Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 5 K 334/20
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; außergerichtliche Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ……. 00 in .….., Gemarkung….., Flur 00, Flurstück 0000, und wendet sich gegen eine denkmalrechtliche Unterschutzstellung.
3Mit am 14. Januar 2020 zugestelltem Bescheid vom 8. Januar 2020 teilte die Beklagte dem Kläger nach vorheriger Anhörung mit, dass sie die in einem beigefügten Auszug näher bezeichnete bauliche Anlage entsprechend dem Lageplan, der Bestandteil der Eintragung sei, in die Denkmalliste der Stadt …… eingetragen habe. Zur Begründung führte sie aus: Das Objekt sei bedeutend für die Geschichte der Menschen, für Städte und Siedlungen und für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse. Für seine Erhaltung und Nutzung würden künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche und städtebauliche Gründe sprechen. Sie verwies auf das beiliegende Eintragungsblatt und das Gutachten von Dr. ……. vom 20. November 2019.
4In dem zugehörigen Eintragungsblatt ist u.a. ausgeführt:
5"Kurzbezeichnung des Denkmals: Mittelalterliche bis neuzeitliche Burg ……….
6Schutzumfang: Der Schutzbereich umfasst die Ruine der Burg ……… inklusive der beiden Vorburgen, der mehrfachen Grabenanlage mit den Verfüllungen und der ehemaligen Zuwegung …
7Darstellung der wesentlichen Merkmale des Denkmals:
8Zum Bodendenkmal gehört der gesamte Bereich der ehemaligen Wasserburg, bestehend aus Hauptburg und zwei Vorburgen inclusive der umgebenden Graben- und Befestigungsanlagen sowie der ehemaligen Zuwegung. Errichtet wurde die Burganlage vermutlich Mitte des 14. Jahrhundert als dreiteilige Wasserburg und mit für ihre Zeit modernsten Verteidigungsanlagen. Nach ihrer Eroberung durch den Herzog von Jülich wurde sie verschiedenen Pächtern überlassen, welche hauptsächlich den Meierhof, die zweite Vorburg, nutzten, so dass der Rest zunehmend verfiel. Noch im 19. Jahrhundert galt die Ruine der Hauptburg als beliebtes Ausflugsziel. Nach dem Sturz des Bergfrieds wurde das Gebäude bis auf Teile des Burggrabens eingeebnet."
9In der Begründung werden Ausführungen zur Bedeutung für die Geschichte der Menschen, zur Bedeutung für Städte und Siedlungen, volkskundliche und städtebauliche Gründe angeführt.
10Der Kläger hat am 7. Februar 2020 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Das Gelände sei ungeachtet der vorhandenen Bestandsbebauung eingeebnet. Auf den ganz überwiegenden Flächen des Grundstücks sei kein der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1, 5 DSchG NW genügendes Bodendenkmal mit öffentlichem Erhaltungs- und Nutzungsinteresse vorhanden. Die Auffassung der Beklagten, wonach eine historisch relevante Bedeutungsveränderung des Ortes stattgefunden habe, sei nicht geeignet, den erfahrenen Bedeutungsverlust der Örtlichkeit zu ersetzen oder eine Eigenschaft als Bodendenkmal zu begründen. Die Begründung des Denkmalwertes sei spekulativ und nicht haltbar. Insbesondere in dem Bereich der tiefgründig verfüllten und eingeebneten vormaligen Burggräben im nordwestlichen und östlichen Bereich der mit "B" und "C" gelb/orange von der Beklagten markierten Grundstücksflächen sei nicht mit einem denkmalrechtlichen Befund des Erhalts von historischen Bodenformationen, Artefakten oder Fundamenten im öffentlichen Interesse zu rechnen, da diese Bereiche unter Verbringung von Abrissbauschutt vormaliger Betriebsgebäude des endenden 19. und 20. Jahrhunderts vollständig eingeebnet und durch Einleitung von Oberflächengewässer mit ungereinigten Klärschlämmen und Asche-Bunkern aus dem Betrieb vormaliger Kesselhäuser zur kohlebefeuerten, dampfbetriebenen und -beheizten Textilproduktion hochgradig kontaminiert seien und