Urteil vom Verwaltungsgericht Braunschweig (1. Kammer) - 1 A 21/09
Tenor
Die Wahlprüfungsentscheidung des Beklagten vom 16.12.2008 in der Gestalt seines Bescheides vom 29.12.2008 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass der Kläger auf den vormals vom Ratsherrn F. besetzten Ratssitz nachrückt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger einen durch Mandatsniederlegung frei gewordenen Sitz im Stadtrat von Vienenburg beanspruchen kann.
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Bei der Kommunalwahl im Jahre 2006 war das Gebiet der Stadt Vienenburg in zwei Wahlbereiche aufgeteilt. Der Kläger kandidierte für die NPD als einer von zwei Kandidaten im Wahlbereich I, der das Gebiet der Kernstadt umfasst, wo 225 Stimmen für die NPD abgegeben wurden, davon entfielen 78 (Personalwahl-) Stimmen auf den Kläger und 54 Stimmen auf den weiteren NPD-Bewerber dieses Wahlvorschlags. In dem aus den Ortschaften bestehenden Wahlbereich II hatte diese Partei als einzigen Kandidaten Herrn G. aufgestellt, der 227 (Listen-) Stimmen erzielte.
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Der Gemeindewahlausschuss stellte in seiner Sitzung am 13.09.2006 das Wahlergebnis fest, das durch den Gemeindewahlleiter am 15.09.2006 öffentlich bekannt gemacht wurde. In der Feststellung heißt es u. a., dass die NPD einen Sitz im Stadtrat errungen habe, der mit deren Bewerber aus dem Wahlbereich 2 (Ortschaften), Herrn F., zu besetzen sei. "Ersatzpersonen" für den Sitz der NPD seien nicht vorhanden.
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Mit Schreiben vom 28.06.2008 teilte der in den Stadtrat eingezogene Herr F. der Bürgermeisterin mit, dass er mit sofortiger Wirkung sein Mandat im Stadtrat niederlege und dem Nachrücker der NPD zur Verfügung stelle.
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In seiner Sitzung vom 30.09.2008 stellte der Beklagte das Ende der Mitgliedschaft des Herrn F. im Rat förmlich fest. In dieser Sitzung verlas der Gemeindewahlleiter seine kommunalwahlrechtliche Feststellung zu den Folgen dieses Sitzverlustes. Er kam zu dem Ergebnis, dass der Sitz der NPD gemäß § 44 Abs. 5 Satz 3 des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes (NKWG) bis zum Ablauf der Wahlperiode unbesetzt bleiben müsse, da auf keinem der Wahlvorschläge der NPD Ersatzpersonen benannt worden seien und schließlich auch kein Wahleinspruch eingelegt worden sei, nachdem der Wahlausschuss seine diesbezügliche Feststellung getroffen habe. Diese Feststellung gab der Wahlleiter durch Aushang bis zum 15.10.2008 unter Hinweis auf § 44 Abs. 6 NKWG öffentlich bekannt.
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Dagegen legte der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16.10.2008 den näher begründeten Einspruch ein, den der Beklagte in seiner Sitzung vom 16.12.2008 als unbegründet zurückwies. Dazu führte er in seinem Schreiben vom 29.12.2008, zugestellt am 30.12.2008, im Wesentlichen aus:
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Ein Sitz könne nur auf einen solchen Wahlbewerber übergehen, der auf einem Wahlvorschlag kandidiert habe, auf den mindestens ein Sitz entfallen sei (§ 38 Abs. 1 NKWG), was beim Wahlvorschlag der NPD für den Wahlbereich I nicht der Fall gewesen sei. Die bereits im Jahr 2006 getroffene Feststellung des Wahlausschusses sei zudem durch den jetzt nicht mehr zulässigen Wahleinspruch gemäß § 46 NKWG nicht angefochten worden und damit bestandskräftig geworden; sie könnte auch aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht mehr geändert werden. Die vom Kläger angeführten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen bezögen sich auf rechtzeitig eingelegte Wahleinsprüche und könnten auf die vorliegende Problematik nicht übertragen werden.
