Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 10 K 1259/19
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 21. März 2019 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 14. März 2019 auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im öffentlichen Straßenraum der Beklagten mit Ausnahme der Standorte „P1.-----weg “ und „C1.------straße “ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/7 und die Beklagte zu 6/7.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich mit der Sammlung und dem Recycling von Altkleidern befasst. Sie begehrt die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an verschiedenen Standorten im öffentlichen Straßenraum der Beklagten.
3Der Rat der Beklagten beschloss in seiner Sitzung am 20. Juni 2006, die Aufgabe der Abfallbeseitigung ab dem Jahr 2007 dem Entsorgungszweckverband T. . zu übertragen. Dem Zweckverband gehören neben der Beklagten die Städte und Gemeinden Ü., O., Z., Q., W., C., M., Y., G., N., A., S., V., St. und X. an. Die dem Zweckverband jeweils übertragenen Aufgaben werden von der 2005/2006 gegründeten S1. AöR wahrgenommen.
4In seiner Sitzung am 27. März 2014 fasste der Rat der Beklagten den Beschluss, die Standplätze zur Aufstellung von Sammelbehältern für Alttextilien, Bekleidung und Schuhe auf öffentlichen Verkehrsflächen und städtischen Grundstücken „in eine Hand“ an die S1. AöR zu vergeben, dieser aufgrund eines (noch zu stellenden) Antrags entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen, den Bürgermeister der Beklagten zur Erteilung der Erlaubnis bzw. zum Abschluss einer Nutzungsvereinbarung zu beauftragen sowie die gemeinnützigen Institutionen „vor Ort“ bei der Umsetzung dieses Konzeptes zu berücksichtigen und zu integrieren. In der zugehörigen, bei Beschlussfassung ausdrücklich in Bezug genommenen Beschlussvorlage heißt es u. a.: Mit dem Ratsbeschluss solle erreicht werden, dass die Ablehnung von Sondernutzungsanträgen für die Aufstellung von Altkleidercontainern anderer Sammler ohne Einzelfallprüfung erfolgen könne. Seit der Neufassung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) hätten einige Firmen Sammlungen angezeigt; die Verfahren gestalteten sich als umfangreich. Eine gewerbliche Sammlung sei nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, u. a. dürften ihr keine öffentlichen Interessen entgegenstehen. Dies sei der Fall, wenn die Sammlung die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährde oder diesem Erlöse entzogen würden, die stabilisierend auf die Gebührenkalkulation wirkten. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit läge vor, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger selbst eine hochwertige Erfassung und Verwertung von Altkleidern durchführe. Der Zweckverband F. X. (A. ) beabsichtige eine Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzeptes mit dem Ziel, die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu verpflichten, die Altkleider einer getrennten Entsorgung zuzuführen. In diesem Zusammenhang habe die S1. ein Konzept zum Ausbau eines kommunalen Erfassungssystems erstellt. Hierbei würden insbesondere die Anforderungen des KrWG zum Nachweis einer hochwertigen und haushaltsnahen Erfassung dargelegt; nur solch ein hochwertiges Erfassungskonzept sichere den Ausschluss gewerblicher Sammlungen über das KrWG. Geplant sei die Einführung eines eigenen Rücknahmesystems für Altkleider, zu dem in allen dem Zweckverband angehörigen Kommunen ein dringlicher Grundsatzbeschluss gefasst werden solle.
5Mit Schreiben vom 3. Juni 2014 beantragte die S1. AöR die Erlaubnis zur Aufstellung von maximal 45 Altkleidersammelcontainern im Stadtgebiet der Beklagten und erklärte hierzu u. a., die Container würden neben bestehenden Glascontainern gemäß einer vorab mit dem Eigenbetrieb Technische Dienste der Beklagten abgestimmten Liste aufgestellt. Mit dem gemeinnützigen Unternehmen Deutsches Rotes Kreuz (DRK) werde eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, um dessen bereits bestehende Standplätze in das Konzept zu integrieren. Mit Bescheid vom 18. Juni 2014 erteilte die Beklagte der S1. AöR antragsgemäß und gebührenfrei eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis auf jederzeitigen Widerruf.
6Unter dem 14. März 2019 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von 14 Altkleidersammelcontainern an 14 unterschiedlichen Standorten im Stadtgebiet der Beklagten für einen Zeitraum von drei Jahren. Hinsichtlich der einzelnen Standorte erklärte sie, dass es sich um Altglassammelstellen handele und sich erfahrungsgemäß bereits vorhandene Recyclingsammelplätze für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern anböten.
7Mit Bescheid vom 21. März 2019 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, mit der Änderung des KrWG seien die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet, die in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden Abfälle zu verwerten oder zu beseitigen. Eine Pflicht zur Überlassung der Abfälle aus privaten Haushalten bestehe nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt würden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstünden. Dies wäre allerdings dann der Fall, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährdet werde. Aufgrund dieser Rechtsgrundlage habe der Rat der Beklagten in seiner Sitzung am 27. März 2014 beschlossen, die Standplätze zur Aufstellung von Sammelbehältern für Alttextilien, Bekleidung und Schuhe auf öffentlichen Verkehrsflächen und städtischen Grundstücken „in eine Hand“ an die S1. AöR zu vergeben. Erzielte Erlöse aus den Sammlungen sollten durch die S1. AöR zur Senkung bzw. Stabilisierung der Abfallgebühren führen. Entsprechende Sondernutzungserlaubnisse seien der S1. AöR am 18. Juni 2014 erteilt worden.
8Die Klägerin hat am 23. April 2019, dem auf Ostermontag folgenden Dienstag, Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung ihres Antrags begehrt. Nachdem sich ihre Klage zunächst auf alle ursprünglich beantragten 14 Standorte bezogen hat, hat sie die Klage zwischenzeitlich hinsichtlich der Standorte „P.-----weg “ und „C.------straße “ zurückgenommen.