bis heute eine andauernde Gefährdung des Grundwassers darstellen würden. Das Grundstück sei keine Stätte mit künstlerischer, volkskundlicher, siedlungs- oder städtebaulicher Bedeutung, sondern eher eine Altlast-Deponie. Die spekulativ vermuteten oder kleinflächig freigelegten Befunde rechtfertigen keine Unterschutzstellung der gesamten Grundstücksfläche. Eine genaue Lokalisierung der vormaligen Burganlage sei nicht möglich. Es sei davon auszugehen, dass sie sich im Wesentlichen unter der heutigen Bestandsbebauung im Markierungsfeld "A" befinde. Die gutachterliche Stellungnahme gehe davon aus, dass das Bodenniveau etwaiger Burgreste nur 0,35 m unter der heutigen Geländeoberfläche liege. Es sei davon auszugehen, dass sämtliche etwaigen historischen baulichen oder sonstigen Relikte unterhalb der Bestandsgebäude durch großflächigen Erdaushub vernichtet oder beseitigt worden seien. Allenfalls in dem unbebauten nordöstlichen Bereich des Grundstücks unmittelbar hinter und neben der Bestandsbebauung könnten sich denkmalschutzrechtlich relevante Befunde im Ausmaß der freigelegten Grabungsbereiche befinden, die aber nur 20 % der Zone "A" ausmachen dürften. Gleiches treffe auf die übrigen, mit "B" und "C" gekennzeichnete Grabungsfläche zu. Dies werde durch die Feststellungen im Gutachten der ……… & ……… Prospektionen aus …….. vom 15. August 2017 in ihrer Archäologisch-geophysikalischen Prospektion "Burg …… " bestätigt.
11Im nordöstlichen Bereich der Markierungsflächen "B" und "C" seien auf den historischen Luftbildaufnahmen aus dem Jahr 1933 Oberflächengewässer erkennbar, in die Färberreste und Klärschlämme eingeleitet worden seien. Im nordwestlichen Bereich hätten sich Kohle-, Asche- und Schlackebunker befunden. Die daraus folgenden Kontaminierungen würden bis in eine Tiefe von 3,7 m reichen. Damit sei indiziert, dass alles tiefgründig zerstört worden sei, was eine Unterschutzstellung rechtfertigen würde. Der Vorgang habe Eingang in das Altlastenkataster der Beklagten gefunden. Aufgrund der regen neuzeitlichen Bautätigkeiten in den letzten 150 Jahren sei dem Grundstück keine rechtliche Qualität eines Bodendenkmals zuzusprechen. Stünden aber - wie hier - Befund, Lage und konkrete Ausdehnung des Bodendenkmals nicht fest, könne nicht das gesamte Grundstück als Bodendenkmal in die Denkmalliste eingetragen werden. Auf den ganz überwiegenden Flächen des Grundstücks befinde sich kein Bodendenkmal im Sinne § 2 Abs. 1, 5 DSchG. Die Unterschutzstellung der gesamten Grundstücksfläche von rund 27.500 qm sei unverhältnismäßig.
12Der Fachbereich Umwelt der Beklagten gehe davon aus, dass auf maßgeblichen Flächen des südwestlichen Grundstücksareals bis zu einer Tiefe von rund 4 m abzugraben sei. Damit seien etwaige vorhandene Bodenbefunde beseitigt.
13Der Kläger beantragt,
14den Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2020 über die Eintragung des "Bodendenkmals Mittelalterliche bis neuzeitliche Burg …………" aufzuheben, soweit diese die in der Planskizze jeweils als A, B, C und D gekennzeichneten Teilflächen des Grundstücks betrifft.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung trägt sie vor: In sämtlichen Bereichen befinde sich archäologisch relevante und denkmalwerte Substanz. Von der eigentlichen Burganlage seien über die Fundamente hinaus auch Böden und aufgehendes Mauerwerk vorhanden, da diese nicht abgetragen, sondern überschüttet worden seien. Die Bedeutsamkeit des Ortes sei auch in der Anordnung der Burg als Zentrum umgebender und an dieser ausgerichteten jüngeren Neubaugebiete ablesbar. Die Annahme der Denkmaleigenschaft sei nicht spekulativ, beruhe auf Grabungsergebnissen und Quellen und sei in allen Teilbereichen durch das Gutachten der Bodendenkmalpflege gutachterlich verifiziert.
