Beschluss vom Niedersächsischer Staatsgerichtshof - 2/22

Tenor

Die Nichtanerkennungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe

A.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich an den Niedersächsischen Staatsgerichtshof mit dem Begehren festzustellen, dass angesichts der COVID-19-Pandemie eine Reduzierung der nach § 14 Abs. 3 NLWG erforderlichen 100 Unterschriftsleistungen notwendig sei (1.) und das strenge Festhalten an § 14 Abs. 3 NLWG eine Einschränkung seiner verfassungsgeschützten Grundrechte auf Chancengleichheit darstelle (2.).

2

Mit E-Mail vom 10. August 2022 hat er sich erstmals an den Niedersächsischen Staatsgerichtshof gewandt. Er trägt vor, er habe sowohl bei der Landeswahlleiterin als auch bei der Kreiswahlleitung eine Reduzierung der Unterstützungsunterschriften auf 50% beantragt, was abgelehnt worden sei. Dies halte er für unangemessen, weil viele Unterstützer angesichts der Ansteckungsgefahr mit COVID-19 vor einer persönlichen Unterschriftsleistung zurückschreckten. Außerdem sehe er sein Recht auf Chancengleichheit verletzt, weil durch die hohe Zahl von Unterstützungsunterschriften seine Teilnahme an der Landtagswahl 2022 praktisch unmöglich sei.

3

Die Originalbeschwerdeschrift ging am 12. August 2022 beim Staatsgerichtshof ein.

4

Der Niedersächsische Landeswahlausschuss, vertreten durch die Landeswahlleiterin, hat Gelegenheit zu Äußerung erhalten. Er hält die Feststellungsanträge sowohl für unzulässig als auch für unbegründet und begründet seine Auffassung.

B.

I.

5

Die beiden vom Beschwerdeführer erhobenen Feststellungsanträge sind unzulässig, so dass seine Beschwerde zu verwerfen ist.

6

1. Nach § 51 Satz 2 Niedersächsisches Landeswahlgesetz - NLWG - in der Fassung vom 30. Mai 2002 (Nds. GVBl. S. 153), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 30. Juni 2022 (Nds. GVBl. S. 429), können Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, nur mit den im Niedersächsischen Landeswahlgesetz und in der Niedersächsischen Landeswahlordnung vorgesehenen Rechtsbehelfen sowie im Wahlprüfungsverfahren und im Verfahren nach § 36a des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - NStGHG - vom 1. Juli 1996 (Nds. GVBl. S. 342), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juni 2022 (Nds. GVBl. S. 424), angefochten werden. Der einzige zulässige Rechtsbehelf, der im Vorfeld der Wahl vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof erhoben werden kann, ist nach § 8 Nr. 11, § 36a NStGHG gegen die Entscheidung des Landeswahlausschusses nach § 16 Abs. 2 Satz 1 NLWG eröffnet. Der in diesem Sinn auszulegende Feststellungsantrag zu 1. ist unzulässig, weil nach § 36a Abs. 1 Satz 1 NStGHG allein Vereinigungen, aber nicht natürliche Personen, beschwerdeberechtigt sind. Andere Rechtsbehelfe, mit denen der Beschwerdeführer sein Begehren, sich gegen die Anzahl der Unterstützungsunterschriften zu wehren, verfolgen könnte, sind vor der Wahl gesetzlich nicht vorgesehen.

7

2. Bei dem Feststellungsantrag zu 2. handelt es sich inhaltlich um eine Individualverfassungsbeschwerde, mit der der Beschwerdeführer sein Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb geltend machen will. Der Antrag ist unzulässig, weil weder die Niedersächsische Verfassung noch das Niedersächsische Staatsgerichtshofgesetz eine Individualverfassungsbeschwerde für Niedersachsen vorsehen.

II.

8

Die Anträge werden nach § 36a Abs. 5, § 12 NStGHG i.V.m. § 24 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht - Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1724), ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss des Staatsgerichtshofs ohne Beteiligung der Richterin van Hove und ihrer Vertreterin, die beide verhindert sind, verworfen. Der Staatsgerichtshof ist gemäß § 9 Abs. 2 NStGHG auch ohne sie beschlussfähig.

C.

9

Das Verfahren ist nach § 21 Abs. 1 NStGHG kostenfrei, Auslagen der Beteiligten werden gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 NStGHG nicht erstattet.

 


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