Beschluss vom Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz - VGH A 15/14, VGH A 17/14


Tenor

1. Die Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2. Auf die Anträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) sowie die Anträge der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) wird der Vollzug von Artikel 1 Nummer 12, Nummer 13 und Nummer 24 des Sechzehnten Landesgesetzes zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes vom 8. Mai 2013 (GVBl. S. 139) ausgesetzt, soweit damit § 29 Absatz 2 Sätze 1 und 2 sowie § 30 Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 und § 56 Absatz 1 Halbsatz 2 Nummer 5 des Kommunalwahlgesetzes in der Fassung vom 31. Januar 1994 (GVBl. S. 137), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 26. November 2008 (GVBl. S. 294), neu gefasst werden.

3. Diese einstweilige Anordnung gilt mit der Möglichkeit der Verlängerung gemäß § 19a VerfGHG zunächst für die Dauer von drei Monaten, längstens aber bis zur Entscheidung in der Hauptsache.

4. Der Antrag der Beschwerdeführerin zu 1) und die weitergehenden Anträge der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) werden abgelehnt.

5. Das Land Rheinland-Pfalz hat den Beschwerdeführern zu 2) bis 5) die im Verfahren der einstweiligen Anordnung notwendigen Auslagen zu 2/3 zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffen Änderungen des Kommunalwahlgesetzes von Rheinland-Pfalz, die der gleichmäßigen Repräsentation von Frauen und Männern in kommunalen Vertretungskörperschaften dienen sollen, nachdem bei den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2009 landesweit lediglich 16,8 % der Mandate von Frauen besetzt wurden.

I.

2

Die umstrittenen Änderungen sind durch das Sechzehnte Landesgesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes vom 8. Mai 2013 (GVBl. 2013, S. 139 – KWÄndG –) erfolgt und nach Art. 4 dieses Gesetzes mit Wirkung zum 1. März 2013 in Kraft getreten. Sie regeln den Aufdruck geschlechterparitätsbezogener Angaben auf den amtlichen Stimmzetteln, das Führen einer Paritätsstatistik durch das Statistische Landesamt sowie die gesetzliche Aufforderung an die Parteien und Wählergruppen, bei der Aufstellung der Wahlvorschläge Geschlechterparität anzustreben. Im Einzelnen lauten die Vorschriften wie folgt:

3

Nach Art. 1 Nr. 4 KWÄndG wird dem § 15 KWG, der die Aufstellung und Verbindung von Wahlvorschlägen regelt, folgender neuer Absatz 4 angefügt:

4

„(4) Frauen und Männer sollen gleichmäßig in Vertretungskörperschaften repräsentiert sein (Geschlechterparität). Bei der Aufstellung der Wahlvorschläge sind die Parteien und Wählergruppen aufgefordert, Geschlechterparität anzustreben. […]“

5

Gemäß Art. 1 Nr. 12 KWÄndG erhält § 29 Abs. 2 KWG betreffend die Stimmzettel bei Verhältniswahl folgende Fassung:

6

„(2) Die Stimmzettel enthalten den im Wortlaut abzudruckenden Text des Artikels 3 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, den Geschlechteranteil in der Vertretungskörperschaft zwei Monate vor der Wahl und die zugelassenen Wahlvorschläge in der Reihenfolge ihrer öffentlichen Bekanntmachung (§§ 23, 24 Abs. 1 und 2) unter Angabe des Kennworts sowie des Namens, Vornamens und Geschlechts der Bewerber jedes Wahlvorschlags. In einem Feld unterhalb des jeweiligen Kennworts werden für die Liste Angaben zum Geschlechteranteil auf dem Wahlvorschlag bis zu dem Platz, der der Hälfte der in der Wahl zu vergebenden Plätze entspricht (aussichtsreiche Plätze) gemacht. […]“

7

Des Weiteren erhalten nach Art. 1 Nr. 13 KWÄndG § 30 Absätze 2 und 3 betreffend die Stimmzettel bei Mehrheitswahl folgende Fassung:

8

„(2) Ist nur ein Wahlvorschlag zugelassen worden, so enthält der Stimmzettel den im Wortlaut abzudruckenden Text des Artikels 3 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, den Geschlechteranteil in der Vertretungskörperschaft zwei Monate vor der Wahl und den Wahlvorschlag unter Angabe des Kennworts sowie des Namens, Vornamens und Geschlechts der Bewerber. […]“

9

(3) Ist kein Wahlvorschlag zugelassen worden, so enthält der Stimmzettel den im Wortlaut abzudruckenden Text des Artikels 3 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, den Geschlechteranteil in der Vertretungskörperschaft zwei Monate vor der Wahl und entsprechend Raum zur Eintragung so vieler wählbarer Personen, wie Ratsmitglieder zu wählen sind. […]“

10

Nach Art. 1 Nr. 24 KWÄndG erhält auch § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG eine Ergänzung. Die Vorschrift betrifft die Wahlen zum Bezirkstag des Bezirksverbands Pfalz, für die die Bestimmungen des Ersten Teils des Kommunalwahlgesetzes insoweit keine Anwendung finden, als sie die personalisierte Verhältniswahl betreffen. Insoweit gilt nach der Neufassung, dass

11

„5. die Stimmzettel den im Wortlaut abzudruckenden Text des Artikels 3 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, den Geschlechteranteil in der Vertretungskörperschaft zwei Monate vor der Wahl und die zugelassenen Wahlvorschläge in der Reihenfolge ihrer öffentlichen Bekanntmachung […] unter Angabe des Kennworts sowie des Namens und Vornamens, des Berufs und der Anschrift der ersten fünf Bewerber jedes Wahlvorschlags enthalten; in einem Feld unterhalb des jeweiligen Kennworts werden für die Liste Angaben zum Geschlechteranteil auf dem Wahlvorschlag bis zum Platz 15 gemacht,“.

12

Nach Art. 1 Nummer 26 KWÄndG wird darüber hinaus § 73 KWG (Wahlstatistiken) ergänzt. Absatz 1 der Vorschrift lautete in der bisherigen Fassung:

13

„(1) Die Ergebnisse der Wahlen zu den Gemeinderäten, Verbandsgemeinderäten und Kreistagen sowie zum Bezirkstag des Bezirksverbands Pfalz sind vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz statistisch auszuwerten; das Ergebnis der Auswertung ist zu veröffentlichen.“

14

Mit dem KWÄndG wird Absatz 1 um Sätze 2 und 3 wie folgt ergänzt:

15

„Dabei wird mit Hilfe der geschlechtsspezifischen Auswertung der Wahlvorschläge und der paritätsbezogenen Angaben in den Niederschriften auch eine Statistik geführt, die der Bewertung der jeweiligen Chancen der Geschlechter bei den Verhältniswahlen dient (Paritätsstatistik). Diese soll insbesondere geschlechtsgetrennte Angaben über die Anzahl und prozentuale Verteilung der angetretenen Bewerber in der Wahlversammlung sowie der bei der Wahl gewählten Bewerber, getrennt nach der ersten und zweiten Hälfte der für die Vertretungskörperschaft zu vergebenden Plätze, enthalten.“

16

Ebenfalls neu in das Kommunalwahlgesetz aufgenommen wurden unter anderem – hier nicht angegriffene – Vorschriften über das parteiinterne Aufstellungsverfahren, bei dem die Niederschrift nunmehr jeweils nach Frauen und Männern getrennte paritätsbezogene Angaben enthalten muss (§§ 17, 18, 23 Abs. 2 Nr. 4 KWG), sowie eine Erstreckung der öffentlichen Bekanntmachung der Wahlvorschläge um paritätsbezogene Angaben einschließlich des Geschlechteranteils in der Vertretungskörperschaft zwei Monate vor der Wahl sowie den Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG (§ 24 KWG).

II.

17

Die Antragstellerinnen zu 1) und 2) sind die Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Rheinland-Pfalz. Im vorliegenden Eilverfahren beantragen sie „höchst fürsorglich, dass der Verfassungsgerichtshof durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Regelung trifft, wenn dies zur Durchführung der Kommunalwahl auf rechtlich gesicherter Grundlage vor einer Entscheidung in der Hauptsache dringend geboten sein sollte“.

18

In der Hauptsache haben sie ein Normbestätigungsverfahren anhängig gemacht. Dort beantragen sie die Feststellung, dass § 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1 KWG in der Fassung vom 31. Januar 1994, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Mai 2013, mit der Verfassung für Rheinland-Pfalz vereinbar sind.

19

Zur Begründung ihres Normbestätigungsantrags tragen sie vor, dieser sei zulässig. Sie bräuchten als „Garanten des Gemeinwohls“ kein eigenes, subjektives Rechtsschutzinteresse darzutun. Aber selbst wenn man ein objektives Klarstellungsinteresse für erforderlich halte, sei ein solches gegeben, denn in der rechtswissenschaftlichen Literatur seien verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung über die Gestaltung des Stimmzettels geäußert worden.

20

Die Vorschriften seien verfassungsgemäß. Insbesondere seien sie mit Art. 50 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 LV vereinbar. Die vordergründig kollidierenden Verfassungsvorgaben zur Gleichberechtigung von Frau und Mann sowie zur Freiheit der Wahl seien durch den Handlungsauftrag des Grundgesetzes aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG in einen verhältnismäßigen Ausgleich gebracht worden. Die Regelungen über die Informationen zu den Geschlechteranteilen in der alten Vertretungskörperschaft und auf der jeweiligen Liste zielten nicht auf Begünstigung bestimmter Parteien, sondern auf die Umsetzung des Verfassungsziels der gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern in kommunalen Vertretungskörperschaften. Die Freiheit der Wahl solle eine rationale Wahlentscheidung sichern. Dies setze die notwendigen Informationen der Wählerinnen und Wähler voraus.

III.

