Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 1 K 1194/07
Tenor
Die über den Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 2002 bis zum 30. September 2005 erstellte dienstliche Beurteilung des Landrats als Kreispolizeibehörde E. vom 14. Februar 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2007 werden auf-gehoben. Der Beklagte wird verurteilt, für den vorge-nannten Beurteilungszeitraum eine neue dienstliche Beurteilung über den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger steht als Polizeihauptkommissar bei dem Landrat als Kreispolizeibehörde E. (künftig: Landrat), dort bei der Polizeiwache L. , im Dienst des Beklagten.
3Für die Zeit vom 1. Juni 2002 bis zum 30. September 2005 erteilte der Landrat dem Kläger am 2. Dezember 2005 eine dienstliche Beurteilung, die mit dem Gesamturteil "Die Leistungen entsprechen voll den Anforderungen" (3 Punkte) endete. Erstbeurteiler war seinerzeit Polizeioberrat (POR) T. , Endbeurteiler der Landrat. Nachdem sich der Kläger mit Klage vom 2. Oktober 2006 (VG Aachen, 1 K 1453/06) gegen die Beurteilung zur Wehr gesetzt hatte, wurde sie am 31. Oktober 2006 auf Anweisung der Bezirksregierung Köln zurückgenommen, weil nicht POR T. , sondern Erster Polizeihauptkommissar (EPHK) E1. die Erstbeurteilung habe vornehmen müssen.
4Auf Veranlassung des Landrats erstellte EPHK E1. einen neuen Beurteilungsentwurf für den vorgenannten Zeitraum. In den Hauptmerkmalen "II.2. Leistungsergebnis", "II.3. Sozialverhalten" und "II.4. Mitarbeiterführung" gelangte er jeweils zu dem Ergebnis, dass die Leistungen des Klägers die Anforderungen übertrafen (4 Punkte). Zu diesem Entwurf nahm POR T. am 23. Januar 2007 schriftlich Stellung und führte aus, dass der Kläger als Dienstgruppenleiter der Wache L. lediglich einen personalen Verantwortungsbereich von sieben bis acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führe, womit er in Konkurrenz zu anderen Dienstgruppenleitern mit deutlich höherem Verantwortungspotenzial stehe. Letztere seien auf der Grundlage der Maßstabsbesprechungen bei Anlegung eines einheitlichen Maßstabes lediglich mit 3 Punkten bewertet worden, obwohl sie eine deutlich höhere Führungsspanne und durchgehend ein besseres Leistungsverhalten im Vergleich zum Kläger gezeigt hätten. Demgemäß schlug er vor, den Kläger in den Merkmalen "Leistungsergebnis", "Sozialverhalten" und "Mitarbeiterführung" mit 3 Punkten zu beurteilen. Nachdem sich der weitere Dienstvorgesetzte, Polizeidirektor (PD) F. , am 25. Januar 2007 hiermit einverstanden erklärt hatte, ergänzte POR T. mit Bericht vom 6. Februar 2007 seine Stellungnahme. Er wies darauf hin, dass der Dienstgruppenleiter PHK S. mehr als dreimal so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu führen habe, Vertreter des Leiters der Hauptwache sei und hoch qualifiziert in größeren "Besonderen Aufgabenorganisationslagen" (BAO-Lagen) führe. Sowohl er als auch PHK I. als Leiter des Verkehrsdienstes seien im Leistungsergebnis besser zu bewerten als der Kläger. Daneben seien die Submerkmale "Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern" und "Verhalten gegenüber Vorgesetzten" mit "4 Punkten" unangemessen hoch vorgeschlagen. So habe er, POR T. , persönlich eine Reihe von Bürgerbeschwerden bearbeiten müssen, in denen dem Kläger eine besonders selbstherrliche Darstellung bei den Polizeikontrollen vorgeworfen worden sei. Bei einer Inspektion der Polizeiwache L. habe er ihm in Vertretung des Wachleiters aufgetragen, für das Aufräumen eines Wachraumes Sorge zu tragen. Bei einer Kontrolle wenige Tage später habe er feststellen müssen, dass der Kläger den Auftrag nicht durchgeführt habe.
