Urteil vom Verwaltungsgericht Braunschweig (1. Kammer) - 1 A 108/07

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Verfahrenskosten.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann eine Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Lastenausgleichsleistungen.

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Das Ausgleichsamt des Landkreises Harburg erkannte für den verstorbenen Vater der Klägerin, F., wegen Schäden an landwirtschaftlichem Vermögen in Falkenthal, Brandenburg mit Gesamtbescheid vom 25.09.1975 einen Endgrundbetrag an Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz in Höhe von 19.420,00 DM zu. F. und (nach seinem Tod) seine Ehefrau G., haben ab dem 1. Februar 1971 im Wege der Anrechnung Kriegsschadenrente erhalten. Mit Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg, Außenstelle Potsdam, vom 23.06.1994 wurden landwirtschaftliche Flächen (36,8639 ha) einschließlich Gebäude an H. und die Klägerin rückübertragen. Laut Grundbuchauszug sind weitere Flächen mit einer Größe von 11,1415 ha wieder verfügbar. Die Grundbucheintragung erfolgte 1996 auf Grund des Erbscheines nach F. und des Erbteilübertragungsvertrages von 1991. Hiernach erfolgte der Schadensausgleich je zur Hälfte für H. und die Klägerin. H. ist zwischenzeitlich verstorben und von seiner Ehefrau I. beerbt worden.

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Mit Rückforderungs- und Leistungsbescheid vom 26.10.2006 forderte die Beklagte von der Klägerin und von Frau I. je 8.260,38 Euro zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, bei der Restitution von landwirtschaftlichem Vermögen sei generell von der Vollausgleichsfiktion der Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes auszugehen. Die Anerkennung von Restschäden sei nur möglich, sofern Teilflächen oder Teile der Wohn- und Wirtschaftsgebäude von der Rückgabe nicht umfasst seien. Ausgeschlossen sei die Anerkennung von Restschäden, wenn sie in Verbindung mit Wertminderungen eingetreten seien und für den jeweiligen Wertverlust nicht das im Lastenausgleich maßgebliche schädigende Ereignis kausal sei. Unter Wertminderung sei die Verschlechterung der Gebäudesubstanz in Folge von Altersverschleiß, Baumängeln und Bauschäden sowie die verschlechterte Grundstückslage, Mietausfall oder Unbewohnbarkeit zu verstehen. Die Berechnung des Rückforderungsbetrages ergebe sich aus dem zurückzufordernden Endgrundbetrag in Höhe von 9.929,29 Euro zzgl. eines Zinszuschlages in Höhe von 6.591,47 Euro.

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Gegen den Rückforderungsbescheid erhob die Klägerin Beschwerde und führte aus, die Beklagte habe übersehen, dass die früher zugesprochene Hauptentschädigung in voller Höhe mit der Kriegsschadenrente verrechnet worden sei. Dies bedeute, dass bei einer nun vorzunehmenden Rückzahlung eine doppelte Anrechnung erfolge, wenn die errechnete und zugesprochene Hauptentschädigung trotz der Nichtauszahlung zu erstatten wäre. Daneben sei der errechnete Rückzahlungsbetrag unzutreffend. Zwar sei für die zerstörte Remise und die zerstörte Scheune ein Restschaden festgestellt worden. Die Beklagte habe aber unberücksichtigt gelassen, dass auch das Wohnhaus unbewohnbar sei und sich in einem abbruchreifen Zustand befinde.

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Mit Bescheid vom 29.03.2007 wies die Beschwerdestelle für Lastenausgleichssachen beim Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung die Beschwerde der Klägerin als unbegründet zurück. Die Beschwerdestelle führte aus, Wertminderungen im Zeitpunkt der Rückgabe des Schadensobjektes seien zu Recht nicht berücksichtigt worden. Nur bei unvollständiger Rückgabe könne ein Restschaden anerkannt werden. Bei Gebäuden sei Voraussetzung für die Anerkennung eines Restschadens, dass das Gebäude im Wegnahmezeitraum abgerissen worden sei, eine Abrissverfügung im Wegnahmezeitraum erlassen worden sei oder eine behördliche Abbruchverfügung nach Schadensausgleich die Abbruchreife des Gebäudes im Zeitpunkt des Schadensausgleichs bestätige. Die Beweislast hierfür trage allein der Rückzahlungspflichtige. Die Klägerin habe zwar das Vorliegen eines Restschadens bezüglich der Remise und der Scheune nachgewiesen, jedoch erreiche dieser Wert nicht den erforderlichen Anteil am Einheitswert von mehr als 10 %. Die geltend gemachte Abbruchreife des Wohnhauses könne deshalb nicht zur Anerkennung eines Restschadens führen, weil weder eine behördliche Abbruchverfügung im Wegnahmezeitraum noch eine solche nach Schadensausgleich mit Bescheinigung der Abbruchreife zum Zeitpunkt des Schadensausgleichs nachgewiesen worden sei.

