Beschluss vom Verwaltungsgericht Aachen - 10 Nc 1/21
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.
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G r ü n d e:
2Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsteller die vorläufige Zulassung zum Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor im ersten Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2021/2022 bei der Antragsgegnerin außerhalb der festgesetzten Kapazität begehrt, ist unbegründet.
3Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier schon mangels eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs nicht erfüllt (§§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO). Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Zulassung im ersten Fachsemester des Studiengangs Psychologie (polyvalent) / Bachelor nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2021/2022 außerhalb der festgesetzten Kapazität, weil insoweit die Ausbildungskapazität erschöpft ist.
4Die Zahl der Studienplätze hat das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein‑Westfalen (MKW) durch die Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen im ersten Fachsemester für das Wintersemester 2021/2022 vom 23. Juni 2021, zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. November 2021, auf 122 festgesetzt.
5Nach Mitteilung der Antragsgegnerin vom 5. Januar 2022 sind 204 Studenten für das erste Fachsemester eingeschrieben. Eine darüber hinausgehende Kapazität besteht nicht. Ob die durch das MKW festgesetzte Zulassungszahl die Ausbildungskapazität der Antragsgegnerin erschöpft, kann dabei offen bleiben. Die Zahl der belegten Studienplätze in dem streitbefangenen Fachsemester überschreitet jedenfalls die Zahl der maximal zuzulassenden Studenten.
6A. Die jährliche Aufnahmekapazität eines einer Lehreinheit zugeordneten Studiengangs ergibt sich nach § 3 Satz 1 der Verordnung zur Ermittlung der Aufnahmekapazität an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen für Studiengänge außerhalb des zentralen Vergabeverfahrens (Kapazitätsverordnung NRW 2017 - KapVO NRW 2017) vom 8. Mai 2017 in der seit dem 8. Mai 2021 gültigen Fassung aus dem bereinigten Lehrangebot je Jahr (§ 5 KapVO NRW 2017) dividiert durch den gewichteten Curriculareigenanteil (§ 6 KapVO NRW 2017) aller der Lehreinheit (§ 4 KapVO NRW 2017) zugeordneten Studiengänge und multipliziert mit der jeweiligen Anteilquote (§ 7 KapVO NRW 2017) sowie der abschließenden Überprüfung gemäß den §§ 8 und 9 KapVO NRW 2017.
7I. Das in Deputatstunden (DS) gemessene Lehrangebot einer Lehreinheit errechnet sich aus dem Lehrdeputat der verfügbaren Stellen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KapVO NRW 2017) und dem durch Lehrauftragsstunden zusätzlich zur Verfügung stehenden Deputat (§ 5 Abs. 3 KapVO NRW 2017) abzüglich der Dienstleistungen, die die Lehreinheit für die ihr nicht zugeordneten Studiengänge zu erbringen hat (§ 5 Abs. 4 KapVO NRW 2017).
81. Das in DS gemessene unbereinigte Lehrangebot einer Lehreinheit ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 KapVO NRW 2017 grundsätzlich anhand der für die verschiedenen Stellengruppen jeweils geltenden Regellehrverpflichtungen zu ermitteln, wie sie sich aus der Verordnung über die Lehrverpflichtung an Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaft (Lehrverpflichtungsverordnung NRW - LVV NRW) vom 24. Juni 2009 ergibt. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob diese in der aktuellen seit dem 1. Dezember 2021 gültigen Fassung oder in den vom 29. September 2021 bis 30. November 2021 bzw. vom 1. Juli 2016 bis 28. September 2021 gültigen Altfassungen zugrunde zu legen ist, da sich die einzige in den hier maßgeblichen Vorschriften eingetretene Änderung - wie noch darzulegen sein wird - nicht entscheidungserheblich auswirkt.
9Bei der Ermittlung der zur Verfügung stehenden Kapazität ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass die Kapazitätsverordnung auf der Lehrangebotsseite durch das sogenannte Stellenprinzip geprägt ist. Danach ist für die einzelne Stelle die abstrakt festgelegte Regellehrverpflichtung der Stellengruppe, der die einzelne Stelle angehört, anzurechnen. Die Stelle geht grundsätzlich unabhängig von ihrer Besetzung mit dem sogenannten Stellendeputat in die Lehrangebotsberechnung ein, selbst wenn sie vakant ist. Die abstrakt an die Lehrpersonalstellen anknüpfende Berechnungsmethode der Kapazitätsverordnung führt zu einem Ausgleich der beteiligten Interessen, nämlich einerseits der Studienbewerber an einer praktikablen Bestimmung der Ausbildungskapazität und einer relativ stabilen Zahl von Studienplätzen, andererseits der Hochschule an einer ihrem Lehrpotential entsprechenden Studentenzahl. Vom nach dem Stellenprinzip maßgeblichen Regellehrdeputat kann nur abgewichen werden, wenn die Hochschule die Stelle bewusst dauerhaft mit einer Lehrperson besetzt, die individuell eine höhere Lehrverpflichtung als die der Stelle hat, und dadurch der Stelle faktisch einen anderen dauerhaften, deputatmäßig höherwertigen Amtsinhalt vermittelt.
10Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Februar 2016 - 13 C 21/15 -, juris Rn. 7 und vom 8. Juli 2013 - 13 C 50/13 -, juris Rn. 15.
11Bei der Berechnung des unbereinigten Lehrdeputats ist die Antragsgegnerin zum Stichtag 15. September 2021 von 28,85 Personalstellen (einschließlich der aus Mitteln des ZSL-Vertrags finanzierten Stellen) der Lehreinheit Psychologie ausgegangen und hat diese der vom MKW übernommenen Kapazitätsberechnung zugrunde gelegt, womit sich eine dem Neuaufbau des Studiengangs geschuldete Erhöhung des Lehrdeputats um 12,05 Personalstellen gegenüber dem Studiengang Psychologie / Bachelor im Vorsemester ergibt. Diese Stellen verteilen sich wie folgt:
12Stellengruppe Stellen Deputat je Stelle DS
13W3 Universitätsprofessor 3 9 27
14W2 Universitätsprofessor 4 9 36
15W1 Junior-Professor 1 4 4
16A 15-13 Akademischer Rat
17ohne ständige Lehraufgaben 2 5 10
18A 14 Akademischer Oberrat
19auf Zeit 3 7 21
20TV-L Wissenschaftlicher Angestellter
21(unbefristet) 3 8 24
22TV-L Wissenschaftlicher Angestellter
23(befristet) 12,85 4 51,4
24zusätzliches Lehrangebot aufgrund
25dienstrechtlicher Verpflichtung 3
26Summe 28,85 176,4
27a) Der in diesem Zusammenhang teilweise vorgebrachte Einwand, dass in Bezug auf die Gruppe der Professoren § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVV NRW Anwendung finde und der Kapazitätsberechnung damit für diese Gruppe ein Deputat von 18 DS anstatt 9 DS zugrunde gelegt werden müsse, greift nicht durch. Zur Begründung dieser Rechtsauffassung wird lediglich darauf abgestellt, dass auch an Fachhochschulen der Bachelorstudiengang Psychologie angeboten werde. Dieses Argument greift ersichtlich zu kurz. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVV NRW haben Professoren an Hochschulen für angewandte Wissenschaften bzw. Fachhochschulen und in entsprechenden Studiengängen an Universitäten eine Lehrverpflichtung im Umfang von 18 SWS. Allein aus dem Umstand, dass auch Hochschulen für angewandte Wissenschaften bzw. Fachhochschulen einen Bachelorstudiengang Psychologie anbieten, folgt freilich nicht, dass der hier in Rede stehende Bachelorstudiengang der Antragsgegnerin diesen i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVV NRW entspricht. Dies ergibt sich nämlich nicht allein aus derselben Bezeichnung eines Studiengangs. Angesichts der grundsätzlich bestehenden Unterschiede zwischen universitären Studiengängen und solchen, die von Hochschulen für angewandte Wissenschaften bzw. Fachhochschulen angeboten werden, dürfte im Gegenteil davon auszugehen sein, dass die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVV NRW im Regelfall keine Anwendung findet. Der universitäre Studiengang Psychologie ist aufgrund des an Universitäten höheren Forschungsumfangs nicht als einem Fachhochschulstudiengang entsprechend im Sinne der Norm anzusehen.
28Vgl. VG Köln, Beschlüsse vom 31. März 2021 - 6 Nc 50/20 -, juris Rn. 18, vom 26. Februar 2019 - 6 Nc 93/18 -, juris Rn. 19 und vom 21. Februar 2019 - 6 L 2094/18 -, juris Rn. 27; VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2020 - 15 Nc 44/20 -, juris Rn. 26; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 18. Mai 2020 - 4 Nc 98/19 -, juris Rn. 13; VG Münster, Beschlüsse vom 11. Dezember 2019 - 9 L 784/19 -, juris Rn. 20 und vom 10. Dezember 2019 - 9 L 796/19 -, juris Rn. 19.
29Das Deputat der mit Professoren besetzten Stellen war auch nicht mit 13 DS nach § 3 Abs. 2 LVV NRW anzusetzen. Anhaltspunkte dafür, dass abweichend vom Regelfall des § 35 Abs. 1 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz - HG NRW) den Stelleninhabern vor dem Inkrafttreten des Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes vom 14. Juni 2016 überwiegend Lehraufgaben ausdrücklich übertragen worden sind, sind nicht ersichtlich. Vielmehr gibt es keinen Anlass, an der gegenteiligen Erklärung der Antragsgegnerin zu zweifeln.
