Urteil vom Verwaltungsgericht Arnsberg - 11 K 2393/97
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits zu je einem Fünftel.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Die Kläger sind Miteigentümer des an die öffentliche Abfallbeseitigung angeschlossenen Grundstücks X. - straße in J. . Mit der vorliegenden Klage wenden sie sich gegen die Veranlagung zu Abfallbeseitigungsgebühren für das Jahr 1997.
3Die Abfallbeseitigung wird in J. und mehreren anderen Gemeinden des Märkischen Kreises vom Zweckverband für Abfallbeseitigung (ZfA) mit Sitz in J. durchgeführt. Der ZfA erhebt hierfür vor Beginn eines jeden Leistungsjahres von den einzelnen Mitgliedsgemeinden eine vorläufige Jahresumlage. Diese wird von der Verbandsversammlung bei der Aufstellung der jährlichen Haushaltssatzung festgesetzt. Sie beruht auf einer Prognose der bei der Abfallbeseitigung in den einzelnen Mitgliedsgemeinden voraussichtlich entstehenden Kosten und umfaßt unter anderem die Positionen: Behältermiete, Entsorgungskosten des Märkischen Kreises und sonstige Zweckverbandskosten, hier insbesondere Abfuhrkosten.
4Für das Jahr 1997 stellte der Rat der Stadt J. in die Kalkulation der Abfallbeseitigungsgebühren eine vorläufige Jahresumlage von 26.668.460,00 DM ein. Diese Zahl beruhte auf dem Beschluß der Verbandsversammlung der ZfA über den Haushaltsplan 1997 und die auf die Verbandsmitglieder entfallenden Umlagen vom 18. November 1996 und eine entsprechende Mitteilung des Verbandsvorstehers an den Beklagten vom 29. November 1996. Abzüglich einer Rücklagenentnahme von 1 Mio. DM und Zinserträgen aus der Rücklage von 50.000,00 DM errechnete sich ein Gebührendeckungsbedarf von 25.618.460,00 DM, der auf die einzelnen im Stadtgebiet vorhandenen Behälter umgelegt wurde. Für die Abfallbehälter auf dem klägerischen Grundstück ergab sich hiernach eine Gebühr von je 328,00 für die beiden 80-l- Gefäße und 476,00 DM für das 120-l-Gefäß.
5Mit Bescheid vom 7. Januar 1997 zog der Beklagte die Kläger zu Abfallbeseitigungsgebühren von insgesamt 1.132,00 DM für 1997 heran. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 1997, zugestellt am 7. Mai 1997, als unbegründet zurück.
6Am 6. Juni 1997 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung sie geltend machen: Der Märkische Kreis bediene sich zur Erfüllung seiner abfallwirtschaftlichen Aufgaben der Abfallentsorgungsgesellschaft des Märkischen Kreises mbH (AMK), deren alleiniger Gesellschafter der Märkische Kreis sei. Die AMK als Betreiber der Müllverbrennungsanlage (MVA) in J. verfüge mit dieser Anlage über eine jährliche Verbrennungsleistung von rund 210.000 Tonnen Abfall. Als Bewertungsmaßstab für die Kostenrechnung der AMK seien die preisrechtlichen Vorschriften über Selbstkostenpreise nach der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 in Verbindung mit den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP) heranzuziehen. Diese Vorschriften fänden Anwendung, obwohl der zwischen dem Kreis und der AMK geschlossene Entsorgungsvertrag darauf nicht Bezug nehme, weil abweichende, mit dem Preisrecht nicht vereinbare vertragliche Regelungen nichtig seien.
