Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Klägerin begehrt die Zuerkennung von Flüchtlings- und subsidiärem Schutz sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Die ausweislich ihres am 18. März 2015 ausgestellten Personalausweises am ... 1960 in ... in Georgien geborene Klägerin ist georgische Staatsangehörige georgischer Volkszugehörigkeit und wurde mit ihrem Ehemann, dem Kläger im Parallelverfahren (Au 6 K 18.30910) von Österreich aus im Dublin-Verfahren in die Bundesrepublik Deutschland überstellt.
Ausweislich eines Treffers in der VIS-Datenbank hatten sie und ihr Ehemann am 30. August 2016 ein Besuchsvisum für den Schengenraum zum Besuch ihres in ... lebenden Sohnes mit Gültigkeit vom 15. September 2016 bis 29. September 2016 erhalten (BAMF-Akte Bl. 9), aber ihren Angaben zu Folge ihre Reisepässe vor Reiseantritt verloren, so dass sie sich im September 2016 aus Georgien illegal auf dem Landweg per Lkw nach Österreich schleusen ließen und hierfür 6.000 Euro aus dem Verkauf ihrer Eigentumswohnung in ... aufwendeten (ebenda Bl. 94). Österreich überstellte sie am 9. November 2017 nach Deutschland.
Nach ihren Angaben in der auf Georgisch geführten Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 21. November 2017 leidet die Klägerin seit 30 Jahren an Diabetes und erhielt in Georgien kostenlos Insulin (BAMF-Akte Bl. 93, 95 f.). Ein Sohn lebe in ... und arbeite in ... in Georgien; ein anderer in .... Sie sei Rentnerin aus gesundheitlichen Gründen, habe wie ihr Ehemann 100 Lari monatliche Rente erhalten und daneben in einem Geschäft in ... tageweise gearbeitet und pro Tag 10 Lari verdient.
Mit diesem Geld hätten sie ihre medizinische Behandlung in Georgien nicht finanzieren können, davor und auch noch im Jahr 2006 sei es ihnen gut gegangen; ein Herr ... habe die autonome Republik in ... von ihrem Heimatdorf aus regiert und sei nach drei Jahren nach ... zurückgekehrt und verhaftet worden. Auch ihre Kinder seien verhaftet worden, dann sei es ihnen gesundheitlich und finanziell immer schlechter gegangen. Sie hätten letztlich ihre Wohnung verkauft, daraus 24.000 USD erlangt und eine Mietwohnung genommen (ebenda Bl. 97). Ihr Mann sei Architekt gewesen in, aber in jener Zeit sei vielen Leuten ihr Geld weggenommen und ihr Mann krank geworden; ihm seien seine Architektenaufträge weggenommen worden und sein Aktenkoffer. Sie hätten deswegen nicht mehr zum Arzt gehen können; ihrem Mann sei es immer schlechter gegangen und er habe nicht mehr arbeiten können (ebenda Bl. 95). Ihr Mann habe in Georgien einen Stent gesetzt erhalten (ebenda Bl. 96) und er hätte operiert werden sollen, aber das sei zu gefährlich gewesen; er habe dann 20 kg abgenommen (ebenda Bl. 96). Sie hätten zuletzt nicht mehr die Medikamente für ihn kaufen können; sie hätten deswegen ihre Wohnung verkauft; als er operiert werden sollte, hätten sie überlegt, dass ihnen nur im Ausland geholfen werden könne; ihr Mann sei in Österreich operiert worden. Ihr Mann habe außer Herzauch Rückenprobleme und wegen der gesundheitlichen und finanziellen Probleme hätten sie Georgien verlassen (ebenda Bl. 96).
Für den Fall der Rückkehr habe sie nichts mehr, keine Arbeit und keine Wohnung; ihre Krankheiten könnten sie dort nicht behandeln lassen.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2018 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) und auf Anerkennung als asylberechtigt (Ziffer 2) sowie auf subsidiären Schutz (Ziffer 3) jeweils als offensichtlich unbegründet ab und stellte weiter fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). Es forderte die Klägerin zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung auf und drohte die Abschiebung nach Georgien oder einen anderen Staat an, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet sei (Ziffer 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf dreißig Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6).
Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Anspruch auf Asylanerkennung oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf subsidiären Schutz liege offensichtlich nicht vor. Eine flüchtlingsrelevante Verfolgung sei nicht ersichtlich; die Klägerin habe ihr Heimatland unverfolgt verlassen. Familienasyl u.a. komme mangels Schutzberechtigung ihres Ehemannes auch nicht in Betracht. Sie halte sich wegen der Herzerkrankung ihres Ehemanns und wegen finanzieller Probleme in Georgien als schutzsuchend in Deutschland auf. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. Die humanitäre Lage in Georgien führe nicht zur Annahme, dass bei einer Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die Grundversorgung in Georgien sei gesichert auch durch Hilfe internationaler Geberorganisationen; eine allgemein schwierige Lage begründe kein Abschiebungsverbot. Die trotz Diabetes erwerbstätige Klägerin habe in Georgien Rente bezogen und kostenlos Insulin wegen ihrer Diabetes-Erkrankung erhalten; sie könne auf Unterstützung ihrer Kernfamilie zählen. Eine konkrete individuelle Gefahr für Leib und Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liege ebenfalls nicht vor. Ein Diabetes sei in Georgien behandelt worden.
Am 9. Mai 2018 ließ die Klägerin hiergegen Klage erheben mit dem Antrag:
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 2. Mai 2018 wird in Ziffern 1, 3 bis 6 vollständig aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
Zur Begründung wurde auf den aus den Akten bekannten Sachverhalt verwiesen, insbesondere auf ein behauptetes Abschiebungsverbot für den herzkranken Ehemann der Klägerin, der einen Flug nicht überleben und daher in Folge einer Rückführung versterben werde. Die Klägerin habe daraus ein Aufenthaltsrecht als Ehefrau.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Das Klageverfahren wurde dem Berichterstatter als Einzelrichter mit Beschluss der Kammer vom 18. Mai 2018 zur Entscheidung übertragen. Mit Beschluss vom 22. Mai 2018 lehnte der Einzelrichter den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die am 18. Mai 2018 elektronisch vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG liegen offensichtlich nicht sowie für die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 2. Mai 2018 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für internationalen Schutz offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage sich dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 20.9.2001 – 2 BvR 1392/00 – InfAuslR 2002, 146). Aus den Gründen muss sich klar ergeben, weshalb dieser Ausspruch in Betracht kommt, insbesondere, warum der Asylantrag nicht nur als schlicht unbegründet, sondern als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden ist (vgl. grundlegend BVerfG, B.v. 3.9.1996 – 2 BvR 2353/95 – BayVBl 1997, 15; BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris Rn. 27). Dieser Maßstab muss entsprechend auch für die behördliche Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 AsylG gelten. Es kommt also darauf an, ob die Offensichtlichkeitsentscheidung in Bezug auf die geltend gemachten Asylgründe mit der erforderlichen Richtigkeitsgewähr bestätigt werden kann.
1. Ein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht für die Klägerin nach § 30 Abs. 1 AsylG offensichtlich nicht.
Dem Vortrag der Klägerin lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sie aus Georgien vorverfolgt ausgereist wäre oder bei einer Rückkehr dorthin einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre (§ 30 Abs. 1 AsylG). Die Klägerin ist unbehelligt auf dem Landweg aus Georgien ausgereist und kann mit Hilfe eines wieder beschaffbaren Reisepasses unbehelligt in ihren Herkunftsstaat zurückkehren. Letztlich macht die Klägerin offensichtlich keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung in Anknüpfung an eines der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale geltend, sondern finanzielle und gesundheitliche Probleme.
2. Ein Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG besteht für die Klägerin nach § 30 Abs. 1 AsylG offensichtlich nicht.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei auch die Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Die Art der Behandlung oder Bestrafung muss eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3 c Nr. 3 AsylG).
Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin offensichtlich keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Ihre Schilderungen geben keinen Ansatzpunkt für die Annahme irgendeiner Gefahr für eine ihr bei der Rückkehr drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG.
3. Ein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht für die Klägerin nicht. Auch insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid in vollem Umfang Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst nicht lebensbedrohlich erkrankt ist. Soweit sie auf die Herzerkrankung ihres Ehemannes verweist, um ein eigenständiges Bleiberecht in Deutschland zu beanspruchen, führt dies in ihrer Person nicht zur Annahme eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG, auf welches sich die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Beklagten nach § 31 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG beschränkt.
Der Wunsch nach Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet unter Berufung auf den Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK führt allenfalls zur Prüfung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, das allein in der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde liegt, daher nicht Streitgegenstand des vorliegenden Asylverfahrens ist und einer Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht entgegensteht.
4. Nachdem sich auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 114 VwGO als Maßstab der gerichtlichen Prüfungskompetenz als nicht ermessensfehlerhaft und daher rechtmäßig erweist – sie und ihr Ehemann haben kein gesichertes Bleiberecht in Deutschland, sondern können die eheliche Lebensgemeinschaft grundsätzlich auch in Georgien führen –, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.