Beschluss vom Unknown court (Landgericht) - 010 O 114/13
Tenor
(kein Tenor) Hinweisbeschluss
1
I.
2Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger den Anschluss seiner Photovoltaikanlage an den bestehenden Hausanschluss und die Aufnahme des Stroms durch die Beklagten. Außerdem begehrt er Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist zum Ersatz des Schadens, der durch die Ablehnung des Anschlusses entstanden ist.
31.
4Der Kläger ist Betreiber einer Photovoltaikanlage, die im Jahr 2011 in Betrieb genommen wurde. Dabei handelt es sich um eine Kleinstanlage im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 EEG 2009. Denn die Anlage hat eine Leistung von bis zu 30 kW und befindet sich auf einem Grundstück mit einem bereits bestehenden Netzanschluss. Einschlägig ist daher das EEG in der Fassung vom 01.01.2009 bis zum 30.04.2011 (EEG 2009). Anspruchsbegründung für die Anschlussverpflichtung ist daher § 5 Abs. 1 S.1 u. 2 EEG 2009. Der Verknüpfungspunkt des Grundstücks mit dem Netz gilt als günstigster Verknüpfungspunkte. Deshalb kann die Frage dahinstehen bleiben, ob es andere technisch geeignete Anknüpfungspunkte gibt. Ein Varianten-Vergleich betreffend die gesamtwirtschaftlich günstigsten Kosten, wie sie S. 1 der vorgenannten Vorschrift fordert, ist nicht anzustellen.
52.
6Unstreitig kann ein Anschluss der Anlage des Klägers und die Einspeisung des von dieser Anlage erzeugten Stroms nicht ohne einen Netzausbau oder eine Erweiterung erfolgen. Gemäß § 5 Abs. 4 EEG 2009 besteht die Pflicht zum Netzanschluss auch dann, wenn die Abnahme des Stroms erst durch die Optimierung, die Verstärkung oder den Ausbau des Netzes nach § 9 EEG möglich wird. Gemäß § 9 Abs. 1 EEG 2009 sind Netzbetreiber auf Verlangen der Einspeisung verpflichtet, unverzüglich ihre Netze entsprechend dem Stand der Technik zu optimieren, zu verstärken und auszubauen, um die Abnahme, Übertragung und Verteilung des Stroms aus erneuerbaren Energien sicherzustellen.
7Gemäß § 9 Abs. 3 EG 2009 ist der Netzbetreiber aber nicht zur Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau seines Netzes verpflichtet, soweit dies wirtschaftlich unzumutbar ist.
8a)
9Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kommt es daher darauf an, ob § 9 Abs. 3 EEG 2009 auf die sich aus § 5 Abs. 1 S. 2 EEG 2009 ergebende Anschlusspflicht für Kleinstanlagen anzuwenden ist.
10Der Kläger ist der Ansicht, im Rahmen des § 5 Abs. 1 S. 2 EEG 2009 sei § 9 Abs. 3 EEG 2009 nicht anzuwenden. ( so auch u.a. LG Münster, Urt. v. 19.12.2011, 2 O 634/09). Denn für Kleinstanlagen werde der vorhandene Netzanschluss sowohl als technisch wie auch als wirtschaftlich günstigster Verknüpfungspunkt fingiert. Sinn dieser Fiktion sei es, Rechtsstreitigkeiten und unnötige Kosten zu vermeiden. Damit sei es nicht zu vereinbaren, wenn die häufig nur mit großem und kostenintensiven Aufwand zu beantwortende Frage, ob ein Netzausbau unwirtschaftlich sei, vor einem Anschluss geklärt werden müsse. Durch die Anwendbarkeit des §§ 9 Abs. 3 EEG würden die Netzbetreiber auch nicht unzumutbar belastet, denn aus § 5 Abs. 3 EEG 2009 stehe ihnen das Recht zu, dem Anlagenbetreiber einen anderen Verknüpfungspunkt zuzuweisen.