7Die Kostenberechnung der AMK entspreche nicht den preisrechtlichen Vorgaben. Die MVA sei in ihrer vorgehaltenen Kapazität überdimensioniert. Mit den dadurch verursachten Kosten dürften die Gebührenschuldner nicht belastet werden. Maßgeblich sei - bereits nach dem Recht der Europäischen Union - allein das vorliegend nicht in zutreffender Weise berücksichtigte Verursacherprinzip. In der MVA würden nur 145.000 Tonnen Abfall aus dem Märkischen Kreis, d. h. 69 % der genehmigten Kapazität zur Verbrennung gebracht, wobei von Gesamtkosten der Anlage von 85.637.000,00 DM auszugehen sei. Dieser Betrag sei - im Gegensatz zur gegenwärtigen Praxis - anlieferungsgerecht auf die von den unterschiedlichen Nutzern in Anspruch genommenen Kapazitäten der MVA aufzuteilen, wonach auf den Märkischen Kreis 150.000 Tonnen und auf den freien Bereich (Selbstzahler) 88.450 Tonnen entfielen. Dem gebührenwirksamen Kostenbereich seien daher aus den Gesamtkosten nur 53.951.310,00 DM zuzuschlagen, während tatsächlich auf die Gebührenzahler 62.067.000,00 DM abgewälzt würden, so daß sich eine Differenz von 8.116.000,00 DM ergebe. Die Überdimensionierung der Anlage sei für den Märkischen Kreis auch im Planungsstadium vorhersehbar gewesen, namentlich weil sich die heute geltenden rechtlichen Bestimmungen über Abfallvermeidung und -verwertung und weitere spezifische Ursachen im Märkischen Kreis bereits Anfang der 90er Jahre konkret abgezeichnet hätten. Auch sei die verursachergerechte Mengenprognose bezüglich der von privaten Haushalten produzierten Abfälle unzutreffend erfolgt. Für das Jahr 2000 sei realistisch mit einer Haushaltsabfallmenge von allenfalls 102.000 t/jährlich zu rechnen. Demgegenüber betrage die "Sicherheitsreserve" der MVA zwischen 44 und 30 %, was völlig überhöht sei. Im übrigen sei die Zinsbasisermittlung nicht entsprechend den LSP erfolgt, weil insoweit das Abzugskapital unzutreffend berechnet worden sei. Hierdurch seien zu Lasten der Gebührenschuldner erhöhte Kosten eingestellt worden. Die Kostenermittlung könne auch nicht durch ein vom Märkischen Kreis in Auftrag gegebene Gutachten des Instituts für Umweltökonomie in Münster vom 15. Oktober 1997 gerechtfertigt werden. Die Gutachter gingen zum Teil von unzutreffenden Voraussetzungen aus, zum Teil sei eine nicht den LSP entsprechende Kostenberechnung erfolgt.
8Der Beklagte könne sich vor diesem Hintergrund auch nicht darauf berufen, daß die in die Gebührenkalkulation eingestellten Kosten Fremdleistungskosten seien, zu deren Überprüfung und Kürzung er erst verpflichtet sei, wenn die erbrachte Leistung und das berechnete Entgelt zueinander in einem offensichtlichen Mißverhältnis stünden. Diese, auf obergerichtlicher Rechtsprechung beruhende Ansicht, sei inzwischen überholt, da jüngst entschieden worden sei, daß den Kommunen die Rechtspflicht zukomme, privatrechtliche Entgelte zu prüfen und ggf. zu kürzen. Es bestehe kein sachlicher Grund, diese Rechtspflicht ausschließlich danach zu beurteilen, ob ein privater Dritter oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts die in Anspruch genommene Fremdleistung erbringe. Dies folge im übrigen auch aus dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes, denn der Gebührenschuldner habe keinerlei Einfluß auf Organisation der Abfallentsorgung und Höhe der Kosten. Bei rechtlichen Zweifeln an der Höhe der vom Kreis festgesetzten Entsorgungsgebühr dürfe die Kommune diese nicht in voller Höhe in die Gebührenbedarfsrechnung einstellen. Im übrigen verstoße die Nichtbeachtung von Einwänden der Gebührenschuldner zur Höhe der Fremdleistungskosten gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs, da die Bürger sich gerade im Hinblick auf diese Fremdleistungskosten in ihren Rechten verletzt sähen und um Rechtsschutz nachsuchten.