30b) Der Ansatz von 4 DS für die W1 Junior-Professur begegnet keinen Bedenken. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 LVV haben Juniorprofessoren ein Lehrdeputat von 4 DS, wenn sie sich in der ersten Anstellungsphase (1. bis 3. Jahr der Juniorprofessur) befinden und von 5 DS, wenn sie in der zweiten Anstellungsphase (4. bis 6. Jahr der Juniorprofessur) sind. Vorliegend ist ausweislich des Stellenbesetzungsplans die Stelle zum überwiegenden Anteil mit befristet beschäftigten wissenschaftlichen Angestellten besetzt; im Übrigen ist sie vakant und wurde mit einem Stellendeputat von insgesamt 4 DS in die Kapazitätsberechnung eingestellt. Für die Kapazitätsberechnung ist grundsätzlich unerheblich, ob und gegebenenfalls wie eine Stelle tatsächlich besetzt ist. Vielmehr liegt der KapVO NRW 2017 - wie dargelegt - das abstrakte Stellenprinzip zugrunde. Damit bleibt es dabei, dass die Regellehrverpflichtung für Juniorprofessoren in der ersten Anstellungsphase 4 DS und in der zweiten Anstellungsphase 5 DS beträgt. Ist eine Juniorprofessorenstelle nicht besetzt, ist sie mit 4 DS zu berücksichtigen, zumal anzunehmen ist, dass die Stelle im Falle ihrer Neubesetzung an einen Juniorprofessor in der ersten Anstellungsphase vergeben würde.
31Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Januar 2014 - 13 A 1421/13 -, juris Rn. 13 ff., vom 31. Juli 2012 - 13 C 28/12 -, juris Rn. 11 f. und vom 31. Januar 2012 - 13 B 1537/11 -, juris Rn. 8; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 3 Nc 158/12 -, juris Rn. 28; VG Minden, Beschlüsse vom 13. Dezember 2018 - 10 Nc 3/18 -, juris Rn. 17, vom 12. Dezember 2018 - 10 L 1038/18 -, juris Rn. 17 und vom 19. Dezember 2017 - 10 Nc 8/17 -, juris Rn. 17; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6. März 2012 - 4 Nc 214/11 -, juris Rn. 22 und VG Berlin, Beschluss vom 6. Juni 2011 - 30 L 919.10 -, juris Rn. 8.
32Diese 4 DS entsprechen im Übrigen der Regellehrverpflichtung für einen befristet beschäftigten wissenschaftlichen Angestellten, vgl. § 3 Abs. 4 Satz 5 LVV.
33Vgl. zu diesem Gesichtspunkt VG Minden, Beschlüsse vom 13. Dezember 2018 - 10 Nc 3/18 -, juris Rn. 19, vom 12. Dezember 2018 - 10 L 1038/18 -, juris Rn. 19 und vom 19. Dezember 2017 - 10 Nc 8/17 -, juris Rn. 19 sowie VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 6. März 2012 - 4 Nc 214/11 -, juris Rn. 22.
34Die Kammer sieht auch keinen Anlass zu ermitteln, ob die wissenschaftlichen Angestellten bereits länger als drei Jahre bei der Antragsgegnerin beschäftigt sind. Dies würde ohnehin nicht dazu führen, dass - wie bei einem Juniorprofessor in der zweiten Anstellungsphase - 5 DS zugrunde zu legen wären.
35Offen gelassen in OVG NRW, Beschluss vom 31. Januar 2012 - 13 B 1537/11 -, juris Rn. 8; der insoweit teilweise von Antragstellerseite angeführte Beschluss des VG Berlin vom 6. Juni 2011 - 30 L 919.10 - bestätigt die gegenteilige Argumentation im Übrigen gerade nicht, vgl. juris Rn. 8.
36Denn wie lange der jeweilige Mitarbeiter bereits bei der Antragsgegnerin beschäftigt ist, hat weder Einfluss darauf, dass die Stelle im Falle ihrer Neubesetzung voraussichtlich an einen Juniorprofessor in der ersten Anstellungsphase vergeben würde, noch auf die Regellehrverpflichtung für einen befristet beschäftigten wissenschaftlichen Angestellten.
37Ungeachtet dessen würde sich auch ein Ansatz von alternativ 5 DS nicht zugunsten des Antragstellers auswirken (dazu im Folgenden).
38c) Dass eine der beiden Stellen für Akademische Räte A 15 ‑ 13 ohne ständige Lehraufgaben auf Dauer tatsächlich besetzt ist mit einem wissenschaftlichen Angestellten, dessen Lehrverpflichtung 8 DS beträgt, ist in die Kapazitätsberechnung durch das Einstellen der zusätzlichen 3 DS des Stelleninhabers als "zusätzliches Lehrangebot aufgrund dienstrechtlicher Lehrverpflichtung" rechtsfehlerfrei eingeflossen. Rechnerisch zutreffend hat die Antragsgegnerin wegen nicht nur vorübergehend vom Stellenplan abweichender Stellenbesetzung in ihre Lehrangebotsberechnung insoweit 3 DS zusätzlich einbezogen.
39Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 20. Dezember 2021 - 15 Nc 99/21 -, juris Rn. 34 und vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 37 ff.
40d) Bezüglich der beiden Stellen für Akademische Räte A 15 ‑ 13 ohne ständige Lehraufgaben kann dahinstehen, ob anstelle des nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 LVV NRW angesetzten Lehrdeputats von jeweils 5 DS (zuzüglich der zuvor erwähnten 3 DS) gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 10 LVV NRW ein Lehrdeputat von jeweils 9 DS anzusetzen wäre.
41Nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 LVV NRW in der bis zum 30. November 2021 (LVV NRW a.F.) gültigen Fassung haben Akademische Räte, Oberräte und Direktoren, denen mindestens zu drei Vierteln der regelmäßigen Arbeitszeit Dienstaufgaben ohne Lehrverpflichtung obliegen, eine reduzierte Lehrverpflichtung von 5 DS. In allen anderen Fällen besteht für die vorgenannten Stellengruppen nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 LVV NRW a.F. eine Lehrverpflichtung von 9 DS. Es liegt im Organisationsermessen der Universität, ob und in welchem Umfang sie den Inhabern der in § 3 Abs. 1 Nr. 10 und 11 LVV NRW a.F. genannten Stellen Dienstaufgaben ohne Lehrverpflichtung zuweist. Gemäß § 3 Abs. 3 LVV NRW a.F. hat der Dekan studienjährlich zu überprüfen, ob und aus welchen Gründen von der höheren Lehrverpflichtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 LVV NRW a.F. abgewichen wird. Dies ist aktenkundig zu machen.
42Nach § 3 Abs. 1 Nr. 11 LVV NRW in der seit dem 1. Dezember 2021 gültigen Fassung haben Akademische Räte, Akademische Oberräte und Akademische Direktoren in der Besoldungsgruppe A, die mindestens zu drei Vierteln der regelmäßigen Arbeitszeit Dienstaufgaben ohne Lehraufgaben wahrnehmen, eine Lehrverpflichtung von 5 DS, während gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 10 LVV NRW Akademische Räte, Akademische Oberräte und Akademische Direktoren in der Besoldungsordnung A, die zu weniger als drei Vierteln der regelmäßigen Arbeitszeit Dienstaufgaben ohne Lehraufgaben wahrnehmen, eine Lehrverpflichtung von 9 DS haben.
43Vorliegend lässt die Kammer sowohl dahinstehen, welche Fassung der LVV NRW vorliegend maßgeblich ist, als auch, ob die Stelleninhaber tatsächlich mindestens zu drei Vierteln der regelmäßigen Arbeitszeit Dienstaufgaben ohne Lehraufgaben wahrnehmen bzw. ihnen entsprechende Dienstaufgaben obliegen, als auch wie sich ein etwaiger Verstoß gegen § 3 Abs. 3 LVV NRW a.F. auswirken würde,
44vgl. hierzu einerseits OVG NRW, Beschlüsse vom 30. September 2021 - 13 B 1017/21 u.a. -, juris Rn. 31 ff. und - 13 C 30/21 -, juris Rn. 30 ff. sowie andererseits Beschluss vom 13. Oktober 2018 - 13 C 50/18 -, juris Rn. 9 und VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Dezember 2021 - 15 Nc 99/21 -, juris Rn. 49,
45und ob vorliegend arbeitsvertragliche Regelungen dazu führen, dass der Ansatz von 9 DS bei Angestellten nicht in Betracht kommt, vielmehr die Lehrverpflichtung gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 LVV NRW um 1 DS niedriger als bei Beamten festzusetzen ist.
46Denn wenn man der Überprüfung der Kapazitätsauslastung hinsichtlich der durch die Antragsgegnerin und das MKW mit einer Lehrverpflichtung von 5 DS angesetzten Stellen kapazitätsfreundlich ein Lehrdeputat von 9 DS zugrunde legt, ergibt sich kein für den Antragsteller günstigeres Ergebnis (dazu im Folgenden).
