Urteil vom Verwaltungsgericht Bayreuth - B 7 K 17.31169

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 01.05.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 23.06.2015 einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt).

Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 16.02.2017 gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus Bale R., K. 04. Er habe dort mit seinen Eltern bis zum 30.04.2014 gelebt. In Äthiopien sei er bis zur fünften Klasse zur Schule gegangen, habe sie aber nicht abgeschlossen. Er habe erst 2009, mit 14 Jahren, mit der Schule angefangen. Vorher habe er von seinen Eltern keine Erlaubnis bekommen, zur Schule zu gehen. Nach der Schule habe er seinen Eltern geholfen, sein Vater habe eine Boutique gehabt. Seit er seine Heimat verlassen habe, habe er keinen Kontakt zu seinen Eltern.

Nach den Gründen für seine Flucht befragt, führte der Kläger aus, er habe am 30.04.2014 in Bale Robe an einer Demonstration teilgenommen. Daran hätten alle teilgenommen, Einwohner und auch Studenten und Schüler. Die Demonstration sei gegen die Enteignungen sowie gegen Verhaftungen und Tötungen der Studenten gewesen. Er habe auch Plakate geschrieben, diese habe er in der Hand gehabt. Darauf sei „Verhaftungen und Tötungen von Oromos sollen gestoppt werden“ gestanden. Um ca. drei Uhr nachmittags seien die Federalpolizisten gekommen und hätten auch geschossen. Viele der Teilnehmer seien verhaftet und getötet worden. 21 Personen seien festgenommen worden. Es seien viele Federalpolizisten und normale Polizisten gewesen, sie hätten nicht flüchten können. Sie hätten sie verhaftet, geschlagen und mit Handschellen gefesselt. Sie seien zur Polizeistation in Bale Robe, Kebele 03 gebracht worden. Hier sei er 4 Monate gewesen.

Er habe auf dem kalten Boden nur in Unterhose schlafen müssen. Er habe Wunden an den Füßen. Am 05.09.2014 hätten sie allen 21 Personen die Augen verbunden und sie rausgeholt. Mit verbundenen Augen hätten sie sie vor ein anderes Zimmer gebracht und die Augen entbunden. Sie hätten nicht gewusst, ob sie sie töten wollten. Sie hätten nicht in dieses Zimmer rein gewollt, die Tür sei offen gestanden. Sie seien alle geflüchtet, drei seien sofort erschossen worden.

Auf konkrete Nachfrage, wie der Kläger aus der Polizeistation geflohen sei, gab dieser an, dieses Zimmer, in das sie gebracht worden seien, dort hätten sie sie töten wollen. Auf weitere Nachfrage, aus welchem Grund man dem Kläger die Augen verbunden habe, wenn sie ihm dann vor dem anderen Zimmer wieder entbunden worden seien, antwortete der Kläger, dies wisse er nicht. Befragt danach, wie viele Polizisten anwesend gewesen seien, sagte der Kläger fünf Polizisten für die 21 Personen. Auf weitere Nachfrage, was der Kläger in dem Zimmer gesehen habe, antwortete er, er habe nur Elektrokabel gesehen. Nur die Drähte ohne das Plastik herum habe er gesehen. Sie hätten sie dort mit einem Elektroschock töten oder schlagen wollen. Er wisse es nicht. Auf die Bitte, genau zu schildern, was dann passiert sei, gab der Kläger an, alle seien geflüchtet, drei davon hätten sie erschossen. Auf Vorhalt, wie der Kläger dies sehen könnte, wenn er selbst geflohen sei, führte dieser aus, die drei seien vor ihnen geflohen und seien erschossen worden. Danach seien sie geflüchtet. Das Gelände der Polizeistation sei mit einem Blech gesichert gewesen. Sie hätten das Blech zerstört und seien geflüchtet. Nachdem auf die drei zuerst Geflüchteten geschossen worden sei, habe die Polizei nur noch Warnschüsse nach oben abgegeben. Es habe draußen Unruhen gegeben. Sie hätten sei von der Polizeistation in ein anderes Gebäude gebracht. Dieses Zimmer, von dem er gesprochen habe, sei nicht im selben Gebäude, sondern zwei Kilometer weit entfernt gewesen. Dorthin seien sie zu Fuß gegangen.