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Gegen den am 30.03.2007 als einfachen Brief zur Post gegebenen Bescheid der Beschwerdestelle hat die Klägerin am 02.05.2007 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Beschwerdeverfahren vor, auch hinsichtlich des Wohnhauses und des Stalles sei bereits im Zeitpunkt des Schadensausgleichs von einem Totalschaden auszugehen. Ein Abbruch hätte demgegenüber eine Wertverbesserung dargestellt, da der Empfänger des Schadensausgleichs nicht mit den hohen Abrisskosten belastet worden wäre. Deshalb gehe es nicht um eine bloße Wertminderung. Der Bürgermeister der Gemeinde Falkenthal habe ihre Angaben schriftlich bestätigt. Die Rechtsauffassung der Beklagten, ein Restschaden sei nur anzuerkennen, wenn eine behördliche Abbruchverfügung vorliege, sei unzutreffend. Ein abbruchreifes Gebäude müsse erst recht wie ein fehlendes Gebäude bewertet werden. Die Abrissverfügung sei in Falkenthal nur deshalb nicht erlassen worden, weil beide Gebäude ungenutzt und ausreichend gesichert seien. Es habe daher an einer Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinne gemangelt. Im Übrigen sei Hauptentschädigung nur insoweit zurückzuzahlen, wie sie auch tatsächlich erfüllt worden sei. Die an F. und seine Frau im Wege der Anrechnung ausgezahlte Kriegsschadenrente dürfe deshalb nicht auf dem Umweg über das Lastenausgleichsgesetz zurückgefordert werden.

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Die Klägerin beantragt,

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den Rückforderungs- und Leistungsbescheid der Beklagten vom 26.10.2006 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 29.03.2007 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin aus den Gründen der angegriffenen Bescheide entgegen und führt ergänzend aus, der Begrenzung der Rückzahlungspflicht werde durch die in den Rückforderungsvorschriften enthaltene Kappungsgrenze Rechnung getragen. Die mittels Anrechnung der gewährten Kriegschadenrente erfüllte Hauptentschädigung unterliege nach den hier anzuwendenden Vorschriften in vollem Umfange der Rückforderung.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Beschwerdestelle für Lastenausgleichssachen, die bei der Verhandlung und Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet.

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Der Rückforderungs- und Leistungsbescheid der Beklagten in Gestalt des Bescheides der Beschwerdestelle für Lastenausgleichssachen ist nicht zu beanstanden und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

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Rechtsgrundlage für die Rückforderung bei einem im Zuge der Wiedervereinigung eingetretenen Schadensausgleich ist § 349 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG). Die Beklagte hat die Rückforderung nach dieser Vorschrift und den weiteren Bestimmungen des Lastenausgleichsrechts rechtmäßig gegenüber der Klägerin als Erbin nach F. anteilig geltend gemacht (§ 349 Abs. 5 Satz 1 LAG).

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Die Beschwerdestelle für Lastenausgleichssachen beim Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung hat in ihrem Bescheid vom 29.03.2007 die tragenden rechtlichen und tatsächlichen Gründe für den angefochtenen Bescheid dargelegt. Ferner hat die Beklagte im Zuge ihrer Klageerwiderung das Vorbringen der Klägerin unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung zutreffend und umfassend gewürdigt. Aus diesen Gründen sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).

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Ergänzend sei nur noch einmal Folgendes hervorgehoben:

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Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rückforderung von in der Vergangenheit auf Grund lastenausgleichsrechtlicher Vorschriften gewährte Hauptentschädigung, die sich aus der Verletzung der Artikel 3, 14 und 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) ergeben könnten, bestehen nicht. Weder verstößt die Rückforderung gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen die Eigentumsgarantie und gegen Vertrauensschutzgrundsätze. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. vom 01.02.1996, 3 B 49/95, zitiert nach JURIS) ist das Vertrauen darauf, die lastenausgleichsrechtliche Entschädigungsleistung auch bei späterer Rückgabe des weggenommenen Wirtschaftsgutes behalten zu dürfen, zu keiner Zeit geschützt gewesen. Das ergibt sich bereits daraus, dass die neue Regelung in § 349 LAG an die Stelle des früheren Wiederaufnahmeverfahrens getreten ist, das ebenfalls die Anpassung des Schadensausgleichs bezweckte, wenn der Schaden durch Vermögensrückgabe nachträglich weggefallen war. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Grundgesetz ist ebenso wenig ersichtlich wie die Verletzung des Schutzbereiches des Artikel 14 Grundgesetz.