5Im Endbeurteilergespräch am 13. Februar 2007, an dem neben dem Landrat die Polizeidirektoren I1. und F. sowie die Polizeikommissarin X. als Gleichstellungsbeauftragte teilnahmen, wurden die Hauptmerkmale "Leistungsergebnis", "Sozialverhalten" und "Mitarbeiterführung" in der Beurteilung des Klägers auf 3 Punkte abgesenkt. Zur Begründung heißt es, dass die Submerkmale II.1., II.2., III.2., III.3., IV.1., IV.2., IV.3. und IV.4. in Bezug auf das Anforderungsprofil der Stelle (Führungs- und Verantwortungsbereich) nach den gezeigten dienstlichen Leistungen und dem besonders strengen Beurteilungsmaßstab in dieser starken Vergleichsgruppe bei einem PHK (A 12) durchgängig mit 3 Punkten zu bewerten seien. Dementsprechend erhielt der Kläger unter dem 14. Februar 2007 eine neue dienstliche Beurteilung mit der Gesamtnote "Die Leistungen entsprechen voll den Anforderungen" (3 Punkte).
6Der Kläger erhob Widerspruch und führte im Wesentlichen aus, die Beurteilung leide bereits an dem formalen Fehler, dass der Landrat die Vorschriften für die Beurteilung schwerbehinderter Beamter nicht beachtet habe. Er sei zu 40 vom Hundert in der Erwerbsfähigkeit gemindert mit der Folge, dass § 25 Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes, die Richtlinien zu dessen Durchführung im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen, § 13 Abs. 3 der Laufbahnverordnung und Nr. 10 der Beurteilungsrichtlinien (BRL) im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen nicht beachtet worden seien. Des Weiteren leide die Beurteilung an dem materiellen Fehler, dass die Notenabsenkungen durch den Endbeurteiler weder in der zusammenfassenden Begründung noch in den Einzelbegründungen hinreichend erläutert worden seien.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2007 wies der Landrat den Widerspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass POR T. als Leiter der Polizeiinspektion E. und unmittelbarer Dienstvorgesetzter des EPHK E1. auf breiter Ebene einen Quervergleich in der Inspektion anstellen könne. Seinem Vorschlag auf Herabsetzung der Hauptmerkmale II. 2, 3 und 4 sowie des Gesamturteils auf 3 Punkte habe sich PD F. als Leiter GS und weiterer Dienstvorgesetzter angeschlossen. Damit hätten dem Endbeurteiler zur Beratung personen- und sachkundige Beamte zur Seite gestanden. Die Begründungen für die Notenabsenkung genüge den Anforderungen der Nr. 9.2 BRL und sei hinreichend plausibel. Die Berücksichtigung des Grades der Behinderung von 40 vom Hundert komme nach § 2 Abs. 2 SGB IX nicht in Betracht.
8Der Kläger hat am 16. November 2007 Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft die Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren und rügt weiterhin die unzureichende Begründung der Absenkung des Endurteils gegenüber dem Beurteilungsvorschlag um eine Note. Es sei zu fragen, aus welchem Grund POR T. seine ursprüngliche Stellungnahme zur Erstbeurteilung des PHK E1. vom 23. Januar 2007 nach Abzeichnung durch den weiteren Vorgesetzten PD F. am 25. Januar 2007 mit Bericht vom 6. Februar 2007 ergänzt und ausgeweitet habe. Die Beurteilung des Führungsverhaltens eines Beamten unterliege in erster Linie qualitativen und nicht quantitativen Gesichtspunkten. Die gegenüber Kollegen geringere Mitarbeiterzahl sage für sich genommen nichts über seine, des Klägers, Führungsleistung aus.