47e) Für die befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter wurden gemäß § 3 Abs. 4 Satz 5 LVV NRW jeweils 4 DS angesetzt. Soweit für eine wissenschaftliche Angestellte im zur Akte gereichten Stellenbesetzungsplan unter „Deputat je Stelle“ 2 DS eingetragen sind, ist dies (wenn auch missverständlich) ersichtlich und durch die Antragsgegnerin bestätigt darauf zurückzuführen, dass es sich um einen Stellenanteil von nur 0,5 handelt. Dass bei den mit einem Anteil von 0,95 und 0,4 angesetzten Stellen dennoch volle 4 DS im Stellenbesetzungsplan eingetragen sind, hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar dahingehend erklärt, dass es sich um ein Versehen handle und eigentlich ein Deputat von (gerundet) 2 DS bzw. 4 DS auszuweisen sei. Auf die Kapazitätsberechnungen habe dies jedoch keine Auswirkungen, da der Fehler nur im Stellenbesetzungsplan enthalten sei, der rechnerisch unabhängig von der Kapazitätsberechnung für das Gericht erstellt werde. In die Kapazitätsberechnung seien insgesamt 28,85 Stellen (präzise errechnet unter Berücksichtigung der Stellenanteile von 0,5, 0,4 und 0,95) eingeflossen mit einem Deputat von 4 DS / volle Stelle. Diese Darlegung wird bestätigt durch die vorgelegte Kapazitätsberechnung.
48f) Ob hinsichtlich der befristet beschäftigten wissenschaftlichen Angestellten die rechtlichen Vorgaben des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft (Wissenschaftszeitvertragsgesetz - WissZeitVG) eingehalten und die Befristungsabreden wirksam sind, ist im Kapazitätsrechtsstreit regelmäßig nicht zu prüfen.
49Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Juli 2016 - 13 C 30/16-, juris Rn. 10 ff., vom 17. März 2017 - 13 C 20/16 -, juris Rn. 3 ff. und vom 12. Februar 2016 - 13 C 21/15 -, juris Rn. 9; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 20. Dezember 2021 - 15 Nc 99/21 -, juris Rn. 65 und vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 71; VG Köln, Beschlüsse vom 5. Oktober 2021 - 6 Nc 39/21 -, juris Rn. 13 ff. und vom 30. September 2021 - 6 Nc 21/21 -, juris Rn. 27 ff.
50Auch verpflichten weder das (abstrakte) Stellenprinzip noch das Kapazitätserschöpfungsgebot die Hochschule zu dem Nachweis, dass sich ein bestimmter Stelleninhaber im Einzelfall tatsächlich (noch) in der Weiterbildung befindet und deshalb die Befristung des Arbeitsvertrages gerechtfertigt ist. Mit Blick auf das Stellenprinzip kommt den Befristungen von Arbeitsverträgen nach dem WissZeitVG allein arbeitsrechtliche, nicht aber kapazitätsrechtliche Bedeutung zu.
51Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Juli 2016 - 13 C 30/16 -, juris Rn. 7, vom 17. März 2017 - 13 C 20/16 -, juris Rn. 6 und vom 12. Februar 2016 - 13 C 21/15 -, juris Rn. 3; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 20. Dezember 2021 - 15 Nc 99/21 -, juris Rn. 67 und vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 73; VG Köln, Beschlüsse vom 30. September 2021 - 6 Nc 21/21 -, juris Rn. 33 und vom 26. Februar 2019 - 6 Nc 93/18 -, juris Rn. 16.
52Soweit teilweise geltend gemacht wird, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehe für die Wissenschaftsverwaltung eine uneingeschränkte Begründungspflicht, in der Mehrzahl der Fälle wiesen Stellenausstattungspläne und kapazitätsrechtliche Stellengruppenbildung einen unbegründet zu niedrigen Stellenanteil wissenschaftlicher Mitarbeiter mit der Deputatnorm 8 DS und einen unbegründet überhöhten Prozentanteil für Nachwuchsförderung / Weiterbildungsaufgaben aus, zumindest bei einem Prozentanteil letztgenannter Stellen erheblich oberhalb 50 % seien Anhaltspunkte für eine unzulässige Ausübung der Stellenwidmungskompetenz gegeben (unzulässige Niveaupflege), greift dies nicht durch.
53Zunächst ist zu konstatieren, dass der in Bezug genommene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts,
54Beschluss vom 8. Februar 1984 - 1 BvR 580/83 -, juris,
55sich auf eine gänzlich andere Ausgangslage als die im vorliegenden Verfahren gegebene bezieht, nämlich auf eine mit Kapazitätseinbußen verbundene Strukturreform und Umstellung der Personalstruktur des akademischen Mittelbaus.
56Im Übrigen erweist sich das Vorbringen zu einem unbegründet zu niedrigen Stellenanteil wissenschaftlicher Mitarbeiter mit einem Deputat von 8 DS und einem regelmäßig unbegründet überhöhten Prozentanteil der Stellenausstattung für Nachwuchsförderung / Weiterbildungsaufgaben als pauschal und ins Blaue hinein. Abgesehen davon, dass die anteilige Erhöhung befristeter Stellen sich vorliegend nicht kapazitätsmindernd auswirkt, sondern auf einer deutlichen Erhöhung des Lehrdeputats im Rahmen der Neuschaffung des Studiengangs Psychologie (polyvalent) / Bachelor gegenüber dem vorherigen Studiengang Psychologie / Bachelor beruht, gibt es im Übrigen keinen allgemeinen Grundsatz, wonach ein bestimmtes Verhältnis zwischen befristeten und unbefristeten Stellen einzuhalten ist. Ein solcher folgt insbesondere nicht aus den Leitlinien für die Ausgestaltung befristeter Beschäftigungsverhältnisse mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal der Hochschulrektorenkonferenz vom 24. April 2012. Diese enthalten zwar die Empfehlung, Dauerstellenkonzepte aufzustellen, um die Anzahl der Dauerstellen in einem angemessenen Verhältnis zu den befristeten Qualifikationsstellen zu halten. Kapazitätsrechtliche Konsequenzen aus einem fehlenden Dauerstellenkonzept zeigt die Empfehlung jedoch nicht auf. Sie betont vielmehr die Notwendigkeit, dass die Zahl der befristeten Stellen für Nachwuchswissenschaftler die der unbefristeten deutlich übersteigt.
57Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Januar 2022 - 15 Nc 39/21 -, juris Rn. 31.
58g) Ausgehend hiervon ergibt sich nach der Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin ein unbereinigtes Lehrangebot von 176,40 DS. Legt man kapazitätsfreundlich betreffend die beiden Stellen für Akademische Räte A 15 ‑ 13 anstelle eines Lehrdeputats von 5 DS bzw. (faktisch 5 + 3 =) 8 DS jeweils 9 DS und hinsichtlich der W1 Junior-Professur nicht nur 4 DS, sondern 5 DS zugrunde, erhöht sich das unbereinigte Lehrangebot auf 182,40 DS.
592. Eine Erhöhung des Lehrangebots ergibt sich gemäß § 5 Abs. 3 KapVO NRW 2017 aus zu berücksichtigenden Lehrauftragsstunden. Danach werden als Lehrauftragsstunden die Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung einbezogen, die der Lehreinheit in dem dem Berechnungsstichtag vorausgehenden Jahr für das Pflicht- oder Wahlpflichtcurriculum zur Verfügung gestanden haben und nicht auf einer Regellehrverpflichtung oder unentgeltlichen Lehrleistungen beruhen oder eine Regellehrverpflichtung ersetzen. Daraus ergeben sich vorliegend für das Sommersemester 2020 3,14 DS und für das Wintersemester 2020/2021 0 DS, d.h. insgesamt 3,14 DS : 2 = 1,57 DS je Semester. Daraus ergibt sich ein Lehrangebot von 177,97 DS (176,40 DS + 1,57 DS) bzw. kapazitätsfreundlich von 183,97 DS (182,40 DS + 1,57 DS).
603. Das so ermittelte erhöhte Lehrangebot von 177,97 DS bzw. 183,97 DS ist richtigerweise um 2,84 DS wieder zu vermindern. Bei der Verminderung handelt es sich um den sogenannten Dienstleistungsexport gemäß § 5 Abs. 4 KapVO NRW 2017, d.h. um Lehrleistungen der Lehreinheit Psychologie an nicht zugeordnete Studiengänge, hier die jeweils nicht zulassungsbeschränkten Studiengänge Empirische Bildungsforschung, Kommunikationswissenschaft (Technik-Kommunikation) sowie Logopädie (dual). Der Dienstleistungsbedarf ist in der Kapazitätsberechnung in Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 5 Abs. 4 Satz 2 KapVO 2017 rechnerisch zutreffend wie folgt eingestellt:
61Caq Aq / 2 Caq x Aq / 2
62Empirische Bildungsforschung 0,06 11,00 0,66
63Kommunikationswissenschaft
64(Technik-Kommunikation) 0,04 16,00 0,64
65Logopädie (dual) 0,14 11,00 1,54
66Summe 2,84
67Grundsätzlich nicht unverhältnismäßig ist die Beeinträchtigung, die mit jedem Dienstleistungsexport für den grundrechtlichen Anspruch von Studienbewerbern auf Zulassung zum Studium in einem der Lehreinheit zugeordneten Studiengang einhergeht, der bei kapazitätsbeschränkten Studiengängen als Teilhaberecht an der vorhandenen Ausbildungskapazität gewährleistet wird. Denn die als Dienstleistung exportierte Lehre geht nicht verloren, sondern schafft Ausbildungskapazität in einem anderen Studiengang. Das Kapazitätserschöpfungsgebot und das Teilhaberecht von Studienbewerbern vermitteln hingegen keinen Anspruch darauf, das Lehrpotenzial der wissenschaftlichen Lehrkräfte einer Hochschule bestimmten Studiengängen zu Gute kommen zu lassen.
68Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2019 - 13 C 37/19 -, juris Rn. 16, vom 13. Oktober 2018 - 13 C 50/18 -, juris Rn. 18 undvom 25. Juli 2014 - 13 C 13/14 -, juris Rn. 6 sowie VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn 97.
69Maßgeblich für die Berechnung der Dienstleistungen für nicht zugeordnete Studiengänge sind nach § 5 Abs. 4 Satz 1 KapVO NRW 2017 die Lehrveranstaltungsstunden, die der Dienstleistungsstudiengang zu erbringen hat. Mithin mindern nur solche Lehrveranstaltungen als Dienstleistungsexport das Lehrangebot der Lehreinheit, die nach der jeweiligen Studien- und Prüfungsordnung des nicht zugeordneten Studiengangs der erfolgreiche Abschluss des dortigen Studiums erfordert.
70Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2019 - 13 C 37/19 -, juris Rn. 8, vom 18. Mai 2009 - 13 C 58/09 -, juris Rn. 13 und vom 8. Mai 2008 -13 C 75/08 -, juris Rn. 12 sowie VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn 103 ff.
71Dabei sind gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 KapVO NRW 2017 die Curricularanteile anzuwenden, die für die jeweiligen nicht zugeordneten Studiengänge auf diese Lehreinheit entfallen (Caq). Der jeweilige Curricularanteil wird i.d.R. mit der Zahl der Studienanfänger des Vorjahres, in zulassungsbeschränkten Studiengängen mit den jeweiligen Zulassungszahlen multipliziert (hier jeweils mangels Zulassungsbeschränkung: Zahl der Studienanfänger). Da für die Berechnung der Exportleistung der Curricularanteil maßgeblich ist, der für den jeweiligen nicht zugeordneten Studiengang auf die Lehreinheit entfällt, nicht aber der insgesamt für den importierenden Studiengang geltende Curricularnormwert, ist die Festlegung und gegebenenfalls Einhaltung von Curricularnormwerten in den nicht zugeordneten Studiengängen grundsätzlich nicht zu überprüfen und ein Dienstleistungsexport kann allenfalls dann (verfassungs-)rechtlichen Bedenken unterliegen, wenn ihm sachwidrige oder willkürliche Erwägungen zu Grunde liegen.
72Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Juli 2014 - 13 C 13/14 -, juris Rn. 8 und vom 6. Januar 2014 - 13 C 115/13 -, juris Rn. 3 sowie VG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Januar 2022 - 15 Nc 62/21 -, juris Rn. 95.
73Ausgehend hiervon begegnet die Berechnung des Dienstleistungsexports durch die Antragsgegnerin keinen rechtlich durchgreifenden Bedenken. Soweit gerügt wird, die Antragsgegnerin habe keine Schwundberechnung durchgeführt, ist festzuhalten, dass bei den hier betroffenen nicht zulassungsbeschränkten Studiengängen die Zahl der Studienanfänger des Vorjahres zugrunde zu legen und insofern keine Schwundberechnung erforderlich war. Ungeachtet dessen ist eine derartige Rüge von vornherein nicht zielführend, da sich selbst in - hier nicht gegebenen - zulassungsbeschränkten Studiengängen jedwede Berücksichtigung eines Schwunds allenfalls erweiternd auf die Ausbildungskapazität in dem die Dienstleistung importierenden Studiengang und damit nicht mindernd auf dessen Dienstleistungsbedarf auswirken würde.
74Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn 108 und VG Köln, Beschluss vom 5. Oktober 2021 - 6 Nc 39/21 -, juris Rn. 30.
75Sonstige Anhaltspunkte tatsächlicher und / oder rechtlicher Art, die die Richtigkeit des angesetzten Dienstleistungsexports ernsthaft in Abrede stellen, bestehen nicht und wurden insbesondere auch nicht substantiiert, sondern nur ins Blaue hinein geltend gemacht.
76Unabhängig davon würde selbst eine Außerachtlassung des Dienstleistungsexports dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen (dazu im Folgenden).
77Im Ergebnis errechnet sich unter Berücksichtigung des Dienstleistungsexports ein bereinigtes jährliches Lehrangebot von 350,26 DS ([177,97 DS - 2,84 DS] x 2) bzw. kapazitätsfreundlich von 362,26 DS ([183,97 DS - 2,84 DS] x 2). Ließe man zusätzlich zu einer kapazitätsfreundlichen Berechnung des unbereinigten Lehrangebots noch den Dienstleistungsexport unberücksichtigt, ergäben sich 367,94 DS (183,97 DS x 2).
78II. Dieses Lehrangebot ist nach Ermittlung der Lehrnachfrage der Lehreinheit Psychologie (§ 6 KapVO NRW 2017) und Bildung der Anteilquoten (7 KapVO NRW 2017) auf die Studiengänge Psychologie (polyvalent) / Bachelor sowie Psychologie / Master aufzuteilen.
79Hierbei hat die Antragsgegnerin für die Lehreinheit Psychologie einen gewichteten Curricularanteil von 2,47 ermittelt, der sich aus der Summe der nach § 6 Abs. 3 KapVO NRW 2017 berechneten gewichteten Curricularanteile für den Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor (2,71 Eigenanteil x 0,786 Anteilquote = 2,13006) und für den Studiengang Psychologie / Master (1,60 Eigenanteil x 0,214 Anteilquote = 0,3424) ergibt.
801. Bei der Berechnung ist die Antragsgegnerin beanstandungsfrei von einem Curricularwert (CW) von 2,75 im Studiengang Bachelor und von 1,60 im Studiengang Master ausgegangen.
81Den für die ordnungsgemäße Ausbildung eines Studenten in dem jeweiligen Studiengang erforderlichen und gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 KapVO NRW 2017 durch den Curricularwert bestimmten Aufwand aller an der Ausbildung beteiligten Lehreinheiten haben die Hochschulen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KapVO NRW 2017 im Rahmen der in Anlage 1 zu dieser Verordnung für den jeweiligen Studiengang vorgegebenen Bandbreite zu berechnen. Für die Studiengänge im Bereich Mathematik, Geographie und Psychologie beträgt die CW-Bandbreite Bachelor 2,20 - 3,40 und die CW-Bandbreite Master 1,10 - 1,70. Für sonstige Fächer (u.a. Hebammenwissenschaft, Psychotherapie) ist eine individuelle CW-Berechnung vorgesehen. Nach Anmerkung 1 zu der vorgenannten Anlage können die Hochschulen dabei innerhalb der angegebenen Bandbreiten entweder die aus den bisher geltenden Curricularnormwerten (CNW) abgeleiteten Werte (80 % für Bachelor bzw. 40 % für Master) verwenden oder aber den CW für einen Studiengang auf Grundlage des Studienplans selbst ableiten. Nach Anmerkung 2 sind die Curricularwerte bei Studiengängen, die den aufgeführten Bandbreiten nicht eindeutig zugeordnet werden können, auf Grundlage des Studienplans unter Berücksichtigung der für die Teilbereiche des Studiengangs einschlägigen Bandbreiten abzuleiten.
82Mit der Bandbreitenregelung wird den Hochschulen im Rahmen der ihnen durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetztes (GG) gewährleisteten Eigenständigkeit bei der Einführung profilbildender neuer Bachelor- und Masterstudiengänge ein - von den Gerichten zu respektierender - Gestaltungsspielraum eingeräumt. Dieser ermöglicht es ihnen, bei der Organisation und Ausgestaltung des Studiums ihren eigenen hochschulpolitischen Vorstellungen und fachdidaktischen Zielvorstellungen Ausdruck zu verleihen, und erlaubt ihnen, die curriculare Struktur und die Betreuungsverhältnisse flexibel zu gestalten sowie die Lehrschwerpunkte zu setzen. Hieraus folgt im Umkehrschluss jedoch nicht, dass die Bestimmung des konkreten CW im freien Ermessen der Hochschule liegt.
83Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Mai 2020 - 13 C 66/19 -, juris Rn. 7 ff. sowie VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 117.
84Das Bandbreitenmodell unterstellt, dass bereits der untere Wert der Bandbreite die erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazitäten in einem Studiengang unter Normalbedingungen sichert; er darf nicht unterschritten werden, um mit der vorhandenen tatsächlichen und personellen Ausstattung eine ordnungsgemäße Ausbildung zu gewährleisten. Dies hat zur Folge, dass das Recht der Hochschule zur eigenverantwortlichen Ausgestaltung des Studienplans mit dem vom Kapazitätserschöpfungsgebot geschützten Interesse des Studienbewerbers daran, dass die Zulassungszahl nach Maßgabe eines sparsamen, durch den Lehrmengenbedarf der unteren Bandbreite indizierten Ausbildungsaufwands bestimmt wird, konkurriert, wenn die nach dem örtlichen Studienplan benötigte Ausbildungsmenge die untere Bandbreite merklich übersteigt. Derartige Abweichungen sind - auch unter Berücksichtigung eines weiten Gestaltungsermessens der Hochschule - mit den konkreten Eigenheiten des Studiengangs zu rechtfertigen.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Mai 2020 - 13 C 66/19 -, juris Rn.15 ff. sowie VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 119.