Er sei dann zu seiner Schwester in das Dorf A. geflüchtet. Er kenne den Weg, es habe zwei Tage gedauert und er habe versteckte Wege genommen. Am 15.09.2014 sei seine ganze Familie verhaftet worden, dies habe ihm seine Schwester gesagt, welche es von seinem Bruder erfahren habe. Sie habe außerdem gesagt, wenn er gefunden werde, werde er verhaftet werden. Deswegen habe er fliehen müssen und sei am 16.09.2014 nachts weitergeflüchtet.

Seit Mai 2016 sei er Mitglied bei TBOJ. Wenn Versammlungen und Demonstrationen stattfänden, nehme er teil. Bei einer Rückkehr nach Äthiopien befürchte er, getötet zu werden.

Mit Bescheid 23.03.2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 25.03.2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Vorbringen eines Asylantragstellers sei jedenfalls dann als nicht glaubhaft gemacht anzusehen, wenn es wie hier in wesentlichen Punkten der allgemeinen Erfahrung oder der Logik des Handelns widerspräche, sowie dann, wenn es wie hier nicht hinreichend begründet, d.h. in wesentlichen Punkten zu wenig konkret, detailliert und differenziert dargelegt worden sei und dadurch der Eindruckt vermittelt werde, der Kläger habe das Geschilderte nicht selbst erlebt.

Spontane, lebendige, farbige, gefühlbetonte Angaben zu angeblich zentralen Ereignissen, wie dem genauen Ablauf der Demonstration, der Verhaftung, der 4 Monate langen Haft und letztendlich der Flucht aus dem Gefängnis, würden stattdessen arm an Einzelheiten, vage und unpräzise, mit offenbar bewusst verschwommenen Konturen geschildert. Hätte der Kläger jedoch von etwas tatsächlich selbst Erlebtem berichtet bzw. hätte er wirklich an der Demonstration teilgenommen und wären sowohl die Haft als auch die Flucht aus dem Gefängnis wirklich stattgefundene Ereignisse, leuchte nicht ein, wieso er dieses nicht sofort von sich aus durch einen umfassenden, detailreichen und damit fundierten, sowie einleuchtenden Sachvortrag zu belegen vermochte. So habe der Kläger auch die Demonstration an sich weitgehend abstrakt und detailarm vorgetragen. Insgesamt habe er detailreiche und für die Flucht bedeutsame Schilderungen nicht vorbringen können. Nach aller Lebenserfahrung müssten sich derart gravierende Ereignisse, wie sie der Kläger behaupte erlebt zu haben, fest in das Gedächtnis einprägen.

Viele Angaben des Klägers widersprächen jeglicher Logik. So bleibe fraglich, warum die Polizei insgesamt 21 Gefangene mit Augenbinden aber ohne Fesseln mit nur fünf Polizisten ganze zwei Kilometer laufen lasse um diese in einen anderen Raum zu bringen. Den Polizisten müsse klar gewesen sein, dass sie in der Unterzahl sein würden und jederzeit von 21 Gefangenen überwältigt werden könnten. Auch die angeblichen Ereignisse und die vorgetragene Flucht aus dem Gefängnis stellten sich als unglaubhaft dar. Es erschließe sich nicht, wie einerseits alle 21 Häftlinge von der Polizei vor einen Raum gestellt worden seien und diese dann auch noch alle gleichzeitig in den Raum hätten schauen können. Andererseits sei auch fragwürdig, warum die Polizei den Häftlingen die Augenbinden vor dem Raum mit den Elektrokabeln abnehmen sollte, damit diese erst in den Raum schauen konnten bevor sie rein geführt werden sollten. Es ergebe ebenfalls wenig Sinn, warum 18 Häftlinge erst den Fluchtversuch von drei Häftlingen abwarten und beobachten, wie diese erschossen werden, um anschließend selbst die Flucht zu ergreifen. Noch weniger logisch sei dann das vom Kläger vorgetragene Verhalten der Polizei. Es widerspräche jeglicher Logik, warum sie bei der Flucht der Häftlinge erst drei Personen erschießen und dann nur noch Warnschüsse abgeben sollten. Nach alledem müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger sein Heimatland nicht vorverfolgt im asylrechtlichen Sinne verlassen habe und dass ihm auch aus heutiger Sicht bei Rückkehr dorthin keine Verfolgungsmaßnahmen im oben dargestellten Sinne mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit drohten.