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Soweit die Klägerin vorträgt, ihr Vater bzw. ihre Mutter hätten die Lastenausgleichsleistungen im Wege der Anrechnung als Kriegsschadenrente erhalten, die nicht zurückgefordert werden dürfe, verkennt sie, dass die Rückforderung von Lastenausgleichsleistungen, die durch Anrechnung von Kriegsschadenrente nach dem § 263 f., 278a LAG gewährt worden sind, nach der Neuregelung des § 349 Abs. 4 Satz 5 LAG durch das 33. Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes vom 16.12.1999 nicht mehr ausgeschlossen ist (BVerwG, Urt. vom 15.07.2004 - 3 C 44/03 - zitiert nach JURIS). Der Wortlaut des

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 § 349 Abs. 4 Satz 5 LAG ist eindeutig. Zwar heißt es im 1. Halbsatz, bei den geleisteten Zahlungen an Kriegsschadenrente habe es sein Bewenden. Der darin liegende Rückforderungsausschluss wird jedoch im 2. Halbsatz dahin eingeschränkt, dass er für die auf die zuerkannte Hauptentschädigung angerechneten Beträge nicht gilt. Das bedeutet, dass Kriegsschadenrente, durch deren Zahlung der Anspruch auf Hauptentschädigung im Wege der Anrechnung erfüllt worden ist, im Falle des nachträglichen Schadensausgleichs der Rückforderung unterliegt. Es stehe außer Zweifel, so das Bundesverwaltungsgericht, (a. a. O), dass diese Regelung uneingeschränkt die Absicht des Gesetzgebers widerspiegelte. Das 33. Änderungsgesetz ist eine Reaktion auf die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückforderung von Kriegsschadenrente. Der Senat hatte entschieden, dass die Formulierung des § 349 Abs. 4 Satz 5 LAG in der Fassung des 32. Lastenausgleichsänderungsgesetzes entgegen der damaligen Rechtsauffassung und Verwaltungspraxis der Ausgleichsbehörden die Rückzahlung der Kriegsschadenrente ausschloss. Diese Rechtsfolge wollte der Gesetzgeber durch das 33. Änderungsgesetz beseitigen.

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Die Wiedererlangung der vollen Verfügungsmöglichkeit über einen lastenausgleichsrechtlich als weggenommen behandelten Vermögensgegenstand stellt eine Rückgabe im Sinne der unwiderleglichen Schadensausgleichsfiktion des § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG dar. Gemäß § 349 Abs. 3 Satz 1 LAG wird bei der Rückgabe einer wirtschaftlichen Einheit oder eines Wirtschaftsgutes sowie bei der Wiederherstellung der vollen Verfügungsrechte über solche Vermögenswerte vermutet, dass der festgestellte Schaden insoweit in voller Höhe ausgeglichen ist. Dieser allgemeine Fall einer widerlegbaren gesetzlichen Vermutung ist vorliegend nicht gegeben. Da der den Gegenstand der Schadensfeststellung bildende Vermögenswert in der ehemaligen DDR belegen ist, fällt der Rückforderungsanspruch unter § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG. Danach gilt bei Rückgaben von Vermögenswerten, die in der ehemaligen DDR belegen sind, der festgestellte Schaden insoweit stets als ausgeglichen; Wertminderungen sowie das Fehlen von Zubehör oder Inventar werden nicht berücksichtigt. Es handelt sich somit im Unterschied zu § 349 Abs. 3 Satz 1 LAG um eine gesetzliche Fiktion. Die unwiderlegbare Vollausgleichsfiktion, also der generelle Ausschluss der Wertminderungseinrede im Hinblick auf das restituierte Grundstück, ist auch kein unzulässiger Eingriff in Grundrechte der Eigentümer nach den Artikeln 3, 14 und

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30 GG (vgl. BVerwG vom 19.06.1997, - 3 C 40.96 -; BVerwGE 105, 106). Der in beiden Sätzen des § 349 Abs. 3 LAG vorgesehene Vorbehalt, der Schaden gelte insoweit als ausgeglichen, erfasst nur Restschäden unter dem Gesichtspunkt fehlender Objektidentität.

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Zur Bestimmung des Begriffs der fehlenden Objektidentität und zur Bewertung von anerkennungsfähigen Restschäden stützt sich das Gericht auf die von der Ausgleichsverwaltung gebildeten, im Rundschreiben des Präsidenten des Bundesausgleichsamts zur Rückforderung oder anderweitigen Berücksichtigung von Lastenausgleichsleistungen bei Schadensausgleich (Rückforderungsrundschreiben in der Neufassung vom 29.08.2003) niedergelegten und rechtlich nicht zu beanstandenden Grundsätze. Diese wiederum orientieren sich an der Gesetzesbegründung zum 32. Änderungsgesetz LAG. Danach führt nur das Fehlen ganz wesentlicher Teile des zurückerlangten Vermögens zur Anerkennung eines Restschadens (Textziffer 4.3.2.2). Bei Grundvermögen ist das nur möglich, wenn das restituierte Objekt im Zeitpunkt der Rückgabe nachweislich nicht über die bei der Feststellung berücksichtigte Fläche oder alle Gebäude verfügt und somit eine volle Objektidentität nicht gegeben ist. Darüber hinaus besteht für ein Abweichen von der Vollausgleichsfiktion keine Rechtsgrundlage.