21

Die Beschwerdeführerin zu 1) die Piratenpartei Deutschland, Landesverband Rheinland-Pfalz. Die Beschwerdeführer zu 2) bis 5) sind dessen Mitglieder und bei den anstehenden Kommunalwahlen wahlberechtigt. Der Beschwerdeführer zu 2) ist darüber hinaus wahlberechtigt zur Wahl des Bezirkstags Pfalz. Er kandidiert außerdem für den Stadtrat von N. Der Beschwerdeführer zu 4) – der sich keinem spezifischen Geschlecht zugehörig fühlt – und die Beschwerdeführerin zu 5) kandidieren bei der Stadtratswahl in M. Die Beschwerdeführerin zu 3) hat zunächst ebenfalls unter Verweis auf ihre Kandidatur für den Stadtrat in K. Verfassungsbeschwerde erhoben. Mit Schriftsatz vom 17. März 2014 hat der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführer mitgeteilt, der Kreisverband K. der Beschwerdeführerin zu 1) habe beschlossen, keine Liste zur Wahl des Stadtrats aufzustellen, weil er das aktuelle Kommunalwahlgesetz unter anderem als diskriminierend gegenüber intersexuellen Menschen erachte und eine Aufstellung eine stumme Zustimmung zu diesem Gesetz bedeutet hätte.

22

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen §§ 15 Abs. 4 Sätze 1 und 2, 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 30 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 sowie § 56 Abs. 1 Nr. 5 und § 73 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 KWG. Im Rahmen des Eilverfahrens beantragen sie, die genannten Vorschriften bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig außer Vollzug zu setzen. In der Hauptsache begehren sie im Wege der Rechtssatzverfassungsbeschwerde die Feststellung der Nichtigkeit dieser Vorschriften.

23

Sie rügen die Verletzung der Grundsätze der Freiheit und Gleichheit der Wahl (Art. 76 Abs. 1 LV) sowie des allgemeinen Gleichheitssatzes und des Verbots der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 LV). Der Beschwerdeführer zu 4) begehrt darüber hinaus die Feststellung der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 LV in Verbindung mit Art. 4a LV). Zur Begründung tragen die Beschwerdeführer vor, die Angaben auf dem Stimmzettel seien mit dem staatlichen Neutralitätsgebot nicht vereinbar, da sie bezweckten, die Wählerschaft amtlich zu nötigen, mehr Frauen zu wählen. Die Beschwerdeführerin zu 1) verfüge über deutlich mehr männliche als weibliche Mitglieder und sei offener für intersexuelle oder transsexuelle Personen als die meisten anderen Parteien. Durch die angegriffenen Vorschriften würden diejenigen Parteien benachteiligt, die aufgrund ihres Parteiprogramms nur wenige oder gar keine männlichen oder weiblichen Mitglieder hätten. Zudem führten sie dazu, dass Männer per se schlechtere Chancen hätten, gewählt zu werden.

24

Überdies werde der Beschwerdeführer zu 4) durch die Regelungen gezwungen, sich entweder zum männlichen oder zum weiblichen Geschlecht zu bekennen. Dies könne und wolle er jedoch nicht, da er sich gerade keinem Geschlecht zugehörig fühle. Es gebe keinen sachlichen Grund, weshalb die Wählerschaft auf dem Stimmzettel nur über das Geschlecht und den Frauenanteil informiert werden sollte, nicht aber über andere Kriterien wie etwa die sexuelle Orientierung, das Durchschnittsalter der Kandidaten, körperliche Behinderungen oder die ethnische Herkunft. Die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung von Frauen und Männern sei bereits verwirklicht.

IV.

25

Der Verfassungsgerichtshof hat dem Landtag, der Landesregierung, dem Landeswahlleiter und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Rheinland-Pfalz Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

26

1. Der Landtag hält den Normbestätigungsantrag für begründet (a), die Verfassungsbeschwerden hingegen für teilweise bereits unzulässig und im Übrigen für unbegründet (b).

27

a) Die Vorschriften über die Gestaltung des Stimmzettels in §§ 29 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 und 30 Abs. 2 Satz 1 KWG seien mit der Verfassung für Rheinland-Pfalz vereinbar. Sie enthielten schon keine amtliche Wahlbeeinflussung, denn es fehle jedenfalls an einer amtlichen Identifizierung mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern und damit an einer „Parteinahme“ im eigentlichen Sinne. Es gehe nur um sachgerechte, objektiv gehaltene amtliche Informationen, die wettbewerbsneutral und ohne parteipolitischen Bezug seien. Weder würden konkrete Wahlvorschläge unterbreitet, noch würden männliche oder weibliche Wahlbewerber oder Parteien unterschiedlich behandelt.

28

Aber selbst wenn man eine Einschränkung der Wahlfreiheit annähme, wäre diese mit Blick auf den zu erfüllenden Verfassungsauftrag aus Art. 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV gerechtfertigt. Dieser stelle einen „zwingenden Grund“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtfertigung von Differenzierungen im Rahmen der Wahlrechtsgleichheit dar. Dem Gesetzgeber gehe es um die Förderung der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern hinsichtlich der Chance, gewählt zu werden. Es solle keine Ergebnis-, sondern Chancengleichheit hergestellt werden.

29

b) Die Anträge der Beschwerdeführer im Verfassungsbeschwerdeverfahren müssten ohne Erfolg bleiben. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) sei unzulässig, weil diese als politische Partei gemäß § 44 Abs. 3 nicht beschwerdeberechtigt sei. Den Beschwerdeführern fehle in Bezug auf die Bestimmungen in § 15 Abs. 4 und § 73 Abs. 2 Satz 2 und 3 KWG die Beschwerdebefugnis, denn von diesen seien sie nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. In Bezug auf die §§ 29 Abs. 1, 30 Abs. 2 KWG seien die Verfassungsbeschwerden offensichtlich unbegründet.

30

2. Die Landesregierung erachtet die Normbestätigungsanträge für zulässig und begründet (a) und die Verfassungsbeschwerden für zulässig, aber unbegründet (b).

31

a) Die Stellung der Antragsteller zu 1) und 2) als „Garanten des Gemeinwohls“ rechtfertige es, diesen die Befugnis zuzugestehen, die Feststellung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm zu beantragen, jedenfalls wenn sie hierfür – wie hier – ein objektives Klarstellungsinteresse anführen könnten.

32

§ 29 Abs. 2 Satz 1 und 2 und § 30 Abs. 2 KWG seien mit der Landesverfassung vereinbar. Die Paritätsangaben auf den Stimmzetteln seien amtliche Informationen, die den Wahlberechtigten unter anderem einen Vergleich zwischen den verschiedenen Wahlvorschlägen ermöglichten und Auskunft darüber gäben, ob und inwieweit die Parteien und Wählergruppen den gesetzlichen Appell, Geschlechterparität bei der Aufstellung der Wahlvorschläge anzustreben, umgesetzt hätten. Der darin liegende Eingriff in den Grundsatz der Freiheit der Wahl könne aber durch das verfassungsrechtliche Gebot gemäß Art. 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV, Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Staat und Gesellschaft zu ergreifen, gerechtfertigt werden. Die Regelung sei insoweit angemessen, denn die Bürgerinnen und Bürger könnten sich bewusst in die eine oder andere Richtung entscheiden.

33

b) Die Verfassungsbeschwerden seien zwar zulässig, aber unbegründet. Zwar könne ein Eingriff in die Grundsätze der Wahlgleichheit und Wahlfreiheit nicht ausgeschlossen werden. Dieser sei aber gemäß Art. 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV durch das Gebot, Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Staat und Gesellschaft zu ergreifen, gerechtfertigt. Die Vorschriften verstießen auch nicht gegen das Grundrecht des Beschwerdeführers zu 4) auf informationelle Selbstbestimmung. Das Kommunalwahlgesetz treffe keine eigene Regelung der Zuordnung zum weiblichen oder männlichen Geschlecht. Diese ergebe sich aus den Personenstandsregistern. Das Personenstandsgesetz habe zwar für nach dem 31. Oktober 2013 geborene Kinder die Möglichkeit vorgesehen, eine solche Angabe wegzulassen. Das führe aber nicht dazu, dass jede Verpflichtung, Angaben zum Geschlecht zu machen, zu unterbleiben hätte.

34

3. Der Landeswahlleiter trägt vor, am 7. April 2014 ende die Einreichungsfrist der Wahlvorschläge für die am 25. Mai 2014 anstehenden Kommunalwahlen. Für den 10. April 2014 sei die Erteilung des Druckauftrages für die Erstellung der Wahlbenachrichtigungen vorgesehen. Ab 8. April 2014 erfolgten die Zulassungsentscheidung durch den Wahlausschuss und der Druck der Stimmzettel. Ebenfalls ab dem 8. April 2014 bis zum 13. Mai 2014 würden die zugelassenen Wahlvorschläge bekannt gemacht. Im Falle eines Neudrucks der Stimmzettel beliefen sich die Kosten auf landesweit rund 750.000 bis 900.000 Euro. Da die allgemeinen Kommunalwahlen mit der Europawahl zusammengelegt seien, würden kombinierte Wahlbenachrichtigungen erstellt. Eine Verschiebung der Kommunalwahlen schlösse die durch die gleichzeitig stattfindende Europawahl bedingte anteilige Erstattung der Kosten durch den Bund für die Wahlbenachrichtigungen, für den Transport der Briefwahlunterlagen sowie für die Erfrischungsgelder für die Wahlvorstände von rund 1,3 Millionen Euro aus.

35

Bei den Kommunalwahlen 2004 hätten rund 53 % der Wählerinnen und Wähler die Listen der Wahlvorschlagsträger durch Kumulieren und Panaschieren verändert. Dabei hätten 36 % der Frauen ihren ursprünglichen Listenplatz verbessern können, während 43 % eine bessere Ausgangsposition verloren hätten.

36

4. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände betont, die Wahlen am 25. Mai 2014 müssten rechtssicher und auf verfassungsrechtlich einwandfreier Grundlage durchgeführt werden können. Die angegriffenen Regelungen seien verfassungswidrig. Hinsichtlich der Gestaltung der Stimmzettel sähen sie eine amtliche Wählerbeeinflussung vor, gefährdeten die Neutralitätspflicht der Wahlorgane und griffen in die Selbstorganisation der Wählergruppen und Parteien ein. Insbesondere die Bestimmungen über das Aufstellungsverfahren unterstellten ein entsprechendes Potential an Bereitschaft von Frauen und Männern zur Übernahme von Verantwortung in kommunalen Vertretungsorganen. Diese Annahme könne für die kommunale Praxis so nicht bestätigt werden.

B.