86Dies erfordert insbesondere eine sachgerechte Abwägung der Interessen der Studienbewerber und der Hochschule bei den in die CW-Berechnung eingestellten Parametern. Hierbei können die Hochschulen mangels verbindlicher landesrechtlicher Vorgaben auf die in der Empfehlung zur Sicherung der Qualität von Studium und Lehre in Bachelor- und Masterstudiengängen der Hochschulrektorenkonferenz vom 14. Juni 2005 (Empfehlung der Hochschulrektorenkonferenz) enthaltenen Richtwerte zurückgreifen. An deren Tragfähigkeit bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
87Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 67 ff.
88a) Gemessen daran begegnet der durch die Antragsgegnerin für den Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor mit 2,75 in die Kapazitätsberechnung eingestellte CW keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Antragsgegnerin hat hierzu ausgeführt, der CW von 2,75 beruhe auf einer individuellen CW-Berechnung für „Sonstige Fächer (u. a. Hebammenwissenschaft, Psychotherapie)". Insofern kann dahinstehen, ob hier die CW-Bandbreite Bachelor von 2,20 - 3,40 für die Studiengänge im Bereich Mathematik, Geographie und Psychologie zugrunde zu legen gewesen wäre oder ob aufgrund der Tatsache, dass der Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor nicht nur auf ein psychologisches Masterstudium vorbereitet, sondern ebenso die Voraussetzungen für den Masterstudiengang in Klinischer Psychologie und Psychotherapie schafft, eine individuelle CW-Berechnung vorzunehmen war, ggf. unter Berücksichtigung der vorgenannten CW-Bandbreite gemäß Anmerkung 2. Denn der Wert verbleibt innerhalb der vorgegebenen CW-Bandbreite Bachelor für die Studiengänge im Bereich Mathematik, Geographie und Psychologie.
89Substantiierte Einwendungen gegen die Berechnung sind nicht vorgetragen. Da insbesondere die Gruppengrößen (g) für die Veranstaltungsarten Vorlesungen g = 100, Seminare g = 20, Praktika g = 15, Übungen g = 30, Exkursionen g = 15, externe Praktika g = 5, Versuchspersonen-Stunden g = 5 eingestellt wurden, die ihrerseits im Rahmen der Bandbreitenvorschläge der Hochschulrektorenkonferenz für die - letztlich durch die Hochschule im Rahmen ihres Organisationsermessens zu bestimmenden - jeweiligen Gruppengrößen liegen (Vorlesungen g = 60 - 100; Seminare g = 15 - 30; Praktika g = 15; Übungen g = 30 - 60; Exkursionen g = 15; externe Praktika g = 2 - 5; für Versuchspersonen-Stunden kein Vorschlagswert), spricht nach Aktenlage nichts dafür, dass der CW nicht durch die konkreten Eigenheiten des jeweiligen Studiengangs gerechtfertigt ist.
90Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass sich hieraus eine Besserstellung des Antragstellers gegenüber einer Berechnung im Sinne der Anmerkung 1 zur KapVO NRW 2017 unter Rückgriff auf den vormals geltenden CNW für den Studiengang Psychologie ergibt, welcher 4,0 betrug (vgl. Nr. 32 der Anlage 2 zur KapVO NRW 1994) und somit im Verhältnis von 80 % auf den Bachelorstudiengang und 40 % auf den Masterstudiengang übertragen zu einem CW von 3,20 geführt hätte.
91Von dem CW von 2,75 für den Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KapVO NRW 2017 ein unbeanstandet gebliebener Curricularfremdanteil (CAq) von 0,04 der Lehreinheit Klinisch-Praktische Medizin in Abzug zu bringen, sodass sich ein Curriculareigenanteil (CAp) von 2,71 ergibt.
92b) Der CW für den Studiengang Psychologie / Master von 1,60 hält sich innerhalb der in Anlage 1 zur KapVO 2017 vorgesehenen Bandbreite von 1,10 - 1,70. Die Antragsgegnerin hat ihn entsprechend der Anmerkung 1 zu der vorgenannten Anlage aus dem bisher geltenden CNW für den Studiengang Psychologie von 4,0 (vgl. Nr. 32 der Anlage 2 zur KapVO 1994) abgeleitet und hiervon 40 % errechnet. Das erweist sich insoweit als kapazitätsfreundlich, als dass eine auf Grundlage des Studienplans durch die Antragsgegnerin vorgenommene Berechnung einen CW von 2,987 ergeben hätte, und zwar trotz Einhaltung der Bandbreitenvorschläge der Hochschulrektorenkonferenz zu Gruppengrößen, wenn auch am unteren Ende der Bandbreite: Vorlesungen g = 60, Seminare g = 15, Praktika g =15, Übungen g = 30, Exkursionen g = 15, externe Praktika g = 5. Darauf basierend hätte für die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Organisationsermessens eine Festsetzung des CW am oberen Ende der Bandbreite von 1,70 nahgelegen. Sie hat sich jedoch kapazitätsfreundlich für eine Berechnung auf Grundlage des bisher für den Studiengang Psychologie geltenden CNW entschieden.
932. Auch die zugrunde gelegten Anteilquoten von 0,786 für den Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor und 0,214 für den Studiengang Psychologie / Master sind nicht zu beanstanden.
94§ 7 Satz 2 KapVO NRW 2017 bestimmt, dass die Hochschulen die Anteilquoten aufgrund sachlicher Kriterien unter Berücksichtigung der jeweiligen Nachfrage in den Studiengängen sowie planerischen Gesichtspunkten im Einvernehmen mit dem Ministerium zu bilden haben. Nach § 7 Satz 3 KapVO NRW 2017 sind dabei in zulassungsbeschränkten Studiengängen die Bewerberzahlen des Vorjahres ein geeignetes - damit aber nach Maßgabe der Kapazitätsverordnung nicht das ausschließlich entscheidende - Kriterium für die Bestimmung der Anteilquote. Die Bewerberzahlen des Vorjahres heranzuziehen, ist vorliegend allerdings schon aufgrund der Neueinführung des Studiengangs Psychologie (polyvalent) / Bachelor naturgemäß nicht zielführend.
95Die Bildung der Anteilquoten ist Ausdruck der Widmungsbefugnis der Antragsgegnerin und fällt - solange vom Ministerium keine Vorgaben gemacht werden - grundsätzlich in deren Organisationsermessen. Das Gebot der erschöpfenden Nutzung des Lehrangebots verlangt insoweit lediglich, dass die Anteilquoten nicht willkürlich oder gezielt kapazitätsvernichtend, sondern anhand sachlicher Kriterien festgelegt werden.
96Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Oktober 2017 - 13 C 29/17 -, juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2013 - 13 C 47/13 -, juris Rn. 4; VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 141 und VG Köln, Beschluss vom 5. Oktober 2021 - 6 Nc 39/21 -, juris Rn. 32.
97Gemessen hieran ist die Bildung der Anteilquoten durch die Antragsgegnerin vorliegend an sachlichen Kriterien ausgerichtet, da sie an die Überlegung anknüpft, die Anteilquoten so zu bilden, dass auf der Grundlage des zwischen ihr und dem MKW geschlossenen Sonder-Hochschulvertrags zum Aufbau von Studiengängen der Psychotherapie und der hier vereinbarten 120 Studienplätze im Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor und 34 Studienplätze im Studiengang Psychologie / Master die vereinbarte Aufteilung der Studienplätze auf Bachelor- und Masterstudiengang erreicht wird. Dies ist weder willkürlich noch gezielt kapazitätsvernichtend.
983. Gemäß § 3 KapVO NRW 2017 errechnet sich demnach eine jährliche Aufnahmekapazität der Lehreinheit Psychologie von 141,81 Studienplätzen (350,26 : 2,47) bzw. bei kapazitätsfreundlicher Berechnung des unbereinigten Lehrangebots 146,66 (362,26 : 2,47), die multipliziert mit der Anteilquote für den Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor (0,786) im Ergebnis zu 111,46, gerundet mithin zu 111 bzw. zu 115,28, gerundet 115 Studienplätzen führt. Ließe man zusätzlich den Dienstleistungsexport außen vor, ergäbe sich eine jährliche Aufnahmekapazität der Lehreinheit Psychologie von 148,96 Studienplätzen (367,94 : 2,47), die multipliziert mit der Anteilquote von 0,786 im Ergebnis zu 117,09, gerundet 117 Studienplätzen führen würde.
