Beschluss vom Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz - VGH B 14/16
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
A.
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Die Rechtssatzverfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen Vorschriften des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages und des Landesglücksspielgesetzes vom 22. Juni 2012 (GVBl. S. 166, Anlage 1 – LGlüG –, und GVBl. S. 173, Anlage 2 – GlüÄndStV –) in der Fassung des am 22. August 2015 in Kraft getretenen Ersten Landesgesetzes zur Änderung des Landesglücksspielgesetzes vom 18. August 2015 (GVBl. S. 190). Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Erlaubnisvorbehalt, das Gebot des Mindestabstands von Einrichtungen für Minderjährige und von anderen Spielhallen sowie die Stichtags- und Übergangsregelung.
I.
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Die angegriffenen Vorschriften lauten wie folgt:
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Art. 1 Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland
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(Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV)
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Erlaubnisse
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(1) Unbeschadet sonstiger Genehmigungserfordernisse bedürfen die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle einer Erlaubnis nach diesem Staatsvertrag.
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(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 zuwiderlaufen. Sie ist schriftlich zu erteilen und zu befristen. Die Erlaubnis kann, auch nachträglich, mit Nebenbestimmungen versehen werden.
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(3) Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.
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Beschränkungen von Spielhallen
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(1) Zwischen Spielhallen ist ein Mindestabstand einzuhalten (Verbot von Mehrfachkonzessionen). Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.
[…]
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Übergangsregelungen
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[…]
- 16
(4) Die Regelungen des Siebten Abschnitts finden ab Inkrafttreten dieses Staatsvertrags Anwendung. Spielhallen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Staatsvertrags bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33 i Gewerbeordnung erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrages endet, gelten bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags als mit §§ 24 und 25 vereinbar. Spielhallen, für die nach dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33 i Gewerbeordnung erteilt worden ist, gelten bis zum Ablauf von einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Staatsvertrags als mit §§ 24 und 25 vereinbar. Die für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 zuständigen Behörden können nach Ablauf des in Satz 2 bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 für einen angemessenen Zeitraum zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33 i Gewerbeordnung sowie die Ziele des § 1 zu berücksichtigen. Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.
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§ 11 LGlüG (in der Fassung des Landesglücksspielgesetzes vom 22. Juni 2012)
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Spielhallen
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(1) Eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle darf nur erteilt werden, wenn
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1. die Ziele des § 1 GlüStV nicht entgegenstehen,
[…]
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4. die Spielhalle einen Mindestabstand von 500 Metern Luftlinie zu einer anderen Spielhalle oder zu einer Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, nicht unterschreitet.
- 22
Die zuständige Erlaubnisbehörde kann mit Zustimmung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standorts und der Lage des Einzelfalls Ausnahmen von dem nach Satz 1 Nr. 4 festgesetzten Mindestabstand zulassen.
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Das Landesglücksspielgesetz wurde mit dem Ersten Landesgesetz zur Änderung des Landesglücksspielgesetzes vom 18. August 2015 (GVBl. S. 190), das am 22. August 2015 in Kraft getreten ist, unter anderem dahingehend geändert, dass in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG vor das Wort „Einrichtung“ die Worte „öffentlichen oder privaten“ eingefügt wurde. Die Vorschrift lautet nunmehr:
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[…] erteilt werden, wenn […]
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4. die Spielhalle einen Mindestabstand von 500 Metern Luftlinie zu einer anderen Spielhalle oder zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, nicht unterschreitet.
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Des Weiteren wurde ein neuer § 11a eingefügt. Die Vorschrift lautet:
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Bestandsspielhallen
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(1) Für den Betrieb einer Spielhalle, die zum 1. Juli 2012 bestanden hat und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages endet (Bestandsspielhallen), ist gemäß § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV nach dem 30. Juni 2017 eine Erlaubnis gemäß § 11 Abs. 1 erforderlich. Der Erlaubnisantrag soll bei der zuständigen Behörde bis zum 31. Dezember 2015 gestellt werden. Wechselt der Betreiber der Spielhalle vor Ablauf der Übergangsfrist, gelten die Sätze 1 und 2 auch für den neuen Betreiber der Spielhalle.
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(2) Konkurrieren mehrere in einem baulichen Verbund stehende Spielhallen um eine Erlaubnis, kann diese vorbehaltlich der Regelung in Absatz 3 nur dem Betreiber der länger bestehenden Spielhalle erteilt werden, sofern die Erlaubnisvoraussetzungen im Übrigen erfüllt sind. Bei gleich lang bestehenden Spielhallen ist eine Auswahlentscheidung unter Abwägung der Gesamtumstände zu treffen. Soweit mehrere Spielhallen, zwischen denen der Mindestabstand nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 nicht eingehalten wird, um eine Erlaubnis konkurrieren, kann diese vorbehaltlich der Regelung in Absatz 4 nur dem Betreiber der länger bestehenden Spielhalle erteilt werden, sofern die Erlaubnisvoraussetzungen im Übrigen erfüllt sind. Bei gleich lang bestehenden Spielhallen gilt Satz 2 entsprechend.