Die vom Kläger geltend gemachten exilpolitischen Betätigungen in der Bundesrepublik Deutschland ließen keine andere Entscheidung zu. Die Aktivitäten des Klägers seien nicht ausreichend, um als ernstzunehmender Oppositioneller eingestuft zu werden. Es könne festgestellt werden, dass der Kläger nicht zu dem Personenkreis gehöre, der eine exponierte Stellung oder eine Führungsposition bekleide und deshalb bei Rückkehr unter den genannten Umständen Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten hätte.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG einschlägig sei.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen ebenfalls nicht vor. Insoweit sei im Wesentlichen auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz zu verweisen.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen ebenfalls nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Der Kläger habe keine Ausführungen zu einer tatsächlich bestehenden individuellen Gefahrenlage bei seiner Rückkehr in die Heimat gemacht. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger bei seiner Rückkehr Umständen ausgesetzt sei, die über das Maß dessen hinausgingen, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in vergleichbaren Situationen lebten. Der Kläger sei jung, gesund und nicht in seiner Erwerbstätigkeit eingeschränkt. Daher sei auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich.

Dem Kläger drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führe.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 31.03.2017, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 05.04.2017, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage gegen den Bescheid vom 23.03.2017 und beantragt

1. Der Bescheid der Beklagten vom 23.03.2017, Aktenzeichen …, wird in seinen Ziffern 1 und 3 bis 6 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Flüchtling anzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass der subsidiäre Schutz zu gewähren ist, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wird zunächst auf das Vorbringen des Klägers Bezug genommen. Weiterhin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass auffallend sei, dass die Anhörung des Klägers über zwei Stunden gedauert habe, das Protokoll jedoch gerade sechs Seiten umfasse. Es dränge sich hier der Eindruck auf, dass viele der Angaben des Klägers bei der Übersetzung verloren gegangen seien. Eine lebendige Wiedergabe der Anhörung ließe sich einem solchen Protokoll nicht entnehmen. Dies könne aber jedenfalls nicht dem Kläger angelastet und dazu hergenommen werden, die Angaben des Klägers als zu wenig konkret und detailliert abzuqualifizieren und den Kläger dann als wenig glaubhaft hinzustellen.

Dabei sei es offensichtlich nicht möglich gewesen, dass sich der Bescheidsverfasser ein Bild von der Anhörung des Klägers gemacht habe: Der Bescheid sei von einem Mitarbeiter erstellt, die Anhörung von einer anderen Mitarbeiterin durchgeführt worden. Durch diese Aufteilung der Zuständigkeiten sei es dem Verfasser des Bescheids unmöglich zu erkennen, ob der Kläger bei der Anhörung lebhaft oder ruhig oder gar nervös gewesen sei und ob er lebhaft erzählt habe oder sich womöglich gar nicht getraut habe, von seinen Erlebnissen zu erzählen. Tatsächlich habe der Kläger in der Besprechung mit dem Bevollmächtigten den Eindruck erweckt, dass er die Ereignisse zwar recht genau beschreiben habe können, dies aber eher nicht von sich aus tue. Erst nach Aufforderung, dass eine genauere Schilderung unbedingt notwendig sei und er nicht auf entsprechende Nachfragen warten solle, habe der Kläger begonnen, auch Details mitzuteilen. Dass eine solche Aufforderung erfolgt sei, ergebe sich aus dem Protokoll über die Anhörung nicht. Entsprechend habe der Kläger nur die an ihn gestellten Fragen beantwortet.

Wie der Kläger mitgeteilt habe, habe es zunächst in ganz Oromia Demonstrationen gegen einen Masterplan der Regierung gegeben. Diese seien von der Polizei gewaltsam aufgelöst worden. Gegen diese massive Einschränkung der Meinungsfreiheit sei unter anderem am 20. April 2014 (12. Miyazia 2006) eine Demonstration in Bale Robe durchgeführt worden, an der der Kläger und etwa weitere 1.000 Personen teilgenommen hätten. Die Demonstration sei von der Universität Richtung Stadt gezogen. Als sie an der auf diesem Weg gelegenen Polizeistation vorbei gezogen sei, habe der Sicherheitsdienst eingegriffen und viele der Demonstrationsteilnehmer verhaftet. Bei diesem Sicherheitsdienst handele es sich um eine nicht uniformierte Organisation, die für die Regierung tätig sei. Die Leute des Sicherheitsdienstes stammten meist aus Tigray, jedenfalls aber aus anderen Gegenden als Oromia. Auch der Kläger sei hierbei verhaftet worden; seine Erlebnisse in der Polizeistation habe er bereits in seiner Anhörung dargelegt. Dem Kläger drohe im Falle seiner Rückkehr damit auch weiterhin Inhaftierung sowie Folter. Da der Kläger vorverfolgt ausgereist sei, sei er als Flüchtling anzuerkennen.