9Im Laufe des Klageverfahrens hat der Rat der Beklagten einen weiteren Beschluss betreffend das kommunale Erfassungssystem für Alttextilien und Schuhe („Standortkonzept“) gefasst. In seiner Sitzung am 15. September 2020 entschied er, die Anzahl der Standorte für Altkleidersammelcontainer auf öffentlichen Flächen im Stadtgebiet auf insgesamt 48 Standorte in Form von sogenannten „Wertstoffinseln“ zu beschränken und für weitere Standorte keine straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen. In der Beschlussvorlage wird u. a. ausgeführt, nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sei das Verwaltungshandeln, Sondernutzungserlaubnisse ausschließlich „in eine Hand“, namentlich der T. . AöR, zu erteilen, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ermessensfehlerhaft. Nicht beanstandet werden könne aber, wenn dem abfallentsorgungspflichtigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorrangig öffentliche Flächen zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern bereitgestellt würden. Nach einschlägiger Erfahrung führe die Verschmutzung der Sammelstellen zu erheblichen negativen Auswirkungen auf das Stadtbild. Die Verwaltung halte eine Steuerung der Sammelstandorte durch sie für zielführend „(Stichwort: ‚Übermöblierung‘, Konzept ‚gebündelte Wertstoffinseln‘)“. Im Übrigen müsse das öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungssystem jederzeit zur Benutzung durch die Bürgerinnen und Bürger verfügbar und einsatzbereit sein. Aus dem Abfallwirtschaftskonzept des A. leite sich ein Bedarf von einem Containerstandort je 1.000 Einwohner, für Alsdorf also eine Anzahl von 48 Standorten ab. Diese würden nach verkehrlicher und stadtbildpflegerischer Beurteilung unter Berücksichtigung bereits vorhandener Standorte für Wertstoffe ausgewählt. Oberstes Ziel sei neben der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und einer guten Erreichbarkeit die Sicherstellung der Sauberkeit der Wertstoffsammelstellen. Die genaue Anzahl der Container am jeweiligen Standort werde abhängig vom vorhandenen Platzangebot sowie der Auslastung bzw. dem Einzugsbereich bewertet. Die festgelegten Standorte sollten einen gepflegten Eindruck vermitteln. Mit der Konzentration auf die vorgegebenen Sammelplätze sei deren Sauberhaltung leichter zu organisieren und zu überwachen. Dem Beschluss ist eine Liste von 48 unterschiedlichen Standorten beigefügt.
10Unter dem 12. Mai 2021 erteilte die Beklagte der S1. AöR eine neue Sondernutzungserlaubnis auf jederzeitigen Widerruf zur Aufstellung von 48 Alttextilien-Sammelcontainern an den vom Rat beschlossenen 48 Standorten und widerrief zugleich die alte Sondernutzungserlaubnis aus Juni 2014.
11Die S1. AöR beauftragte hiernach zuletzt bis zum 30. Juni 2022 den gemeinnützigen Förderverein „B. e.V.“ mit der Leerung der Container und dem Transport bis zur Transportbrücke sowie für die Gestellung der Transportbrücken und die Verwertung der Altkleider die Firma U. GmbH. Mit Wirkung zum 1. Juli 2022 übertrug die S1. AöR infolge einer öffentlichen Ausschreibung die Sammlung und Verwertung der Altkleider an 39 Standorten mit 46 Containern auf einen neuen Vertragspartner.
12Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, der Ablehnungsbescheid sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Er beruhe auf straßenrechtsfremden Erwägungen, namentlich der abfallrechtlichen Rechtslage und abfallrechtlichen Belangen. Der Ablehnungsbescheid leide außerdem an einem Ermessensausfall. Ferner verfolge die Beklagte kein „Alles-aus-einer-Hand-Prinzip“, da ausweislich des Ratsbeschlusses vom 27. März 2014 gemeinnützige Institutionen bei der Umsetzung des Konzeptes zu berücksichtigen und zu integrieren seien. Das vom Rat der Beklagten beschlossene Konzept beruhe auch nicht auf straßenrechtlichen Erwägungen, sondern diene allein dem Anliegen, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu schützen. Die 2020 beschlossene Standortliste weise mit acht der von der Klägerin beantragten Standorten Übereinstimmungen auf. Das Konzept sei ferner deshalb rechtswidrig, weil sowohl die Anzahl als auch die Verortung der beschlossenen Containerstandorte ohne jegliche Begründung erfolgt seien.
13Während des Klageverfahrens hat die Klägerin für die von ihr noch begehrten zwölf Standorte - „N.-----straße XX“, „H. -I. -Platz“, „I1.---weg “, „T.----------straße X“, „X.---ring XX“, „U. -T1. -Straße“, „U. -T1. -Straße XX“, „U. -T1. -Straße X“, „L.------weg X“, „Q.----weg X“, „B. -C. -Straße X“ und „E.---straße XX“ - jeweils ein Foto vorgelegt, auf dem sie den für ihre Container jeweils gewünschten Platz bzw. ihre 1. Wahl und ihre 2. Wahl für einen Platz markiert hat.
14Die Klägerin beantragt nunmehr noch,
15die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 21. März 2019 zu verpflichten, über ihren Antrag vom 14. März 2019 auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im öffentlichen Straßenraum der Beklagten mit Ausnahme der Standorte „P.-----weg “ und „C.------straße “ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt der Verwaltungsakte und trägt ergänzend vor, Sondernutzungserlaubnisse für Altkleidersammelcontainer auf öffentlichen Flächen könnten durch die Behörden auf Grund eines Konzeptes der Entsorgung und Wartung aus einer Hand abgelehnt werden. Der Rat habe am 27. März 2014 einen entsprechenden Beschluss zur Vergabe der Standplätze zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf öffentlichen Verkehrsflächen und städtischen Grundstücken „in eine Hand“ an die S1. AöR gefasst. Diese sei als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für die Altkleidersammlung und -verwertung zuständig. Die Sammlung erfolge über in ihrem Eigentum stehende Container, die in ihrem Corporate Design gestaltet seien; hierfür habe die S1. AöR eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis erhalten. Bis 2015 sei die Sammlung und Leerung der Container durch eigene Mitarbeiter der S1. AöR erfolgt. Aus wirtschaftlichen Gründe seien diese Aufgaben seitdem vertraglich an Dritte vergeben.
19Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21A. Soweit die Klägerin die Klage hinsichtlich der Standorte „P.-----weg “ und „C.------straße “ zurückgenommen hat, ist das Verfahren einzustellen (vgl. § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).
22B. Die aufrechterhaltene Klage wird unter Berücksichtigung des klägerischen Begehrens (vgl. § 88 VwGO) dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis zukunftsorientiert für einen Zeitraum von drei Jahren begehrt und nicht etwa für den Zeitraum von drei Jahren beginnend mit dem Tag der Antragstellung bei der Beklagten oder lediglich für die Jahre 2019 bis 2021.
23Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Bei der Bestimmung des Rechtsschutzziels sind sämtliche Umstände, insbesondere die Gesamtheit des Vorbringens des Beteiligten, zu berücksichtigen.
24Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2020 - 2 B 48.19 -, juris, Rn. 15, m. w. N.
25Die für § 88 VwGO entwickelten Grundsätze sind auch auf die Auslegung der Anträge bei der Behörde (vgl. § 22 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen [VwVfG NRW]) anzuwenden.
26Vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 22. Auflage 2021, § 22 Rn. 57.
27Die Klägerin hat in ihrem Antrag vom 14. März 2019 angegeben, die Altkleidersammelcontainer „für drei Jahre“ aufstellen zu wollen, ohne eine Einschränkung hinsichtlich bestimmter Jahre getroffen zu haben. Die offene Formulierung zeigt, dass es dem Interesse der Klägerin entspricht, generell für einen dreijährigen Zeitraum Altkleidersammelcontainer im Gebiet der Beklagten aufzustellen.
28Vgl. zu entsprechenden Anträgen bereits VG Aachen, Urteile vom 21. Juni 2021 - 10 K 1524/19 -, juris, Rn. 14 ff., und - 10 K 292/20 -, juris, Rn. 15 ff., sowie vom 7. Oktober 2021 - 10 K 1637/20 -, juris, Rn. 26 ff., jeweils m. w. N.
29Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das klägerische Begehren zur Aufstellung der Container mit einem bestimmten Jahr endet. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vielmehr auf Nachfrage ausdrücklich erklärt, dass der Antrag zukunftsoffen für drei Jahre gestellt worden soll.
30C. Die so verstandene Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
31I. Die Klage ist zulässig.
32Sie ist als Verpflichtungsklage in Form einer Bescheidungsklage gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO statthaft. Das Begehren der Klägerin hat sich insbesondere nicht durch Zeitablauf erledigt, denn die Klägerin beansprucht mit ihrem Antrag vom 14. März 2019 - wie ausgeführt - die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern generell für einen Zeitraum von drei Jahren.
33Sie ist auch fristgemäß binnen der Monatsfrist gemäß § 74 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 VwGO erhoben worden. Zwar lässt sich weder der Gerichtsakte noch dem Verwaltungsvorgang entnehmen, wann der Bescheid vom 21. März 2019 dem Kläger bekanntgegeben worden ist; jedenfalls aber wurde die Klage mit Eingang bei Gericht am 23. April 2019, dem Dienstag nach Ostern, innerhalb der hier gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) und den §§ 188 Abs. 2, 193 des Bürgerlichen Gesetzesbuches (BGB) frühestens mit Ablauf dieses Tages endenden Frist erhoben.
34II. Die Klage ist auch begründet.
35Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags vom 14. März 2019 hinsichtlich der dort benannten und noch im Streit befindlichen Standorte. Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2019 ist im noch angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
36Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Verpflichtungsklage ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.
37Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 113 Rn. 102.
38Dies gilt auch hier, denn es liegt kein Fall vor, in dem ausnahmsweise aufgrund des materiellen Rechts ein früherer Zeitpunkt maßgeblich wäre.
39Rechtsgrundlage für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ist § 18 Abs. 1 Satz 2 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW). Danach bedarf die Benutzung öffentlicher Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) unbeschadet des § 14a Abs. 1 StrWG NRW der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Die Sondernutzungserlaubnis wird auf Grund einer Ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 Abs. 2 StrWG NRW).
401. Die von der Klägerin beabsichtigte Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an Standorten, die - unstreitig - sämtlich im öffentlichen Straßenraum liegen, stellt eine Sondernutzung dar.
41Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2017 - 11 A 566/13 -, juris, Rn. 38 f., m. w. N.
422. Der von der Klägerin gestellte und im Laufe des Klageverfahrens auf zwölf Standorte beschränkte Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ist hinreichend bestimmt und bescheidungsfähig.
43Die Sondernutzungserlaubnis wird nur auf Antrag erteilt (§ 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG NRW). Im Verwaltungsverfahren besteht gemäß § 26 Abs. 2 VwVfG NRW eine Mitwirkungspflicht des Antragstellers.
44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 -, juris, Rn. 47 f., m. w. N.
45Damit die Behörde prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vorliegen, muss der Antragsteller sie insbesondere über Ort, zeitliche Dauer und Umfang seines Vorhabens in Kenntnis setzen.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 -, juris, Rn. 49 f., m. w. N.
47Erforderlich ist, dass der jeweilige Standort für die Altkleidersammelcontainer durch eine konkrete räumliche Eingrenzung dem Antrag zu entnehmen ist. Für eine hinreichende Identifizierung des Standorts ist es vielfach nicht ausreichend, lediglich den Straßennamen mit Hausnummer zu benennen. Vielmehr ist eine Präzisierung etwa durch Lagepläne, Flurkarten oder Lichtbilder mit in Frage kommendem und gekennzeichnetem Standort regelmäßig notwendig.
48Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. September 2014 - 11 A 624/14 -, juris, Rn. 6 ff., und vom 27. Januar 2014 - 11 A 1986/13 -, juris, Rn. 9, sowie ferner Urteil vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 - juris, Rn. 51; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2018 - 8 ZB 17.1590 -, juris, Rn. 6 f., und vom 1. August 2017 - 8 ZB 17.1015 -, juris, Rn. 7; VG Aachen, Urteile vom 21. Juni 2021 - 10 K 1524/19 -, juris, Rn. 38 f., und - 10 K 292/20 -, juris, Rn. 40 f., sowie vom 7. Oktober 2021 - 10 K 1637/20 -, juris, Rn. 53 f., jeweils m. w. N.