994. Allerdings ist eine Erhöhung nach § 9 KapVO NRW 2017 vorzunehmen. Die Zulassungszahl soll danach erhöht werden, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern erheblich größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Die Ermittlung der Schwundquote nach dem sogenannten Hamburger Modell hat vorliegend anhand der Studierendenstatistiken zum Vorgängerstudiengang Psychologie / Bachelor der Antragsgegnerin einen Schwundausgleichsfaktor von 0,91 ergeben, was rechnerisch zu einer Studienanfängerzahl von 121,98 (111 : 0,91), gerundet mithin von 122, bzw. bei kapazitätsfreundlicher Berechnung des unbereinigten Lehrangebots 126,37 (115 : 0,91), gerundet mithin 126 führt. Bei Außerachtlassung des Dienstleistungsexports ergäben sich 128,57 (117 : 0,91), gerundet 129 Studienplätze.
100Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Berechnung auf Grundlage der von der Antragsgegnerin vorgelegten Tabellen methodisch und / oder rechnerisch fehlerhaft sein könnte, liegen nicht vor. Die Antragsgegnerin stützt ihre Berechnung auf fünf aufeinanderfolgende Stichprobensemester (Wintersemester 2018/2019 bis Wintersemester 2020/2021) unter Berücksichtigung von sechs der Regelstudienzeit entsprechenden Fachsemestern. Dass dies eine zu schmale Tatsachenbasis darstellt, ist nicht ersichtlich. Auch die Einbeziehung der Sommersemester ist nicht zu beanstanden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Schwundverhalten der Studenten maßgeblich davon abhängt, ob der Studiengang jährlich oder halbjährlich angeboten wird.
101Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Juli 2013 - 13 C 50/13 -, juris Rn. 35, vom 4. November 2013 - 13 A 455/13 -, juris Rn. 8 und vom 5. Februar 2013 - 13 B 1446/12 -, juris Rn. 6 ff.; VG Minden, Beschlüsse vom 13. Dezember 2018 - 10 Nc 3/18 -, juris Rn. 132 und vom 21. Februar 2017 - 10 L 1432/16 -, juris Rn. 120.
102Eine teilweise geforderte abweichende Berechnung der Schwundquote verlangt das Kapazitätserschöpfungsgebot nicht. Zur Ermittlung des Schwundausgleichsfaktors ist weder der Kapazitätsverordnung noch dem Kapazitätserschöpfungsgebot ein bestimmtes Berechnungsmodell zu entnehmen. Die Entscheidung, wie die schwundrelevanten Faktoren erfasst werden und in die Ermittlung des zahlenförmigen Schwund-Prognosemaßstabs einzubringen sind, liegt im Regelungsermessen des Normgebers der Zulassungszahlenverordnung; sie ist nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Dementsprechend ist nach § 9 Satz 2 KapVO NRW 2017 zur Berechnung des Schwundausgleichsfaktors das vom Ministerium vorgegebene Modell anzuwenden, mithin das vom MKW in den jährlichen Kapazitätserlassen benannte Hamburger Modell. Dessen Anwendung begegnet keinen Bedenken. Im Übrigen können wegen des prognostischen Charakters der Schwundberechnung gewisse Unsicherheitselemente in der Schwundermittlung ohnehin nicht ausgeschlossen werden mit der Folge, dass es nicht möglich ist, den einzig richtigen Schwundfaktor unter Anwendung einer allein richtigen Rechenart zu bestimmen.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2019 - 13 C 34/19 -, juris Rn. 10 ff., vom 10. Januar 2018 - 13 C 43/17 -, juris Rn. 9, vom 25. Mai 2011 - 13 C 33/11 u. a. -, juris Rn. 19 und vom 29. April 2010 - 13 C 235/10 -, juris Rn. 14; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 20. Dezember 2021 - 15 Nc 99/21 -, juris Rn. 118 ff. und vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 145 ff.; VG Köln, Beschlüsse vom 26. Februar 2019 - 6 Nc 93/18 -, juris Rn. 68 f. und vom 21. Februar 2019 - 6 L 2094/18 -, juris Rn. 49.
104Dass die Antragsgegnerin bei der Ermittlung des Schwundausgleichsfaktors trotz des nur jährlich möglichen Beginns des Studiums Studenten auch in den Sommersemestern berücksichtigt hat, ändert nichts an der Plausibilität der Berechnung, da ohne Weiteres der Einstieg von Quereinsteigern und / oder Ortswechslern in Betracht kommt.
105Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2014 - 13 C 13/14 u.a. -, juris Rn. 19; VG Minden, Beschlüsse vom 13. Dezember 2018 - 10 Nc 3/18 -, juris Rn. 135, vom 21. Februar 2017 - 10 L 1432/16 -, juris Rn. 123 und vom 4. März 2016 - 10 L 991/15 -, juris Rn. 125.
106Es fehlt dem in die Berechnung eingestellten Schwundausgleichsfaktor außerdem nicht schon per se die innere Plausibilität, wenn in dessen Berechnung etwa aus Anlass von Höherstufungen, Fach- und Hochschulwechseln semesterliche Übergangsquoten eingestellt werden, die über 1 liegen und zur Folge haben, dass keine Entlastung in der Lehrnachfrage zu verzeichnen ist, die gemäß § 9 Satz 1 KapVO NRW 2017 zu berücksichtigen wäre.
107Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2006 - 13 C 38/06 -, juris Rn. 13 ff.; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 11. Januar 2022 - 15 Nc 62/21 -, juris Rn. 160, vom 20. Dezember 2021 - 15 Nc 99/21 -, juris Rn. 121 und vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 151; siehe hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Juli 2014 - 13 C 13/14 u.a. -, juris Rn. 20 und vom 2. Juni 2010 - 13 C 243/10 -, juris Rn. 5 ff.
108III. Demnach ist für das erste Fachsemester des Studiengangs Psychologie (polyvalent) / Bachelor eine Kapazität von maximal 129 Studienplätzen zugrunde zu legen, die indes durch die derzeit bestehenden 204 Einschreibungen erschöpft ist. Die Antragsgegnerin hat durch dienstliche Erklärung an Eides statt vom 22. November 2021 die damals noch gegebene Zahl von 206 Einschreibungen bestätigt, die sich mittlerweile ausweislich ihrer Mitteilung vom 5. Januar 2022 auf 204 reduziert hat.
109B. Es ist insofern auch nicht von einer unrechtmäßigen oder gar willkürlichen Überbuchung auszugehen, durch die der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein könnte.
110Nur wenn infolge unzureichender Kapazitätsermittlung vorhandene Studienplätze nicht in das Vergabeverfahren einbezogen worden sind und als ein mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbares Ergebnis das Freibleiben eines Studienplatzes droht, ist dieser freie Studienplatz an einen gegen die Hochschule klagenden Bewerber unabhängig von seiner Rangziffer zu vergeben. Wenn dies nicht der Fall ist, wird die Ausbildungskapazität der Hochschule sowohl bei Einhaltung wie bei Überschreitung der normativen Zulassungszahl aufgezehrt. Die Überbuchung durch die Zulassung von mehr Bewerbern, als dies nach der festgesetzten Zulassungszahl geboten ist, soll den Hochschulen ermöglichen, die Studienplätze möglichst vollständig im ersten Zulassungsdurchgang zu besetzen. Die Bindung der Hochschule an die Zulassungszahl dient - ausgehend davon, dass die Zulassungszahl entsprechend den Vorgaben der KapVO NRW kapazitätserschöpfend festgesetzt ist - der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Hochschulbetriebes, also dem Schutz der Rechte von Hochschule, Hochschullehrern und eingeschriebenen Studenten. Die infolge eines - selbst verfahrensfehlerhaft durchgeführten - Überbuchungsverfahrens erfolgte Besetzung von Studienplätzen jenseits der festgesetzten Kapazität führt deshalb grundsätzlich weder zu einer Rechtsverletzung des Bewerbers um einen außerkapazitären Studienplatz, noch vermittelt sie diesem einen Rechtsanspruch auf Zuweisung eines solchen. Dementsprechend kann der auf die Zuweisung eines solchen Studienplatzes klagende Bewerber nur erfolgreich sein, wenn trotz erfolgter kapazitätsdeckend wirkender Überbuchung gleichwohl weitere Studienplätze nicht in das Vergabeverfahren einbezogen wurden und bei Einhaltung der normativ vorgegebenen Verteilungsmaßstäbe ungenutzt blieben und unwiederbringlich verlorengingen. Wenn dies nicht der Fall ist, wird die Ausbildungskapazität der Hochschule sowohl bei Einhaltung wie bei Überschreitung der normativen Zulassungszahl aufgezehrt.
111Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. August 2019 - 13 B 25/19 -, juris Rn. 39, vom 5. Juli 2019 - 13 C 34/19 -, juris Rn. 4, vom 27. Juli 2017 - 13 C 15/17 -, juris Rn. 25, vom 17. März 2016 - 13 C 20/16 -, juris Rn. 14, vom 15. März 2013 - 13 B 177/13 -, juris Rn. 3 ff., - 13 B 177/13 -, juris Rn. 9 ff. und - 13 B 179/13 -, juris Rn. 3 ff. sowie vom 28. Januar 2013 - 13 B 971/12 -, juris Rn. 4 ff.; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 20. Dezember 2021 - 15 Nc 99/21 -, juris Rn. 149 und vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 174.