9Der Kläger beantragt sinngemäß,
10die von dem Landrat als Kreispolizeibehörde E. für die Zeit vom 1. Juni 2002 bis zum 30. September 2005 erstellte dienstliche Beurteilung vom 14. Februar 2007 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für den vorgenannten Zeitraum eine neue dienstliche Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung wiederholt und vertieft er die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Er hält die Begründungen für die Notenabsenkung in der dienstlichen Beurteilung für hinreichend plausibel und weist darauf hin, dass die Beteiligung der weiteren Dienstvorgesetzten nach der Fertigung des Beurteilungsvorschlags durch den Erstbeurteiler den Beurteilungsrichtlinien entspreche. Der unmittelbare Dienst-vorgesetzte des PHK E1. , POR T. , habe sich aus eigener Anschauung ein eigenes Bild über die Leistungsfähigkeit des Klägers bilden können. In seiner Stellung als Leiter der Polizeiinspektion sei er in der Lage, einen zutreffenden Quervergleich zwischen allen in der Besoldungsgruppe A 12 BBesO zu beurteilenden Polizeihauptkommissaren anzustellen, was dem Erstbeurteiler nicht möglich sei. Die Berücksichtigung eines größeren Führungs- und Verantwortungsbereichs bei der Leistungsbewertung sei sachgerecht und führe zu keinem Beurteilungsmangel. Die gute Arbeit des Klägers bei der Bekämpfung von Motorradunfällen in der Eifel sei in angemessener Weise in die Beurteilung eingeflossen. Derartige Tätigkeiten gehörten aber zum üblichen Aufgabenkreis eines Dienstgruppenleiters und könnten keinen Beurteilungsvorsprung begründen.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten verwiesen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Kammer entscheidet ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, weil die Beteiligten hierauf übereinstimmend verzichtet haben, § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
17Die zulässige Klage ist begründet. Die dienstliche Beurteilung vom 14. Februar 2007 und der Widerspruchsbescheid des Landrats als Kreispolizeibehörde E. sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten; der Beklagte ist verpflichtet, für den streitgegenständlichen Zeitraum eine neue dienstliche Beurteilung über den Kläger zu erstellen, vgl. § 113 Abs. 4 und 5 VwGO.
18Nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sind dienstliche Beurteilungen gemäß § 104 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GVBl. NRW S. 234) bzw. nach § 93 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. April 2009 (GVBl. NRW S. 224) nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Grundsätzlich soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Dienstvorgesetzte nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der betroffene Beamte den ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Deshalb hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat,
19vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 -, ZBR 2003, 359; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 13.12.2007 - 6 A 1414/05 -, DÖD 2008, 174, m. w. N.; Urteil der Kammer vom 7. Mai 2009 - 1 K 834/08 -, soweit ersichtlich nicht veröffentlicht.
20Hat der Dienstherr, wie hier mit den BRL, Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat deshalb auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten werden, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen,
21vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 - 2 A 7/08 -, juris m. w. N.
22Nach Maßgabe dieser Grundsätze erweist sich die angegriffene dienstliche Beurteilung als rechtswidrig. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob das in den BRL vorgeschriebene Beurteilungsverfahren hinreichend beachtet worden ist.
23Dabei brauchte der Landrat allerdings die vom Kläger (nur) im Widerspruchsverfahren angeführten Vorschriften zum Schutz schwerbehinderter Beamter nicht zu berücksichtigen, weil der Kläger im Beurteilungszeitraum nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX (Grad der Behinderung von 50 vom Hundert) erfüllte.
24Beachten musste der Landrat aber das in Nr. 9.1 BRL geregelte Verfahren. Danach beurteilt der Erstbeurteiler unabhängig und ist er nicht an Weisungen gebunden. Er muss in der Lage sein, sich aus eigener Anschauung ein Urteil über die zu Beurteilende oder den zu Beurteilenden zu bilden; einzelne Arbeitskontakte oder kurzfristige Einblicke in die Arbeit reichen hierfür nicht aus. Der Beurteilungsvorschlag ist zu unterzeichnen und der/dem Schlusszeichnenden auf dem Dienstweg zur abschließenden Beurteilung vorzulegen. Die Vorgesetzten der Erstbeurteilerinnen und Erstbeurteiler erörtern diesen Vorschlag mit ihren Vorgesetzten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit die/der zu Beurteilende im Vergleich zu anderen ihnen unterstehenden Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe den Anforderungen entsprochen hat.