49Dieser Pflicht ist die Klägerin hinsichtlich der noch beantragten zwölf Aufstellungsorte nachgekommen. Sie hat die im Verwaltungsverfahren angegebenen Straßennamen und (in acht von zwölf Fällen) Hausnummern im Klageverfahren um Lichtbilder ergänzt, auf welchen sie jeweils die konkrete Aufstellfläche mittels Kreuzmarkierungen gekennzeichnet hat. Für den Fall mehrerer gesetzter Kreuze hat sie durch die Beschriftung „1. Wahl“ und „2. Wahl“ für die Beklagte hinreichend nachvollziehbar gemacht, in welcher Reihenfolge sie die jeweiligen Aufstellflächen begehrt.
503. Die Ablehnung des Antrags der Klägerin durch Bescheid vom 21. März 2019 ist rechtswidrig, weil sie ermessensfehlerhaft erfolgt ist.
51a. Das der Behörde eingeräumte Ermessen ist entsprechend dem Zweck des § 18 Abs. 2 StrWG NRW unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen, insbesondere des Gebots der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes [GG]), auszuüben (§ 40 VwVfG NRW). Die gerichtliche Kontrolle der Ermessensentscheidung beschränkt sich auf die Einhaltung dieses rechtlichen Rahmens (§ 114 Satz 1 VwGO). Dabei sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig nachgeschobene Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO vom Gericht zu berücksichtigen.
52Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung setzt zunächst voraus, dass der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt werden. Für die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung genügt es grundsätzlich, wenn bei einer auf mehrere Gründe gestützten Ermessensentscheidung nur einer der herangezogenen Gründe sie trägt, es sei denn, dass nach dem Ermessen der Behörde nur alle Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen.
53Vgl. OVG NRW, Urteile vom 3. Dezember 2021 - 11 A 1958/20 -, juris, Rn. 45 ff., vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 -, juris, Rn. 55 ff., vom 13. Mai 2019 - 11 A 2627/18 -, juris, Rn. 26 ff., und vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 40 ff., jeweils m. w. N.
54Entsprechend dem Zweck des § 18 Abs. 2 StrWG NRW hat sich die behördliche Ermessensausübung an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrunds und des Zubehörs), die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbilds, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße (Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraums, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbilds und Ähnliches) zählen.
55Vgl. OVG NRW, Urteile vom 3. Dezember 2021 - 11 A 1958/20 -, juris, Rn. 48 f., vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 -, juris, Rn. 58 f., vom 13. Mai 2019 - 11 A 2627/18 -, juris, Rn. 29 f., und vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 43 f., jeweils m. w. N.
56Ob die Sondernutzung durch einen Altkleidersammelcontainer eines gemeinnützigen oder gewerblichen Aufstellers vorgenommen wird, ist straßenrechtlich ohne Belang. Das Sondernutzungsrecht ist im Grundsatz wirtschafts- und wettbewerbsneutral. Straßenrechtlich zu beanstanden sind etwa rein subjektive oder geschäftsbezogene Merkmale. So fehlt auch dem im Marktrecht entwickelten Grundsatz „bekannt und bewährt“ der straßenrechtliche Bezug. Die Zuverlässigkeit ist grundsätzlich ebenfalls ein subjektives Merkmal, das einen straßenrechtlichen Bezug nicht aufweist.
57Vgl. OVG NRW, Urteile vom 3. Dezember 2021 - 11 A 1958/20 -, juris, Rn. 50 f., vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 -, juris, Rn. 60 f., vom 13. Mai 2019 - 11 A 2627/18 -, juris, Rn. 31 f., und vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 45 f., jeweils m. w. N.
58Grundsätzlich ist es nicht ermessensfehlerhaft, Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen mit der Begründung abzulehnen, für die beantragte Fläche sei bereits einem Dritten eine Sondernutzungserlaubnis erteilt worden. Für dieselbe öffentliche Straßenfläche kann nur eine Sondernutzungserlaubnis vergeben werden. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 StrWG NRW darf diese Erlaubnis nur auf Zeit oder Widerruf erteilt werden. Ist der Zeitraum, für den die Sondernutzungserlaubnis an einen Dritten erteilt worden ist, noch nicht abgelaufen, ist es in aller Regel ermessensfehlerfrei, den Antrag mit Blick auf diesen Umstand abzulehnen. Ist für die beantragte Fläche bereits eine unbefristete Erlaubnis erteilt, bedürfte es eines Widerrufs der dem Dritten erteilten Erlaubnis. Ein subjektives Recht darauf, dass die einem Dritten erteilte Sondernutzungserlaubnis widerrufen wird, besteht aber grundsätzlich nicht. Denn § 18 Abs. 1 StrWG NRW vermittelt nach der obergerichtlichen Rechtsprechung keinen Drittschutz.
59Vgl. OVG NRW, Urteile vom 3. Dezember 2021 - 11 A 1958/20 -, juris, Rn. 52 f., und vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 47 f., jeweils m. w. N.
60Da Schutzzweck der Erlaubnis für die Sondernutzung an Straßengelände auch das öffentlich-rechtliche Bedürfnis sein kann, zeitlich und örtlich gegenläufige Interessen verschiedener Straßenbenutzer (Verteilungs- und Ausgleichsfunktion) auszugleichen, kann im Rahmen der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen beim Zusammentreffen solcher gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer bezogen auf dieselbe Straßenfläche auch ein entsprechender Interessensausgleich erforderlich werden.
61Vgl. OVG NRW, Urteile vom 3. Dezember 2021 - 11 A 1958/20 -, juris, Rn. 54 f., und vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 49 f., jeweils m. w. N.