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(3) Eine Befreiung im Sinne des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV von den Vorgaben des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 soll zugelassen werden, wenn die Gesamtzahl der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit in den in einem baulichen Verbund stehenden Spielhallen 48 nicht überschreitet. Für den Nachweis der Anforderung gilt Folgendes:
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1. betreibt dieselbe Person die in einem baulichen Verbund stehenden Spielhallen, hat sie darzulegen, dass die Gesamtzahl der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit 48 nicht überschreitet;
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2. betreiben mehrere Personen die in einem baulichen Verbund stehenden Spielhallen für dasselbe Unternehmen, hat das Unternehmen darzulegen, dass die Gesamtzahl der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit 48 nicht überschreitet.
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Betreiben mehrere Personen, die nicht demselben Unternehmen angehören, die in einem baulichen Verbund stehenden Spielhallen, sollen die Betreiber der jeweils länger bestehenden Spielhalle eine Befreiung erhalten, wenn die Gesamtzahl der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit 48 nicht überschreitet. Konkurrieren mehrere gleich lang bestehende Spielhallen um eine Befreiung nach Satz 3, ist eine Auswahlentscheidung unter Abwägung der Gesamtumstände zu treffen.
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(4) Eine Befreiung im Sinne des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV von den Vorgaben des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 soll zugelassen werden, wenn dies aus Gründen des Vertrauens- und Bestandsschutzes erforderlich ist.
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(5) Die Befreiung nach den Absätzen 3 und 4 darf nicht über die Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrages hinaus zugelassen werden. Sie bedarf der Zustimmung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion.
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Ferner wendet der Beschwerdeführer sich gegen § 15 Abs. 3 LGlüG. Dieser lautete in der ursprünglichen Fassung:
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(3) Für die Erteilung der Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle nach § 24 Abs. 1 GlüStV und aller damit zusammenhängenden Entscheidungen ist die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung zuständige Behörde zuständig. Die Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung schließt die glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV mit ein (Konzentrationswirkung). Die Erlaubnisbehörde beteiligt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion und holt deren Zustimmung ein. Wird die Zustimmung versagt, darf die Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV nicht erteilt werden.
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Durch das Erste Landesgesetz zur Änderung des Landesglücksspielgesetzes vom 18. August 2015 wurde dem Absatz 3 ein weiterer Satz angefügt:
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„Auf Verlangen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ist die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung zuständige Behörde verpflichtet, ein Verfahren auf Widerruf der Erlaubnis, Änderung oder nachträgliche Aufnahme von Nebenbestimmungen einzuleiten. Für Aufsichtsmaßnahmen gegenüber einer Spielhalle aufgrund dieses Gesetzes ist die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zuständig.“
II.
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1. Der Beschwerdeführer betreibt auf dem Gebiet der Verbandsgemeinde B. eine Spielhalle, die mit Bescheid vom 21. Juni 2012 nach § 33i Abs. 1 Gewerbeordnung – GewO – genehmigt wurde. In einem Abstand von 500 m Luftlinie befinden sich die Realschule Plus B. (ca. 380 m), die Grundschule B. (ca. 320 m), und der evangelische Kindergarten (ca. 210 m). Des Weiteren befindet sich in weniger als 100 m Entfernung eine weitere Spielhalle eines anderen Betreibers („Casino X.“).
- 42
Am 1. Juli 2012 traten die einschlägigen Regelungen des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags und des Landesglücksspielgesetzes vom 22. Juni 2012 (GVBl. S. 166, Anlage 1 – LGlüG –, und GVBl. S. 173, Anlage 2 – GlüÄndStV –) in Kraft. Mit Datum vom 25. November 2013 beantragte der Beschwerdeführer eine Erlaubnis nach § 11 LGlüG.
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Mit Bescheid vom 16. Februar 2016 ordnete die Verbandsgemeindeverwaltung B. unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Schließung der Spielhalle an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG in Verbindung mit § 24 Abs. 1 GlüStV dürfe nur dann erteilt werden, wenn die zu genehmigende Spielhalle einen Mindestabstand von 500 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle oder zu einer Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht werde, unterschreite. Dieser Mindestabstand sei hier nicht gegeben. Zu prüfen sei jedoch, ob eventuell gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG eine Ausnahme zugelassen werden könne. Dies komme hier jedoch nicht in Betracht. Eine Spielhalle dürfe nur ausnahmsweise zugelassen werden, wenn nicht zu erwarten sei, dass Jugendliche dadurch gefährdet werden könnten. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Realschule Plus B. nur ca. 360 m Luftlinie entfernt sei. Die dadurch angesprochene Zielgruppe (Minderjährige ab zehn Jahren) sei besonders gefährdet.
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Nach Einlegung eines Widerspruchs durch den Beschwerdeführer und Stellung eines Aussetzungsantrags setzte die Behörde den Sofortvollzug mit Bescheid vom 9. März 2016 aus.