18Es sei nicht zutreffend, dass in den Bereichen B/C nicht mit denkmalrechtlichen Befunden zu rechnen sei. Bei der Überschüttung sei auch Bauschutt der ehemaligen Burganlage verwendet worden. Hieraus ergäben sich relevante Anteile an Geschichte und Entwicklung der Örtlichkeit. Die vom Kläger vorgelegte Stellungnahme der Unteren Bodenschutzbehörde bewerte nicht die denkmalschutzrechtliche Relevanz der Aufschüttung. Die Behauptung, wonach die historische Substanz größtenteils durch zeitlich nachgelagerte Veränderungen des Grundstücks vollständig zerstört worden sei, sei auf keinerlei Tatsachen gestützt. Das Gegenteil sei der Fall, wie die Untersuchungen und Gutachten nachvollziehbar belegen würden. Durch die Grabungsergebnisse sei die exakte Verortung der historischen Lage möglich. Wenn die Befunde ausweislich des Gutachtens teilweise nicht tiefer als 0,35 m unter der heutigen Geländeoberfläche gelegen hätten, so zeige sich hieraus lediglich der Beginn der Befunde, nicht aber, wie tief diese hinabreichten.
19Soweit der Kläger davon ausgehe, dass in dem Bereich der Flächenzone "A" allenfalls eine potenzielle Fläche von rund 20% der Markierungszone A betroffen sei, habe er die Befunde in größerer Tiefe nicht berücksichtigt. Hinsichtlich des Flächenbereichs "D" sei das Gutachten unzutreffend zitiert worden. Das Gutachten führe aus "nahe der Kernzone des Denkmals, doch durch die Anlage der heute noch bestehenden Kelleranlagen bereits gestört" und nicht - wie der Kläger meine - zerstört. Durch Sondergrabungen sei die im Gutachten ……….&…….. aufgeführte Möglichkeit widerlegt worden, dass moderne Einbauten die historischen Strukturen der ehemaligen Burganlage bereits weitgehend zerstört haben könnten. Sie hätten - anders als dies die Verwendung der Bodenradarantenne ermögliche - Außenmauern der Burganlage belegt. Dass der Schutt der Gebäude in den Markierungsflächen einplaniert wurde, sei in keinem der Gutachten dargestellt und reine Mutmaßung. Die - nicht belegte - Behauptung des Klägers, dass mutmaßlich Färberreste und Klärschlämme der damaligen Tuchfabrikation eingeleitet worden seien, ändere nichts am Denkmalwert der ehemaligen Grabenanlage. Auch in den Markierungsflächen "B" und "D" sei bodenwerte Substanz nachgewiesen.
20Der Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt.
21Er legte vor eine Grabungsdokumentation und einen Bericht der …………….. 2018 über eine im September 2017 und Januar 2018 durchgeführte Voruntersuchung im Bereich der ehemaligen Burg ………., bei der insgesamt vier Sondagen angelegt worden waren.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des Beigeladenen ergänzend Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die Klage hat keinen Erfolg; sie ist unbegründet.
25Der angefochtene Bescheid vom 8. Januar 2020 ist rechtmäßig, § 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑. Er findet seine rechtliche Grundlage in § 3 des Gesetzes zum Schutze und zur Pflege der Denkmäler in Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG) in der bis zum 31. Mai 2022 geltenden Fassung. Nach der Übergangsvorschrift des § 43 DSchG in der ab dem 1. Juni 2022 geltenden Fassung (DSchG n.F.) gelten die bis zum Inkrafttreten des DSchG n.F. vorgenommenen Eintragungen von Denkmälern fort.