62Die Kommune darf ihr Ermessen zur Bewirkung einer gleichmäßigen Handhabung durch die Straßenbaubehörde auch generell ausüben, etwa durch den Erlass ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien). Hierdurch bewirkt sie eine Selbstbindung, die im Grundsatz von der gesetzlichen Ermessensermächtigung zugelassen wird. Die durch eine Verwaltungsvorschrift bewirkte Ermessensbindung der Behörde geht aber nicht so weit, dass wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr Rechnung getragen werden könnte. In atypischen Fällen, in denen die generelle Ermessensausübung die individuellen Besonderheiten des konkreten Einzelfalls nicht (hinreichend) berücksichtigt, ist der Behörde ein Abweichen von den ermessenslenkenden Vorschriften möglich.
63Vgl. OVG NRW, Urteile vom 3. Dezember 2021 - 11 A 1958/20 -, juris, Rn. 56 f., vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 -, juris, Rn. 62 f., vom 18. Juni 2020 - 11 A 4178/18 -, juris, Rn. 68 f., und vom 13. Mai 2019 - 11 A 2627/18 -, juris, Rn. 33 f., jeweils m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 19. März 1996 - 1 C 34.93 -, juris, Rn. 22; Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO, 42. EL Februar 2022, § 114, Rn. 22 und 74 ff.
64b. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Ablehnungsentscheidung der Beklagten ermessensfehlerhaft. Die Begründung, aufgrund einer Änderung des KrWG habe der Rat im Jahr 2014 beschlossen, die Standplätze „in eine Hand“ an die S1. AöR zu vergeben, hält einer an den aufgeführten Grundsätzen orientierten Prüfung in Bezug auf den Antrag der Klägerin nicht stand. Weder der Ablehnungsbescheid (aa.) noch der von diesem herangezogene Ratsbeschluss aus dem Jahr 2014 (bb.) vermögen die Ablehnungsentscheidung zu rechtfertigen. Eine Berücksichtigung des Ratsbeschlusses aus dem Jahr 2020 führt zu keinem anderen Ergebnis (cc.). Die Beklagte kann dem Antrag der Klägerin auch nicht erfolgreich eine neue Sondernutzungssituation entgegenhalten (dd.).
65aa. Der Ablehnungsbescheid vom 21. März 2019 beruht nicht auf Erwägungen, die dem Zweck des § 18 Abs. 2 StrWG NRW entsprechend einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Stattdessen beruft sich die Beklagte in ihrem Bescheid zur Begründung ihrer Entscheidung ausschließlich auf abfallwirtschaftliche Erwägungen, namentlich eine Änderung des KrWG zum 1. Juni 2015 (gemeint sein dürfte das Jahr 2012), den darauf beruhenden Ratsbeschluss zugunsten der S1. AöR und die angestrebte Stabilität bzw. Senkung der Abfallgebühren. Straßenbezogene Ermessenserwägungen fehlen völlig. Dies gilt auch für eine Berücksichtigung oder Abwägung der Interessen der Klägerin, die im Rahmen des Ablehnungsbescheids ersichtlich keine Rolle gespielt haben.
66bb. Der bei der Ablehnungsentscheidung in Bezug genommene Ratsbeschluss vom 27. März 2014 vermag diese auch nicht als generelle Ermessensentscheidung zu rechtfertigen. Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich auf eine Vergabe der Standplätze „in eine Hand“ berufen.
67(1) Zwar erfüllt der Beschluss formell die Anforderungen an eine vorweggenommene generelle Ermessensentscheidung.
68Denn die Entscheidung über die Ausübung generellen Ermessens bedarf in der Regel eines vorherigen Ratsbeschlusses. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) ist der Rat der Gemeinde für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Abgesehen von den in § 41 Abs. 1 Satz 2 GO NRW enumerativ aufgezählten Fällen kann der Rat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten auf Ausschüsse oder den Bürgermeister übertragen (§ 41 Abs. 2 Satz 1 GO NRW). Geschäfte der laufenden Verwaltung gelten im Namen des Rats als auf den Bürgermeister übertragen, soweit nicht der Rat sich, einer Bezirksvertretung oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall die Entscheidung vorbehält (§ 41 Abs. 3 GO NRW). Bei den „Geschäften der laufenden Verwaltung“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegt. Nach gefestigter Rechtsprechung fallen die nach Regelmäßigkeit und Häufigkeit üblichen Geschäfte darunter, deren Erledigung nach feststehenden Grundsätzen „auf eingefahrenen Gleisen“ erfolgt und die für die Gemeinde unter Berücksichtigung ihrer Größe und Finanzkraft weder wirtschaftlich noch grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung sind.
69Ausgehend hiervon zählt zwar u. a. die Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen regelmäßig zu den Geschäften der laufenden Verwaltung. Der Erlass allgemeiner Richtlinien oder Anweisungen, die die Ermessenspraxis einer Gemeinde bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im öffentlichen Straßenraum bestimmen sollen, gehört jedoch regelmäßig nicht mehr zu den Geschäften der laufenden Verwaltung. Eine solche Entscheidung ist vielmehr wegen des grundlegenden Charakters, den eine generelle Ermessensausübung mit Blick auf künftige Entscheidungen über entsprechende Erlaubnisanträge in sich trägt, dem Gemeinderat vorbehalten, wenn nicht die zu regelnde Angelegenheit für die Gemeinde ausnahmsweise von untergeordneter Bedeutung ist.
70Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28. Mai 2021 - 11 A 390/19 -, juris, Rn. 80 ff., und vom 13. Mai 2019 - 11 A 2057/17 -, juris, Rn. 41 ff., jeweils m. w. N.; VG Aachen, Urteile vom 21. Juni 2021 - 10 K 1524/19 -, juris, Rn. 63 ff., und - 10 K 292/20 -, juris, Rn. 59 ff., sowie vom 7. Oktober 2021 - 10 K 1637/20 -, juris, Rn. 71 ff., jeweils m. w. N.
71Die Entscheidung, eine bestimmte Art der Sondernutzung - die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern - im Stadtgebiet generell stark einzuschränken, indem festgelegt wird, die Erlaubnis künftig ausschließlich einer bestimmten Erlaubnisnehmerin - hier der S1. AöR - zu erteilen, stellt eine grundlegende Vorentscheidung für alle zukünftigen Anträge auf Genehmigung einer solchen Sondernutzung dar.