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2. Zur Begründung seiner am 4. Mai 2016 eingegangenen Rechtssatzverfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, diese sei zulässig.
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Die Jahresfrist nach § 46 Abs. 3 VerfGHG sei gewahrt. Zwar sei das erste Landesglücksspielgesetz – das bereits eine Mindestabstandsregelung enthalten habe – bereits im Juni 2012 beschlossen worden. Die zentralen Änderungen des Gesetzes seien jedoch erst im August 2015 beschlossen worden. Diese hätten so großes Gewicht, dass auch das ursprüngliche Gesetz wieder angefochten werden könne und die Jahresfrist erneut in Lauf gesetzt worden sei.
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Eine Rechtswegerschöpfung sei entbehrlich. Der Verfassungsgerichtshof könne unmittelbar angerufen werden. Hierfür spreche, dass das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bereits in zwei Entscheidungen die Übergangsfristen und die Mindestabstandsregelung gebilligt habe. Die Anrufung der Verwaltungsgerichte sei daher offensichtlich aussichtslos. Zudem begehe er im Falle des Weiterbetriebs der Spielhalle während der gerichtlichen Verfahren eine Ordnungswidrigkeit. Die Frage, ob das Mindestabstandsgebot verfassungskonform sei, bedürfe keiner tatsächlichen oder rechtlichen Klärung durch die Fachgerichte. Insbesondere sei die Unterschreitung des Mindestabstands seiner Spielhalle zu der Konkurrenzspielhalle „Casino X.“ offensichtlich und unstreitig. Das Verfahren habe zudem allgemeine Bedeutung.
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In der Sache beruft der Beschwerdeführer sich auf eine Verletzung seines Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 58 Abs. 1 LV, seines Eigentumsgrundrechts aus Art. 60 LV und auf eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 17 LV durch die angegriffenen Regelungen. Hierzu führt er im Einzelnen aus:
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a) Die angegriffenen Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes und des Glücksspielstaatsvertrages seien aus verschiedenen Gründen formell und materiell verfassungswidrig und griffen unverhältnismäßig stark in seine Grundrechte ein.
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aa) Es fehle bereits an der Erforderlichkeit, eine „dritte glücksspielrechtliche Erlaubnis“ einzuführen. Als gleich effektive, mildere Mittel zur weiteren Reduktion der Spielsucht kämen (zusätzliche) Schulungsmaßnahmen für die Spielhallenmitarbeiter, Entwicklung von effektiven Sozialkonzepten, gezielte Informationen, Beratungen, effektive Kontrollen in der Praxis und Warnungen in Betracht. Durch die bundeseinheitliche Spieleverordnung seien bereits im Hinblick auf den Jugendschutz, das Rauchverbot und die Bekämpfung pathologischen Spielverhaltens Maßnahmen ergriffen worden, die sowohl ebenso gut geeignet als auch weniger einschneidend seien als die vom Glücksspielstaatsvertrag und dem rheinland-pfälzischen Ausführungsgesetzgeber vorgesehenen Maßnahmen.
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Es sei sachwidrig und unverhältnismäßig, ausgerechnet diejenigen neuen Spielhallenbetreiber, denen nach dem 28. Oktober 2011 eine gewerbliche Erlaubnis erteilt worden sei, per se von der Befreiungsmöglichkeit auszuschließen. Denn gerade die neuen Spielhallenbetreiber hätten ihre Investitionen noch nicht amortisieren können. Die Regelungen seien auch im engeren Sinne unverhältnismäßig. Das Mindestabstandsgebot, erst Recht in Kombination mit dem Mehrfachkonzessionsverbot, beeinträchtige nicht nur die verfassungsrechtlich garantierte Handlungsfreiheit von Millionen keineswegs gefährdeter Spieler. Die gesetzgeberischen Maßnahmen böten zudem „Chancen“ für Umgehungen und schwierig zu kontrollierende Spielformen, denen durch nationale Maßnahmen nicht beizukommen sei. Die gesetzliche Maßnahme gefährde außerdem einen wichtigen Wirtschaftszweig mit 70.000 Arbeitsplätzen bundesweit, davon zu einem erheblichen Teil in eher strukturschwachen Regionen.
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Das Gebot des Mindestabstands zu Jugendeinrichtungen sei schon deshalb unverhältnismäßig, weil Minderjährige kraft Bundesrechts zu Spielhallen ohnehin keinen Zutritt hätten und die Spielhallenbetreiber durchgehend durch eine ständige Aufsicht und zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen an den Geräten sicherstellen müssten, dass kein Minderjähriger die Spielhalle betrete. Eine effektive Kontrolle der Umsetzung dieser Regelungen sei ein deutlich milderes Mittel als die Schließung von Spielhallen, aber gleich effektiv. Gesetzgebung und Judikative müssten den Nachweis erbringen, dass selbst zumutbare Kontrollen der Behörden keinen messbaren Beitrag für die Problemlösung liefern könnten. Dieser Nachweis fehle.