26Nach § 3 Abs. 1 DSchG sind Denkmäler getrennt nach Baudenkmälern, ortsfesten Bodendenkmälern und beweglichen Denkmälern in die Denkmalliste einzutragen; über die Eintragung ist ein Bescheid zu erteilen, § 3 Abs. 3 DSchG.
27Bodendenkmäler sind nach § 2 Abs. 5 DSchG NRW bewegliche oder unbewegliche Denkmäler, die sich im Boden befinden oder befanden und der diese Sachen umgebende und mit ihnen eine Einheit bildende Boden,
28Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 20. November 2011 10 A 2611/09 ‑ und vom 5. März 1992 ‑ 10 A 1748/86 ‑, beide: juris.
29Als Bodendenkmäler gelten danach auch Zeugnisse tierischen und pflanzlichen Lebens aus erdgeschichtlicher Zeit, ferner Veränderungen und Verfärbungen in der natürlichen Bodenbeschaffenheit, die durch nicht mehr selbständig erkennbare Bodendenkmäler hervorgerufen worden sind, sofern sie die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen. Auch Spuren von Sachen sind Zeugnisse der Vergangenheit und damit Quellen. Sie können Bodendenkmäler sein. Dazu gehören die Überreste von Bauten und Installationen aller Art wie Gräber, Straßen etc., deren Spuren obertägig oder in Form von Bodeneingriffen erhalten geblieben sind.
30Vgl. Hönes in Davydov u.a., Denkmalschutzgesetz NRW, 4. Aufl., § 2 Rn. 162 ff.
31Bei der Bodendenkmaleigenschaft kommt es entscheidend darauf an, ob das Denkmal, auch wenn es in Teilen beeinträchtigt oder zerstört sein sollte, mit den die Denkmaleigenschaft begründenden Merkmalen im Wesentlichen noch vorhanden ist und die ihm zugedachte Funktion, Aussagen über bestimmte Vorgänge oder Zustände geschichtlicher Art zu dokumentieren, erfüllen kann.
32Vgl. Hönes in Davydov u.a., a.a.O. § 2 Rn. 166.
33Voraussetzung für die Eintragung eines Bodendenkmals in die Denkmalliste ist allerdings, dass in dem für eine Unterschutzstellung vorgesehenen Boden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Bodendenkmäler verborgen sind. Eine Gewissheit durch Sichtbarmachung des im Boden verborgenen ist jedoch nicht geboten, allerdings reichen bloße Mutmaßungen über die Existenz des Bodendenkmals für eine Eintragung in die Denkmalliste nicht aus. Ein lediglich hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für das Vorhandensein eines Bodendenkmals, der die Ausweisung eines Grabungsschutzgebietes rechtfertigen mag, reicht für die endgültige Unterschutzstellung eines Bodendenkmals nach § 3 DSchG nicht aus.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. März 1992 ‑ 10 A 1748/86 ‑, juris Rn. 52 ff.
35Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit muss sowohl angenommen werden können, dass in der unter Schutz gestellten Fläche überhaupt Bodendenkmäler vorhanden sind, als auch, dass auf der gesamten von der Unterschutzstellung betroffenen Fläche Bodendenkmäler vorhanden sind.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. April 2003 ‑ 8 A 3552/02 ‑, juris Rn. 11.
37Dem Gebot, wegen der grundrechtlichen Bedeutung der behördlichen Entscheidung eine sorgfältige Aufklärung des Sachverhalts vorzunehmen wird eine Sachverhaltsaufklärung gerecht, die für Zweifel an dem im Boden anzutreffenden archäologischen Befund keinen Raum lässt, aber die Zerstörung des zu Schützenden vermeidet bzw. aufgrund des Gewichts ihrer wissenschaftlich-sachverständigen Argumentation darauf verzichten kann, den letzten Beweis für das Bodendenkmal durch dessen Ausgrabung und damit seine Zerstörung zu liefern. Eine derartig wissenschaftlich abgesicherte Beweisführung kann unter Verzicht auf die Ausgrabung des im Boden Verborgenen je nach den konkreten Umständen etwa durch Fundstücke, Bodenveränderungen oder Luftbilder erfolgen. Daneben vermögen Vergleiche mit erforschten topographischen Situationen und Analogieschlüsse die notwendige an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein eines Bodendenkmals zu begründen.
38Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. März 1992 ‑ 10 A 1748/86 ‑, juris Rn. 63 ff.
39Wird ein Bodendenkmal vermutet und kennt man weder seine genaue Lage und seine Abmessungen noch, welche Erkenntnisse sich aus den Erd- oder Gesteinsschichten für die im Boden verborgene Sache, die Mehrheiten von Sachen oder die Teile von Sachen ergeben, folgt daraus zwingend, dass zu ihrem Schutz und zu ihrer Erhaltung nicht nur sie selbst, sondern die Fläche, innerhalb derer sie im Boden vermutet werden, als Bodendenkmal eingetragen werden muss.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2019 ‑ 10 A 4383/18 ‑, juris Rn. 29 und Urteil vom 5. März 1992 ‑ 10 A 1748/86 ‑, juris Rn. 44 ff.;
41Etwas anderes kann dann gelten, wenn Lage und Abmessungen von denkmalwerten Sachen im Boden offen sind, insbesondere nicht feststeht, ob sich im Boden des gesamten Grundstücks bzw. im Boden welcher konkreter Grundstücksteile sie sich verbergen. Es würde gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, wenn ein größeres Grundstück insgesamt in die Denkmalliste eingetragen würde, wenn derartige denkmalwerte Sachen nur in einem (kleineren) Teil des Grundstücks verborgen sind.
42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 1995 ‑ 10 A 4827/94 ‑, juris Rn 31.
43Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Denn aus den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich, dass auf der gesamten bzw. nahezu gesamten unter Schutz gestellten Fläche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Bodendenkmal vorhanden ist.
44Insbesondere aus dem Bericht der ………………. 2018 "………… -Burg ……………NW 0000/0000" ergeben sich aufschlussreiche Erkenntnisse zu den im unter Schutz gestellten Bereich noch vorhandenen Resten der ehemaligen Burg ……... Danach fanden Grabungen statt im nordöstlichen Grundstücksbereich (im Anschluss an die Rückseite des heute dort vorhandenen Gebäudes bis etwa zur Grundstücksgrenze = Sondage A sowie in einem quer hierzu liegenden Riegel = Sondage B) und im nordwestlichen Grundstücksbereich (zunächst parallel zur Außenmauer des Gebäudes = Sondage C und von dort um 90° in nordwestliche Richtung verspringend bis etwa zur Grundstücksgrenze = Sondage D). Bei den Grabungen kamen danach insgesamt 48 archäologische Befunde zutage, die als Mauerreste, Gebäudeelemente, Schichten, Laufhorizonte und Gräben dokumentiert wurden. Zu den erfassten Mauern gehört etwa das in Abb. 9 (Mauer Stelle 5 Blickrichtung gegen Nordwest) des Berichts abgelichtete und auf einer Länge von 24 m und einer Breite von 1,40 m festgestellte Bruchstein(schal)mauerwerk. Die Mauerfluchten knicken danach gegen Südost und Nordwest in südliche Richtung ab. Weitere Mauern - allerdings in schlechtem Erhaltungszustand - mit einer Mindesbreite von 1,60 m fanden sich an Stellen 20 und 24 (Sondagebereich A).
45In der zusammenfassenden Bewertung unter Ziff. 5 des Berichts ist ausgeführt, dass im nordöstlichen Sondagekreuz (A und B auf dem Luftbild) spätmittelalterliche Mauern des Innenbereiches der Kernburg angetroffen werden konnten, sowie einige Architekturelemente, wie eine mögliche Schiesscharte, ein Treppenansatz und eine Brunnenanlage. Eine Schauseite habe unmittelbar an ein vollständig erhaltenes Bruchsteinpflaster angeschlossen. Im Außenbereich der Wehranlage habe ein zweiphasiger Umfassungsgraben angeschnitten und nachgewiesen werden können. Die Sondagen im westlichen Bereich (bezeichnet mit C und D auf dem Luftbild) hätten Überreste einer Toranlage freigelegt, die u.a. einen Gewölbeansatz aufgewiesen habe. Nach Art der Bauweise würden sich die ältesten Mauerteile zwanglos in das 14. Jahrhundert datieren lassen, in dem nach schriftlichen Quellen die Gründung der Burg Schönforst anzusetzen sei.