11Die Beklagte ist hingegen der Ansicht, dass § 9 Abs. 3 EEG 2009 auch auf den Netzanschluss von Kleinstanlagen anzuwenden sei. Ein Netzausbau müsse auch für den Anschluss von Kleinstanlagen nicht erfolgen, wenn er wirtschaftlich völlig unzumutbar sei. Dies folge aus dem Wortlaut, der Systematik, Entstehungsgeschichte und Zweck der Regelung. (vgl. dazu Bl. 66 d.GA).
12Die Kammer vertritt die Auffassung, dass § 9 Abs. 3 EEG auch auf den Anschluss von Kleinstanlagen anzuwenden ist, so dass auch in diesem Rahmen eine Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmen ist. Denn die Anschlussverpflichtung der Beklagten ergibt sich aus § 5 Abs. 1 S. 1 EEG 2009. § 5 Abs. 1 S. 2. EEG 2009 fingiert dabei lediglich den bereits bestehenden Netzanschluss als günstigsten Verknüpfungspunkt. Voraussetzung ist aber nach wie vor, dass dieser als Anknüpfungspunkt im Sinne des § 5 Abs. 1 EEG 2009 auch geeignet ist. Dabei stellt § 5 Abs. 4 EEG 2009 klar, dass diese Pflicht zum Netzanschluss auch dann besteht, wenn die Abnahme des Stroms erst durch die Optimierung, die Verstärkung oder den Ausbau des Netzes nach § 9 EEG 2009 möglich wird. Die Optimierungspflicht wird in § 9 EEG 2009 umfassend geregelt. Sie sieht eine Einschränkung nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten vor. Das ist auch sachgerecht. Es ist nicht einsehbar, warum gerade der Anschluss von Kleinstanlagen auch dann erfolgen sollte, wenn dies wirtschaftlich unzumutbar ist. Auch die Tatsache, dass der Netzbetreiber berechtigt ist, der Anlage gemäß § 5 Abs. 3 EEG 2009 einen anderen Verknüpfungspunkt zuzuweisen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn es ist nicht vorausgesetzt, dass es überhaupt einen anderen wirtschaftlich zumutbaren Verknüpfungspunkt gibt.
13b)
14Entscheidend ist daher die Frage, ob der Beklagten der Anschluss der Photovoltaikanlage des Klägers an ihr Stromnetz unzumutbar ist. Dabei ist zunächst die Frage zu klären, wann ein Netzausbau unzumutbar ist. Der Maßstab für die Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit folgt nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Allerdings wurde in der Gesetzesbegründung zum EEG 2004 (BT-Drucksachen 15/2864, Seite 34) ausgeführt: „ Die Zumutbarkeit des Netzausbau findet ihre Grenze dort, wo der sich aus den Vergütungssummen im Vergütungszeitraum ergebende Wert der Gesamtstrommenge aus den durch den Ausbau anschließbaren Erzeugungsanlagen die Kosten des Ausbaus nicht deutlich übersteigt. (…) Verhältnismäßig und damit zumutbar im engeren Sinne ist der Ausbau daher insbesondere dann, wenn die Kosten des Ausbaus 25 % der Kosten der Errichtung der Stromerzeugungseinheit nicht überschreiten.“
15aa)
16Deshalb ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Netzausbau jedenfalls wirtschaftlich zumutbar ist, solange die Kosten des Netzausbaus 25 % der Kosten der Anlage nicht überschreiten.
17Der Kläger behauptet, die Anlage habe Errichtungskosten i.H.v. 71.067,63 EUR verursacht. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Der Kläger behauptet weiter, die Kosten des Netzausbau würden 10.000 EUR betragen. Hiernach würden die Kosten des Netzausbaus ungefähr 15 % der Kosten der Anlage die betragen. Der Netzausbau wäre damit zumutbar.