Auch die exilpolitische Tätigkeit des Klägers würde zu einer Verfolgung in Äthiopien führen. Der Kläger habe sich exilpolitisch bei der TBOJ/UOSG, welche der OLF nahestehe, betätigt. Nachdem er bereits in Äthiopien ins Visier der Sicherheitsdienste geraten sei, könne davon ausgegangen werden, dass seine exilpolitische Tätigkeit dem äthiopischen Geheimdienst bekannt sei. Er rage deshalb sicherlich aus dem Kreis der bloßen Mitläufer heraus. Damit könne auch im Falle des Klägers ausgehend von der niedrigen Toleranzschwelle des äthiopischen Staates bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls von einer Verfolgungsgefahr ausgegangen werden.

Zur Ergänzung sei noch mitzuteilen, dass der Kläger zwischenzeitlich von seiner in Amalam lebenden Schwester darüber informiert worden sei, dass inzwischen auch sein Bruder vom Sicherheitsdienst darüber, ob er etwas über den Kläger wisse, befragt worden sei. Auch hieraus ergebe sich, dass die äthiopischen Behörden keinesfalls vergessen hätten, sondern er weiterhin im Visier der Sicherheitsdienste stehe und bei seiner Rückkehr mit Verhaftung rechnen müsse.

Mit Schriftsatz vom 19.04.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss der Kammer vom 06.06.2018 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Mit Beschluss vom 25.06.2018 wurde der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 10.07.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

I.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen (§ 3c Abs. 1 Nr. 2 AsylG) oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Abs. 1 Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft muss sich das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss, ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109/84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (EU-Qualifikations-RL) ist hierbei die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von einer solchen Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht schließt sich den zutreffenden Gründen im angefochtenen Bescheid der Beklagten an und sieht daher insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Der angefochtene Bescheid wurde zwar nicht von der anhörenden Entscheiderin verfasst, die im Bescheid zur Beschreibung der Angaben des Klägers verwendeten Adjektive beziehen sich jedoch klar nur auf die inhaltlichen Aspekte des Protokolls. Ferner wird jeder Antragsteller in seiner Anhörung beim Bundesamt darauf hingewiesen, dass im Verlauf der Anhörung die Gelegenheit besteht, alle Fakten und Ereignisse zu schildern, die nach Auffassung des Antragstellers seine Verfolgungsfurcht begründen und einer Abschiebung in seinen Heimatstaat oder einen anderen Staat entgegenstehen, sodass die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten, es fehle an einer Aufforderung des Klägers zu einer detaillierten Schilderung seiner Geschichte, nicht durchgreifen.

Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

1. Der Kläger hat sein Herkunftsland nicht vorverfolgt verlassen. Das Gericht ist auf der Grundlage der Angaben des Klägers gegenüber dem Bundesamt und den in der mündlichen Verhandlung erfolgten Ausführungen vielmehr davon überzeugt, dass der Kläger eine Fluchtgeschichte referiert hat, die er so jedenfalls nicht selbst erlebt hat, sondern die er sich zurechtgelegt hat, um seine Chancen im Asylverfahren zu verbessern. Der Kläger hat hinsichtlich seiner individuellen Fluchtgründe vor dem Bundesamt lediglich eine fragmentarische Rahmengeschichte geschildert, die nicht den Eindruck erweckt, als dass es sich hierbei um tatsächliche Erlebnisse des Klägers handeln würde. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf die erkennende Einzelrichterin beim Vortrag seines Verfolgungsschicksals nicht den Eindruck gemacht, dass seine knappen Schilderungen über die Demonstration, die Inhaftierung und die anschließende Flucht erlebnisbasiert gewesen sind. Der Vortrag ist vielmehr an mehreren, maßgeblichen Stellen vage und steht teilweise im Widerspruch zu den klägerischen Äußerungen beim Bundesamt.

