Beschluss vom Verwaltungsgericht Arnsberg - 1 L 1342/99
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom 15. September 1999 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. September 1999 wird wiederhergestellt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.
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Gründe:
2Das Begehren der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 15. September 1999 bzw. einer eventuell nachfolgenden Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. September 1999 wiederherzustellen,
4ist als zulässiger Antrag gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) begründet. Die im Rahmen der Prüfung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Abwägung der widerstreitenden Vollzugsinteressen fällt zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer zugunsten der Antragstellerin aus. Maßgeblich hierfür ist, daß sich der Widerruf der Seminarerlaubnis der Antragstellerin in dem angefochtenen Bescheid bei der im vorliegenden Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung bereits als offensichtlich rechtswidrig erweist.
5Rechtsgrundlage für einen Widerruf der Seminarerlaubnis ist § 31 Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 1 des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1336) in der Fassung der Änderung vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 747). Danach gelten die §§ 7 und 8 FahrlG (Ruhen, Erlöschen, Rücknahme und Widerruf der Fahrerlaubnis) für die Seminarerlaubnis entsprechend. Der Seminarerlaubnis bedarf gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 FahrlG derjenige, der Aufbauseminare im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes (StrVG) durchführt; die Seminarerlaubnis kann gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 FahrlG auf Seminare nach § 2 a oder § 4 des Straßenverkehrsgesetzes beschränkt werden. § 8 Abs. 2 Satz 1 FahrlG ordnet in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 2 FahrlG insoweit an, daß die Seminarerlaubnis zu widerrufen ist, wenn nachträglich eine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG genannten Voraussetzungen weggefallen ist. Diese letztgenannte Vorschrift bestimmt hinwiederum, daß die Fahrlehrererlaubnis erteilt wird, wenn der Bewerber geistig, körperlich und fachlich geeignet ist und keine Tatsachen vorliegen, die ihn für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen. Nach diesen rechtlichen Maßstäben durfte ein Widerruf der Seminarerlaubnis der Antragstellerin nicht erfolgen, weil unbestritten keine Anhaltspunkte vorliegen, die ihre geistige, körperliche und fachliche Eignung in Frage stellen oder geeignet sind, sie als unzuverlässig im Rechtssinne erscheinen zu lassen.
6Darüber hinaus kann gemäß § 33 a Abs. 4 Satz 2 FahrlG die entsprechende Seminarerlaubnis widerrufen werden, wenn zweimal gegen die Fortbildungspflicht nach § 33 a Abs. 2 FahrlG verstoßen wird. Auch dies ist hier unstreitig nicht der Fall, weil die Antragstellerin bislang ihrer Fortbildungspflicht (vgl. § 33 a FahrlG) regelmäßig nachgekommen ist und sich auch schon zu der neuanstehenden turnusmäßigen Fortbildung im November 1999 angemeldet hat.
7Auf die Vorschrift des § 31 Abs. 3 Satz 3 FahrlG kann ein Widerruf der Seminarerlaubnis entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht gestützt werden. Nach dieser Vorschrift darf von der Erlaubnis nur zusammen mit der Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses Gebrauch gemacht werden. Die Seminarerlaubnis (bisher: Nachschulungserlaubnis) wird grundsätzlich auf unbestimmte Zeit erteilt. Daher bestimmt die Vorschrift des § 31 Abs. 3 Satz 3 FahrlG, daß eine bestehende Seminarerlaubnis nur so lange zur Durchführung entsprechender Kurse berechtigt, wie ihr Inhaber die Fahrschulerlaubnis besitzt oder in einer Fahrschule nach § 10 bzw. § 30 FahrlG haupt- oder nebenberuflich beschäftigt ist.
8Vgl. Eckhardt, Fahrlehrergesetz mit Nebenbestimmungen, Kommentar, 5. Aufl. 1991 § 31 Rn. 2. Eine Ermächtigung für den Widerruf einer Seminarerlaubnis für den Fall, daß der Fahrlehrer entweder nicht (mehr zugleich) über die Fachschulerlaubnis verfügt oder nicht (mehr) in einer Fahrschule haupt- oder nebenamtlich beschäftigt ist, enthält § 31 Abs. 3 Satz 3 FahrlG jedoch nicht. Daher kann vorliegend dahinstehen, ob die Antragstellerin, die unstreitig nicht über die Fahrschulerlaubnis verfügt, derzeit in einem haupt- oder - was ausreichend sein dürfte - nebenamtlichen
9vgl. Eckhardt, a. a. O. § 5 Rn. 4, Beschäftigungsverhältnis in einer Fahrschule steht. Denn die Frage eines nicht gestatteten Gebrauchmachens" von einer einmal rechtmäßig erteilten Erlaubnis ist von dem Vorliegen eines Widerrufsgrundes strikt zu trennen. Im ersten Falle ist der Inhaber einer Erlaubnis wegen eines in der Regel zeitlich limitierten Umstandes rechtlich gehindert, die ihm durch die Erlaubnis grundsätzlich gestattete Tätigkeit auszuüben (z. B. bei der Aberkennung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis innerhalb der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, vgl. § 11 Abs. 2 der Verordnung über den Internationalen Kraftfahrzeugverkehr - IntKfzV -). Daran ist er im zweiten Falle als Inhaber einer Erlaubnis ungeachtet der objektiv vorliegenden tatsächlichen Umstände, die einen Erlaubniswiderruf rechtfertigen, jedoch rechtlich nicht gehindert, solange der Widerruf der Erlaubnis noch nicht vollziehbar ist. So sind auch das suspensivwidrige Gebrauchmachen von einer Genehmigung und ihre formelle Illegalität nicht gleichbedeutend.
10Vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 14. Juni 1991 - 14 UE 1162/85 -, in: Gewerbearchiv (GewArch) 1992, S. 113, zum Gebrauchmachen von einer angefochenen Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Abgesehen von diesem systematischen Aspekt, der die Vorschrift des § 31 Abs. 3 Satz 3 FahrlG aus dem Kreis der Widerrufsermächtigungen ausschließt, gibt auch der Wortlaut des Fahrlehrergesetzes hinreichenden Aufschluß über die Widerrufsgründe. Der Gesetzgeber hat die Widerrufsgründe für eine Seminarerlaubnis im bereits angezogenen § 8 FahrlG sowie darüber hinaus in § 33 a Abs. 4 Satz 2 FahrlG ausdrücklich festgelegt. Diese Fälle des Widerrufs gehen als Spezialvorschriften auch § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NW) vor und regeln den Widerruf einer Seminarerlaubnis abschließend.
11Die Kammer weist darauf hin, daß für eine Umdeutung (vgl. § 47 Abs. 1 VwVfG NW) des angefochtenen Bescheides von einem Widerruf der Seminarerlaubnis in eine Untersagung des Gebrauchmachens von der Seminarerlaubnis kein Raum besteht. Denn der Inhalt des angefochtenen Bescheides läßt, ebenso wie der sonstige Akteninhalt, keinen Rückschluß auf einen dementsprechenden Willen des Antragsgegners zu. Abgesehen davon ist auch nicht ersichtlich, wie eine solche Untersagung angesichts des Umstandes, daß eine konkrete Seminarleitertätigkeit der Antragstellerin weder derzeit ausgeübt wird noch von ihr für die Zukunft - jedenfalls außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 3 FahrlG - geplant ist, zu rechtfertigen wäre.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und erscheint der Bedeutung dieses Verfahrens angemessen.
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