, bis ihrer Aufforderung entsprechend eine medizinische Begründung für die Verweildauer gegeben wurde. Eine solche Begründung ist aber nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG nur so lange möglich, wie der Vertragspartner – hier die Krankenkasse – damit rechnen kann und muss. Die Kammer kann offen lassen, ab welchen Zeitpunkt genau die Krankenkassen nicht mehr mit einer Begründung durch das Krankenhaus rechnen müssen, wobei diese Frist nur bei wenigen Wochen liegen dürfte. Vorliegend haben die behandelnden Ärzte erstmals mit Schreiben vom 17.3.2004 eine medizinische Stellungnahme abgegeben. Diese Stellungnahme ist bei weitem verspätet, musste von der Beklagten nicht mehr erwartet und vom Gericht nicht mehr berücksichtigt werden.

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Die Klägerin hat somit durch ihren Verstoß gegen § 301 SGB V und gegen den KBV ihren Anspruch endgültig verloren. Die eigentlich als Fälligkeitsregelung ausgestaltete Vorschrift des § 303 Absatz 3 SGB V schlägt somit mangels Nachholbarkeit der Mitwirkungshandlung der Klägerin in ein endgültiges Leistungsverweigerungsrecht, ja ihrem Wortlaut nach sogar in eine Leistungsverweigerungs pflicht der Beklagten um.

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Ein Anspruch kommt auch nicht durch die bloße Übersendung der formell wohl – trotz des Verstoßes gegen die Begründungspflicht des § 301 Absatz 1 Satz 1 Nr.3 SGB V - ordnungsgemäßen Rechnungen in Betracht (sog. „unbedingte Zahlungspflicht“). Eine solche Pflicht zur unbedingten Zahlung einer Rechnung besteht nicht (vgl. so schon die Urteile des SG Speyer vom 6.5.2003, - S 7 KR 142/01- und – S 7 KR 144/01-; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, 27.3.2003 – L 5 KR 141/01-, SG Dortmund, 12.6.2003 – S 8 KR 415/01-; SG Koblenz, 25.2.2003 - S 6 KNK 10/02-). Diese Rechtsauffassung der Kammer wird nunmehr auch weitgehend vom BSG bestätigt (vgl. BSG,  Urteil vom 28.5.2003 – B 3 KR 10/02 R-).

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Die Kammer weist zur Klarstellung darauf hin, dass sich die vorliegende Fallkonstellation grundlegend von der unterscheidet, in der das Krankenhaus zwar die von ihm selbst angegebene voraussichtliche Verweildauer nicht überschreitet, dafür aber die von der Krankenkasse angegebene Befristung. In dieser Konstellation greift § 301 Absatz 1 Nr.3 SGB V schon seinem Wortlaut nach nicht. Zudem kann sich die Krankenkasse durch eine – möglicherweise sogar unzulässige – Befristung nicht selbst von der Pflicht zur zeitnahen Einleitung eines Überprüfungsverfahrens befreien. Hier zeigt sich, dass es auch rechtlich einen großen Unterschied darstellt, ob das Krankenhaus seine eigene Vorgabe oder die der Krankenkasse überschreitet.

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Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Absatz 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Absatz 1 VwGO in entsprechender Anwendung und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses der Beklagten. Aufgrund der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Prozessrechts und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung erscheint ein gesonderter Kostenbeschluss wegen des durch Teilanerkenntnis der Beklagten erledigten Teils entbehrlich.

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