37

Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben überwiegend Erfolg. Der Eilantrag der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) (dazu I.) sowie der Eilantrag der Antragstellerinnen zu 1) und 2) (dazu II.) führen zur Außervollzugsetzung der Neufassung von § 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG. Die weitergehenden Anträge der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) bleiben hingegen ohne Erfolg (III.). Der Eilantrag der Beschwerdeführerin zu 1) bleibt in vollem Umfang erfolglos (IV.).

I.

38

Die Anträge der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) sind erfolgreich, soweit sie die Außervollzugsetzung der Neufassung von § 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG betreffen.

39

Ihrer Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer zu 2) bis 5) mit dem zeitweiligen Aussetzen der Regelungen eine Maßnahme begehren, die – wenngleich die Vorschriften wieder in Geltung gesetzt werden können – jedenfalls im Hinblick auf die am 25. Mai 2014 stattfindenden Kommunalwahlen zumindest in ihrer tatsächlichen Wirkung einer teilweisen Vorwegnahme der Hauptsache gleichkommt (vgl. zur Abgrenzung BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Mai 2012 – 2 BvR 2355/10 u.a. –, juris, Rn. 13). Eine Vorwegnahme der Hauptsache steht der Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dann nicht entgegen, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu spät käme und dem Antragsteller in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. März 2003 – 2 BvQ 18/03 –, BVerfGE 108, 34 [40] m.w.N.). Das ist hier angesichts der für den 25. Mai 2014 anberaumten Kommunalwahlen der Fall.

40

Die Anträge sind in Bezug auf die genannten Vorschriften auch begründet. Gemäß § 19a des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG – kann der Verfassungsgerichtshof im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Hoheitsakte vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens muss der Verfassungsgerichtshof die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegen die Nachteile abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (VerfGH RP, Beschluss vom 22. Februar 2006 – VGH A 5/06 –, AS 33, 118 [119]; Beschluss vom 11. Februar 2008 – VGH A 32/07 u.a. –, AS 35, 439 [440]).

41

Für die Aussetzung des Inkrafttretens eines förmlichen Gesetzes ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 19a VerfGHG ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Die Achtung vor der demokratisch gefundenen Entscheidung des Landtags gebietet es nämlich, eine Rechtsnorm grundsätzlich so lange als rechtsgültig zu beachten, bis in dem dafür vorgesehenen Verfahren ihre Verfassungswidrigkeit mit Gesetzeskraft festgestellt worden ist (§ 26 Abs. 1 und 2 VerfGHG). Die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn sie aus schwerwiegenden Gründen dringend geboten ist (VerfGH RP, Beschluss vom 11. Februar 2008 – VGH A 32/07 u.a. –, AS 35, 439 [440]).

42

Nimmt eine einstweilige Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache vorweg, sind die vorstehenden Maßstäbe weiter zu modifizieren. In einem solchen Fall sind die Anträge in der Hauptsache stärker in den Blick zu nehmen. Es müssen dann erhebliche Gründe für einen Erfolg des Antrags in der Hauptsache bzw. für die Verfassungswidrigkeit der außer Vollzug gesetzten Vorschriften sprechen (vgl. entspr. zu § 32 BVerfGG BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 1983 – 2 BvR 348/83 –, BVerfGE 63, 254; Beschluss vom 30. Mai 1984 – 2 BvR 617/84 –, BVerfGE 67, 149 [152]).

43

Diese Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung liegen vor: Die Verfassungsbeschwerden sind im Hinblick auf die Neufassung der § 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG zulässig (1.), und es sprechen erhebliche Gründe dafür, dass sie insoweit auch begründet sind (2.). Die daran anschließende Folgenabwägung (3.) führt zur Außervollzugsetzung der Vorschriften.

44

1. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) sind, soweit sie gegen die Neufassung von § 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG gerichtet sind, zulässig.

45

Insbesondere können die Beschwerdeführer nicht auf die Wahlprüfungsbeschwerde nach Art. 82 Satz 2 LV verwiesen werden. Dieser außerordentliche Rechtsbehelf (Glauben, in: Grimm/Caesar, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 82 Rn. 18), der als Spezialregelung anderen Rechtsschutzmöglichkeiten vor dem Verfassungsgerichtshof, insbesondere auch der Verfassungsbeschwerde zwar grundsätzlich vorgeht (vgl. zu Art. 41 GG BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. August 2009 – 2 BvQ 50/09 –, NVwZ 2009, 1367), gilt nur für Wahlen zum Landtag. Die Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen kommunalrechtliche Wahlrechtsnormen zu erheben, bleibt hiervon daher unberührt (VerfGH RP, Beschluss vom 11. Februar 2014 – VGH B 6/14, VGH A 12/14 –, juris; BVerfG, Urteil vom 15. November 1960 – 2 BvR 536/60 –, NJW 1961, 19; Kammerbeschluss vom 18. November 1995 – 2 BvR 1953/95 –, NVwZ-RR 1996, 163).

46

2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) sind, soweit die Neufassung der §§ 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG über die Gestaltung der Stimmzettel betroffen ist, nicht offensichtlich unbegründet. Vielmehr sprechen erhebliche Gründe für die Annahme, dass sich die genannten Vorschriften – vorbehaltlich einer abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren – als verfassungswidrig erweisen werden, weil sie den Grundsatz der Freiheit der Wahl verletzen. Dieser gewährleistet einen unbedingten Schutz vor staatlicher Einwirkung auf den Inhalt der Entscheidung des Wählers durch die Gestaltung des Stimmzettels (a). Es spricht vieles dafür, dass hier eine solche unzulässige Einwirkung vorliegt (b). Auf eine mögliche Mandatsrelevanz der Rechtsverletzung für den Ausgang der bevorstehenden Kommunalwahlen kommt es dabei nicht an (c). Auch eine etwaige Verletzung weiterer Bestimmungen der Landesverfassung kann offen bleiben (d).

47

a) Der Grundsatz der Freiheit der Wahl gemäß Art. 50 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 76 Abs. 1 LV, der in engem Zusammenhang mit dem Demokratieprinzip aus Art. 74 Abs. 1 LV steht, gewährleistet einen unbedingten Schutz vor staatlicher Einwirkung auf den Inhalt der Entscheidung des Wählers im Zeitpunkt der Stimmabgabe durch die Gestaltung des Stimmzettels.

48

aa) Der Grundsatz der Freiheit der Wahl gewährleistet die freie Willensbildung des Wählers als Voraussetzung funktionsfähiger Demokratie. In einer demokratischen Verfassungsordnung muss sich die Willensbildung des Volkes frei, offen und unreglementiert vollziehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 – 2 BvF 1/65 –, BVerfGE 20, 56 [98 f.]; Urteil vom 2. März 1977 – 2 BvE 1/76 –, BVerfGE 44, 125 [139]; Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233, 341/81 –, BVerfGE 69, 315 [346]). Die Beachtung der für die Stimmabgabe bei der Wahl geltenden Wahlgrundsätze und das Vertrauen in ihre Beachtung sind Voraussetzungen funktionsfähiger Demokratie (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. März 2009 – 2 BvC 3, 4/07 –, BVerfGE 123, 39 [68 f.]; Beschluss vom 9. Juli 2013 – 2 BvC 7/10 –, NVwZ 2013, 1272 [1273]). Der Grundsatz der Freiheit der Wahl ist unmittelbar im Demokratieprinzip verankert. Wahlen vermögen demokratische Legitimation nur zu verleihen, wenn sie frei sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 – 2 BvE 1/76 –, BVerfGE 44, 125 [139]; Beschluss vom 9. Juli 2013 – 2 BvC 7/10 –, NVwZ 2013, 1272 [1273]).

49

Der Grundsatz der Freiheit der Wahl verlangt, dass jeder Wähler sein Wahlrecht ohne Zwang und Beeinflussung von außen ausüben kann und insbesondere auch vor Beeinflussungen geschützt wird, die geeignet sind, seine Entscheidungsfreiheit trotz bestehenden Wahlgeheimnisses ernstlich zu beeinträchtigten (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – VGH B 1/01 –, AS 29, 207 [211]). Aus dem Grundsatz der Freiheit der Wahl folgt das an den Staat gerichtete Verbot amtlicher Wahlbeeinflussung, das auch der konkreten Gestaltung des Stimmzettels Grenzen setzt (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 18. September 2006 – VGH W 13, 19 und 23/06 –, AS 33, 311 [312 f.]).

50

bb) Allerdings ist nicht jede staatliche Einwirkung auf die – vorbehaltlos gewährleistete – freie Willensbildung des Wählers ausgeschlossen. Sie kann durch einen besonderen, sie verfassungsrechtlich legitimierenden Grund gerechtfertigt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 – 2 BvF 1/65 –, BVerfGE 20, 56 [99]; vgl. auch zur st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts zu Differenzierungen im Rahmen der Ausgestaltung des Wahlrechts zuletzt BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2014 – 2 BvE 2/13 u.a. – , juris, Rn. 53 f.). Insofern ist eine Rechtfertigung von Einschränkungen der Freiheit der Wahl durch solches Verfassungsrecht möglich, das bereits von der Verfassung her in einem Spannungsverhältnis zu diesem Grundsatz steht und eine gegenläufige verfassungsrechtliche Grundentscheidung enthält (vgl. entspr. zur Wahlrechtsgleichheit BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2013 – 2 BvC 7/10 –, NVwZ 2013, 1272 [1273]).

51

Nach diesen Maßstäben richtet sich der genaue Verlauf der Grenzen zwischen gerechtfertigten und unzulässigen staatlichen Einwirkungen jeweils im Einzelfall nach dem formalen oder inhaltlichen Charakter der Einwirkung, nach ihrer Intensität sowie der zeitlichen und räumlichen Nähe zum eigentlichen Wahlakt (vgl. SaarlVerfGH, Urteil vom 1. Juli 2010 – Lv 4/09 –, AS 40, 272 [286]).

52

(1) Unbedenkliche inhaltliche Einwirkungen enthält danach vor dem Hintergrund des Demokratieprinzips aus Art. 74 Abs. 1 LV grundsätzlich die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften.