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Mit der am 28.01.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
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Der Kläger beantragt,
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den Beschluss der Beklagten vom 16.12.2008 in Gestalt ihres Bescheides vom 29.12.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten festzustellen, dass der Kläger auf den durch den Mandatsverzicht des Stadtrats H. freigewordenen Ratssitz nachrückt.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verweist insbesondere auf die Bestandskraft des bekannt gemachten Wahlergebnisses, an dem schon wegen des Grundsatzes der "Stabilität der Wahl" festgehalten werden müsse.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die nach § 49a Abs. 3 Satz 4 NKWG i. V. m. § 49 Abs. 2 NKWG zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger kann die Feststellung des Beklagten beanspruchen, dass er auf den durch den Mandatsverzicht des Stadtrats F. frei gewordenen Sitz nachrückt.
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Dieses Verfahren betrifft einen Wahleinspruch nach § 49a NKWG. Für den unstreitig gegebenen Fall, dass eine gewählte Person ihren Sitz (hier durch Verzicht gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 1 NGO) verliert, bestimmt § 44 NKWG in Verbindung mit § 49a NKWG wie zu verfahren und zu entscheiden ist. Für die in diesem Verfahren zu treffende Feststellungsentscheidung ist gemäß § 44 Abs. 6 Satz 1 NKWG grundsätzlich der Wahlausschuss zuständig; wenn Zweifel nicht bestehen, kann die Entscheidung gemäß § 44 Abs. 6 Satz 2 NKWG auch allein durch die Wahlleitung getroffen werden. Diese Entscheidung kann gemäß § 49a Abs. 1 NKWG durch Einspruch angefochten werden. Einspruchberechtigt sind gemäß §49a Abs. 1 Satz 4 NKWG die auch für das (allgemeine) Wahleinspruchsverfahren nach § 46 Abs. 1 Satz 3 NKWG einspruchberechtigten Personen, u. a. jede im Wahlgebiet wahlberechtigte Person. Der Einspruch nach § 49a Abs. 1 NKWG ist mit Begründung binnen zwei Wochen beim Wahlausschuss einzureichen, wobei die Einspruchsfrist gegen eine Feststellung nach § 44 Abs. 6 NKWG mit der durch § 44 Abs. 7 NKWG vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung dieser Feststellung beginnt. Der Wahlausschuss muss den Einspruch unverzüglich der Vertretung vorlegen, die über den Einspruch in ihrer nächsten Sitzung zu entscheiden hat, ohne auf die zumindest missverständlich (missglückt) formulierten Entscheidungsmöglichkeiten des § 49a Abs. 3 NKWG beschränkt zu sein, die sich lediglich auf einzelne Anwendungsfälle des § 44 NKWG beziehen (eine Ersatzperson ist nicht Vertreter geworden oder die Person ist nicht als Ersatzperson ausgeschieden), ohne die anderen in § 44 NKWG geregelten Fälle zu erfassen. Für den weiteren Ablauf dieses (besonderen) Wahleinspruchsverfahrens verweist § 49a Abs. 4 Satz 4 NKWG auf die entsprechende Anwendung des für das (allgemeine) Wahleinspruchsverfahren geltenden § 49 NKWG. Danach ist die Wahlprüfungsentscheidung binnen zwei Wochen nach der Beschlussfassung den Beteiligten, der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde und dem Landeswahlleiter mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen. Jeder der Zustellungsempfänger kann innerhalb eines Monats Klage beim Verwaltungsgericht erheben. Das ist hier der Fall.
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Nachdem der Kläger als einspruchsberechtigte Person rechtzeitig binnen zwei Wochen nach der für den Fristbeginn maßgeblichen Beendigung des öffentlichen Aushangs (vgl. dazu Stelkens/Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. A., § 31 Rn. 103; Kegler/Steinmetz, Das Kommunalwahlrecht in Niedersachsen, 2. Aufl. 2006, Seite 110) gegen die vom Wahlleiter getroffene Entscheidung seinen ausreichend begründeten schriftlichen Einspruch eingelegt hatte, hätte der Beklagte eine dem Begehren des Klägers entsprechende Überprüfungsentscheidung treffen müssen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Wahlleiter gemäß § 44 Abs. 6 Satz 2 NKWG berechtigt gewesen ist, allein zu entscheiden, oder ob der gesamte Wahlausschuss hätte entscheiden müssen, nachdem anhand des bis zu diesem Zeitpunkt geführten Schriftverkehrs objektiv „Zweifel“ über die zu treffende Entscheidung entstanden waren. Denn unabhängig davon hätte der Beklagte im Rahmen seiner Überprüfungsentscheidung gemäß § 49a Abs. 2 NKWG feststellen müssen, dass der Kläger auf den durch den Mandatsverzicht des Ratsherren H. frei gewordenen Sitz der NPD nachrückt.