9Die Kläger beantragen,
10den Bescheid des Beklagten vom 7. Januar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 1997 aufzuheben, soweit darin Abfall- beseitigungsgebühren in Höhe von insgesamt 1.132,00 DM festgesetzt worden sind.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er trägt vor, der Märkische Kreis erhebe von den kreisangehörigen Städten und Gemeinden beziehungsweise dem ZfA Abfallentsorgungsgebühren. Wesentlicher Kostenfaktor in diesem Rahmen seien die Verbrennungsentgelte, die der Märkische Kreis an die AMK zu entrichten habe. Die vom Märkischen Kreis erhobenen Gebühren hätten Eingang gefunden in die vorläufige Verbandsumlage der ZfA, die wiederum im Rahmen der Kalkulation der Abfallbeseitigungsgebühren für das Jahr 1997 auf die an die Abfallbeseitigung im Gebiet der Stadt J. angeschlossenen Benutzer abgewälzt worden sei. Die Stadt J. sei berechtigt gewesen, die von ihr erhobene Umlage ungekürzt weiterzugeben. Es sei weder ersichtlich, daß sachfremde Aufwendungen in die Umlage eingestellt worden seien, noch daß dem durch die Umlage zu deckenden Finanzbedarf des Zweckverbandes überhöhte Zuwendungen an Dritte zugrunde lägen. Der Belastung der Gebührenzahler in J. mit den Verbandslasten stehe eine adäquate Gegenleistung durch das Tätigwerden des ZfA gegenüber. Im übrigen könne weder der Zweckverband noch der Beklagte die Höhe der Gebührenforderung des Märkischen Kreises beeinflussen. Man sei vielmehr aus haushaltsrechtlichen Gründen gehalten, die Forderung in die Gebührenkalkulation einzustellen. Es habe sich für den Beklagten auch verboten, gegen den Umlagenbescheid des ZfA Widerspruch einzulegen, weil der Vertreter der Stadt J. in der Verbandsversammlung die Haushaltssatzung mit seiner Stimme beschlossen habe. Unschädlich sei weiterhin, daß sich die endgültige Verbandsumlage 1997 für die Stadt J. - wie nach Rechnungsabschluß festgestellt worden sei - lediglich auf 24.565.118,20 DM belaufe. Der geringere Finanzbedarf sei auf Verbesserungen im Entsorgungsbereich, namentlich einer Änderung der Abfuhrverträge, zurückzuführen. Daneben sei die Abfalltonnage im Vergleich zu der kalkulierten Menge gesunken. Diese Umstände seien dem Rat der Stadt J. bei seiner Beschlußfassung über die Gebührenkalkulation am 17. Dezember 1996 nicht bekannt gewesen, so daß die letztlich geminderte Verbandsumlage nicht zur Rechtswidrigkeit der Gebührenprognose führen könne.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Verfahrensakte Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
16Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Gebührenbescheid vom 7. Januar 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 1997 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.
17Rechtsgrundlage für die Erhebung von Abfallbeseitigungsgebühren im Jahre 1997 ist § 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 sowie § 4 Abs. 1 lit. b und c der Gebührensatzung für die öffentliche Abfallbeseitigung in der Stadt J. (GS) in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 18. Dezember 1996. Nach § 1 GS erhebt der Beklagte zur Deckung der durch die Abfallentsorgung nach den Bestimmungen der Satzung über den Anschluß- und Benutzungszwang über die Abfallentsorgung im Verbandsgebiet des Zweckverbandes für Abfallbeseitigung entstehenden Kosten Gebühren. Die Höhe der Gebühr richtet sich bei Benutzung des Umleersystems - welches von den Klägern vorgehalten wird - gemäß § 3 Abs. 1 GS nach dem aufgestellten Behältervolumen. Nach § 4 Abs. 1 lit. b und c GS beträgt die Gebühr für einen 80-l-Behälter 328,00 DM jährlich und für einen 120-l-Behälter 476,00 DM im Jahr.
18Die Gebührensatzung ist weder in formeller noch - soweit sie mit den genannten Bestimmungen für den vorliegenden Fall entscheidungserheblich ist - in materieller Hinsicht mit Rechtsfehlern behaftet. Sie steht mit den Vorschriften des Kommunalabgabensetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - KAG - vom 21. Oktober 1969, GV NRW S. 712, in der hier maßgeblichen Fassung vom 18. Dezember 1996, GV NRW S. 586, sowie mit gebührenrechtlichen Grundsätzen im Einklang.