53

Die Willensbildung des Volkes und die Bildung des staatlichen Willens durch seine verfassten Organe vollziehen sich in einer kontinuierlichen und vielfältigen Wechselwirkung: Politisches Programm und Verhalten der Staatsorgane wirken unablässig auf die Willensbildung des Volkes ein und sind selbst Gegenstand der Meinungsbildung des Volkes; Meinungen aus dem Volk, häufig vorgeformt und gestaltet vor allem in den politischen Parteien, in Verbänden und über Massenmedien, wirken auf die Willensbildung in den Staatsorganen ein. Regierung und Opposition sowie die sie tragenden politischen Kräfte im Parlament werden bei ihrem Verhalten stets auch die Wählerinnen und Wähler im Blick haben (BVerfG, Urteil vom 17. September 2013 – 2 BvR 2436/10, 2 BvE 6/08 –, NVwZ 2013, 1468 [1470]). Dies alles ist Teil des politischen Prozesses einer freiheitlichen Demokratie, wie das Grundgesetz und die Verfassung für Rheinland-Pfalz ihn verstehen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 23. Oktober 2006 – VGH O 17/05 –, AS 33, 376 [381]; BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 – 2 BvE 1/76 –, BVerfGE 44, 125 [139 f.]; Urteil vom 17. September 2013 – 2 BvR 2436/10, 2 BvE 6/08 –, NVwZ 2013, 1468 [1470]). Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften ist insoweit nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern auch notwendig (VerfGH RP, Urteil vom 23. Oktober 2006 – VGH O 17/05 –, AS 33, 376 [381]).

54

Im Hinblick auf die Intensität der inhaltlichen Einwirkung gilt, dass es den staatlichen Stellen erlaubt ist, unter Wahrung des Neutralitätsgebots im Wege der Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften, soweit sie der Öffentlichkeit ihre Politik, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie die künftig zu lösenden Fragen darlegen und erläutern (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 23. Oktober 2006 – VGH O 17/05 –, AS 33, 376 [382 ff.]; BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 – 2 BvF 1/65 –, BVerfGE 20, 56 [100]). Denn eine verantwortliche Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an der politischen Willensbildung des Volkes setzt voraus, dass der Einzelne von den zu entscheidenden Sachfragen, von den durch die verfassten Staatsorganen getroffenen Entscheidungen, Maßnahmen und Lösungsvorschlägen genügend weiß, um sie beurteilen, billigen oder verwerfen zu können. Dazu vermag staatliche Öffentlichkeitsarbeit einen Beitrag zu leisten (vgl. VerfGH, Urteil vom 23. Oktober 2006 – VGH O 17/05 –, AS 33, 376 [383]).

55

Hingegen ist es den staatlichen Organen verwehrt, sich in amtlicher Funktion im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen, insbesondere durch Werbung die Entscheidung des Wählers zu beeinflussen (vgl. VerfGH, Urteil vom 23. Oktober 2006 – VGH O 17/05 –, AS 33, 376 [382 ff.]; BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 – 2 BvE 1/76 –, BVerfGE 44, 125 [147]).

56

(2) Zulässig können auch Einwirkungen sein, die sich aus der verfassungsmäßigen Gestaltung des Wahlrechts auf die Willensbildung des Volkes ergeben (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 – 2 BvF 1/65 –, BVerfGE 20, 56 [100]). In diesem Sinne gehören zu den besonderen Gründen, die Einschränkungen der Freiheit der Wahl von Verfassungs wegen rechtfertigen können, insbesondere die mit der Wahl selbst verfolgten Ziele, so etwa das Ziel der Sicherung des Charakters der Wahl als eines Integrationsvorgangs bei der politischen Willensbildung des Volkes und, damit zusammenhängend, der Sicherung der Funktionsfähigkeit der zu wählenden Volksvertretung (vgl. entspr. zur Wahlgleichheit und zur Chancengleichheit der politischen Parteien BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2014 – 2 BvE 2/13 u.a. –, juris, Rn. 54 m.w.N.). Auch die Zwecke, eine reibungslose Durchführung der Wahl sicherzustellen und eine Ordnung des Wahlverfahrens zu gewährleisten, sind solche legitimen Ziele, die verfassungsrechtlich in einem Spannungsverhältnis zum Grundsatz der Freiheit der Wahl stehen (vgl. entspr. zur Wahlrechtsgleichheit BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1970 – 2 BvR 225/70 –, BVerfGE 29, 154 [164]; SaarlVerfGH, Urteil vom 29. September 2011 – Lv 4/11 –, NVwZ-RR 2012, 169 [178]).

57

Für die Gestaltung von amtlichen Stimmzetteln folgt daraus, dass insbesondere solche Einschränkungen der Freiheit der Wahl gerechtfertigt werden können, die die äußere Form und das Verfahren der Stimmabgabe betreffen, sich also auf die notwendige Regelung des Vorgangs der Wahl beziehen und sich im Rahmen der Funktionen des Stimmzettels für die Wahl halten. Denn Stimmzettel sollen vor allem dazu dienen, das Wahlergebnis sicher zu erfassen und nachprüfbar zu machen sowie das Wahlgeheimnis zu gewährleisten (vgl. HessStGH, Urteil vom 26. Januar 1995 – P.St- 1171 –, NVwZ 1996, 161 [163]). Sie gehören zu den technischen Hilfsmitteln, die eine reibungslose Durchführung der Wahl sicherstellen sollen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1970 – 2 BvR 225/70 –, BVerfGE 29, 154 [164]).

58

Dementsprechend hat der Verfassungsgerichtshof die sogenannte Wickelfalzung von Stimmzetteln für zulässig erachtet, wenn und soweit diese ausschließlich der Praktikabilität und guten Handhabung dient und nicht auf eine Wahlbeeinflussung gerichtet ist (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 18. September 2006 – VGH W 13/06 –, AS 33, 311 [312 f.]). Andere Verfassungsgerichte haben ähnliche Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit der Faltung von Stimmzetteln und zur Notwendigkeit einer Reihenfolge der Wahlbewerber auf dem Stimmzettel getroffen (vgl. zur Zulässigkeit der Vorfaltung von Stimmzetteln LVerfG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20. Juni 2013 – LVerfG 6/12 – , juris, Rn. 20 ff.; VerfGH NRW, Beschluss vom 29. Januar 2013 – VerfGH 16/12 –; zur Reihenfolge des Abdrucks der Wahlvorschläge LVerfG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20. Juni 2013 – LVerfG 6/12 – , juris, Rn. 14 ff.; HessStGH, Urteil vom 26. Januar 1995 – P.St. 1171 –, NVwZ 1996, 161 [153] m.w.N.).

59

Einschränkungen der Wahlfreiheit durch eine Gestaltung des Stimmzettels aus wahlrechtsbezogenen formalen, den Inhalt der Wahlentscheidung nicht berührenden Gründen, können hiernach gerechtfertigt sein, wenn sie das zur Ordnung des Wahlverfahrens notwendige Maß nicht überschreiten (vgl. zu den Grenzen notwendiger Verfahrensgestaltung in Bezug auf den sogenannten Orientierungspfeil SaarlVerfH, Urteil vom 29. September 2011 – Lv 4/11 –, NVwZ-RR 2012, 169 [177]; differenzierend auch ders., ebd., S. 178 f. zur Reihenfolge der Parteien auf dem Stimmzettel; s. auch zur Unzulässigkeit der Aushändigung zusätzlicher Unterlagen in der Wahlkabine bzw. einem Begleitschreiben bei der Briefwahl ThürOVG, Urteil vom 26. Februar 2009 – 2 KO 238/08 –, juris, Rn. 54 ff.; zur Unzulässigkeit der Einwirkung auf das individuelle Abstimmungsverhalten durch den Aushang ausgefüllter Stimmzettelmuster BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Juni 2013 – Vf: 19-VII-11 –, NVwZ-RR 2014, 81 [83]).

60

(3) Staatliche Einwirkungen auf den Inhalt des Wählerwillens im Zeitpunkt der Stimmabgabe durch eine Gestaltung des Stimmzettels sind dagegen unzulässig. Das gilt selbst dann, wenn sie die Verwirklichung materieller Verfassungsaufträge fördern sollen und keinen parteiergreifenden Charakter haben. Die dann unbedingte Unzulässigkeit der staatlichen Einwirkung auf die Willensbildung des Wählers folgt in diesem Fall bereits aus ihrem unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammentreffen mit dem eigentlichen Wahlakt.

61

Den staatlichen Organen ist eine im Verhältnis zur zeitlichen Nähe des Wahltermins graduell ansteigende Zurückhaltungspflicht auferlegt. In Vorwahlzeiten unterliegen staatliche Einwirkungen auf die Willensbildung des Volkes dem Gebot äußerster Zurückhaltung (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 23. Oktober 2006 – VGH O 17/05 –, AS 33, 376 [383]; BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 – 2 BvE 1/76 –, BVerfGE 44, 125 [151 ff.]; Beschluss vom 23. Februar 1983 – 2 BvR 1765/82 –, BVerfGE 63, 230 [244 f.]). Im nahen Vorfeld der Wahl tritt die Befugnis der Regierung, den Bürger sachlich zu informieren, zunehmend hinter das Gebot zurück, die Willensbildung des Volkes vor den Wahlen nach Möglichkeit von staatlicher Einflussnahme freizuhalten (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 23. Oktober 2006 – VGH O 17/05 –, AS 33, 376 [383 f.]).