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Dies ergibt sich in materieller Hinsicht aus § 44 Abs. 5 NKWG. Für den Fall, dass eine gewählte Person die Wahl ablehnt, stirbt oder ihren Sitz verliert, bestimmt zunächst § 44 Abs. 1 NKWG grundsätzlich, dass der Sitz auf die nächste Ersatzperson des Wahlvorschlags übergeht, auf dem die ausgeschiedene Person gewählt worden ist. Welche von mehreren Ersatzpersonen dies ist, ist nach näherer Maßgabe des § 38 Abs. 2 NKWG (bei einer Personenwahl) oder des § 38 Abs. 3 NKWG (bei einer Listenwahl) zu entscheiden. Danach ist grundsätzlich die Person heranzuziehen, die die meisten persönlichen Stimmen unter den noch nicht Berücksichtigten des Wahlvorschlags erhalten hat, oder - wenn, wie hier, ein Fall der Listenwahl vorliegt - die der ausgeschiedenen Person auf dem Wahlvorschlag (der Liste) nachfolgt. Für den hier gegebenen Fall einer Wahl über einen Wahlvorschlag ohne als Ersatzpersonen in Betracht kommende weitere Listenbewerber bestimmt § 44 Abs. 5 NKWG ergänzend:
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„War im Fall des Absatzes 1 die Bewerberin oder der Bewerber oder die Vertreterin oder der Vertreter durch Listenwahl gewählt (§ 36 Abs. 6, § 37 Abs. 4) und ist für sie oder ihn keine Ersatzperson gemäß § 38 Abs. 3 vorhanden, so gilt in einem Wahlgebiet mit mehreren Wahlbereichen § 37 Abs. 5 entsprechend; das Gleiche gilt für einen Sitzübergang nach Absatz 4, wenn eine Ersatzperson gemäß § 38 Abs. 3 nicht vorhanden ist. Ist für die Partei oder Wählergruppe im Wahlgebiet keine Ersatzperson mehr vorhanden, so bleibt der Sitz bis zum Ablauf der Wahlperiode unbesetzt. Das Gleiche gilt, wenn eine Einzelbewerberin oder ein Einzelbewerber die Wahl ablehnt oder stirbt oder ihren oder seinen Sitz verliert.“
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Der entsprechend anwendbare § 37 Abs. 5 NKWG lautet:
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"Ergibt die Berechnung nach Absatz 3 mehr Sitze für einen Wahlvorschlag, als Bewerberinnen und Bewerber auf ihm vorhanden sind, so erhalten die übrigen Sitze diejenigen Bewerberinnen und Bewerber auf den Wahlvorschlägen dieser Partei oder Wählergruppe in den anderen Wahlbereichen, die dort keinen Sitz erhalten. Die Sitze werden an diese Bewerberinnen und Bewerber in der Reihenfolge der höchsten Stimmenzahlen vergeben. Bei gleichen Stimmenzahlen entscheidet das durch die Wahlleitung zu ziehende Los."
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Nachdem der Wahlausschuss bei der Feststellung des Wahlergebnisses gemäß § 38 Abs. 3 NKWG zu Recht festgestellt hatte, dass mangels eines weiteren Bewerbers auf dem Wahlvorschlag des Gewählten keine Ersatzperson für die NPD (im Sinne des § 38 Abs. 3 NKWG, auf diesem auf den Wahlbereich II beschränkten Wahlvorschlag) vorhanden war, muss nunmehr im Rahmen der nach § 44 Abs. 5 NKWG zu treffenden Entscheidung aufgrund der angeordneten entsprechenden Anwendung des § 37 Abs. 5 NKWG auf den Wahlvorschlag dieser Partei in dem anderen Wahlbereich des (gesamten) Wahlgebiets zurückgegriffen und der Kläger als der Bewerber dieses Wahlvorschlags, auf den die meisten Stimmen entfallen waren, als Nachrücker festgestellt werden. Die auf § 44 Abs. 5 Satz 2 NKWG gestützte Annahme des Beklagten, im gesamten Wahlgebiet sei keine Ersatzperson dieser Partei mehr vorhanden, ist unzutreffend.