112Ob vom Vorliegen nicht erschöpfter Kapazitäten auszugehen ist, wenn die Hochschule durch eine von vornherein beabsichtigte Überschreitung der Sollzahl die festgesetzte Zulassungszahl als variable Größe betrachtet und eine deutliche Überbuchung vornimmt - was allenfalls in Ausnahmefällen anzunehmen sein dürfte -,
113vgl. OVG NRW Beschlüsse vom 26. August 2019 - 13 B 25/19 -, juris Rn. 39 ff., vom 5. Juli 2019 - 13 C 34/19 -, juris Rn. 4, vom 27. Juli 2017 - 13 C 15/17 -, juris Rn. 25 ff., vom 17. März 2016 - 13 C 20/16 -, juris Rn. 16 ff., vom 15. März 2013 - 13 B 177/13 -, juris Rn. 9 ff. und - 13 B 179/13 -, juris Rn. 9 ff. sowie vom 28. Januar 2013 - 13 B 971/12 -, juris Rn. 8 ff.; bejaht bislang lediglich im Fall, dass über die kapazitäre Sollzahl von 151 Studienplätzen hinaus 380 Bewerber zugelassen wurden und von diesen sich 194 entschlossen, den Studienplatz anzunehmen, wobei sich die Antragsgegnerin darauf berief, die Überbuchung sei in Anpassung an das Bewerbungsverhalten der Studienbewerber erfolgt und es sei nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass sich ein durchschnittlicher Studienbewerber bei einer Vielzahl von Hochschulen bewerbe, um seine Erfolgschancen zu erhöhen, OVG NRW, Beschluss vom 26. Januar 2011 - 13 B 1640/10 -, juris Rn. 32,
114kann hier offenbleiben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
115Im Grundsatz ist die Praxis der Antragsgegnerin, einer Zahl an Studienbewerbern Immatrikulationsangebote zu machen, die über die für das erste Fachsemester festgesetzte Zulassungszahl hinausgeht, für die Studienplatzvergabe im Örtlichen Vergabeverfahren in § 28 Abs. 3 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (Vergabeverordnung NRW - VergabeVO NRW) ausdrücklich vorgesehen. Hiernach kann die Hochschule bei der Durchführung ihrer Auswahlverfahren durch Überbuchung der Zulassungszahlen berücksichtigen, dass angebotene Studienplätze voraussichtlich nicht angenommen werden. Mit dieser Vorgehensweise verfolgt sie den rechtlich zu billigenden Zweck, die für Studienanfänger verfügbaren Studienplätze im Interesse eines jeden Studienbewerbers an einer Aufnahme des Studiums zu Beginn eines Semesters möglichst ohne Nachrückverfahren und mit wenig Aufwand in einem Vergabedurchgang zu besetzen.
116Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 173 und vom 22. Dezember 2020 - 15 Nc 44/20 -, juris Rn. 157.
117Dabei obliegt es dem Organisationsermessen der Antragsgegnerin, ob sie Nachrückverfahren in Kauf nehmen möchte oder diese durch Überbuchungen zu vermeiden versucht.
118Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2020 - 15 Nc 44/20 -, juris Rn. 163 m.w.N.
119Mithin darf dem Umstand Rechnung getragen werden, dass - wenn in der Rückschau auf die Verfahren der Vergangenheit zur Vergabe von Studienplätzen im ersten Fachsemester hierzu Anlass besteht - erfahrungsgemäß nicht alle der Bewerber um einen Studienplatz das ihnen schließlich unterbreitete Einschreibeangebot auch tatsächlich annehmen. Dass eine aus den Erfahrungen der Vergangenheit abgeleitete Prognose über das Annahmeverhalten der Studienbewerber für das kommende Semester auch mit Unwägbarkeiten verbunden ist, liegt in der Natur der Sache mit der Folge, dass, sollte sich die Prognose als unzutreffend erweisen, im Rahmen der Kapazitätsüberprüfung nicht zu Lasten der Hochschule zu berücksichtigen ist, wenn mehr Studienbewerber von ihrem Immatrikulationsangebot Gebrauch machen als erwartet.
120Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2019 - 13 C 34/19 -, juris Rn. 6, vom 27. Juli 2017 - 13 C 15/17 -, juris Rn. 27, siehe insbesondere OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 13 B 971/12 -, juris Rn. 12 (Zulassung von 58 Studienbewerbern bei einer Sollzahl von 21 aufgrund entsprechender Erfahrungen in den beiden vorangegangenen Semestern, letztlich 33 Einschreibungen); VG Aachen, Beschluss vom 31. Januar 2013 - 9 L 442/12 -, juris Rn. 24 (Überbuchungsfaktor 6,09 basierend auf dem Annahmeverhalten der Studenten in den Vorsemestern, letztlich erfolgten 122 Zulassungen und 42 Einschreibungen bei einer Sollzahl von 28) bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2013 - 13 B 179/13 -, juris sowie OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2014 - 13 B 1119/14 -, juris Rn. 9 (letztlich 309 Einschreibungen bei einer Sollzahl von 258); außerdem VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 20. Dezember 2021 – 15 Nc 99/21 -, juris Rn. 148, vom 13. Dezember 2021 - 15 Nc 31/21 -, juris Rn. 173 und vom 22. Dezember 2020 - 15 Nc 44/20 -, juris Rn. 157.
121Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Überbuchungspraxis auf einer fehlerhaften Prognose der Hochschule beruht, kann und muss dies in der Konsequenz für eine Übergangszeit hingenommen werden.
122Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 31. Januar 2013 - 9 L 442/12 -, juris Rn. 24 bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2013 - 13 B 179/13 -, juris.
123Ein fester zahlenmäßiger Grenzwert, ab dessen Überschreitung von einer willkürlichen Überbuchung auszugehen oder diese jedenfalls indiziert ist, ist demgegenüber nicht anzusetzen. Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen ausgeführt hat, dass, wenn ein Nachrückverfahren zu einer Besetzung von Studienplätzen um mehr als 10 % über der Kapazitätsgrenze geführt hat, die Frage aufgeworfen ist, ob die Hochschulzulassung sich noch nach den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Kriterien richtet,
124vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Mai 2011 - 13 B 249/11 -, juris (Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache, wobei die Kosten hälftig geteilt wurden, da der Ausgang des Verfahrens wegen schwieriger Rechtsfragen nicht sicher prognostiziert werden konnte),
125ist dies auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar. Denn hier geht es gerade nicht um ein Nachrückverfahren, das nur noch dazu dient, freigebliebene Plätze zu vergeben, und bei dem außerdem aufgrund des bereits durchgeführten Verfahrensabschnitts eine deutlich präzisere Einschätzung des Annahmeverhaltens der Studenten möglich ist als im „erstmaligen“ Zulassungsverfahren.
126Ausgehend hiervon ist die Überbuchungspraxis der Antragsgegnerin vorliegend nicht zu beanstanden. Erst recht besteht keine Grundlage, davon auszugehen, dass sie durch eine von vornherein beabsichtigte Überschreitung die Sollzahl nach der Zulassungszahlenverordnung als variable Größe betrachtet hätte. Sie hat vielmehr nachvollziehbar dargelegt, der angewandte Überbuchungsfaktor von 3,5 sei gewählt worden, um voraussichtliche Nichtannahmen von Studienplätzen frühzeitig auszugleichen und die nach der Zulassungszahlenverordnung festgesetzten Kapazitäten auszuschöpfen.
127Ausgangspunkt ihrer Überlegungen bei der Wahl des Überbuchungsfaktors waren dabei die Erfahrungen im auslaufenden Studiengang Psychologie / Bachelor. Das ist nachvollziehbar, da für den neuen Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor keine Erfahrungswerte vorlagen. Zum Studiengang Psychologie / Bachelor hat die Antragsgegnerin dargelegt, es seien in den letzten Semestern hohe Überbuchungsfaktoren zugrunde gelegt worden. Grundsätzlich orientiere sie sich bei der Festsetzung der Überbuchungswerte an den Erfahrungen aus den Vorsemestern. Ein Vorschlag für den Überbuchungsfaktor werde i.d.R. aus den Erfahrungswerten der vorangegangenen fünf Semester gemäß der Formel Überbuchungsfaktor = Zugelassene / Eingeschriebene ermittelt. Dieser werde als Vorschlag über das Studierendensekretariat der Studiendekanin übermittelt, die über die abschließende Festsetzung entscheide. In den letzten Jahren hätten sich stets viele Zulassungen mit demgegenüber deutlich geringeren Einschreibungen ergeben, sodass entsprechend hohe Überbuchungsfaktoren (in den vorangegangenen Wintersemestern zwischen 4 und 6) angesetzt worden seien. Im Wintersemester 2020/2021 hätten gemäß den damaligen Kapazitätsunterlagen 83 Studienplätze für den auslaufenden Studiengang Psychologie / Bachelor zur Verfügung gestanden. Unter Berücksichtigung eines Überbuchungsfaktors von 5,0 seien zunächst 386 Zulassungen erfolgt, die jedoch im Hauptauswahlverfahren bis zum 25. September 2020 nur zu 60 Einschreibungen geführt hätten, was eine Einschreibequote von 15,5 % ergebe. Daraufhin seien Fristverlängerungen zur Einschreibung zugelassen worden, während derer sich weitere Studenten eingeschrieben hätten, letztendlich 110. Im Wintersemester 2019/2020 habe der Überbuchungsfaktor 4,64 betragen und bei 441 Zulassungen seien 95 Einschreibungen erfolgt, was eine Einschreibequote von lediglich 21,5 % ergebe. Die Antragsgegnerin hat dazu die Vorschläge der Vorjahre des Wintersemesters 2020/2021 vorgelegt. Anhand dieser ist festzustellen, dass eine Division der erfolgten Zulassungen durch die tatsächlich erfolgten Einschreibungen Werte von 5,97 (Wintersemester 2015/2016), 4,76 (Wintersemester 2016/2017), 5,62 (Wintersemester 2017/2018), 5,68 (Wintersemester 2018/2019) und 4,64 (Wintersemester 2019/2020) ergibt. Dass es insofern in den Wintersemstern 2016/2017, 2019/2020 und 2020/2021 zu - allerdings deutlich unterhalb der aktuellen gelegenen - Überbuchungen gekommen ist, ist dabei nicht von Relevanz. Angesichts des unregelmäßigen Auftretens in unterschiedlichem, stets deutlich hinter der aktuellen Überbuchung zurückbleibendem Umfang bestehen keine Anhaltspunkte für eine regelmäßige und systematische Überbuchung, die Rückschluss auf ein bewusstes Verschleiern von Kapazitäten oder eine anderweitig rechtsmissbräuchliche Vorgehensweise zuließe. Für das durch die Antragsgegnerin nunmehr zu prognostizierende zukünftige Annahmeverhalten kam es darauf nicht an, sondern einzig auf die Frage, auf wie viele Zulassungen voraussichtlich welche Zahl an Einschreibungen folgen würde.