62

Eine unbedingte zeitliche Grenze jeder staatlichen Einwirkung auf die Willensbildung des Volkes stellt dabei der eigentliche Wahlakt als der „Grundakt demokratischer Legitimation“ bzw. der „grundlegende Legitimationsakt“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 – 2 BvE 1/76 –, BVerfGE 44, 125 [140]; Beschluss vom 9. Juli 2013 – 2 BvC 7/10 –, NVwZ 2013, 1272 [1273]) dar. Die Stimmabgabe bei der Wahl bildet das wesentliche Element des Prozesses der Willensbildung vom Volk hin zu seinen Repräsentanten und ist damit die Grundlage der politischen Integration (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2013 – 2 BvC 7/10 –, NVwZ 2013, 1272 [1273]). Der Wahlakt ist in höchstem Maße der Integrität bedürftig. In ihm gipfelt der Prozess der politischen Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 – 2 BvE 1/76 –, BVerfGE 44, 125 [140; 143]). Er stellt insoweit nicht nur den Kulminationspunkt der Phase der Willensbildung des Volkes dar, sondern er überschreitet diese zugleich, indem er die eigentliche Betätigung dieses zuvor gebildeten Willens darstellt, nämlich die „Willensbetätigung jedes einzelnen Bürgers als Ursprung der Staatsgewalt in der Demokratie“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 – 2 BvE 1/06 u.a. –, BVerfGE 118, 277 [353]). Die wechselseitige Verschränkung des staatlichen und des gesellschaftlichen politischen Willensbildungsprozesses gilt für ihn folglich nicht. Der Wahlakt als Akt der Betätigung des Willens des Volkes, durch den die zu wählenden Staatsorgane erst kreiert werden, verläuft nur in eine Richtung: In ihm muss sich die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen hin vollziehen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 – 2 BvF 1/65 –, BVerfGE 20, 56 [99]; Urteil vom 2. März 1977 – 2 BvE 1/76 –, BVerfGE 44, 125 [140]). Die eigentliche Stimmabgabe ist daher nicht nur von parteiergreifender staatlicher Einflussnahme, sondern auch von sonstigen inhaltlichen staatlichen Einwirkungen unbedingt frei zu halten.

63

Die Zurückhaltungspflicht des Staates am Wahltag erfährt deshalb eine Zuspitzung in dem Schutz der räumlichen Sphäre des Wahllokals, in und vor dem eine Beeinflussung der Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild bereits einfachgesetzlich verboten ist (vgl. § 32 Bundeswahlgesetz und § 35 KWG; s. auch Hufen, LKRZ 2007, 41 [46]; Buus, LKRZ 2014, 102 [103]). Nochmals gesteigert ist der räumliche Schutz der Wahlfreiheit durch die Privatheit der Wahlkabine, die den Wähler im Zeitpunkt der Stimmabgabe in jeder Hinsicht gegen äußerliche Einflüsse abschirmt. Die Wahlkabine sichert nämlich nicht allein das Wahlgeheimnis ab, sondern auch die Freiheit der Wahl. Die Freiheit der Wahl verdichtet sich im Zeitpunkt der Ausübung des Stimmrechts damit – vorbehaltlich des Sonderfalls der Briefwahl (s. zu dieser zuletzt BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2013 – 2 BvC 7/10 –, NVwZ 2013, 1272 [1273] m.w.N.) – zu einem Schutz auch der räumlichen Sphäre, in der sich der individuelle politische Wille des einzelnen Wählers ungestört entfalten kann. Art. 50 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 76 Abs. 1 LV gewährleistet insoweit auch das Recht, im Zeitpunkt der Stimmabgabe in der Wahlkabine „in Ruhe gelassen zu werden“. Dieser Schutz erstreckt sich auch auf den amtlichen Stimmzettel als dem Medium der Willensbetätigung in der Wahlkabine, dessen sich der Wähler notwendig bedienen muss, um von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Der Stimmzettel ist deshalb in besonderer Weise der Wahlfreiheit des Bürgers verpflichtet (vgl. auch Morlok, NVwZ 2012, 913 [916]).

64

Vor diesem Hintergrund kann eine inhaltliche Einwirkung auf das Ergebnis der Entscheidung des Wählers im Zeitpunkt des Wahlaktes und in der Privatheit der Wahlkabine durch eine Gestaltung des Stimmzettels auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass sie sonstigen, materiellen Verfassungswerten – etwa Gleichheits- und Freiheitsrechten oder Staatszielbestimmungen – diene.

65

Die Wähler sind im freiheitlichen Verfassungsstaat bei der Ausübung ihres Wahlrechts in inhaltlicher Hinsicht an sonstige, materielle Verfassungsvorgaben, insbesondere an die Grundrechte, weder unmittelbar noch mittelbar gebunden (vgl. statt vieler Dreier, in: ders., GG, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Vorb. Rn. 96 ff.; Isensee, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. IX, 3. Aufl. 2011, § 190 Rn. 257; speziell zum Gleichheitssatz Heun, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Art. 3 Rn. 70 ff.). Das Wahlvolk ist insoweit kein Teil der Repräsentation, sondern kreiert im Wahlakt erst dasjenige Organ, dem die repräsentative Aufgabe obliegt: Der Wähler selbst ist keine „repräsentative Figur“; die Wahl ist der ihm – und nicht seinem „verbesserten Ich“ – eröffnete Weg demokratischer Selbstbestimmung (vgl. Hans Meyer, Wahlsystem und Verfassungsordnung, 1973, S. 205). Diese Grundstruktur der freiheitlichen Verfassung steht nicht zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser darf bei der Ordnung des Wahlverfahrens keine künstliche, in der Verfassung selbst nicht angelegte Spannungslage zwischen dem Grundsatz der Freiheit der Wahl auf der einen und einzelnen materiellen Verfassungsaufträgen auf der anderen Seite herbeiführen, indem er die staatliche Aufgabe ihrer Verwirklichung im Wege eines Appells auf dem Stimmzettel an die Wähler zurückdelegiert.

66

b) Ist nach alledem eine inhaltliche staatliche Einwirkung auf die Entscheidung des Wählers von Seiten des Staates durch die Gestaltung des Stimmzettels unzulässig, so spricht – vorbehaltlich weiterer Prüfung im Hauptsacheverfahren – vieles dafür, dass diese Grenze hier überschritten und die Neufassung von § 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie von § 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG durch das 16. KWÄndG mit dem Grundsatz der Freiheit der Wahl gemäß Art. 50 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 76 Abs. 1 LV unvereinbar sind und die Beschwerdeführer zu 2) bis 5) in ihren diesbezüglichen Rechten verletzen.

67

In der Vorgabe, dass der Stimmzettel neben den Namen und dem Vornamen des Wahlbewerbers auch dessen Geschlecht sowie den Text des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG, den Geschlechteranteil in der Vertretungskörperschaft zwei Monate vor der Wahl und Angaben zum Geschlechteranteil auf dem Wahlvorschlag auf aussichtsreichen Plätzen enthalten muss, liegt nach den vorstehenden Maßstäben eine staatliche Einwirkung auf den Inhalt der Wahlentscheidung im Zeitpunkt der Stimmabgabe und damit eine unzulässige Einschränkung des Grundsatzes der Freiheit der Wahl.

68

Dabei ist unerheblich, dass keine parteiergreifende Beeinflussung im Sinne einer Beeinflussung des Wettbewerbs zwischen den Wahlbewerbern, Parteien und Wählergruppen beabsichtigt sein mag und in der Begründung des Änderungsantrags der Antragstellerinnen zu 1) und 2) vom 13. März 2013 (LT-Vorl. 16/2325) – auf den die Vorschriften über die Gestaltung des Stimmzettels zurückgehen (vgl. zum ursprünglichen Entwurf der Landesregierung vom 19. Februar 2013 LT-Drucks. 16/2048; zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses vom 18. April 2013 LT-Drucks. 16/2247; zur letzten Fassung die Änderungsanträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) vom 25. April 2014 LT-Drucks. 17/2271) – lediglich ausgeführt wird, es werde „Transparenz über den Geschlechteranteil“ geschaffen; es stehe in der Entscheidung der Wählerinnen und Wähler, ob sie diese Informationen in die Wahlentscheidung einfließen ließen oder nicht.

69

Für die Annahme einer unzulässigen Einwirkung auf den Inhalt des Wählerwillens im Zeitpunkt der Stimmabgabe genügt es nach den obigen Ausführungen, dass die geschlechterparitätischen Elemente des Stimmzettels in ihrem Zusammenwirken aus der Sicht eines mündigen, verständigen Wählers (s. zum Maßstab VerfGH RP, Urteil vom 18. September 2006 – VGH W 13, 19 und 23/06 –, AS 33, 311 [313]) einen appellativen Charakter entfalten: Der Wähler wird zunächst auf die Wertung des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG hingewiesen, nach der Männer und Frauen gleichberechtigt wird. In Kombination mit dem Abdruck des tatsächlichen Frauenanteils in den kommunalen Vertretungskörperschaften und dem Geschlechteranteil auf dem Wahlvorschlag ergibt sich der an den Wähler gerichtete Appell, bevorzugt Kandidaten des Geschlechts seine Stimme zu geben, welches unterrepräsentiert erscheint. Auf diese Weise wird aus der Formulierung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ faktisch die Aufforderung „Sorge dafür, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind“ (vgl. Buus, LKRZ 2014, 102 [104]). Dafür, dass diese Einwirkung auf den freien Willen der Wählerinnen und Wähler von vornherein objektiv untauglich sein könnte, diese zu dem angesonnenen Verhalten – hier: der vermehrten Wahl von Frauen bzw. entsprechend besetzten Listen – zu bewegen (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 1984 – 2 BvC 2/83 –, BVerfGE 66, 369 [380]; ähnliche Einschränkung auch bei BVerfG, Beschluss vom 21. April 2009 – 2 BvC 2/06 –, BVerfGE 124, 1 [24]), bestehen keine Anhaltspunkte.

70

Diese Einwirkung kann mit dem für sich genommen legitimen verfassungsrechtlichen Ziel der Erhöhung des Frauenanteils in Kommunalvertretungen nicht gerechtfertigt werden. Die Verwirklichung des Verfassungsauftrags aus Art. 17 Abs. 3 Satz 2 LV und Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG stellt zwar an sich ein hohes Gut dar. Durch die Bestimmungen ist ausdrücklich klargestellt, dass sich das Gleichberechtigungsgebot auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. November 2013 – 1 BvR 63/12 –, juris, Rn. 25 m.w.N.; Caesar, in: Grimm/Caesar, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 17 Rn. 25 f.). Sie können als Rechtfertigungsgrund für Förderungsmaßnahmen und die damit verbundene Ungleichbehandlung von Männern und Frauen zugunsten letzterer wirken (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 – 2 BvR 524/01 –, BVerfGE 114, 357 [370]; Heun, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Rn. 105; Osterloh, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 265; Caesar, in: Grimm/Caesar, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 17 Rn. 26). Der Gesetzgeber kann dabei im Rahmen seines Gestaltungsermessens entscheiden, wie er dem Gebot des Art. 17 Abs. 3 Satz 2 LV und des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG nachkommt (vgl. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. I, 5. Aufl. 2005, Art. 3 Rn. 311). Art. 17 Abs. 3 Satz 2 LV und Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG geben dem Landesgesetzgeber aber nach den vorstehenden Maßstäben kein Recht, durch die Gestaltung der amtlichen Stimmzettel auf die unbedingt zu schützende Willensbetätigung der Bürgerinnen und Bürger im Zeitpunkt des eigentlichen Wahlaktes einzuwirken.