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bb) Die Regelungen seien ferner aus verschiedenen Gründen (objektiv) verfassungswidrig, so dass sie seine Grundrechte nicht verfassungskonform einschränken könnten:
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(1) In Bezug auf die Stichtagsregelung (§ 29 Abs. 4 GlüStV) gebe es keine spezifischen Gründe des rheinland-pfälzischen Verfassungsrechts, die dagegen sprächen, die Argumentation des Staatsgerichtshofs (nunmehr: Verfassungsgerichtshofs) Baden-Württemberg vom 17. Juni 2014 (1 VB 15/13) – wonach die Stichtagsregelung verfassungswidrig sei – für die Verfassungslage in Rheinland-Pfalz zu übernehmen. Es sei nicht plausibel, den Stichtag 28. Oktober 2011 auf seine Konstellation anzuwenden: Er habe bereits mit Antrag vom 8. Juni 2011, also lange vor dem sogenannten Stichtag, eine Erlaubnis nach § 33i GewO beantragt. Aufgrund „behördlicher Prozessverschleppung und Anforderung eines offensichtlich unnötigen Gutachtens durch die höhere Behörde“ sei die Genehmigung jedoch erst am 20. Juni 2012, also nach knapp einem Jahr erteilt worden. Gerade in solchen Konstellationen wie der vorliegenden, in denen die Behörde es zumindest objektiv verhindert habe, dass der Spielhallenbetreiber unter die fünfjährige Übergangsfrist falle, begegne der Stichtag gravierenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
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(2) § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 sowie § 11a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 sowie § 11a Abs. 4 LGlüG verletzten „die aus Art. 74, 75 und 77 LV abgeleitete verfassungsrechtliche Wesentlichkeitstheorie“. Die Auswahlentscheidung der Verwaltung, welche Spielhalle(n) im Falle einer Konkurrenzsituation geschlossen werden sollten, enthalte den schwerstmöglichen Eingriff in die Grundrechte der Spielhallenbetreiber. Die frühere gesetzliche Regelung habe überhaupt keine gesetzlichen Auswahlkriterien enthalten und sei schon aus diesem Grunde in Gänze verfassungswidrig gewesen. Dieser Verfassungsverstoß sei durch das neue Gesetz nicht geheilt worden. Insbesondere für Konkurrenzspielhallen, die beide nur unter die kurze einjährige Übergangsfrist fielen, enthalte das neue Spielhallenrecht keine brauchbaren Kriterien. Aber selbst wenn § 11a Abs. 2 LGlüG auf Konkurrenzspielhallen mit einjähriger Übergangsfrist anwendbar wäre, führte dies im Ergebnis zur Verfassungswidrigkeit der Norm. Denn die Auswahlkriterien seien ihrerseits verfassungswidrig. Es sei nicht sachgerecht, grundsätzlich nur den „älteren“ Spielhallenbetrieb zu begünstigen.
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(3) Die Regelungen – insbesondere das Mindestabstandsgebot – seien auch formell verfassungswidrig, weil dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehle. Die in der Föderalismusreform übertragene Zuständigkeit der Länder für Spielhallen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) umfasse nur die (räumlich radizierte) Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO, nicht das gewerbliche Spielrecht der §§ 33c bis g GewO.
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(4) Des Weiteren liege ein Verstoß gegen die Konnexitätsregelung in Art. 49 Abs. 5 LV vor, so dass die Regelungen auch aus diesem Grunde verfassungswidrig seien und sein Grundrecht der Berufsfreiheit nicht verfassungskonform einschränken könnten.
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b) Art. 17 LV sei ebenfalls verletzt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber ein Mindestabstandsgebot gegenüber Einrichtungen statuiere, die überwiegend dem Besuch von Minderjährigen dienten. Damit seien auch z.B. Arztpraxen erfasst, die nur Kleinkinder und Babys behandelten, sowie Hebammenpraxen, Vorschulen und Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder. Diese seien nicht imstande, ihr Taschengeld in Spielautomaten zu werfen.
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Ferner liege eine gravierende Ungleichbehandlung vor, weil nur die Spielhallenbetreiber, die den Mindestabstand zu einer Einrichtung für Minderjährige nicht wahrten, sanktioniert würden, die nicht in einem Gebäudekomplex untergebracht seien. Spielhallenbetreiber, die ihre Einzelspielhalle innerhalb eines Gebäudekomplexes hätten, in dem sich auch die Einrichtung für Minderjährige befinde, hätten hingegen nichts zu befürchten.
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Auch das Gebot des Mindestabstands von anderen Spielhallen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG) verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 17 Abs. 1 LV. Er selbst sei zwar nicht von der Problematik – die sich vor allem dadurch ergebe, dass der Gesetzgeber beim Mindestabstand nur und ausschließlich auf den Luftlinienabstand und nicht auf den Fußweg abstelle – betroffen, könne die Gleichheitsverletzung aber rügen, weil ein materiell verfassungswidriges Gesetz seine Berufsfreiheit nicht verfassungskonform einschränken könne.
B.