25POR T. als unmittelbarer Dienstvorgesetzter des Erstbeurteilers PHK E1. und der weitere Dienstvorgesetzte PD F. haben die Erstbeurteilung zur Kenntnis erhalten, bevor sie an den Landrat als Endbeurteiler weitergeleitet wurde. Ob POR T. als Vorgesetzter mit seinem Vorgesetzten PD F. den Vorschlag des Erstbeurteilers "erörtert" hat, lässt sich den Verwaltungsvorgängen und Personalakten nicht entnehmen. Immerhin hat PD F. das Formblatt zum Beurteilungsentwurf vom 25. Januar 2007 unter der Überschrift "Einverstanden" abgezeichnet, nachdem POR T. am 23. Januar 2007 eine von dem vorgeschlagenen Gesamturteil "Die Leistungen übertreffen die Anforderungen" um eine Note nach unten abweichende Stellungnahme abgegeben hatte. Ob auch die "nachgelegte" Stellungnahme vom 6. Februar 2007 zwischen POR T. und PD F. im Sinne der BRL "erörtert" worden ist, erscheint mit Blick darauf fraglich, dass sie der Abzeichnung zeitlich nachfolgte. Das Fehlen einer weiteren Erörterung macht das Beurteilungsverfahren für sich genommen aber deshalb nicht fehlerhaft, weil PD F. jedenfalls als Teilnehmer der Endbeurteilerbesprechung Gelegenheit zur Kenntnisnahme der weiteren Äußerung des POR T. erhalten konnte. Der Niederschrift über die Besprechung lässt sich allerdings nicht entnehmen, ob und mit welchem Ergebnis die weitere Stellungnahme von POR T. die Endbeurteilung beeinflusst hat.
26Damit ist das in Nr. 9.1 BRL geregelte Beurteilungsverfahren aber nur seinem äußeren Rahmen nach eingehalten worden. Inhaltlich fehlt es hingegen an einem vom zuständigen Beamten erstellten, für den Landrat als Endbeurteiler verwertbaren Beurteilungsvorschlag. Denn der dem Landrat zur abschließenden Entscheidung vorgelegte Beurteilungsentwurf stellt sich nach den Bemühungen des POR T. maßgeblich als dessen Vorschlag dar.
27Der das Votum des PHK E1. überlagernde Einfluss der Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung durch POR T. lässt sich dem Text der Endbeurteilung zweifelsfrei entnehmen. Die Gründe, die der Landrat für seine von dem Vorschlag des Erstbeurteilers abweichende Endbeurteilung anführt, entstammen sämtlich den schriftlichen Berichten des POR T. . Das Leistungsergebnis hat der Landrat von 4 auf 3 Punkte mit der Begründung herabgesetzt, dass andere in Führungsfunktionen beurteilte Beamte mit einem größeren Führungs- und Verantwortungsbereich mit vergleichbaren Leistungen auch nur mit 3 Punkten bewertet worden seien. Dies entspricht der Argumentation von POR T. im Bericht vom 23. Januar 2007. Die Herabsetzung der Note im Hauptmerkmal "Sozialverhalten" mit der Begründung, dass der Kläger zu einer "etwas selbstherrlichen Darstellung im Innen- wie im Außenverhältnis" neige, folgt der Einschätzung des POR T. aus seinem Schreiben vom 6. Februar 2007. Zwar bezeichnet er dort das Verhalten des Klägers bei Polizeikontrollen als "besonders selbstherrliche Darstellung", dennoch lässt sich die Herkunft dieser Wertung im Beurteilungstext ohne Zweifel bestimmen. Dabei bleibt es sowohl in der Stellungnahme des POR T. als auch in der Endbeurteilung durch den Landrat im Dunkeln, wie sich die vorgeworfene selbstherrliche Darstellung - nicht nur bei Polizeikontrollen, sondern auch nach innen - äußert. Insofern kann nur vermutet werden, dass POR T. auf das Verhalten des Klägers ihm gegenüber anlässlich einer Aufforderung zum Aufräumen eines Wachraums anspielt. Ob dieses Beispiel geeignet ist, den Vorwurf der "Selbstherrlichkeit" zu begründen, erscheint ohne nähere Erläuterung der Begleitumstände zumindest zweifelhaft. Die Erstbeurteilung des Hauptmerkmals "Mitarbeiterführung" hat der Landrat dann erneut unter Hinweis auf den von POR T. dargestellten geringeren Führungs- und Verantwortungsbereich des Klägers herabgesetzt.