71

Dabei kann offen bleiben, ob einzelne Elemente der Stimmzettelgestaltung – insbesondere die Angabe des Geschlechts – für sich genommen noch als verfahrensrechtliche Regelung zur Erleichterung der freien Ausübung des Stimmrechts gerechtfertigt werden könnten. Denn die Angabe des Geschlechts dient im vorliegenden Regelungszusammenhang der praktischen Umsetzbarkeit eines erfolgreichen Appells an den betroffenen Wähler, vorzugsweise Frauen oder entsprechend besetzte Listen zu wählen. Aufgrund dieser dienenden Funktion steht auch die Angabe des Geschlechts in untrennbarem Zusammenhang mit den anderen paritätsbezogenen Elementen des Stimmzettels und nimmt an deren voraussichtlicher Verfassungswidrigkeit teil.

72

c) Sprechen folglich erhebliche Gründe dafür, dass die Neufassung der §§ 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG das Recht der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) aus Art. 50 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 76 Abs. 1 LV verletzen, so kommt es auf eine weiter gehende Erheblichkeit oder Ergebniskausalität („Mandatsrelevanz“) dieser Rechtsverletzungen für den Ausgang der Kommunalwahlen hier nicht an.

73

Das Erfordernis der Mandatsrelevanz von Wahlfehlern wurde für die nachträgliche Kontrolle von Wahlen im Wege des Wahlprüfungsverfahrens entwickelt. Es beruht auf dem Interesse an dem Bestand der bereits gewählten Volksvertretung und trägt der Tatsache Rechnung, dass der mit der Nichtigerklärung einer bereits erfolgten Wahl infolge eines Wahlfehlers verbundene Eingriff in die Zusammensetzung einer gewählten Volksvertretung durch eine wahlprüfungsrechtliche Entscheidung vor dem Interesse an der Erhaltung der gewählten Volksvertretung gerechtfertigt werden muss (BVerfG, Urteil vom 3. März 2009 – 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 – BVerfGE 123, 39 [87]; Glauben, in: Bonner Kommentar, 137. Lfg. [Dez. 2008], Art. 41 Rn. 30 m.w.N.). Auf die vor Durchführung der Wahlen ergehende Eilentscheidung im Rahmen der Verfassungsbeschwerde ist es folglich nicht übertragbar.

74

d) Ob die Neufassung der §§ 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG darüber hinaus die weiteren als verletzt gerügten Grundrechte und sonstigen Rechte, insbesondere die passive Wahlrechtsgleichheit von männlichen Wahlbewerbern (Art. 50 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 76 Abs. 1 LV), die Chancengleichheit der politischen Parteien (Art. 21 GG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 LV; vgl. zur verfassungsunmittelbaren Geltung von Art. 21 GG VerfGH RP, Urteil vom 27. November 2007 – VGH A 22/07 und VGH O 27/07 –, AS 35, 263 [266]) sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 4a LV (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 22. Juni 2004 – VGH B 2/04 – AS 31, 348 [352]) verletzen könnten, kann offenbleiben. Bereits eine Verletzung des Grundsatzes der Freiheit der Wahl führt im Hauptsacheverfahren – vorbehaltlich der dortigen näheren Prüfung – zum Erfolg der Verfassungsbeschwerden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2013 – 2 BvE 6/08, 2 BvR 2436/10 –, NVwZ 2013, 1468 [1476] m.w.N.).

75

3. Die nach alledem im Hinblick auf die Vollziehbarkeit der Neufassung der §§ 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG gebotene Folgenabwägung führt zum Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung.

76

Die für die Aussetzung des Vollzugs eines förmlichen Gesetzes erforderlichen besonders gewichtigen Gründe liegen hier in Anbetracht der überwiegenden Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerden und nach Maßgabe der daran anschließenden weitergehenden Folgenabwägung vor. Es überwiegen die nachteiligen Folgen, welche eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Vorschriften sich aber im Hauptsacheverfahren als verfassungswidrig erwiesen und die Verfassungsbeschwerden begründet wären, diejenigen Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, die angegriffenen Vorschriften sich aber als verfassungsgemäß erwiesen.

77

a) Ergeht die einstweilige Anordnung nicht, erweisen sich aber die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) später als begründet, so entstünden der Allgemeinheit schwere Nachteile.

78

Die Kommunalwahlen wären – wofür, wie unter B.I.2. dargelegt, vieles spricht – auf der Grundlage eines Gesetzes durchgeführt worden, welches den Grundsatz der Freiheit der Wahl aus Art. 50 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 76 Abs. 1 LV verletzt. Die damit einhergehende Verfassungswidrigkeit und eine hieraus folgende Nichtigkeit der gesetzlichen Regelungen hätte einen gravierenden Wahlfehler zur Folge, der aller Voraussicht nach mandatsrelevant wäre und die Wahl insgesamt ungültig machen würde. Bereits dies bedeutete einen schweren Nachteil für das gemeine Wohl, und zwar in mehrfacher Hinsicht: Zum einen träfe das eintretende Legitimationsdefizit nicht nur die Kommunalvertretungen selbst, sondern auch die Gemeindeorgane, die ihre demokratische Legitimation von diesen ableiten, vor allem die Beigeordneten gemäß §§ 50, 53a Gemeindeordnung (vgl. entspr. BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1990 – 2 BvE 6/90, 2 BvE 7/90 –, BVerfGE 82, 353 [369]).

79

Zum anderen könnte die erforderliche Wiederholungswahl nicht die gleiche Legitimität erreichen, wie die ursprüngliche Wahl, da sie zu einem anderen – späteren – Zeitpunkt und in Kenntnis der Ergebnisse der ursprünglichen Wahl stattfinden müsste (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 2012 – 8 C 7/11 –, BVerwGE 142, 124 [126]; vgl. auch zur vorprägenden Wirkung der Ergebnisse der ursprünglichen Wahl ThürVerfGH, Beschluss vom 24. Januar 1997 – Vf 15-IV-96 –, LVerfGE 6, 244 [252 f.]).

80

b) Ergeht die einstweilige Anordnung hingegen – in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang – und hätten die Verfassungsbeschwerden später keinen Erfolg, sind die damit verbundenen drohenden Nachteile weniger gewichtig.

81

In diesem Falle ergingen die anstehenden Kommunalwahlen auf der Grundlage der bisher geltenden Regelungen, obwohl die Neuregelungen verfassungsgemäß wären. Die einstweilige Anordnung wäre insoweit mit einem Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers verbunden; das Ziel des Gesetzgebers, den Anteil von Frauen in den kommunalen Vertretungskörperschaften zu erhöhen, wäre in Bezug auf die dann bereits erfolgten Kommunalwahlen jedenfalls mithilfe der Gestaltung von Stimmzetteln – insoweit irreversibel – nicht mehr erreichbar. Der mit der Neuregelung des Kommunalwahlrechts verfolgte, mit der Verfassung grundsätzlich vereinbare Gestaltungswille des Landesgesetzgebers bliebe deshalb für die anstehenden Wahlen endgültig unbeachtlich.

82

Die anstehenden Kommunalwahlen würden aber auch dann auf eine verfassungsrechtlich unangreifbare Rechtsgrundlage gestellt, wenn sich die angegriffene wahlgesetzliche Regelung später als verfassungsgemäß erwiese. Angesichts der bereits oben dargelegten, in der rechtswissenschaftlichen Literatur geäußerten und in populären Medien aufgegriffenen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen wäre nach der Wahl voraussichtlich in großem Umfang mit Wahlanfechtungen zu rechnen. Für diese wäre aber jeweils zunächst der dezentrale Weg über die Wahlprüfung nach §§ 48, 51, 68 KWG zu beschreiten. Danach müsste für jeden einzelnen Wahlbezirk eine Entscheidung der zuständigen Aufsichtsbehörde über die Gültigkeit der Wahl herbeigeführt und gegebenenfalls im Anschluss daran Klage zu dem zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden.

83

Unter diesen Umständen hat es besonderes Gewicht, dass durch den Erlass der einstweiligen Anordnung eine verfassungsrechtlich unangreifbare Rechtsgrundlage für die Kommunalwahlen herbeigeführt wird (vgl. entspr. BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1990 – 2 BvE 6, 7/90 –, BVerfGE 82, 353 [370]). Das Festhalten an der bisherigen Rechtslage bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache bzw. für die bevorstehenden Kommunalwahlen begründet daher noch keinen Nachteil, der die oben aufgezeigten Konsequenzen einer Wahl auf verfassungswidriger Rechtsgrundlage aufwiegen würde.

84

Nach alledem sind die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch angesichts der an die Außervollzugsetzung eines Parlamentsgesetzes anzulegenden strengen Maßstäbe (vgl. oben B.I.) und mit Blick auf die überwiegenden Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache (vgl. oben B.I.2.) begründet, so dass die Neufassung der §§ 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 KWG außer Vollzug zu setzen ist. Damit entfällt zugleich die Grundlage solcher Regelungen, die zur Ausführung der hier außer Vollzug gesetzten Vorschriften durch die Zehnte Landesverordnung zur Änderung der Kommunalwahlordnung vom 12. August 2013 (GVBl. S. 335) erlassen wurden.