72(2) Allerdings steht der Grundsatzbeschluss vom 27. März 2014 materiell-rechtlich nicht in Einklang mit § 18 Abs. 2 StrWG NRW.
73Ob eine Kommune, die als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträgerin gemäß § 5 Abs. 1 oder Abs. 6 Satz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LKrWG) i. V. m. § 17 Abs. 1 KrWG die Aufgabe der Sammlung von Alttextilien durch im öffentlichen Straßenraum aufgestellte Container selbst oder ausschließlich durch einen Eigenbetrieb, ein eigenbetriebsähnliches gemeindliches Unternehmen oder ein Kommunalunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit wahrnimmt, die Aufstellung weiterer Container gemeinnütziger oder gewerblicher Sammler unter Berufung auf die Ausschließlichkeit der Entsorgung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ablehnen kann, kann hier offen bleiben. Denn aufgrund des Ratsbeschlusses vom 27. März 2014 soll die Entsorgung nicht ausschließlich durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. ein Kommunalunternehmen (die S1. AöR), sondern unter Berücksichtigung gemeinnütziger Unternehmen erfolgen (a). Dies führt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gewerblicher Sammler wie der Klägerin und einem die Rechtswidrigkeit der Ablehnungsentscheidung begründenden Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG (b).
74(a) Der Ratsbeschluss beschränkt sich entgegen der darin unter Ziffer 1 getroffenen Entscheidung nicht darauf, die Standplätze zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern „in eine Hand“ an die S1. AöR zu vergeben. Denn unter Ziffer 3 hat der Rat am 27. März 2014 zugleich beschlossen, dass bei der Konzeptumsetzung die örtlichen gemeinnützigen Institutionen zu berücksichtigen und zu integrieren sind. Diese Entscheidung schließt Dritte im Ergebnis gerade nicht von der Vergabe öffentlicher Standplätze aus, sondern macht im Gegenteil die Einbeziehung gemeinnütziger Unternehmen zum notwendigen Bestandteil des Erfassungskonzepts. Es handelt sich damit nicht um eine Vergabe der Standplätze zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern „in eine Hand“, sondern in (mindestens) zwei verschiedene Hände. Mit dieser Grundsatzentscheidung hat der Rat der Beklagten sein Ermessen dahingehend ausgeübt, die örtlichen gemeinnützigen Institutionen generell miteinzubeziehen und damit zugleich gegenüber anderen (gewerblichen) Sammlern zu bevorzugen. Dementsprechend kündigte die S1. AöR in ihrem an die Beklagte gerichteten Antrag vom 3. Juni 2014 auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis eine vertragliche Kooperation mit dem DRK an, die dessen bereits bestehende Standplätze für Altkleidersammelcontainer betreffen sollte.
75(b) Diese generelle Ermessensausübung führt zu einer strukturellen Ungleichbehandlung gewerblicher Sammler, die vorliegend gemessen am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG bereits mangels jeglicher Ermessenserwägungen sachlich nicht gerechtfertigt ist und die Rechte der Klägerin verletzt.
76Bindet der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger - wie hier - gemeinnützige Organisationen in seine Aufgabenwahrnehmung ein, muss dies bei der Ermessensentscheidung berücksichtigt und die hierin liegende Ungleichbehandlung anderer - insbesondere gewerblicher - Sammler mit straßenbezogenen Erwägungen sachlich gerechtfertigt werden.
77Vgl. OVG NRW, Urteile vom 13. Mai 2019 - 11 A 2627/18 -, juris, Rn. 48, und vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 70.
78An einer sachlichen Rechtfertigung für die im Grundsatzbeschluss des Rates vorgesehene Einbindung der gemeinnützigen Organisationen - bei gleichzeitigem Ausschluss gewerblicher Aufsteller - fehlt es hier. Weder dem Ratsbeschluss noch der zugehörigen Beschlussvorlage lassen sich straßenbezogene Erwägungen entnehmen, die zu dieser Entscheidung geführt haben. Eine Begründung hierfür fehlt vielmehr ganz.
79Der Status als gemeinnützige Organisation allein erlaubt nicht deren Besserstellung bei der Vergabe von Standplätzen für Altkleidersammelcontainer. Denn ob die Sondernutzung durch einen Altkleidersammelcontainer eines gemeinnützigen oder gewerblichen Aufstellers erfolgt, ist straßenrechtlich ohne Belang, weil das Sondernutzungsrecht - wie dargelegt - im Grundsatz wirtschafts- und wettbewerbsneutral ist.
80Vgl. OVG NRW, Urteile vom 13. Mai 2019 - 11 A 2627/18 -, juris, Rn. 49, und vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 69.
81cc. Auch eine Berücksichtigung des Ratsbeschlusses vom 15. September 2020 vermag an dem vorstehenden Ergebnis nichts zu ändern.
82Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung (erstmals) ausdrücklich erklärt, dass ihre Ablehnungsentscheidung nunmehr auch auf das neue Standortkonzept gestützt werden soll. Dabei kann dahin stehen, ob die Beklagte ihre Ermessenserwägungen im Klageverfahren in zulässiger Weise gemäß § 114 Satz 2 VwGO nachbessern durfte. Denn jedenfalls hält die streitgegenständliche Ablehnungsentscheidung auch unter Berücksichtigung des Ratsbeschlusses aus 2020 einer gerichtlichen Prüfung nicht stand.
83(1) Mit der Grundsatzentscheidung vom 15. September 2020 hat der Rat beschlossen, die Anzahl der Standorte für Altkleidersammelcontainer auf 48 dem Beschluss in einer Liste beigefügten Standorte zu beschränken. Die genaue Anzahl der Container am jeweiligen Standort ist nicht Gegenstand des Beschlusses; diese sollte vielmehr ausweislich der Beschlussvorlage jeweils abhängig von vorhandenem Platzangebot, Auslastung und Einzugsbereich noch (nachträglich) festgelegt werden.
