Urteil vom Unknown court (15. Zivilkammer) - 015 O 353/08
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
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T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin unterzeichnete am 13.12.2000 eine Beitrittserklärung über 75.000,00 DM an einem von dem Beklagten vermittelten, geschlossenen Immobilienfonds –G.- betreffend vier gewerblich genutzte Immobilien in G2, S, S2 und H.
3Die Beitrittserklärung enthielt u.a. eine Rubrik "Informationsbestätigungen" und eine Rubrik "Widerrufsbelehrung".
4In der Rubrik "Informationsbestätigungen" heißt es:
5"Ich habe den vollständigen Prospekt mit dem Herausgabedatum November 2000 ausgehändigt bekommen. Mir blieb ausreichend Zeit, den Prospektinhalt vor der Unterzeichnung dieser Beitrittserklärung zur Kenntnis zu nehmen. Weitere, über die Prospektangaben hinausgehende Versprechungen und Zusicherungen sind mir nicht gemacht worden.
6In der Rubrik "Widerrufsbelehrung" heißt es:
7"Sie sind an ihre Erklärung über den Beitritt zu der G. GmbH & Co. KG nicht mehr gebunden, wenn Sie Ihre Beitrittserklärung fristgerecht widerrufen haben. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und schriftlich oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger innerhalb von 2 Wochen gegenüber I. , X-Straße, ####1 N, erfolgen. Die vorgenannte Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der Aushändigung dieser Widerrufsbelehrung. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
8Dem Beitritt, den die Klägerin fremdfinanzierte, waren zwei persönliche Gespräche mit dem Beklagten am 11.12.2000 und 13.12.2000 in der Wohnung der Klägerin vorausgegangen.
9Gegenstand beider Gespräche war auch Prospektmaterial der Fonds-Gesellschaft.
10Hierzu behauptet die Klägerin, dass ihr der Beklagte bei dem Gespräch am 11.12.2000 einen Prospekt ausgehändigt habe, allerdings nur einen Kurzprospekt, während der Beklagte behauptet, der Klägerin bei dem Gespräch am 11.12.2000 den vollständigen Emissionsprospekt der Fonds-Gesellschaft vorgelegt zu haben, ein Kurzprospekt habe überhaupt nicht existiert.
11Die Klägerin unterzeichnete ebenfalls am 13.12.2000 einen Darlehensvertrag, zwischen der Firma G für Finanz- und Investitionsberatung mbH, in dem sie ein Darlehen von 75.000,00 DM aufnahm. Dieser Darlehensvertrag wurde durch Vertrag der Klägerin mit der Q AG am 25.02.2001 abgelöst.
12Die Klägerin hat aus dem Fonds-Vertrag in den Jahren 2001, 2002 und 2003 Ausschüttungen in Höhe von je 5.250,00 DM erhalten. Im Jahre 2005 wurde die Fonds-Gesellschaft insolvent.
13Die Klägerin begehrt vorliegend wegen unrichtiger Angaben des Beklagten bei der Vermittlung der Beteiligung Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe.
14Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe auf ihren mehrfach geäußerten Wunsch, nur in eine sichere Anlage investieren zu wollen, entgegnet, dass der G.-Fond eine absolut sichere Kapitalanlage sei. Der Beklagte habe den G.-Fonds besonders empfohlen und darauf hingewiesen, dass es sich bei allen im Fonds enthaltenen Immobilien um hochwertige in absoluten Top-Lagen gelegene Immobilien handele.
15Auf die Möglichkeit, aus dem Fonds auszusteigen bzw. ihn zu verkaufen, habe der Beklagte geäußert, dass dies kaum gemacht werde, dass es aber einen Markt bei G.-Fonds gebe und sich immer wieder Käufer dafür fänden.
16Die Klägerin beantragt,
17den Beklagten zu verurteilen, an sie 33.928,96 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Der Beklagte behauptet, die Klägerin habe die Beteiligung nicht als sichere Kapitalanlage erworben, sondern in erster Linie um in den Genuss der Steuervorteile zu gelangen. Der Beklagte habe bereits bei dem Gespräch vom 11.12.2000 den Emissionsprospekt mitgebracht und anhand dessen die Beteiligungsmodalitäten sowie die Chancen und Risiken der Investition erläutert.
21Insbesondere ergebe sich aus dem Emissionsprospekt, und zwar aus dem in seinem Inhaltsverzeichnis aufgeführten Punkt: "Der G. – seine Risiken und Chancen" und aus den im Inhaltsverzeichnis unter dem Punkt: "Risiken der Beteiligung" der Hinweis auf die vielen immobilienspezifischen Risiken, die sich ergeben, wenn die Einnahmen aus der gewerblichen Vermietung nicht mehr den prospektierten Mieteinnahmen entsprechen.