85

4. Die Verschiebung des Wahltermins anstelle der Außervollzugsetzung der Neufassung der genannten Vorschriften kommt nicht in Betracht, weil sie sich nachteiliger als diese auswirken würde (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1989 – 2 BvF 2/89 –, BVerfGE 81, 53 [57]). Die amtierenden Gemeinderäte sind nach § 29 Abs. 1 Gemeindeordnung auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Eine Verschiebung des Wahltermins würde der gesetzlichen Vorgabe in § 71 Abs. 1 KWG zuwiderlaufen, nach der die Wahlen in der Zeit vom 1. April bis 30. Juni jedes fünften auf das Jahr 1974 folgenden Jahres stattfinden. Zugleich hätte sie zur Folge, dass die Kommunalwahlen nicht wie für den 25. Mai 2014 vorgesehen zeitgleich mit der Europawahl stattfinden könnten. Dies hätte erhebliche zusätzliche Kosten für das Land Rheinland-Pfalz zur Folge, denn damit würde, wie der Landeswahlleiter eingehend dargelegt hat, die anteilige Erstattung der Kosten durch den Bund für die Wahlbenachrichtigungen, für den Transport der Briefwahlunterlagen sowie für die Erfrischungsgelder für die Wahlvorstände von rund 1,3 Millionen Euro ausgeschlossen.

II.

86

Die vorsorglich gestellten Anträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind ebenfalls erfolgreich. Sie sind in Akzessorietät zu dem in der Hauptsache zulässigen Normbestätigungsantrag statthaft, denn mit diesem beantragen die Antragstellerinnen zu 1) und 2) in zulässiger Weise, die Vereinbarkeit von § 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1 KWG mit der Landesverfassung festzustellen. Den Antragstellerinnen zu 1) und 2) ist es im Rahmen dieses objektiven Verfahrens möglich, eine einstweilige Regelung zu beantragen. Insoweit ist es den Antragstellerinnen zu 1) und 2) erlaubt, unbeschadet ihrer Überzeugung von der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes dessen einstweilige Außervollzugsetzung für erforderlich zu halten und zu beantragen, um damit eine Klärung der zweifelhaften Rechtslage durch den Verfassungsgerichtshof herbeiführen zu können.

87

Für die einstweilige Anordnung in Bezug auf das auf Normbestätigung gerichtete Normenkontrollverfahren gelten die eingangs unter B.I. dargestellten Voraussetzungen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung entsprechend. Auch insoweit haben Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Hoheitsakte vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, der auf Normbestätigung gerichtete Normenkontrollantrag erwiese sich von vornherein als unzulässig – denn in diesem Falle wäre der Verfassungsgerichtshof auch im Hauptsacheverfahren zu einer Sachentscheidung nicht befugt – oder offensichtlich begründet.

88

1. Der in der Hauptsache verfolgte Normbestätigungsantrag der Antragstellerinnen zu 1) und 2) ist gemäß Art. 130 Abs. 1 LV zulässig.

89

a) Die Statthaftigkeit eines Normbestätigungsantrags folgt aus der objektiven, den Vorrang der Verfassung sichernden Funktion des Normenkontrollverfahrens. Dieses dient in Zweifelsfragen der Klärung der verfassungsrechtlichen Lage und damit dem Rechtsfrieden, weil sie Rechtssicherheit und Gewissheit schafft (vgl. insoweit in einem Normbestätigungsverfahren BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 – 2 BvF 3/02 –, BVerfGE 119, 247 [258]). Das Verfahren ist nicht dazu bestimmt, dem Antragsteller zum Recht zu verhelfen, vielmehr soll dem Recht selbst Geltung verschafft werden (Rein, Das Normbestätigungsverfahren, 1991, S. 120). Vor diesem Hintergrund erspart die Möglichkeit eines Normbestätigungsantrags den nach Art. 130 Abs. 1 Satz 1 LV Antragsberechtigten einen unzulässigen Zwang zur prozessualen Lüge (vgl. Lerche, in: Festschrift für Jauch, 1990, S. 121 [124]), wenn er die Norm gegen seine Überzeugung angreifen müsste, um eine Überprüfung zu erreichen.

90

Für die Zulässigkeit eines Normbestätigungsantrags sprechen ferner systematische Erwägungen. Insbesondere kann der Verfassungsgerichtshof in seiner Urteilsformel im Rahmen des Normenkontrollverfahrens nicht nur einen Antrag auf Normverwerfung ablehnen, sondern auch dessen Verfassungsmäßigkeit positiv feststellen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 11. Juli 2005 – VGH N 25/04 –, juris; s. dazu auch Bier, in: Grimm/Caesar, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 130 Rn. 25). Daraus folgt auch die Zulässigkeit eines auf die Feststellung der Verfassungsmäßigkeit gerichteten Normenkontrollantrags, denn was Entscheidungsinhalt sein kann, muss insoweit auch beantragt werden können (Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 1991, § 8 Rn. 4; ThürVerfGH, Urteil vom 20. April 2004 – VerfGH 14/02 –, LVerfGE 154, 383 [423 f.]).

91

Der Wortlaut der insoweit maßgeblichen Regelungen in Art. 130 Abs. 1 Satz 1 LV, Art. 135 Abs. 1 Nr. 1 LV steht dem nicht entgegen. Danach entscheidet der Verfassungsgerichtshof darüber, „ob“ ein Gesetz verfassungswidrig ist. Auch die Formulierung in § 23 Abs. 1 VerfGHG enthält keinen Hinweis darauf, dass die nach dieser Vorschrift erforderlichen „Bedenken“ gegen die Gültigkeit des Gesetzes vom Antragsteller selbst stammen oder von diesem zumindest geteilt werden müssen.

92

Dementsprechend ist auch nach Maßgabe der ähnlich formulierten Regelung in Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG ein Normbestätigungsantrag zum Bundesverfassungsgericht statthaft, wobei die Einengung der Antragsvoraussetzungen in § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG in der Literatur überwiegend für verfassungswidrig und daher nichtig oder zumindest für verfassungsrechtlich bedenklich gehalten (vgl. Graßhof, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2005, § 76 Rn. 23; Voßkuhle, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2005, Art. 93 Rn. 123; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, § 22 Rn. 688 m.w.N.) und vom Bundesverfassungsgericht selbst lediglich als zulässige gesetzgeberische Konkretisierung des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG angesehen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1997 – 2 BvF 1/93 –, BVerfGE 96, 133 [137]; s. ferner für ein Beispiel eines Normbestätigungsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 – 2 BvF 3/02 –, BVerfGE 119, 247). Das Landesgesetz über den Verfassungsgerichtshof enthält im Unterschied hierzu keine nähere Umschreibung von besonderen Voraussetzungen eines Normbestätigungsantrags.

93

b) Die Zulässigkeit eines nach Art. 130 Abs. 1 LV grundsätzlich statthaften Normbestätigungsantrags setzt indessen ein besonderes, objektiv begründetes Klarstellungsinteresse voraus, welches über dasjenige einfache Klarstellungsinteresse hinausgeht, das für den Normalfall des Normverwerfungsantrags genügt. Das folgt aus der Überlegung, dass für Gesetze im Normalfall eine Vermutung der Verfassungsmäßigkeit spricht (vgl. Süsterhenn/Schäfer, Kommentar der Verfassung für Rheinland-Pfalz, 1950, Art. 130, Anm. 3. b), S. 453 f., im Anschluss hieran BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 7. März 1953 – 2 BvE 4/52 –, BVerfGE 2, 143 [158]). Hiervon ausgehend muss ein konkreter, objektiv begründeter Anlass bestehen, die Frage der Vereinbarkeit des Gesetzes mit der Verfassung dem Verfassungsgerichtshof zu unterbreiten. Vor diesem Hintergrund gelten qualifizierte Anforderungen an die Darlegung von „Bedenken“ im Sinne des § 23 Abs. 1 VerfGHG.

94

Diesen Anforderungen ist unter anderem genügt, wenn in der wissenschaftlichen Literatur ernst zu nehmende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Vorschrift geäußert werden (vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, § 22 Rn. 687). Das ist hier der Fall angesichts der deutlichen Formulierungen von Laubinger in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht, wonach „[D]iese Wahlempfehlungen auf den Stimmzetteln […] eindeutig gegen die von der Landesverfassung und dem Grundgesetz gewährleistete Freiheit der Wahl […]“ verstießen und die Nichtigkeit der Wahl nach sich zögen (Laubinger, NVwZ 2014, 121 [125]) und von Buus in der Zeitschrift für Landes- und Kommunalrecht Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland, wonach „die Einführung der paritätsbezogenen Angaben auf dem Stimmzettel […] verfassungswidrig“ seien (Buus, LKRZ 2014, 102 [106]).

95

2. Der nach alledem zulässige Normbestätigungsantrag der Antragstellerinnen zu 1) und 2) ist auch nicht offensichtlich begründet. Im Gegenteil sprechen erhebliche Gründe dafür, dass er unbegründet ist, weil Art. 1 Nr. 12, Nr. 13 und Nr. 24 KWÄndG – wie dargelegt (s. unter B.I.) – mit der Verfassung für Rheinland-Pfalz vorbehaltlich einer näheren Prüfung im Hauptsacheverfahren unvereinbar sind, soweit damit § 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und § 56 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 5 des KWG neu gefasst werden. Die daran anschließende Folgenabwägung ergibt, wie bereits ausgeführt (s. unter B.I.3.), ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Aussetzung des Vollzugs dieser Vorschriften.

III.

96

Soweit die Beschwerdeführer zu 2) bis 5) darüber hinaus die Neufassung von §§ 15 Abs. 4 und 73 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 KWG durch Art. 1 Nr. 4 und Nr. 26 a) des Sechzehnten Landesgesetzes zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes angreifen, bleiben die zulässigen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Erfolg. Auf eine Folgenabwägung kommt es dabei nicht an, denn die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) sind insoweit bereits unzulässig.

97

Das folgt in Bezug auf § 73 Abs. 1 Satz 1 KWG schon daraus, dass die Frist für die Erhebung der Rechtssatzverfassungsbeschwerde, die gemäß § 46 Abs. 3 VerfGHG ein Jahr beträgt, abgelaufen ist, denn diese Regelung wurde mit dem 6. KWÄndG nicht neu gefasst.

98

Hinsichtlich der übrigen angegriffenen Bestimmungen sind die Verfassungsbeschwerden unzulässig, weil keiner der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer gegenwärtigen, unmittelbaren Verletzung in eigenen Rechten dargetan hat. Aus der Begründung einer Verfassungsbeschwerde muss bei objektiver Beurteilung zumindest die Möglichkeit einer Verletzung der geltend gemachten Grundrechte erkennbar werden (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 16. August 1994 – VGH B 15/93 -, NJW 1995, 444 [445]). Dies umfasst auch die Darlegung, inwieweit der Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die angegriffene Maßnahme in eigenen Rechten beeinträchtigt wird (VerfGH RP, Urteil vom 22. Juni 2004 – VGH B 2/04 –, AS 31, 348 [350]; Urteil vom 29. Januar 2007 – VGH B 1/06 -, AS 34, 169 [180]).