a) Allgemein ist festzustellen, dass es dem Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen ist, einen schlüssigen, zusammenhängenden und nachvollziehbaren Sachvortrag abzuliefern. An den entscheidenden Punkten musste das Gericht mehrmals nachfragen. Die Antworten kamen - außerhalb des vom Kläger offensichtlich auswendig Einstudierten - nur äußerst zögerlich und regelmäßig nur auf (teils wiederholte) Nachfrage des Gerichts.

b) Dies gilt zunächst für die Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu der Demonstration vom 30.04.2014. Diese bleiben auch auf Nachfrage hin so pauschal (vgl. S. 4 und 5 der Niederschrift), dass es dem Kläger nicht gelingt, die Umstände glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Wäre der Kläger tatsächlich Teilnehmer einer großen Demonstration gewesen, so hätte es ihm ohne Probleme möglich sein müssen, hiervon von sich aus oder zumindest auf Nachfrage des Gerichts detailliert zu berichten.

c) Obwohl der Kläger angab, vier Monate in einer Polizeistation eingesperrt gewesen zu sein, war es ihm nicht möglich, dieses Gefängnis von sich aus näher zu beschreiben. Auch auf erneut diverse Nachfragen des Gerichts hin waren seine Aussagen dazu vage und oberflächlich (vgl. S. 3 der Niederschrift). Der Kläger sprach lediglich davon, dass es viele Stromkabel gegeben habe und die Häftlinge auf Beton geschlafen hätten. Über die Größe und die Anzahl der Häftlinge in der Zelle machte er erst auf Nachfrage des Gerichts Angaben (vgl. S. 3 der Niederschrift). Zudem sprach der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung von Misshandlungen während seines Gefängnisaufenthaltes. Die Häftlinge seien im Gefängnis mit heißem Wasser übergossen worden, hiervon habe er auch noch viele Narben. Wären diese Misshandlungen tatsächlich passiert, so hätten sich diese Umstände nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin beim Kläger wohl derart eingeprägt, dass er nicht erst in der mündlichen Verhandlung erstmals davon berichtet hätte. Nach der Rechtsprechung liegt ein stimmiger Sachverhalt gerade dann nicht vor, wenn der Schutzsuchende sein Vorbringen im Lauf des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Würzburg, U. v. 7.5.2018 - W 1 K 17.30198 - juris; VGH Baden-Württemberg, U.v. 28.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; Hessischer VGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris). Nachvollziehbare Gründe, warum der Kläger von diesem einschneidenden Ereignis beim Bundesamt nichts erzählt hat, sind nicht ersichtlich. Vielmehr handelt es sich hierbei wohl um asyltaktisches Vorbringen, nachdem der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht erfolgreich war und er mit dem erweiterten Vortrag offensichtlich die Intensität seiner Verfolgung im Heimatland in besonderer Weise herausstellen möchte.

d) Darüber hinaus verwickelte sich der Kläger auch hinsichtlich der Ereignisse am 05.09.2014 in eklatante Widersprüche. Beim Bundesamt gab er an, 20 weitere Häftlinge und er seien von fünf Polizisten in ein anderes Gebäude gebracht worden. Dieses Zimmer sei ca. zwei Kilometer entfernt gewesen, sie seien zu Fuß gegangen (vgl. S. 5 der Anhörungsniederschrift). In der mündlichen Verhandlung führte er zunächst aber aus, sie seien dorthin lange gefahren. Auf Nachfrage des Gerichts, ob die Häftlinge zu diesem Zimmer gefahren worden seien, erklärte er dann wiederum, nein, sie seien gelaufen. Auf anschließende nochmalige Nachfrage, ob der Kläger nun gelaufen oder gefahren sei, führt er sodann aus, sie seien sowohl mit dem Auto gefahren, als auch zu Fuß gelaufen (vgl. S. 6 der Niederschrift).