19Die dem Gebührensatz zugrundeliegende Gebührenkalkulation unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Namentlich konnte der an den ZfA zu zahlende Umlagebetrag in vollem Umfang in die Kalkulation eingestellt werden.
20Nach § 7 Abs. 1 KAG werden die von den Gemeinden für die Mitgliedschaft in einem Zweckverband zu zahlenden Verbandslasten nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 KAG durch Gebühren in voller Höhe,
21vgl. hierzu Dietzel, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Loseblattsammlung; Stand: März 2000, § 7 RdNr. 6,
22denjenigen auferlegt, denen der Verband durch seine Einrichtungen Vorteile gewährt. § 7 Abs. 1 KAG gebietet, die "zu zahlenden Beiträge und Umlagen" umzulegen, wobei mit dem Begriff der "zu zahlenden Beträge" nur diejenige Umlage erfaßt ist, die tatsächlich von der Gemeinde an den Zweckverband zu zahlen ist. Nur diese Summe ist auf die Gebührenpflichtigen umlegbar.
23Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 15. April 1991 - 9 A 805/88 -.
24Der im vorliegenden Fall "zu zahlende Betrag" im vorstehenden Sinne belief sich, wie sich aus der Anlage zum Schreiben des ZfA vom 29. November 1996 ersichtlich ist, auf 26.696.503,00 DM. Der Einstellung dieses Betrages in die Gebührenkalkulation stand nicht entgegen, daß es sich nur um die vorläufige Verbandsumlage für das Jahr 1997 handelte. Denn die Stadt J. schuldete die Verbandsumlage bereits mit deren vorläufiger Festsetzung. Dies folgt aus dem Zusammenhang der Regelungen in § 16 Abs. 2 und § 17 der Satzung des Zweckverbandes für Abfallbeseitigung vom 21. Juni 1993 in Verbindung mit § 5 der Haushaltssatzung des Zweckverbandes für Abfallbeseitigung J. für das Haushaltsjahr 1997 vom 16. November 1996. § 16 Abs. 2 der Verbandssatzung bestimmt, daß die Jahresumlage von der Verbandsversammlung bei der Aufstellung der Haushaltssatzung vorläufig festgesetzt wird. Aus § 17 der vorgenannten Satzung folgt, daß die aufgrund der Haushaltssatzung vorläufig festgesetzte Jahresumlage nach § 16 zu je einem Viertel des Jahresbetrages am 15. 02., 15. 05., 15.08. und 15.11. fällig wird. Da die Fälligkeit einer Schuld deren Entstehung voraussetzt, folgt hieraus, daß mit der Festsetzung der vorläufigen Verbandsumlage eine entsprechende Zahlungsverpflichtung zu Lasten der Verbandsmitglieder begründet wird. Sofern im Zuge der Jahresrechnung Überzahlungen festgestellt werden, sind diese gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 der Verbandssatzung im Folgejahr auszugleichen. Der Umstand, daß der auf der Stadt J. für das Jahr 1997 letztlich entfallende Umlageanteil nach dem Ergebnis der Jahresrechnung deutlich geringer ausfiel, als der nach der vorläufigen Festsetzung geschuldete Betrag, vermag sich auf die Rechtmäßigkeit der für das Jahr 1997 vorgenommenen Gebührenkalkulation dementsprechend nicht auszuwirken.
25Nach alledem war die Stadt J. im Anschluß an den Beschluß der Verbandsversammlung vom 18. November 1996 und die förmliche Bekanntgabe der bei dieser Gelegenheit festgesetzten vorläufigen Verbandsumlage durch den Bescheid des ZfA vom 29. November 1996 verpflichtet, in 1997 den Betrag von 26.696.503,00 DM an den Zweckverband zu entrichten. Diesen Betrag durfte die Stadt J. nach Maßgabe der Bestimmungen in § 7 Abs. 1 KAG abwälzen. Daß im Rahmen der hier zu prüfenden Gebührenkalkulation tatsächlich ein geringerer Umlagebetrag, nämlich nur 26.668.460,00 DM, eingestellt wurde, ist unschädlich; denn hierdurch wurden die Gebührenpflichtigen - und mit ihnen die Kläger - nicht beschwert.