99

Für den Fall der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz bedeutet das Erfordernis, selbst betroffen zu sein, dass der Beschwerdeführer dem Grundsatz nach selbst Normadressat sein muss. Das ist der Fall, wenn der normierte Tatbestand durch die Person des Beschwerdeführers erfüllt wird und daraus Rechte oder Pflichten für ihn entstehen (Ruppert, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 90 Rn. 81; Schmidt-Bleibtreu, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 90 Rn. 356). Ist das Gesetz an einen anderen gerichtet, ist eine eigene Betroffenheit anzunehmen, wenn es zu direkten rechtlichen Nachteilen und nicht nur faktischen, reflexhaften Beeinträchtigungen für den Beschwerdeführer führt (vgl. Ruppert, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 90 Rn. 81; Schmidt-Bleibtreu, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 90 Rn. 356). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

100

1. Die Verfassungsbeschwerden sind in Bezug auf die durch Artikel 1 Nr. 4 eingeführte Sollvorschrift in § 15 Abs. 4 Satz 1 KWG („Frauen und Männer sollen gleichmäßig in Vertretungskörperschaften repräsentiert sein [Geschlechterparität]“) unzulässig, weil die Beschwerdeführer insoweit zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde nur ausgeführt haben, die „unverbindliche Sollvorschrift des § 15 Abs. 4 KWG in einem Wahlgesetz“ sei „ebenso widersinnig wie rechtlich zweifelhaft“. Eine eigene Grundrechtsbetroffenheit ist damit indessen nicht dargetan. Eine solche ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, denn die Vorschrift enthält lediglich eine allgemeine, unspezifische Absichtsbekundung des Gesetzgebers.

101

2. Auch soweit die Beschwerdeführer zu 2) bis 5) § 15 Abs. 4 Satz 2 KGW angreifen, sind ihre Verfassungsbeschwerden unzulässig, weil die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte nicht dargetan ist.

102

Die Vorschrift ist an die Parteien und Wählergruppen adressiert. Auf eine mögliche Verletzung der Rechte der örtlichen Untergliederungen der Partei als eigentlichen Adressatinnen der Regelungen können sich die allenfalls reflexhaft betroffenen Beschwerdeführer zu 2) bis 5) als deren Mitglieder nicht – auch nicht im Sinne einer Prozessstandschaft – berufen. Zudem handelt es sich nicht um eine verpflichtende Vorschrift, sondern lediglich um einen Appell.

103

Aber selbst wenn man eine unmittelbare Betroffenheit der eigenen Rechtsstellung der Beschwerdeführer durch den an die örtlichen Untergliederungen ihrer Partei adressierten Appell für das Wahlaufstellungsverfahren in § 15 Abs. 4 Satz 2 KGW, „Geschlechterparität anzustreben“, prinzipiell für möglich hielte, wäre die Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung im konkreten Falle der Beschwerdeführer nicht dargetan. Insbesondere scheidet die gerügte Verletzung ihrer (passiven) Wahlrechtsgleichheit sowie des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers zu 4) schon deshalb aus, weil die Beschwerdeführerin zu 1) durch den Appell in § 15 Abs. 4 Satz 2 KWG offenkundig nicht davon abgehalten wurde, die Beschwerdeführer aufzustellen. Das gilt auch für die Beschwerdeführerin zu 3), denn deren Aufstellung hat der Kreisverband K. der Beschwerdeführerin zu 1) nicht etwa deshalb zurückgenommen, weil männliche Bewerber vorgezogen werden sollten, sondern ausdrücklich deshalb, weil eine „stumme Zustimmung“ zu dem mit Bezug auf die Rechte intersexueller Menschen für verfassungswidrig erachteten Kommunalwahlgesetz vermieden werden sollte.

104

Die Möglichkeit einer eigenen Grundrechtsverletzung der Beschwerdeführerinnen zu 3) und zu 5) ist im Übrigen auch deshalb ausgeschlossen, weil die Beschwerdeführer vortragen, die Beschwerdeführerin zu 1) verfüge überwiegend über männliche Wahlbewerber, so dass nicht dargetan oder ersichtlich ist, weshalb § 15 Abs. 4 KGW die Beschwerdeführerinnen zu 3) und zu 5) als weibliche Bewerberinnen nachteilig in ihren eigenen Rechten berühren könnte. Soweit ihr Vortrag so zu verstehen sein sollte, dass sie eine Verletzung der Rechte männlicher Wahlbewerber geltend machen, wären sie hierzu nicht befugt. Die Möglichkeit einer Popularbeschwerde zugunsten männlicher Wahlbewerber ist in den einschlägigen Regelungen über die Verfassungsbeschwerde in Rheinland-Pfalz (Art. 130a LV, §§ 44 ff. VerfGHG) nicht vorgesehen (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – VGH B 1/01 –, AS 29, 207 [209]).

105

3. In Bezug auf § 73 Abs. 1 Sätze 2 und 3 KWG sind die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) ebenfalls unzulässig, weil die Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung nicht dargetan ist.

106

Soweit die Paritätsstatistik eine Vorwirkung auf das Aufstellungsverfahren der Parteien entfalten sollte, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Insbesondere ist angesichts dessen, dass die Beschwerdeführer zunächst sämtlich – einschließlich der Beschwerdeführerin zu 3) – von ihrer Partei aufgestellt wurden, die Möglichkeit einer Verletzung ihres passiven Wahlrechts nicht dargetan oder ersichtlich.

107

Auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 4a LV hat sich nur der Beschwerdeführer zu 4) ausdrücklich berufen; auch insoweit fehlt es aber an einer Darlegung der Möglichkeit einer eigenen Grundrechtsverletzung. Die Gewährleistung betrifft das Recht des Einzelnen, über die Erhebung und weitere Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten selbst zu bestimmen. Damit umfasst sie die Befugnis jedes Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen (VerfGH RP, Urteil vom 22. Juni 2004 – VGH B 2/04 –, AS 31, 348 [352]). Indessen wird durch § 73 Abs. 1 Sätze 2 und 3 KWG nur die staatliche Verwendung von unpersönlichen, bereits durch die Parteien und Wählergruppen erhobenen, anonymisierten und von der individuellen Person des einzelnen Wahlbewerbers völlig entkoppelten statistischen Daten zu einem für sich genommen zulässigen staatlichen Zweck, nämlich der Information der Wähler über den Stand der Verwirklichung des Verfassungsauftrags aus Art. 17 Abs. 3 LV und aus Art. 3 Abs. 2 GG, geregelt. Dieser Zweck behält auch dann seinen legitimen Anwendungsbereich, wenn eine Information der Wähler im Wege des Stimmzettels wegen der damit verbundenen Verletzung von Art. 50 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 76 Abs. 1 LV ausscheidet (s. oben B.I.2.b).

108

Im Übrigen scheidet auch deshalb die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch die Regelung aus, weil das Fehlen der Angabe des Geschlechts eines einzelnen Bewerbers gemäß § 23 Abs. 2 Satz 3 KWG nicht automatisch zur diesbezüglichen Ungültigkeit des Wahlvorschlags führt; der Bewerber kann folglich – soweit er aufgrund der übrigen Angaben identifiziert werden kann – nicht allein deshalb von dem Wahlvorschlag gestrichen werden. Insoweit lassen die Regelungen auch Spielraum für die Berücksichtigung besonderer Einzelfälle, in denen ein biologisches Geschlecht eines Wahlbewerbers aus vorrangigen Gründen nicht angegeben werden kann.

IV.

109

Der Eilantrag der Beschwerdeführerin zu 1) bleibt in vollem Umfang erfolglos, weil ihre Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig ist. Die Beschwerdeführerin zu 1) ist als politische Partei, die sich auf ihre Rechte aus Art. 21 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 LV (Chancengleichheit) und aus Art. 21 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 LV (Freiheit der Wahl) beruft, im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht beschwerdefähig. Denn insoweit macht sie eine Verletzung ihres verfassungsrechtlichen Status als Partei durch die rechtliche Gestaltung des Wahlverfahrens geltend (vgl. grundlegend BVerfG, Plenarbeschluss vom 20. Juli 1954 – 1 PBvU 1/54 –, BVerfGE 4, 27 [30 f.]; speziell in Bezug auf Gemeinderatswahlen BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1957 – 2 BvH 1/56 –, BVerfGE 6, 367 [371 f.]; s. auch zuletzt BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 – 2 BvE 11/12 –, NVwZ 2013, 568 [569]; zur Geltendmachung des Verstoßes gegen Wahlrechtsgrundsätze auch Badura, in: Bonner Kommentar, 161. Lfg. [Mai 2013], Anhang zu Art. 38 Rn. 33). Zur Durchsetzung dieser statusmäßigen Rechte ist sie gemäß § 44 Abs. 4 VerfGHG grundsätzlich auf die Verfahren nach Art. 130 Abs. 1 LV verwiesen (vgl. insoweit VerfGH RP, Urteil vom 27. November 2007 – VGH A 22/07 und VGH O 27/07 –, AS 35, 263 [266]).

C.

110

Das Verfahren ist gemäß § 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei. Die Anordnung der teilweisen Auslagenerstattung zugunsten der Beschwerdeführer zu 2) bis 5) für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes folgt aus § 21a Abs. 3 VerfGHG. Der Verfassungsgerichtshof hat im Rahmen seiner diesbezüglichen Ermessensentscheidung berücksichtigt, dass die Entscheidung zumindest in ihrer faktischen Wirkung im Hinblick auf die anstehenden Kommunalwahlen einer teilweisen Vorwegnahme der Hauptsache gleichkommt. Für diese gilt nach § 21a Abs. 1 VerfGHG, dass einem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet erweist.

111

In Bezug auf die Antragstellerinnen zu 1) und 2) gilt hingegen der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine eigenen Auslagen selbst trägt; hiervon gemäß § 21a Abs. 3 VerfGHG abzuweichen, besteht kein Anlass.

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