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Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie kann daher durch einstimmigen Beschluss des gemäß § 15a Abs. 1 Satz 2 Landesgesetz über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG – gebildeten Ausschusses zurückgewiesen werden.
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Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Grundsatz der Subsidiarität des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht gewahrt ist. Der Beschwerdeführer muss zunächst das Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren gegen die Schließungsverfügung beenden und gegebenenfalls um fachgerichtlichen Rechtsschutz ersuchen.
I.
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Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert, dass ein Beschwerdeführer – über das Gebot der Rechtswegerschöpfung im engeren Sinne hinaus (vgl. § 44 Abs. 3 VerfGHG) – vor der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, AS 25, 194 [197]; Beschluss vom 20. November 2000 – VGH A 11/00 –, NVwZ 2001, 193 [194]; Urteil vom 22. Juni 2004 – VGH B 2/04 –, AS 31, 348 [351]; Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VGH B 23/13 –, AS 42, 101 [105 f.]). Bedarf ein Gesetz rechtsnotwendig oder nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis der Umsetzung durch einen besonderen Vollzugsakt, muss der Beschwerdeführer zunächst den Vollzugsakt angreifen und den gegen ihn eröffneten Rechtsweg erschöpfen, bevor er die Verfassungsbeschwerde erhebt (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 22. Juni 2004 – VGH B 2/04 –, AS 31, 348 [351]; Urteil vom 29. November 2011 – VGH B 11/10 –, AS 39, 7 [11]; Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VGH B 23/13 –, AS 42, 101 [105]). Die damit bezweckte vorrangige Anrufung der Fachgerichte soll eine umfassende Vorprüfung des Beschwerdevorbringens gewährleisten. Dem Verfassungsgerichtshof soll vor seiner Entscheidung ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet und die Fallanschauung der Gerichte vermittelt werden. Zugleich entspricht es der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung, dass vorrangig die Fachgerichte Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen selbst gewähren. Diese Gesichtspunkte fallen vor allem dann ins Gewicht, wenn das Gesetz der Verwaltung einen Entscheidungsspielraum lässt, gelten grundsätzlich aber auch dann, wenn ein solcher Spielraum fehlt (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VGH B 23/13 –, AS 42, 101 [106]). Dementsprechend steht der Grundsatz der Subsidiarität der sofortigen Erhebung der Verfassungsbeschwerde dann nicht entgegen, wenn der mit ihm verfolgte Zweck nicht erreichbar ist, d.h. wenn die vorherige Klärung der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des Normvollzugs entbehrlich und eine Vorabentscheidung über die verfassungsrechtlichen Fragen sachgerecht ist (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VGH B 23/13 – AS 42, 101 [106]).
II.
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Die Verfassungsbeschwerde genügt den vorstehenden Anforderungen an die Subsidiarität des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht.
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1. Da die Erlaubnis des Beschwerdeführers nach § 33i GewO vom 21. Juni 2012 datiert, fiel der Betrieb seiner Spielhalle zunächst grundsätzlich unter die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV („Spielhallen, für die nach dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, gelten bis zum Ablauf von einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Staatsvertrags als mit §§ 24 und 25 vereinbar“). Diese Übergangsfrist ist indessen im Juni 2013 abgelaufen, so dass der Beschwerdeführer nunmehr auf die Beantragung einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV und § 11 LGlüG verwiesen ist. Nach den Angaben in der Verfassungsbeschwerdeschrift hat er eine solche Erlaubnis mit Schreiben vom 25. November 2013 beantragt. Ob und gegebenenfalls mit welcher Begründung dieser Antrag positiv oder negativ beschieden wurde – beziehungsweise zumindest ob die nach § 15 Abs. 3 Satz 3 LGlüG zu beteiligende Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion bereits zu seinem Antrag Stellung genommen hat – lässt sich seinem Vorbringen nicht entnehmen. Gegen eine (positive) Entscheidung über den Genehmigungsantrag spricht allerdings die Schließungsverfügung, die er mit Bescheid vom 16. Februar 2016 erhalten hat. Insoweit obliegt es dem Beschwerdeführer, zunächst seinen hiergegen eingelegten Widerspruch weiterzuverfolgen und im Falle einer Erfolglosigkeit seines Widerspruchs fachgerichtlichen Rechtsschutz anzustrengen.
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2. Die Durchführung und der Abschluss des Verwaltungs- einschließlich des Widerspruchsverfahrens sowie gegebenenfalls das Beschreiten des fachgerichtlichen Rechtswegs gegen die Schließungsverfügung und die Weiterverfolgung seines behaupteten Anspruchs auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis sind dem Beschwerdeführer zumutbar.
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Nach den Ausführungen in der Beschwerdeschrift und ausweislich des Inhalts der von dem Beschwerdeführer eingereichten Unterlagen ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass er eine Erlaubnis nach § 11 LGlüG für den Betrieb der Spielhalle erhalten kann und die Schließungsverfügung aufgehoben wird, denn eine Befreiung von dem Gebot des Mindestabstands zu Einrichtungen für Minderjährige (dazu a) sowie zu anderen Spielhallen (dazu b) erscheint – unter Zugrundelegung des für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Vortrags des Beschwerdeführers – nicht von vornherein außerhalb des Bereichs des Möglichen.