22Unter Punkt "Der G.-Fonds im Überblick" im Inhaltsverzeichnis ist unter dem Punkt "Anlageprofil" der Hinweis enthalten, dass der G.-Fonds eine langfristige Anlage und nur für Anleger geeignet sei, die die Komplexität der Beteiligung beurteilen und bei unerwartet negativem Verlauf einen teilweise oder vollständigen Verlust des eingezahlten Kapitals in Kauf nehmen könnten.
23Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet.
26Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Der im vorliegenden Fall als Anlagevermittler tätig gewordene Beklagte ist im Rahmen dessen verpflichtet, dem Kunden über alle Umstände und Risiken, die für die Anlageentscheidung Bedeutung haben, richtig und vollständig zu informieren.
27Diesem kann er dadurch genügen, wenn er dem Anlageinteressenten statt seiner mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs einen Emissionsprospekt über die Kapitalanlagen aushändigt, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Anlageinteresse so rechtzeitig vor Vertragsabschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann.
28Nach dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der Klägerin im Termin vom 20.01.2009 steht für das Gericht fest, dass der Kläger bei dem ersten Gespräch am 11.12.2000 der maßgebliche vollständige Emissionsprospekt vorgelegt worden ist. Zwar spricht die Klägerin in diesem Zusammenhang mehrfach von einem Kurzprospekt, der am 11.12.2000 ihr vorgelegt worden sei. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass, soweit der Klägerin ein Prospekt vorgelegt worden ist, dieser bereits beim ersten Gespräch am 11.12.2000 vorgelegt worden sein muss, kann es sich dabei nur um den maßgeblichen vollständigen Emissionsprospekt gehandelt haben, was sich auch aus dem Umstand ergibt, dass die Klägerin diesen Prospekt mit der Klage vorgelegt hat.
29Die Hinweise auf die Risiken sowohl unter dem Punkt "Risiken und Chancen" dieser Fonds auf Seite 4 als auch die unter dem Punkt "Immobilienspezifische Risiken" auf Seite 73 des Prospektes und dem Hinweis, auf die Möglichkeit des vollständigen Verlustes des eingesetzten Kapitals waren drastisch und müssen bei jedem Leser den Eindruck erwecken, dass die Beteiligung an dem G.-Fonds in höchstem Maße risikoreich war.
30In der Gegenüberstellung von Risiken und Chancen auf Seite 5 des Prospektes ist das Risiko bei Mietausfall, keine adäquate Anschlussvermietung, Leerstand und Auszug eines Mieters als "hoch" eingestuft worden, ebenso hoch ist das Risiko bei höheren als den kalkulierten Fremdfinanzierungsmitteln eingestuft worden.
31Der Umstand, dass der Prospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend verdeutlicht, berechtigt den Anlagenvermittler nicht ohne Folgen, maßgebliche Risiken abweichend vom Prospekt darzustellen und ein Bild zu zeichnen, dass die Hinweise im Prospekt entwertet oder für das Entscheidungsbild des Anlegers mindert. Das ist vorliegend in keinem der von der Klägerin hierzu vorgetragenen Punkten festzustellen.
32Nach den Angaben der Klägerin hat der Beklagte zwar mehrfach geäußert, dass die Anlage absolut sicher sei. Sie hat aber keine konkreten Punkte dafür vorgetragen, inwieweit der Beklagte hierbei Risiken, die im Prospekt deutlich aufgeführt waren, anders, nämlich in einer die Hinweise abschwächenden und mildernden Form dargestellt hat.
33Der Beklagt hat keine Garantien abgegeben, weder bezüglich des jährlichen Ausschüttungsbetrages noch bezüglich der Mieteinnahmen.
34Bezüglich der Fungibilität der Anlage hat der Beklagte unter Zugrundelegung der Angaben der Klägerin hierzu, keine weitergehenden Aussagen gemacht, als in den "Risiken und der Beteiligung" unter Ziffer 4. angegebenen Einschränkungen enthalten waren.
35Die Klägerin selbst hat vorgetragen, dass sie sich zum Abschluss des Gesprächs vom 11.12.2000 noch Bedenkzeit erbeten hätte. Sie hätte es also in der Hand gehabt, den nächsten Termin zu bestimmen und einen späteren Termin zu vereinbaren, wenn sie noch nicht den Emissionsprospekt in den beiden Tagen bis zum 13.11.2000 verinnerlichen konnte. Soweit sie noch einmal bei dem Gespräch vom 13.12.2000 den Beklagten auf die sich aus dem Prospekt ergebenden Risiken hingewiesen habe und sie vom Beklagten darauf die Antwort erhalten habe, dass die Anlage sicher sei, fehlte ein substantiierter Vortrag dazu, welche Risiken sie unter Bezugnahme auf den Prospekt dem Beklagten vorgehalten hat.
36Die Klage war demnach abzuweisen.
37Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 ff ZPO.
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Referenzen
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