Auch die Schilderung der weiteren Ereignisse nach der Verlegung ist von Widersprüchlichkeiten geprägt. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, die Mithäftlinge und er hätten Angst aus vor einem Elektroschock in diesem Zimmer lieber ihren Tod draußen in Kauf genommen, woraufhin einige angefangen hätten wegzurennen. Dabei seien zwei Personen angeschossen worden. Der Kläger sei dann mit den restlichen Häftlingen weggerannt (vgl. S. 6 der Niederschrift). Kurz darauf sagte er aber in der mündlichen Verhandlung, dass alle Häftlinge gleichzeitig geflüchtet seien (vgl. S. 7 der Niederschrift). Beim Bundesamt legte er hingegen dar, drei Personen seien zuerst geflohen und erschossen worden, danach sei der Rest geflohen (vgl. S. 5 der Anhörungsniederschrift). Es macht einen erheblichen Unterschied, ob nun zwei oder drei Personen angeschossen werden - ebenso ob alle gleichzeitig wegrennen oder nicht. Diese Widersprüche sind derart gravierend, dass nicht davon auszugehen ist, dass der Kläger ein solches Erlebnis selbst wirklich erlebt hat.

Für das Gericht ist es außerdem nicht vorstellbar, dass 21 Häftlinge, welche von fünf Polizisten bewacht und umzingelt werden (vgl. S. 6 der Niederschrift), einfach davonrennen können, dabei noch die Zeit haben, einen Blechzaun zu überwinden (vgl. S. 7 der Niederschrift) und bei dieser Aktion nur zwei Personen angeschossen werden. Dass die Bewacher nicht weitergeschossen haben, glaub das Gericht - gerade im Hinblick darauf, dass die äthiopische Polizei nicht zimperlich mit Gefangengen umgeht - nicht.

e) Völlig unglaubwürdig und widersprüchlich sind überdies die Aussagen des Klägers zu seinem Weg nach der Flucht aus der Gefangenschaft. Beim Bundesamt gab er an, am 05.09.2014 geflohen zu sein (vgl. S. 4 der Anhörungsniederschrift). Weil er in der ganzen Stadt gesucht worden sei, sei er ins Dorf seiner Schwester gegangen. Hierfür habe er versteckte Wege genommen und zwei Tage gebraucht (vgl. S. 5 der Anhörungsniederschrift). Nach diesen Angaben müsste der Kläger nach überschlägiger Rechnung also am 07.09.2014 oder 08.09.2014 bei seiner Schwester angekommen sein. Weiter gab er beim Bundesamt an, am 16.09.2014 weitergeflüchtet zu sein (vgl. S. 5 der Anhörungsniederschrift). Nach den Angaben des Klägers beim Bundesamt ergibt sich folglich eine Aufenthaltsdauer bei der Schwester des Klägers von ca. acht Tagen. In der mündlichen Verhandlung danach befragt, wie lange er sich bei seiner Schwester aufgehalten habe, gab der Kläger an, dies sei ein Tag gewesen. Auf Nachfrage des Gerichts blieb er anschließend aber sowohl beim Datum seiner Flucht aus dem Gefängnis, als auch der Reisedauer bis zu seiner Schwester von zwei Tagen. Ebenfalls bestätigte er auf gerichtlichen Vorhalt, dass er den Wohnort seiner Schwester am 16.09.2014 in Richtung Addis Abeba verlassen habe. Auf weiteren Vorhalt, dass die Aufenthaltsdauer bei seiner Schwester nicht mit den von ihm gemachten Angaben beim Bundesamt zusammenpasse, erklärte er sodann, seine Reise durch den Wald könne auch fünf Tage gedauert haben. Als das Gericht schließlich darauf hinwies, dass die Daten dennoch nicht schlüssig seien, sprach er plötzlich davon, erst am 15.09.2014 bei seiner Schwester angekommen zu sein (vgl. S. 2 der Niederschrift).

Es sind jedoch nicht nur die zeitlichen Angaben des Klägers nicht konsistent, auch die Darlegungen des Klägers zu seinem Reiseweg sind von Widersprüchlichkeiten geprägt. Beim Bundesamt gab der Kläger auf die Frage nach seinem Reiseweg an, er sei am 16.09.2014 von Bale Robe nach Addis Abeba mit dem Auto gefahren (vgl. S. 3 der Anhörungsniederschrift). Explizit in der mündlichen Verhandlung danach befragt, ob der Kläger nach seinem Aufenthalt bei seiner Schwester noch einmal in Bale Robe war, verneinte er dies. Er sei direkt von Amalam nach Addis Abeba und dann weiter nach Metemma gefahren (vgl. S. 3 der Niederschrift).

f) Insgesamt sind die Ungereimtheiten so gewichtig, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass der Kläger sein Heimatland verlassen hat, ohne dass eine Vorverfolgung im Sinne des Asyl- und Flüchtlingsrechts vorgelegen hat.

2. Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuelle politischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es - auch nach der aktuellen Lage - für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 22.2.2018 - 1 K 302/17.KS.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017- 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.3.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris). Der Lagebericht vom 22.3.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.2.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 6). Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hält das Auswärtige Amt hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern an den Ausführungen im Lagebericht vom 6.3.2017 fest (vgl. AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18). Im Übrigen wurde der im Februar 2018 für sechs Monate anberaumte Ausnahmezustand am 5.6.2018 wegen der „relativen Stabilität und Ruhe im Land“ vorzeitig wiederaufgehoben (vgl. http://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-ausnahmezustand-beendet-1.4002896 und http://www.spiegel.de/politik/ausland/aethiopien-will-grenzstreit-mit-eritrea-beenden-a-1211409.html).

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 in der Sache 6 K 4787/15.GI.A) - zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG - stellt ebenfalls nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung erreicht aber schon nicht den Maßstab der notwenigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit (VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris).

Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie Schröder trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass Schröder zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Auch die Stellungnahme Günter Schröders vom 18.2.2018 in der Streitsache W 3 K 16.30383 an das VG Würzburg überzeugt das Gericht nicht von einer beachtlichen Verfolgungsgefahr für Rückkehrer alleine wegen jeder - wie auch immer gearteter - Form der exilpolitischen Betätigung. Zwar kommt Günter Schröder zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wiedereingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.2.2018), während in der Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.2.2018). Anderseits führt Schröder in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.2.2018 aus, aufgrund es neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.2.2018 scheinen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Für das Gericht ist daher weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustand 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten. Weiterhin wurde - wie bereits oben ausgeführt - der Ausnahmezustand am 5.6.2018 vorzeitig beendet.

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopischen Asylbewerbern, die sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG) - welche einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht - bekennen und für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; VG Gießen, U.v. 25.4.2018 - 6 K 116/17.GI.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris). Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann - wie bereits ausgeführt - auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Die Kammer und die erkennende Einzelrichterin gehen daher weiterhin davon aus, dass Asylbewerber, die sich vor allem im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dem steht auch nicht der Beweisbeschluss des BayVGH vom 26.03.2018 hinsichtlich der Folgen einer exilpolitischen Tätigkeit in Deutschland entgegen, insbesondere war dem BayVGH zum Zeitpunkt des Beschlusses der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.03.2018 noch nicht bekannt. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten.

Unter Heranziehung der vorstehenden Maßstäbe des Gerichts gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle der Abschiebung wegen exilpolitischer Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von den äthiopischen Behörden in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, ein (einfaches) Mitglied der TBOJ/UOSG zu sein. Ausweislich der vom Klägerbevollmächtigten vorgelegten Unterlagen, insbesondere der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbilder, hat der Kläger dargelegt, in den Jahren 2016 bis 2018 insgesamt sechs im Einzelnen bezeichnete Veranstaltungen von TBOJ/UOSG besucht bzw. „aktiv“ daran teilgenommen zu haben. Nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung, hat er aber keine besondere, herausgehobene Funktion inne, sondern ist nur einfaches Mitglied (vgl. S. 6 der Niederschrift). Sein Engagement ist daher in keiner Weise herausgehoben, sondern bewegt sich in einem Rahmen, der - wie dem Gericht aufgrund einer Vielzahl von Verfahren bekannt ist - für die breite Masse der Mitglieder der exilpolitischen Vereinigungen kennzeichnend ist. Die exilpolitische Tätigkeit des Klägers führt daher nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat.

3. Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

II.

Dem Kläger steht ferner auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

1. Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris).

III.

Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

1. Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Der Kläger hat zudem die Schule in Äthiopien besucht und dort bereits im Geschäft seiner Elternausgeholfen. Darüber hinaus verfügt der Kläger über familiären Rückhalt in Äthiopien, sodass bei einer Rückkehr in Notsituationen von einer Unterstützung im Rahmen des Familienverbundes auszugehen ist. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher schon im Ansatz nicht erfüllt.

2. Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte diesbezüglich sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

IV.

Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gem. § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

V.

Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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