28Die Begründung der Notenabsenkungen hauptsächlich mit der von POR T. geäußerten Einschätzung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung des Klägers belegt, dass dessen Werturteil die Erstbeurteilung durch EPHK E1. in einer Weise in den Hintergrund drängt, die zu einem Verstoß gegen Nr. 9.1 BRL führt. Weder der zuständige Erstbeurteiler noch der verantwortliche Landrat, sondern der lediglich zur weiteren Erörterung des Beurteilungsvorschlags berufene unmittelbare Vorgesetzte des Erstbeurteilers erscheint als maßgeblicher Autor des Beurteilungstextes. Vorrangig sein Werturteil über die Leistung des Klägers führt zum Gesamturteil, wonach die Leistungen "den Anforderungen voll entsprechen", diese aber nicht, wie vom Erstbeurteiler vorgeschlagen, "übertreffen". Damit wird die Erstbeurteilung weitgehend entwertet und durch die Beurteilung des Dienstvorgesetzten ersetzt. In diesem Zusammenhang ist es auch von Bedeutung, dass eine vorangegangene Beurteilung über den Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum auf Anweisung der Bezirksregierung Köln aufgehoben werden musste, weil entgegen der BRL POR T. fehlerhaft die Erstbeurteilung vorgenommen hatte. Bei dieser Sachlage wäre es angebracht gewesen, wenn er sich bei seiner Stellungnahme zum Beurteilungsvorschlag des EPHK E1. mehr Zurückhaltung auferlegt hätte.
29Schließlich leidet die Beurteilung auch an einem materiellen Mangel. In der tragenden Begründung für die Notenabsenkung in den Hauptmerkmalen "Leistungsergebnis" und "Mitarbeiterführung" liegt ein Verstoß gegen allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe. Ohne nähere Erläuterung ist es nämlich nicht nachvollziehbar, dass und in welcher Weise die Größe eines Führungs- und Verantwortungsbereichs die dort gezeigte Leistung eines Beamten beeinflusst. Die Anzahl der zu führenden Mitarbeiter ist für sich genommen kein taugliches Kriterium für die Beurteilung der Führungskraft. Es liegt auf der Hand, dass die Führung zahlreicher gut ausgebildeter, williger und fähiger Mitarbeiter einfacher ist als diejenige von wenigen, fachlich schwachen und unwilligen Beschäftigten. Die Führung einer großen Zahl von Polizeivollzugsbeamten im täglichen Wach- und Wechseldienst oder in "Besonderen Aufbauorganisationslagen" (BAO-Lagen) ist eine inhaltlich andere Aufgabe als die Führung von nur wenigen Bediensteten, etwa im Sachbearbeiterbereich eines Kriminalkommissariats. Demgemäß verlangt sie von der Führungskraft in vielen Bereichen andere Qualitäten. Diese können zwar im Einzelfall auch vom Umfang der Geführten abhängen, sie müssen es aber nicht. Somit ist der Hinweis auf die 30 bzw. 23 von den Kollegen PHK S. und PHK I. geführten Mitarbeiter ohne weitere Erläuterung für die Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung des Klägers im Bereich der Mitarbeiterführung nicht aussagekräftig.
30Demgemäß ist die dienstliche Beurteilung aufzuheben und der Beklagte gehalten, den streitgegenständlichen Zeitpunkt neu zu beurteilen.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.