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Zur Frage, ob im Schadensausgleichszeitpunkt noch vorhandene, aber abbruchreife und damit für den Eigentümer wertlos oder gar zur Belastung gewordene Gebäude hinsichtlich der Begründung fehlender Objektidentität solchen gleichgestellt werden können, die gänzlich fehlen, ist auch im Rückforderungsrundschreiben unmittelbar nichts ausgesagt. Mittelbare Hinweise können aber Textziffer 4.3.2.1.3 entnommen werden. Dort wird ausgeführt, die Anerkennung von Restschäden sei auch ausgeschlossen, wenn sie in Verbindung mit so genannten Wertminderungen eingetreten seien und für den jeweiligen Wertverlust nicht das im Lastenausgleich maßgebliche schädigende Ereignis kausal sei. Nach dem im Lastenausgleichsrecht grundsätzlich anzuwendenden Bewertungsrecht versteht man unter einer Wertminderung die Verschlechterung der Gebäudesubstanz in Folge von Altersverschleiß oder Baumängeln. § 349 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz LAG bezweckt mit dem Wertminderungsausschluss, dass speziell Gebäudeschäden, die in Verbindung mit einer alterbedingten Abnutzung oder wegen des in der DDR üblichen Mangels an Baustoffen nicht als Folge staatlicher Zwangsmaßnahmen eingetreten sind, sondern z. B. in dem Wirtschaftssystem der ehemaligen DDR begründet sind, nicht auf dem Umweg über eine Restschadensanerkennung in den Lastenausgleich einbezogen werden sollen. Nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz sind entsprechende Verluste von einer Schadensfeststellung ausdrücklich ausgenommen. Folglich kommt auch die Anerkennung von Restschäden für alle derartigen Wertverluste im Rückforderungsverfahren nicht in Betracht, da dies im Ergebnis eine mittelbare Feststellung eines entsprechenden Lastenausgleichsschadens bedeuten würde, die nach dem Lastenausgleichsgesetz unzulässig ist.

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Die Kammer folgt dieser rechtlich nicht zu beanstandenden Abgrenzung deshalb, weil nur sie dem offensichtlichen Zweck der Vollschadensausgleichsfiktion des § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG gerecht wird. Langwierige und wegen der regelmäßigen Notwendigkeit, Bausachverständige zur Sachverhaltsaufklärung einzuschalten, auch kostspielige Verwaltungsverfahren sowie Streitigkeiten, in denen zu klären wäre, ob und ggf. welcher Wert einer vorhandenen, aber durch das Wirtschaftssystem der DDR in einen desolaten Zustand geratenen Bausubstanz zukommt, sollen vermieden werden.

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Deshalb ist auch dem Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht zu folgen. Mit Recht stellt das Bundesausgleichsamt ausschließlich darauf ab, ob eine behördliche Abbruchverfügung im Wegnahmezeitraum oder nach Schadensausgleich vorliegt, die die Abbruchreife zum Zeitpunkt des Schadensausgleichs bestätigt. Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr wird der Begrenzung der Rückzahlungspflicht durch die Kappungsgrenze des § 349 Abs. 4 Satz 4 LAG abschließend Rechnung getragen.

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Schließlich ist auch die Rückforderung des Zinszuschlages zum Endgrundbetrag der Hauptentschädigung verfassungskonform. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 30.10.2007, 1 BvL 13/96, zitiert nach JURIS) hat entschieden, dass die Rückforderung des Zinszuschlages nach § 349 Abs. 4 Satz 1 LAG i. V. m. mit Satz 3 LAG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Zwar findet das Lastenausgleichsgesetz im vorliegenden Falle in der späteren Fassung des 33. Änderungsgesetzes Anwendung. Es haben sich jedoch unter dem Blickwinkel der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen für den hier vorliegenden Fall einer Erfüllung der Hauptentschädigung durch Ausgleichszahlungen relevante Änderungen nicht ergeben. Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere festgestellt, dass die Rückforderung von Hauptentschädigung einschließlich Zinszuschlag mit dem Willkürmaßstab des Artikel 3 Abs.1 GG im Einklang steht. Weiter verstoße die Rückforderung auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip sowie die Eigentumsgarantie des Artikels 14 Abs.1 GG und das Rechtsstaatsprinzip.

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Nach allem ist die Klage deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Nach § 334 Abs. 3 LAG werden in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten Gebühren in Höhe des Mindestsatzes erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

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Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür (§§ 135 Satz 3, 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.

 


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