18Die Beklagte behauptet hingegen, die Kosten des Netzausbau würden mindestens 30.000 EUR betragen. Damit würden sie fast 50 % der Kosten der Anlage ausmachen. Der Netzausbau wäre dann wirtschaftlich unzumutbar.
19Daher ist Beweis zu erheben über die Frage, wie hoch die Kosten des für einen Netzausbau für den Anschluss der Anlage des Klägers an das Stromnetz der Beklagten wären. Beweispflichtig für die Frage der Unzumutbarkeit des Netzausbaus und damit auch Vorschusspflichtig ist die Beklagte.
20bb)
21Nach einer alternativen Berechnungsweise wird der Netzausbau nur dann für unzumutbar gehalten, wenn der Wert der über die Vergütungshöhe erwarteten kumulierten Vergütung die Kosten der Kapazitätserweiterung nicht erheblich übersteigt.
22Der Kläger behauptet, es sei eine Nettovergütung Summe i.H.v. 155.040,80 EUR zu erwarten auf die Vergütungsdauer von 20 Jahren.
23Die Beklagte ist der Ansicht, für diese Berechnung dürften entsprechend dem Vorschlag der D nur 12,5 % der zu erwartenden Vergütung in Ansatz gebracht werden. Dies würde einem Betrag von 19.380 € entsprechen.
24Auch insoweit müsste ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, nämlich zu der Frage, wie hoch der Wert der über die Vergütungsdauer zu erwartenden Strommenge ist.
25II.
26Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist der Ausgang des Rechtsstreits ungewiss. Durch die Einholung eines Sachverständigengutachten würden Kosten in ganz erheblicher Höhe entstehen, außerdem ist eine lange Verfahrensdauer zu erwarten. Insbesondere wenn die zu klärenden Rechtsfragen und tatsächlichen Grundlagen über mehrere Instanzen geklärt werden müssten, ist von einer jahrelangen Verfahrensdauer auszugehen. Hierdurch entstehen für beide Parteien erhebliche finanzielle Risiken, weil eine Schadensersatzverpflichtung für die unterlassene Einspeisung im Raum steht.
27Außerdem ist fraglich, ob die Entscheidung des hier vorliegenden Rechtsstreits die von der Beklagten erhoffte Klärung betreffend die Anwendung des § 9 Abs. 3 EEG herbeiführen würde. Denn wenn das einzuholende Sachverständigengutachten den Vortrag der Beklagten bestätigen sollte, wonach ihr die Einspeisung unzumutbar sei, käme es auf die Frage, ob § 9 Abs. 3 EEG 2009 auf Kleinstanlagen anzuwenden sei, für die Entscheidung des hier vorliegenden Rechtsstreits nicht an.
28Die Kammer schlägt daher zur Vermeidung der zu erwartenden Kosten und Risiken folgenden Vergleich vor:
291. Die Beklagte schließt die am Standort I errichtete Photovoltaikanlage des Klägers mit einer installierten elektrischen Leistung von 29,97 kWp bis zum 30.06.2014 auf ihre Kosten an ihr Netz an und nimmt anschließend den produzierten Strom ab.
302. Der Beklagte zahlt an die Klägerin 17.250 €, fällig einen Monat nach dem erfolgten Netzanschluss.
313. Die Parteien sind sich darüber einig, dass sie Stillschweigen bewahren über den Inhalt der Vereinbarung.
324. Damit sind sämtliche Ansprüche der Parteien untereinander, die Gegenstand dieses Rechtsstreits waren, erledigt.
33Die Kammer weist darauf hin, dass § 4 EEG 2009 der vorgeschlagenen Einigung nicht entgegenstehe, weil die Einigung die von dieser Vorschrift ausgenommenen Regelungen betreffe und im Rahmen eines Prozessvergleichs i.S.d. § 4 Abs. 2 EEG 2009 erfolge.
34III.
35Auf Anregung beider Parteien in dem Termin zur mündlichen Verhandlung: Weiteres nur auf Antrag einer Partei.
36Unterschrift |
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