46In der Zusammenfassung am Ende des Berichts heißt es, dass sich der Großbefund einer Burganlage, bestehend aus einer Kernburg und zwei Vorburgen des 14. Jahrhunderts ergeben habe. In den Sondagen A und B hätten Reste der Kernburg identifiziert werden können mit Wehrmauern von 1,40 m bis 2,0 m Breite sowie erhaltene ehemalige Laufoberflächen. Im Nordosten hätten die Überreste von zwei Grabenanlagen erkannt werden können. Die im Kreuzungsbereich der beiden Sondagen C und D und im weiteren Verlauf der Sondage D in Richtung Nordwest gefundenen Überreste hätten zu einer möglichen Toranlage der ersten Vorburg gehört. Wie in Sondage A habe auch in Sondage D nach wenigen Metern der zu den Burgmauern gehörige Umfassungsgraben angetroffen werden können. Hinweise auf den Erhaltungszustand der Vorburg 2 hätten nicht erfasst werden können. Jedoch sei nach dem Befund im Bereich der Kernburg und der Toranlage u.U. mit der Erhaltung von älterer Bausubstanz in den nicht unterkellerten Bereichen der bestehenden Gebäude zu rechnen.
47Die Beklagte hat die Denkmalwürdigkeit der unter Schutz gestellten Fläche im Eintragungsblatt zur Denkmalliste vom 8. Januar 2020 sowie in der darin in Bezug genommenen Gutachterlichen Stellungnahme zum Denkmalwert vom 20. November 2019 anschaulich und nachvollziehbar mit dessen Bedeutung für die Geschichte der Menschen und der Bedeutung für Städte und Siedlungen begründet sowie wissenschaftliche, volkskundliche und städtebauliche Gründe für den Erhalt und die Nutzung angeführt. An der Richtigkeit der angeführten Gründe für die Erhaltung des Denkmals zu zweifeln, hat die Kammer keinen Anlass. Das Vorbringen des Klägers, wonach infolge der Kontaminierung des Bodens mit Färberresten und Klärschlämmen sowie wegen vormals vorhandener Kohle-, Asche- und Schlackebunker alles tiefgründig zerstört worden sei, was eine Unterschutzstellung rechtfertigen würde, ist demgegenüber nicht geeignet, die für die Erhaltung des Denkmals angeführten Gründe zu erschüttern. So liegt weder ein Beleg für die behauptete Zerstörung vor, noch sind hierfür sonstige Anhaltspunkte ersichtlich. Die bei den Ausgrabungen gemachten Funde widerlegen vielmehr die Behauptung einer tiefgründigen Zerstörung von die Unterschutzstellung rechtfertigenden Gebäuderesten.
48Die Kammer vermag auch der vom Kläger vertretenen Auffassung nicht zu folgen, wonach nicht das gesamte Flurstück 1865 unter Schutz gestellt werden dürfe. Ungeachtet der Frage, welche konkreten Bereiche oder Grundstücksteile danach von einer Unterschutzstellung ausgeschlossen bleiben sollen, erscheint eine Eingrenzung auf einen kleineren (und welchen) Grundstücksbereich angesichts der Lage der vormaligen Burg ………., wie sich aus der Abbildung 03, Seite 4 der Gutachterlichen Stellungnahme zum Denkmalwert ergibt und der durch die Grabungen im nordwestlichen und östlichen Teil des Grundstücks gewonnenen Erkenntnisse bzw. Funde sowie die Feststellungen zum Verlauf des vormaligen Umwehrungsgrabens in Nähe der heutigen Grundstücksgrenzen sachlich nicht begründbar.
49Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen findet nicht statt, da dieser keinen Sachantrag gestellt und sich somit auch selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 162 Abs. 3 VwGO.
50Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung.
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