128Zur Wahl des deutlich unterhalb der Erfahrungswerte aus dem Studiengang Psychologie / Bachelor gelegenen Überbuchungsfaktors 3,5 für den Studiengang Psychologie (polyvalent) / Bachelor hat die Antragsgegnerin sodann ausgeführt, es sei in die Überlegungen einbezogen worden, dass der neue Studiengang den Studenten erweiterte berufliche Möglichkeiten eröffne und deshalb als gegenüber dem Studiengang Psychologie / Bachelor attraktiver einzuschätzen sei. Man könne sowohl den Masterstudiengang in Psychologie als auch den Masterstudiengang in Klinischer Psychologie und Psychotherapie anschließen. Aufgrund der Novellierung der Psychotherapeutenausbildung sei der Abschluss eines Bachelor- und Masterstudiengangs Psychotherapie zukünftig Voraussetzung für die Qualifikation als Psychotherapeut, sodass nicht - wie bisher - nach einem Master in Psychologie noch eine mehrjährige, privat zu finanzierende Ausbildung erforderlich sei. Davon ausgehend habe die berechtigte Sorge bestanden, dass eine Übertragung der Faktoren des auslaufenden Studiengangs Psychologie / Bachelor zu sehr vielen Einschreibungen führen würde. Es habe deshalb eines geeigneteren, geringeren Faktors bedurft. Bei der Wahl habe man berücksichtigt, dass die errechnete Kapazität von letztendlich 122 Studienplätzen ausgeschöpft werden solle, die Einschreibungen aber gleichzeitig nicht zu hoch ausfallen dürften. Außerdem sei ein Nachrückverfahren nicht vorgesehen, sodass möglichst alle Studienplätze bereits über das Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV) über die Stiftung für Hochschulzulassung vergeben werden sollten. Es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass bei Zugrundelegung eines Überbuchungsfaktors von 3,5 eine die festgesetzte Kapazität in so hohem Maße überschreitende Zahl von Einschreibungen folgen werde.
129Das ist nicht zu beanstanden. Anderes Datenmaterial als das zum Studiengang Psychologie / Bachelor stand der Antragsgegnerin nicht zur Verfügung. Ausgehend davon hat sie die voraussichtliche Attraktivität des neuen Studiengangs Psychologie (polyvalent) / Bachelor in den Blick genommen und dieser durch einen deutlichen Abschlag gegenüber den Überbuchungsfaktoren in der Vergangenheit Rechnung getragen. Dass diese Vorgehensweise mit Unwägbarkeiten verbunden ist, liegt in der Natur der Sache und ist unvermeidbar. Es kann ihr mithin nicht angelastet werden, dass die Zahl der Einschreibungen erheblich über den Erwartungen lag. Insbesondere hat sie durch ihr Verhalten nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie in der Lage ist, bei einem entsprechenden Annahmeverhalten auch deutlich mehr Studienanfänger aufzunehmen als nach der Zulassungszahl Studienplätze zu vergeben sind. Vielmehr ist für eine rechtsmissbräuchliche Überbuchung nichts ersichtlich. Die Überbuchung erfolgte auf einer sachgerechten Grundlage. Bei der Frage, wie viele Studenten die ihnen angebotenen Studienplätze annehmen werden, handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, die von vornherein erheblichen Unsicherheiten unterliegt. Diente die Überbuchung danach allein dazu, die Vergabe der ausgewiesenen Studienplätze sicherzustellen, und beruht die Einschreibung von 204 Studenten bei einer festgesetzten Aufnahmekapazität von 122 allein auf einem so nicht prognostizierbaren Annahmeverhalten, ist kein Raum, von einer rechtsfehlerhaften Handhabung auszugehen, und erst recht nicht für die Annahme, die Antragsgegnerin habe durch eine von vornherein beabsichtigte Überschreitung die Sollzahl nach der Zulassungszahlenverordnung als variable Größe betrachtet.
130Durchgreifende Einwände hiergegen wurden nicht vorgebracht. Insbesondere wird die Vorgehensweise der Antragsgegnerin nicht durch die teilweise vorgebrachte Argumentation in Frage gestellt, es sei absehbar gewesen, dass das Annahmeverhalten der Studenten von den Vorjahren abweichen und keine Überbuchung notwendig sein werde, da in den Vorsemestern andere Hochschulen bereits auf das neue Psychotherapeutengesetz reagiert und damit die Abschlussmöglichkeiten für Studenten erweitert hätten. In der Folge seien nach Zulassung bei der Antragsgegnerin zahlreiche Studenten wieder abgesprungen, um sich nicht den Weg in ein Masterstudium der Psychotherapie abzuschneiden. Die Antragsgegnerin habe auch auf ihrer Homepage im Bewerbungsverfahren für das Wintersemester 2021/2022 deutlich auf die geänderte Sachlage hingewiesen, um viele Studenten zu akquirieren. Diese Darstellung ist zwar im Ausgangspunkt durchaus sachgerecht, vermag indes keine rechtsfehlerhafte Handhabung durch die Antragsgegnerin zu begründen. Vielmehr hat diese nicht in Abrede gestellt, dass ihr die erhöhte Attraktivität des neu eingeführten Studiengangs Psychologie (polyvalent) / Bachelor bewusst war. Darauf hat sie indes reagiert, indem sie gerade nicht die Datenlage der vergangenen Semester uneingeschränkt zugrunde gelegt, sondern einen demgegenüber deutlich reduzierten Überbuchungsfaktor gewählt hat. Dass sich diese Prognoseentscheidung im Nachhinein als unzutreffend erwiesen hat, war für die Antragsgegnerin nicht absehbar und kann ihr deshalb auch nicht zum Vorwurf gemacht werden.
131Auch war die Antragsgegnerin nicht gehalten, sich - wie teilweise gefordert - bei der Wahl des Überbuchungsfaktors an anderen Hochschulen zu orientieren. Denn das Annahmeverhalten der Studenten an einer Universität ist nicht notwendigerweise mit dem an einer anderen Universität im gleichen Studiengang vergleichbar. Vielmehr spielen neben den Inhalten des Studiengangs noch andere Faktoren (Renommee der Hochschule, Beliebtheit des Studienorts etc.) eine Rolle.
132Demgemäß ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass über die die festgesetzte Aufnahmekapazität schon deutlich übersteigende kapazitätsdeckende Überlast hinaus weitere außerkapazitäre Studienplätze zur Verfügung stünden.
133Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. März 2013 - 13 B 177/13 -, juris Rn. 14 und - 13 B 179/13 -, juris Rn. 14.
134Freie Kapazitäten ergeben sich auch nicht daraus, dass sich die Zahl der eingeschriebenen Studenten im laufenden Verfahren von 206 auf 204 reduziert hat. Ist die Prognose fehlgeschlagen, diente diese aber zur Erreichung der Sollzahl, muss sich eine Hochschule nicht an der vorübergehenden Überbuchungszahl festhalten lassen. Die erneute Vergabe nicht angenommener Plätze scheidet aus. Eine praktizierte Überbuchung ist als kapazitätsverzehrend zu werten, wenn sie auf einer vertretbaren Prognose beruht.
135Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 15. März 2013 - 13 B 177/13 -, juris Rn. 2, vom 28. Januar 2013 - 13 B 971/12 -, juris Rn. 14, vom 11. Januar 2013 - 13 C 87/12 -, juris Rn. 5 und vom 31. Juli 2012 - 13 C 28/12 -, juris Rn. 47; VG Aachen, Beschluss vom 31. Januar 2013 - 9 L 442/12 -, juris Rn. 27, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2013 - 13 B 179/13 -, juris.
136Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
137Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG und berücksichtigt, dass die begehrte Entscheidung die Hauptsache weitestgehend vorwegnimmt.
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