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a) Nach der von dem Beschwerdeführer angegriffenen Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 1. Alt. LGlüG darf eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle nur erteilt werden, wenn die Spielhalle einen Mindestabstand von 500 Metern Luftlinie zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, nicht unterschreitet.
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Es ist zunächst und in erster Linie Sache der zuständigen Behörde, den Begriff der „öffentlichen oder privaten Einrichtung“ in § 11 Abs. 4 Nr. 1 LGlüG auszulegen und/oder über eine etwaige Ausnahmemöglichkeit zu entscheiden. Zudem kann die zuständige Erlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG mit Zustimmung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion im Rahmen einer Einzelfallentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen eine Ausnahme von dem gesetzlichen Mindestabstand zulassen. Der in § 44 Abs. 3 VerfGHG zum Ausdruck kommende Subsidiaritätsgrundsatz verlangt, dass der Beschwerdeführer zunächst im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und gegebenenfalls des fachgerichtlichen Verfahrens versucht, eine solche Ausnahme zu erlangen. Dies gilt zumal angesichts dessen, dass der Begriff der „Einrichtung“ im Sinne der Regelung relativ unbestimmt und daher zunächst durch die Fachgerichte zu konkretisieren und zu konturieren ist (so auch bereits VerfGH RP, Beschluss vom 25. Juli 2014 – VGH B 25/13 –, n.V.). Insbesondere bleibt es zunächst der Klärung durch die Fachgerichte überlassen, ob der Begriff der „Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird“, teleologisch zu reduzieren ist, etwa dahingehend, dass Einrichtungen für Kleinkinder hiervon nicht erfasst sind. Der Vorrang der Auslegung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte im Sinne eines „ersten Zugriffs“ auf die Bedeutung der Normen (vgl. insoweit auch VerfGH RP, Urteil vom 4. Mai 2016 – VGH N 22/15 –, juris Rn. 90 – Streitkräfteansatz im kommunalen Finanzausgleich) gilt unabhängig davon, ob eine solche teleologische Reduktion verfassungsrechtlich geboten sein könnte oder ob die gesetzliche Regelung auch im Falle einer Einbeziehung von Einrichtungen für Kleinkinder verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden könnte.
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Unter Zugrundelegung der von dem Beschwerdeführer zur Begründung der Verfassungsbeschwerde vorgelegten Unterlagen erscheint es auch nicht völlig fernliegend, dass hier eine Ausnahme bewilligt werden könnte. Zwar wurde in der von dem Beschwerdeführer vorgelegten Schließungsverfügung vom 16. Februar 2016 ausgeführt, eine Ausnahme nach § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG komme nicht in Betracht, denn die Realschule Plus B. sei nur ca. 360 m Luftlinie entfernt. In dieser hielten sich Minderjährige ab dem 10. Lebensjahr auf. Die dadurch angesprochene Zielgruppe sei besonders gefährdet, so dass eine Genehmigung der Spielhalle nicht mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags vereinbar sei. Nach der von dem Beschwerdeführer zur Begründung der Verfassungsbeschwerde vorgelegten Resolution des Stadtrats der Stadt B. vom 23. Mai 2016 (Bl. 84 d.A.) soll diese Schule aber offenbar noch im Sommer des Jahres 2016 geschlossen werden.
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Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht völlig ausgeschlossen, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens ändern und sich nur noch öffentliche oder private Einrichtungen innerhalb des Mindestabstands zur Spielhalle des Beschwerdeführers befinden, die Minderjährige jüngeren Alters betreffen, nämlich der Kindergarten und die Grundschule. Zu der Frage, ob in Bezug auf diese Einrichtungen für jüngere Kinder eine Ausnahme vom Mindestabstandsgebot des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 1. Alt. LGlüG bewilligt werden könnte, hat die zuständige Behörde noch keine Entscheidung getroffen. Vielmehr wurde diese Frage in der Schließungsverfügung vom 16. Februar 2016 ausdrücklich offen gelassen. Dort heißt es hierzu lediglich: „Die Prüfung weiterer glücksspielrechtlicher Vorgaben und ggf. dazu möglicher Ausnahmen, vorliegend insbesondere hinsichtlich der Distanz zu dem Kindergarten und zu weiteren Spielhallen, ist entbehrlich, da es darauf nicht mehr ankommt“. Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gebietet es, dass der Beschwerdeführer zunächst versucht, eine entsprechende Entscheidung der Behörde herbeizuführen.
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b) Ob dem Spielhallenbetrieb des Beschwerdeführers auch die Nähe einer Konkurrenzspielhalle und damit die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 2. Alt l. LGlüG (Mindestabstand zu anderen Spielhallen) entgegenstehen könnte, unterliegt ebenfalls zunächst der Prüfung im Verwaltungsverfahren und sodann einem sich hieran gegebenenfalls anschließenden fachgerichtlichen Verfahren.