26Entgegen der Ansicht der Kläger war der Rat der Stadt J. nicht verpflichtet, den Umlagebetrag vor Abwälzung auf die Gebührenpflichtigen um den auf die Entsorgungskosten des Märkischen Kreises entfallenden Anteil oder einen Teilbetrag dieses Anteils zu kürzen, um auf diese Weise etwa überhöhten Verbrennungspreisen der MVA J. Rechnung zu tragen. Allerdings wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß Verbandslasten nicht anstandslos in jedem Fall in vollem Umfange nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 KAG umzulegen sind; vielmehr sollen insoweit die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Berücksichtigungsfähigkeit von Entgelten für in Anspruch genommene Fremdleistungen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 KAG) entsprechend gelten.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991, aaO.
28Derartige Entgelte sind wiederum anerkanntermaßen nur berücksichtigungsfähig, soweit sie betriebsnotwendig verursacht sind und ihre Bemessung im Einklang mit dem Äquivalenzprinzip steht.
29Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, DVBl. 1995, 1147; Urteil vom 30. September 1996 - 9 A 3977/93 -; Beschluß vom 9. September 1999 - 9 B 3133/97 -.
30In der Konsequenz soll es der kalkulierenden Behörde verboten sein, bei "administrativ festgelegten Fremdleistungsentgelten" ebenso wie bei vertraglich vereinbarten Fremdleistungsentgelten Entgelte zu akzeptieren, d.h. Kosten anzusetzen, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip widerspricht.
31Vgl. OVG NRW, Beschluß vom 9. September 1999 aaO.
32Es spricht allerdings einiges dafür, daß eine derartige Gleichsetzung von privatrechtlich durch Vertrag begründeten Zahlungspflichten und einseitig durch Hoheitsakt konstituierten Leistungsverpflichtungen öffentlich-rechtlicher Natur den Besonderheiten der unterschiedlichen Rechtsgebiete nicht hinreichend Rechnung trägt. Denn eine Gemeinde mag zwar nach bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen in der Lage sein, Fremdleistungsentgelte zu mindern oder ganz zu verweigern, wenn einschlägige Regelungen vertraglicher oder gesetzlicher Art nicht eingehalten werden. Sie hat es in der Regel indessen nicht in der Hand, die Bezahlung eines "administrativ festgelegten Fremdleistungsentgelts" abzulehnen oder den Zahlbetrag zu kürzen. Denn derartige "Entgelte" sind, wenn sie - wie üblich - durch Verwaltungsakt festgesetzt werden, in der Regel sofort zahlbar (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und vollstreckbar (§ 6 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVG NRW -). Von daher erscheint ein Verbot gegenüber der kalkulierenden Behörde, administrativ festgelegte Fremdleistungsentgelte kostenmäßig zu berücksichtigen, wenn und soweit sie dem Äquivalenzprinzip widersprechen, als durchaus fraglich im Hinblick auf die begrenzten Möglichkeiten der betreffenden Stelle, die ihr in dieser Weise angesonnene Zahlungsverweigerung rechtlich durchzusetzen.
33Die damit angeschnittenen Fragen bedürfen aus Anlaß des vorliegenden Falles indessen keiner abschließenden Klärung. Denn es ist - und hierauf kommt es letztlich entscheidend an - nicht ersichtlich, daß der Rat der Stadt J. bei der Festsetzung der Abfallbeseitigungsgebührensätze für das Jahr 1997 hätte erkennen können oder gar müssen, daß die von der ZfA "in Rechnung gestellte" und dementsprechend im Sinne des § 7 Abs. 1 KAG zu zahlende Verbandsumlage Kosten enthielt, die nicht betriebsnotwendig waren oder dem Äquivalenzprinzip widersprachen.