84(2) Dieser Ratsbeschluss trägt die alle beantragten Standorte umfassende Ablehnungsentscheidung bereits deswegen nicht, weil acht der vom Rat beschlossenen Standorte, namentlich die Standorte „B. -C. -Straße/Ecke T2. Weg“, „E.---straße (Schulgelände)“, „H. -I. -Platz“, „L.------weg “, „U. -T1. -Straße/B1.----weg “, „U. -T1. -Straße (Kirche)“, „U. -T1. -Straße (Weiher)“ und „X.---ring “, (teilweise) Übereinstimmungen mit acht von der Klägerin beantragten Standorten aufweisen, namentlich den Standorten „B. -C. -Straße 30“, „E.---straße XX“, „H. -I. -Platz“, „L.------weg X“, „U. -T1. -Straße“, „U. -T1. -Straße XX“, „U. -T1. -Straße XX“, und -„X.---ring XX“. Da eine Obergrenze der Anzahl von Containern am jeweiligen Standort gerade nicht Gegenstand der Entscheidung des Rates war, ist dieser Entscheidung eine Aussage dazu, ob die Klägerin ihre Container an diesen Standorten neben bereits vorhandenen Containern aufstellen darf oder nicht, nicht zu entnehmen.
85(3) Ferner erweist sich der Ratsbeschluss vom 15. September 2020 im Ganzen - und damit auch bezogen auf die übrigen von der Klägerin beantragten Standorte - als ermessensfehlerhaft.
86(a) Der neue Ratsbeschluss vermag die Fehlerhaftigkeit des ersten Ratsbeschlusses aus dem Jahr 2014 nicht zu beheben.
87Ziel des neuen Grundsatzbeschlusses war es ausgehend von der Beschlussvorlage, den Beschluss aus 2014 angesichts aktueller Rechtsprechung „insoweit zu aktualisieren, als ein (…) optimiertes Konzept mit einer Obergrenze für die Anzahl der Standorte für Altkleidercontainer eingeführt werden“ sollte. Es sollte lediglich - vor dem Hintergrund zwischenzeitlich ergangener Rechtsprechung - über die Begrenzung der Anzahl der Standorte die bestehende Vergabe an die S1. AöR abgesichert werden. Eine (erneute) Entscheidung über diese Vergabe, etwa unter Hinzuziehung straßenrechtlicher Belange, ist nicht Gegenstand des Ratsbeschlusses. Der Beschluss vom 27. März 2014 wurde mit dem neuen Beschluss also nicht etwa aufgehoben. Die Ratsentscheidung vom 27. März 2014 bleibt vielmehr weiterhin Beschlusslage, die durch die Entscheidung vom 15. September 2020 - lediglich - eine Aktualisierung erhalten hat. Dabei bleibt es aber bei den zuvor beschriebenen hiergegen bestehenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere bleibt es bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bei der Beschlusslage, dass die Standplätze zur Aufstellung von Altkleidersammelcontainern an die S1. AöR vergeben und hierbei die örtlichen gemeinnützigen Institutionen integriert werden sollen.
88Selbst wenn die tatsächliche aktuelle Praxis von diesem Grundsatzbeschluss abweichen sollte, führt dies nicht dazu, dass dieser zwischenzeitlich unwirksam geworden ist. Solange der Rat ihn nicht aufgehoben oder durch eine generalisierende Ermessensausübung anderen Inhalts ersetzt hat, ermöglicht der Grundsatzbeschluss weiterhin eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit willkürliche Ungleichbehandlung gewerblicher Sammler. Er bleibt daher untaugliche Grundlage für die Ablehnung des Antrags eines gewerblichen Sammlers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis.
89Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 28. März 2019 - 11 A 1166/16 -, juris, Rn. 72.
90(b) Das Standortkonzept beruht zudem nicht auf straßenbezogenen Erwägungen.
91Grundsätzlich nichts zu erinnern ist dagegen, wenn ein Standortkonzept aufgrund straßenbezogener Kriterien zur Vermeidung der „Verschandelung“ des Orts- und Stadtbildes mit Begrenzung der absolut zulässigen Anzahl von Standorten für Altkleidersammelcontainer im öffentlichen Straßenraum zugleich eine entsprechende Einschränkung für Sondernutzungserlaubnisse vornimmt. Dies gilt auch dann, wenn eine auf - für sich genommen nicht zu beanstandenden - straßenrechtlichen Erwägungen beruhende Festlegung von Standorten für Altkleidersammelcontainer in einem Standort- bzw. Sondernutzungskonzept nur solche Standorte umfasst, für die zu diesem Zeitpunkt bereits eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis erteilt worden ist. Ausgehend von der Wettbewerbsneutralität des Straßenrechts ist es nicht erforderlich, dass ein Sondernutzungskonzept freie Standorte vorhält, um einen Marktzugang für „neue“ Antragsteller zu ermöglichen.
92Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2021 - 11 A 1958/20 -, juris, Rn. 59 und 61.
93Wird ein Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis aufgrund eines solchen Standort- bzw. Sondernutzungskonzeptes abgelehnt, müssen diesem Konzept jedoch nachvollziehbar straßenbezogene Ermessenserwägungen zugrunde liegen.
94Dies ist vorliegend nicht der Fall.