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Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens lässt sich nicht mit hinreichender Verlässlichkeit beurteilen, ob der Beschwerdeführer durch die maßgebliche gesetzliche Vorschrift überhaupt beschwert ist, d.h. ob er hierdurch überhaupt in eigenen Rechten verletzt sein kann. Zum einen ist nach dem tatsächlichen Vorbringen des Beschwerdeführers bereits unklar, ob die andere Spielhalle ihrerseits über eine glücksspielrechtliche Erlaubnis verfügt, oder ob in Bezug auf diese ebenfalls ein Verwaltungsverfahren anhängig ist. Der Beschwerdeführer hat hierzu lediglich vorgetragen, aus einem Internetauszug ergebe sich, dass das Konkurrenzunternehmen am 13. Februar 2012 nach B. verlegt worden sei (Bl. 60 d.A.). Es spreche daher alles dafür, dass die Genehmigung des Konkurrenzunternehmens nach § 33i GewO früher erteilt worden sein müsse als seine.
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Zudem erscheint auch die Möglichkeit einer Befreiung der Spielhalle des Beschwerdeführers von dem Gebot des Mindestabstands zu anderen Spielhallen nicht von vornherein ausgeschlossen. Dabei ist es zunächst Sache der zur Anwendung und Auslegung des einfachen Rechts berufenen Verwaltungsbehörde und der Fachgerichte, zu beurteilen, ob sich die Entscheidung über eine etwaige Befreiung in dem vorliegenden Fall wie bisher nach § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG richtet („Die zuständige Erlaubnisbehörde kann mit Zustimmung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standorts und der Lage des Einzelfalls Ausnahmen von dem nach Satz 1 Nr. 4 festgesetzten Mindestabstand zulassen“), oder ob insoweit – wie der Beschwerdeführer meint – die Regelung des mit dem Ersten Landesgesetz zur Änderung des Landesglücksspielgesetzes neu eingefügten § 11a Abs. 2 Satz 3 LGlüG einschlägig ist („Soweit mehrere Spielhallen, zwischen denen der Mindestabstand […] nicht eingehalten wird, um eine Erlaubnis konkurrieren, kann diese vorbehaltlich der Regelung in Absatz 4 nur dem Betreiber der länger bestehenden Spielhalle erteilt werden“).
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Der Anwendungsbereich der Neuregelung ist bei unbefangener Gesetzeslektüre nicht eindeutig, die Vorschrift ist insoweit auslegungsbedürftig. Da die amtliche Überschrift des § 11a „Bestandsspielhallen“ lautet und dies nach der Legaldefinition in § 11a Abs. 1 LGlüG nur solche Spielhallen sind, die bis zum 1. Juli 2012 bestanden haben und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt wurde, könnte man annehmen, dass auch § 11a Abs. 2 LGlüG nur für solche Bestandsspielhallen gilt. Dafür spricht auch, dass § 11a Abs. 4 LGlüG nur solche (Bestands-)Spielhallen betrifft, die § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV unterfallen. Dies sind nur Spielhallen „nach Ablauf des in Satz 2 bestimmten Zeitraums“. Damit ist der in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV bestimmte Zeitraum in Bezug genommen, also die Fünfjahresfrist. Hierunter fällt die Spielhalle des Beschwerdeführers nicht.
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Andererseits spricht für eine Erstreckung von § 11a Abs. 2 LGlüG auf Konkurrenzen auch zwischen Spielhallen, die ihrerseits keinem erweiterten Bestandsschutz unterlegen, dass der Wortlaut des Absatzes selbst keine ausdrückliche Einschränkung statuiert. Auch in der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 16/4671, S. 23) ist keine Rede von einer Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 11a Abs. 2 LGlüG auf Bestandsspielhallen im Sinne der Überschrift der Norm. Nach alledem muss zunächst im Rahmen der einfachen Rechtsanwendung geklärt werden, ob der Beschwerdeführer durch § 11a Abs. 2 LGlüG überhaupt betroffen ist. Findet die Neuregelung in seinem Falle keine Anwendung oder gibt die Behörde der Spielhalle des Beschwerdeführers den Vorrang vor der anderen Spielhalle, ist der Beschwerdeführer insoweit nicht beschwert. Eine Grundrechtsverletzung kommt dann nicht in Betracht.
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3. Gründe, die entsprechend § 44 Abs. 3 Satz 2 VerfGHG eine sofortige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs gebieten könnten, sind ebenfalls nicht dargetan oder ersichtlich. Nach dieser Vorschrift kann der Verfassungsgerichtshof über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde. Die Voraussetzungen für eine diesbezügliche Ermessensentscheidung liegen aber nicht vor.