34Die - der Kammer vorliegende - Haushaltssatzung des ZfA für das Jahr 1997, die ihrerseits Grundlage für die Ermittlung des auf die Stadt J. entfallenden Umlageanteils war und die sich als Grundlage zu dessen Überprüfung anbot, enthält keine Kostenansätze, die von vornherein als nicht betriebsbedingt beziehungsweise -notwendig erkennbar gewesen wären oder die der Iserlohner Stadtrat zumindest als insoweit problematisch hätte erkennen und nachprüfen müssen. Dies gilt namentlich für die in diesen Haushalt eingeflossenen Abfallbeseitigungsgebühren des Märkischen Kreises. Die in dem diesbezüglichen Haushaltsansatz zugrundegelegten - voraussichtlichen - Gebührensätze von 450,25 DM je Tonne Restabfall und 168,28 DM je Tonne Grünabfall entsprachen den zuvorigen Mitteilungen des Kreises, die im übrigen durch die seitens des Kreistages getroffenen Festsetzungen im Nachhinein auch bestätigt wurden. Es bestand keine Veranlassung zu der Annahme, daß der ZfA den im Verbandsgebiet gesammelten Abfall dem Märkischen Kreis um ein geringeres Entgelt würde überlassen können, so daß die in dem entsprechenden Haushaltsansatz veranschlagten Kosten zumindest teilweise als - voraussichtlich - nicht betriebsnotwendig zu qualifizieren gewesen wären. In diesem Zusammenhang oblag es der Stadt J. entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung nicht zu überprüfen, ob die Verbrennungspreise der AMK den preisrechtlichen Vorgaben der Verordnung PR Nr. 30/53 entsprachen. Denn mangels eines Vertrages zwischen der AMK und der Stadt J. beziehungsweise der ZfA hatten letztere ohnehin keine Möglichkeit, die Einhaltung preisrechtlich zulässiger Verbrennungspreise durchzusetzen. Insofern sind die von den Klägern in Bezug genommenen Entscheidungen des OVG NRW (Urteil vom 30. September 1996 aaO. und Beschluß vom 11. Februar 1997 - 9 A 6452/96 -) hier nicht einschlägig.
35Ebensowenig hatte der Rat der Stadt J. im Zusammenhang mit der Gebührenkalkulation Betrachtungen darüber anzustellen, ob die Verbrennungspreise der AMK wegen mutmaßlicher Überkapazitäten überhöht waren. Abgesehen davon, daß die Feststellung preis- und gebührenrechtlich relevanter Überkapazitäten,
36vgl. hierzu im Einzelnen OVG NRW, Beschluß vom 19. März 1998 - 9 A 144/98 -; Queitsch, Kommunale Steuerzeit- schrift (KStZ) 1999, 21 ff; Dittmann, Nordrhein- Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl) 1997, 413 ff. jeweils m.w.N.,
37den Rahmen jeglicher Gebührenkalkulation sprengen dürfte, wäre die Stadt J. oder der ZfA auch bei Feststellung rechtserheblicher Überkapazitäten rechtlich nicht in der Lage gewesen, eine hierauf gegründete Korrektur der Verbrennungspreise gegenüber der AMK durchzusetzen.
38Nach alledem mußte - und durfte - der Rat der Stadt J. bei der Beschlußfassung über die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Gebührensatzung davon ausgehen, daß die in der Haushaltssatzung 1997 des ZfA veranschlagten Kosten zur Erfüllung der dem Zweckverband übertragenen Aufgaben in 1997 im vorgesehenen Umfang anfallen würden und insofern betriebsnotwendig waren. Zu Recht hat er darüber hinaus keinen Anlaß gesehen zu der Annahme, daß die von der Stadt J. geforderte Verbandsumlage dem Äquivalenzprinzip widersprach. Ein derartiger Widerspruch liegt dann vor, wenn die erbrachte Leistung und das hierfür berechnete Entgelt zueinander in einem offensichtlichen Mißverhältnis stehen.
39Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. April 1991 aaO. und 20. September 1991 - 9 A 570/90 -; Teilurteil vom 15. Dezember 1994 aaO.