95Zwar zieht der Grundsatzbeschluss vom 15. September 2020 in seinem Beschlusstenor ausdrücklich straßenrechtliche Belange heran, namentlich die Vermeidung einer zu großen Anzahl von Containern auf öffentlichen Flächen, verbunden mit einer Übermöblierung des öffentlichen Verkehrsraums, der negativen Beeinflussung des Orts- und Stadtbildes sowie Risiken für die Sicherheit und Leichtigkeit der Verkehrsteilnehmer. Die Nennung dieser Belange vermag hier jedoch nicht darüber hinwegzuhelfen, dass die Beklagte jedenfalls im Hinblick auf die konkrete Anzahl und Auswahl der Standorte keine straßenbezogenen Erwägungen angestellt hat. Belange des Straßen- und Stadtbildes, also baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße, die für die Auswahl der festgelegten 48 Standorte sprechen, sind nicht erkennbar. Zwar heißt es in der Beschlussvorlage, die Standorte „werden“ nach entsprechender verkehrlicher und stadtbildpflegerischer Beurteilung sowie Erfahrungswerten unter Berücksichtigung bereits vorhandener Standorte für Wertstoffe ausgewählt. Welche Kriterien hierfür über die Bezugnahme auf offenbar bereits vorhandene Standorte hinaus angesetzt wurden - die Standorte standen entgegen der zukunftsoffenen Formulierung in der Beschlussvorlage zum Entscheidungszeitpunkt ausweislich der vorgelegten Liste bereits fest -, bleibt offen. Sofern der Beschlussvorlage die Intention zu entnehmen ist, mit der vorgesehenen Bündelung sollten „Wertstoffinseln“ geschaffen werden, genügt dies nicht. Denn für die Bestimmung der Standorte hat sich die Beklagte nicht etwa aus straßenbezogenen Erwägungen an bestehenden Altglassammelstellen orientiert, von denen es ausweislich des Internetauftritts der Beklagten in ihrem Stadtgebiet derzeit 60 Standorte gibt,
96vgl. http://B1.de/web/cms/front_content.php?idcat=871 (letzter Abruf: 23. September 2022),
97sondern ausdrücklich das Abfallwirtschaftskonzept des A. und damit erneut einen dem wettbewerbs- und wirtschaftsneutralen Sondernutzungsrecht fremden Anknüpfungspunkt herangezogen.
98Mangels straßenrechtlicher Erwägungen nicht nachvollziehbar ist auch, inwieweit die Festlegung dieser 48 Standorte zur Vermeidung einer in der Beschlussvorlage stichwortartig herangezogenen negativen Beeinflussung des Orts- und Stadtbildes oder einer Übermöblierung beitragen soll. Dies gilt umso mehr, als dass immerhin 24 der vom Rat beschlossenen Standorte lediglich Straßennamen benennen, die einen Rückschluss auf einen konkreten - unter straßenbezogenen Gesichtspunkten ausgewählten - Standplatz nicht zulassen. Zwar erscheint es aus Sicht der Kammer nicht ausgeschlossen, dass straßenrechtliche Erwägungen gerade bei dem Schutz vor „Vermüllung“ (als Störung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs) im Ergebnis mit Belangen der Abfallwirtschaft kongruente Ziele aufweisen; im vorliegenden Fall hat die Beklagte solche Erwägungen aber offenbar nicht angestellt.
99dd. Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Sammlung und Verwertung von Alttextilien „in eine Hand“ vergeben zu haben.
100Nachdem die Sammlung und Verwertung bereits bis Ende Juni 2022 nach eigenem Vortrag der Beklagten aus wirtschaftlichen Gründen nicht allein in der Hand der S1. AöR gelegen hatte, sondern diese den gemeinnützigen Förderverein „B. e.V.“ sowie - über die allein gemeinnützige Institutionen bevorzugende Beschlusslage hinaus - mit der G. GmbH ein gewerbliches Unternehmen zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragt hatte, hat die S1. AöR nunmehr zum 1. Juli 2022 mit einem neuen Vertragspartner eine Vereinbarung über die Sammlung und Verwertung der Alttextilien im Stadtgebiet der Beklagten getroffen. Die S1. AöR nimmt die Aufgabe der Sammlung und Verwertung von Alttextilien (rechtlich und tatsächlich) also (weiterhin) nicht selbst wahr, sondern hat sie ihrerseits „aus der Hand“ und an einen Dritten weitergegeben.
101Diese Vergabe „in eine (weitere) Hand“ kann dem Antrag der Klägerin nach wie vor nicht entgegengehalten werden. Denn sie beruht nicht auf einer Auswahl- und Verteilungsentscheidung der Beklagten als Ergebnis einer entsprechenden Ermessensausübung. Erst recht sind in diese Entscheidung nicht die Belange der Klägerin als Antragstellerin einbezogen worden. Vielmehr beruht die Weitergabe auf einer eigenverantwortlichen Entscheidung der S1. AöR, in die die Beklagte nicht einbezogen worden ist. Im Laufe des Klageverfahrens ist deutlich geworden, dass die Beklagte die Sammlung und Verwertung von Alttextilien gänzlich derart aus ihrer Hand gegeben hat, dass sie keine Kenntnis mehr darüber hat, wie diese tatsächlich erfolgt. Dementsprechend hat die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie die nunmehr von der S1. AöR gewählte Konstruktion nicht kenne. Der aktuell beauftragte Dritte, also das (gewerbliche oder gemeinnützige) Unternehmen, das eigenverantwortlich im öffentlichen Straßenraum der Beklagten und unter Ausnutzung der der S1. AöR erteilten Sondernutzungserlaubnis die Sammlung der Alttextilien durchführt, ist der Beklagten nicht bekannt. Selbst dann, wenn die aktuelle Praxis mit Einverständnis der Beklagten erfolgte, kann dies eine fehlerfreie Ausübung des bei der Bescheidung eines Antrags auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis der Erlaubnisbehörde zukommenden Ermessens nicht ersetzen.
102Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Mai 2019 - 11 A 2627/18 -, juris, Rn. 52.
103Vielmehr ist und bleibt es Aufgabe der Straßenbaubehörde, über einen solchen Antrag entsprechend dem Zweck des § 18 Abs. 2 StrWG NRW ermessensfehlerfrei zu entscheiden.
104Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass die Beklagte die (rechtliche und tatsächliche) Situation an den neun Standorten, die - ausgehend von der 48 Standorte umfassenden Standortliste des Rates - von der seitens der S1. AöR initiierten Ausschreibung für 39 Standorte mit 46 Altkleidersammelcontainern nicht umfasst sind, im Rahmen ihrer künftigen Ermessensausübung wird aufklären müssen.
105D. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Die Kammer berücksichtigt dabei, dass die Klägerin im Umfang von 1/7 - hinsichtlich zwei von 14 Standorten - die Klage zurückgenommen hat und die Beklagte hinsichtlich der aufrechterhaltenen Klage unterliegt.
106Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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