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aa) Dafür, dass dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde, ist nichts dargetan oder ersichtlich. Dies gilt insbesondere angesichts der Aussetzung der sofortigen Vollziehung durch die zuständige Behörde mit Bescheid vom 9. März 2016. Diese hat zur Folge, dass die Spielhalle des Beschwerdeführers jedenfalls aus Sicht der zuständigen Verwaltungsbehörde einstweilen – gegebenenfalls sogar bis zum rechtskräftigen Abschluss eines fachgerichtlichen Verfahrens – weiterbetrieben werden kann beziehungsweise mit einem Einschreiten der Verwaltungsbehörde nicht gerechnet werden muss.
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Die Tatsache, dass die Erlaubnispflicht bußgeldbewehrt ist und der Beschwerdeführer im Falle eines Weiterbetriebs der Spielhalle ohne Erlaubnis den objektiven Tatbestand der Ordnungswidrigkeit nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 LGlüG verwirklichen würde („Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 4 Abs. 1 GlüStV ohne Erlaubnis ein öffentliches Glücksspiel veranstaltet oder vermittelt“), entlastet ihn nicht von dem Erfordernis, das Verwaltungsverfahren abzuschließen und um fachgerichtlichen Rechtsschutz zu ersuchen. Es ist einem Beschwerdeführer zwar nicht zuzumuten, zum Zwecke der Eröffnung eines fachgerichtlichen Rechtswegs gegen eine bußgeldbewehrte Normen zu verstoßen, um auf diese Weise eine Prüfung der angegriffenen Normen in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zu ermöglichen (vgl. entspr. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Juni 2015 – 1 BvR 555/15 –, juris Rn. 8 m.w.N.). Dies betrifft aber nur den Fall, in welchem die Begehung der Ordnungswidrigkeit den fachgerichtlichen Rechtsweg überhaupt erst eröffnen würde (vgl. entspr. zu den bußgeldbewehrten Pflichten des Mindestlohngesetzes BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Juni 2015 – 1 BvR 555/15 –, juris Rn. 10). Im vorliegenden Fall verfügt der Beschwerdeführer, wie oben ausgeführt wurde, über andere Möglichkeiten der Klärung der verfassungsrechtlichen Fragen. Es obliegt ihm, zunächst das Widerspruchsverfahren in Bezug auf die Schließungsverfügung vom 16. Februar 2016 zu beenden sowie das Verwaltungsverfahren im Hinblick auf die von ihm bereits beantragte glücksspielrechtliche Erlaubnis fortzuführen und – falls die begehrte Erlaubnis nicht erteilt und sein Widerspruch zurückgewiesen wird – um fachgerichtlichen Rechtsschutz zu ersuchen. Der mit der Inanspruchnahme eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens typischerweise verbundene Zeitablauf vermag dabei für sich genommen keinen schweren Nachteil zu begründen. Insoweit handelt es sich um einen allgemeinen, mit der Verfolgung eines Anspruchs vor den Fachgerichten stets verbundenen Nachteil, der keine vorzeitige Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof rechtfertigt (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 30. Oktober 2015 – VGH N 29/14 u.a. –, juris Rn. 46).
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bb) Auch eine Vorabentscheidung wegen allgemeiner Bedeutung der Rechtssache kommt nicht in Betracht. Diese setzt voraus, dass eine Klärung durch die Fachgerichte nicht erforderlich ist. Das ist hier indessen nicht der Fall, denn es bedarf – wie dargelegt – zunächst der Klärung, ob und in welchem Umfang der Beschwerdeführer durch die Regelungen überhaupt beschwert ist. Der Beschwerdeführer ist gehalten, zunächst das Verwaltungsverfahren im Hinblick auf die mit Schreiben vom 25. November 2013 beantragte glücksspielrechtliche Erlaubnis sowie das Widerspruchsverfahren in Bezug auf die Schließungsverfügung vom 16. Februar 2016 abzuschließen sowie den sich gegebenenfalls anschließenden Rechtsweg zu den Fachgerichten zu durchlaufen.
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Nach alledem ist die Verfassungsbeschwerde auch im Hinblick auf den Erlaubnisvorbehalt als solchen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 LGlüG und § 24 GlüStV) sowie die Übergangsvorschrift (§ 29 GlüStV) aus Gründen der Subsidiarität unzulässig. Erhielte der Beschwerdeführer nämlich eine Erlaubnis nach den oben dargelegten Vorschriften und würde die Schließungsverfügung aufgehoben, wäre er durch die Regelungen nicht mehr beschwert.
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Mangels Entscheidungserheblichkeit kann demnach dahinstehen, ob die Rechtssatzverfassungsbeschwerde in Bezug auf diese Vorschriften auch bereits deshalb unzulässig ist, weil die Jahresfrist nach § 46 Abs. 3 VerfGHG bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde am 4. Mai 2016 bereits abgelaufen war, denn die betreffenden Regelungen wurde schon durch das Gesetz vom 22. Juni 2012 erlassen und seitdem nicht geändert (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 29. November 2010 – VGH B 11/10 –, AS 39, 7 [12 f.]; Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VGH B 23/13 –, AS 42, 101 [108]).
C.
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Das Verfahren ist gemäß § 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei. Eine Auslagenerstattung findet nicht statt (§ 21a VerfGHG).
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