40Angesichts der - seinerzeitigen - Einwohnerzahl der Stadt J. (= 99.341) und des maßgeblichen Abfallaufkommens (=44.713 Tonnen) einerseits und eines Iserlohner Anteils an der Verbandsumlage von rund 26,7 Mill. DM andererseits kann nach den Erfahrungen der Kammer in Verfahren der vorliegenden Art von einem Mißverhältnis - geschweige denn einem offensichtlichen Mißverhältnis - zwischen Leistung und Gegenleistung nicht die Rede sein. Derartiges ist im übrigen auch nicht von den Klägern substantiiert behauptet worden.
41Im Ergebnis ist festzuhalten, daß die Kläger gegenüber dem Beklagten mögliche Mängel bei der Gestaltung der zwischen dem Märkischen Kreis und der AMK vereinbarten Verbrennungspreise nicht mit Erfolg geltend machen können, während der Bürger einer kreisfreien Stadt mit entsprechenden Einwänden gegenüber der von der Stadt betriebenen MVA Gehör finden könnte. Insofern kann es in der Tat von der organisatorischen Gestaltung des Abfallbereichs abhängig sein, welche Kostenbestandteile der Gebühr bei deren Kalkulation im Einzelnen überprüft werden müssen. Hierdurch wird indessen der Rechtsschutz des Gebührenschuldners nicht verkürzt. Vielmehr hat dieser in jedem Fall einen gerichtlich überprüfbaren Anspruch darauf, daß nur diejenigen Kosten kalkulatorisch Berücksichtigung finden, die betriebsnotwendig sind beziehungsweise nach den betrieblichen Abläufen nicht vermieden werden können. In der Konsequenz dieses Anspruchs liegt es im übrigen, daß dem Gebührenzahler ein Entschädigungsanspruch zustehen kann, wenn vermeidbare Kosten schuldhaft nicht vermieden worden sind.
42Aus alledem folgt, daß eine von der Gemeinde bestrittene, aber gleichwohl unvermeidbare - weil etwa bestandskräftig oder vollziehbar festgesetzte - Forderung in der Gebührenkalkulation in voller Höhe zu berücksichtigen ist.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 1985 - 2 A 2613/84 -
44Dies erscheint im übrigen auch deshalb sinnvoll, weil eine insoweit zugunsten der Gebührenschuldner etwa vorgenommene Kürzung dem Grundsatz der Periodenbezogenheit entsprechend nach Ablauf der Leistungsperiode auch dann nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, wenn sich die bestrittene Forderung gegenüber der Gemeinde letztlich als rechtmäßig erwiese,
45vgl. OVG NRW, Urteile vom 16. September 1996 - 9 A 1722/96 - und vom 18. Juli 1997 - 9 A 2933/95 -,
46so daß sich im Gebührenhaushalt eine dauerhafte, aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu begleichende Unterdeckung ergäbe. Demgegenüber ist es den Kommunen rechtlich unbenommen - und entspricht nach den Erkenntnissen der Kammer auch der gängigen Praxis - Überdeckungen über eine Sonderrücklage wieder dem Gebührenhaushalt zuzuführen. Eine von der Gemeinde bestrittene, gleichwohl als vorerst zahlbar ungekürzt in die Kalkulation eingegebene und beglichene Forderung kann auf diese Weise im Falle einer späteren Rückerstattung den Gebührenschuldnern wieder "gutgeschrieben" werden.
47Nach alledem hat der Rat der Stadt J. die vom ZfA für 1997 erhobene vorläufige Umlage zu Recht ungekürzt in seine Gebührenkalkulation eingestellt. Im übrigen entspricht die dem angegriffenen Bescheid zugrundeliegende Gebührensatzung auch ansonsten den Anforderungen der §§ 7 Abs. 1, 6 Abs. 1 und 3 KAG.
48Der Beklagte hat die Kläger als Eigentümer eines an die Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstücks zu Recht gemäß §§ 1 und 2 Abs. 1 GS zu Abfallbeseitigungsgebühren herangezogen, die schließlich auch in der durch den angefochtenen Bescheid vom 7. Januar 1997 festgesetzten Höhe rechtlich nicht zu beanstanden sind.
49Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 der Zivilprozeßordnung -ZPO-. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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