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Der Beklagte hat im Begründungschreiben vom 29.12.2008 zu Unrecht angeführt, der Kläger könne nicht Ersatzperson (im Sinne des § 44 Abs. 5 NKWG) sein, weil § 38 Abs. 1 NKWG dem entgegenstünde. Diese Regelung bestimmt, dass die nicht gewählten Bewerberinnen und Bewerber des Wahlvorschlages einer Partei oder Wählergruppe Ersatzpersonen dieses Wahlvorschlages sind, wenn auf ihn „mindestens ein Sitz entfallen ist“. Zum materiellen Gehalt dieser Einschränkung, die (lediglich) bedeutet, dass Ersatzpersonen nur für Gewählte in Betracht kommen, hat die Kammer bereits im Urteil vom 18.07.2007 - 1 A 357/06 - ausgeführt:
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“Der Wortlaut des § 44 Abs. 5 NKWG verweist ausdrücklich (nur) auf die Absätze 2 und 3 des § 38 NKWG. Dass auch die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 NKWG bei der wahlbereichsübergreifenden Bestimmung von Ersatzpersonen erfüllt sein müssen, lässt sich aus der Bezugnahme auf die anderen Absätze der Vorschrift nicht schließen. Dies folgt auch nicht zwingend aus dem Regelungszusammenhang des Gesetzes, da § 44 Abs. 5 NKWG gerade eine Regelung für einen bestimmten Ausnahmefall trifft. § 38 NKWG stellt nur auf Wahlvorschläge ab, auf die mindestens ein Sitz entfallen ist und bezieht den in § 44 Abs. 5 Satz 1 NKWG geregelten Fall nicht ein (vgl. Schiefel, Niedersächsisches Kommunalwahlrecht 2. Aufl. 1991, § 44 NKWG Nr. 4.1; Kegler/Steinmetz, das Kommunalwahlrecht in Niedersachsen, 2. Aufl. 2006, Seite 97). § 38 Abs. 1 NKWG enthält somit nicht - wie vom Beklagten angenommen - eine Legaldefinition des Begriffs „Ersatzperson“, sondern bestimmt allgemein, dass die anderen Bewerber eines Wahlvorschlags, auf den ein Sitz entfallen ist, Ersatzpersonen des gewählten Kandidaten sind. In Bezug auf die wahlbereichsübergreifende Sitznachfolge nach § 44 Abs. 5 i. V. m. § 37 Abs. 5 NKWG trifft § 38 Abs. 1 NKWG mithin keine Regelung.
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Das Gericht folgt nicht der vom Beklagten und dem Kommentar von Thiele/Schiefel, (Niedersächsisches Kommunalwahlrecht 3. Aufl. 2006, § 44 NKWG Nr. 4.1 und 4.2) vertretenden Auffassung, es sei für eine Sitznachfolge nach § 44 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 37 Abs. 5 NKWG erforderlich, dass der „Nachrücker“ die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 NKWG erfülle. Vielmehr stützt § 44 Abs. 5 Satz 2 NKWG, wonach ein Sitz bis zum Ablauf der Wahlperiode nur dann unbesetzt bleibt, wenn für die Partei oder Wählergruppe im gesamten Wahlgebiet keine Ersatzperson mehr vorhanden ist, das hier gefundene Ergebnis.
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Schließlich ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung zur Änderung des Kommunalwahlrechts (Niedersächsischer Landtag - 13. Wahlperiode, Drucksache 13/780), dass eine wahlbereichsübergreifende Bestimmung der Ersatzpersonen zulässig ist. Die mit der Personenwahl verbundene Listenwahl sollte die Möglichkeiten von neuen Bewerbern und Seiteneinsteigern, vor allem auch von jüngeren Bewerbern und Frauen, verbessern, in die Räte bzw. Kreistage gewählt zu werden. Zweck der Neuregelungen war insbesondere, die Chancen noch unbekannter Kandidaten zu verbessern. Dies muss auch für kleinere Parteien oder Wählervereinigungen gelten. Diese Gruppierungen haben aus personellen Gründen häufig nicht die Möglichkeit, für jeden Wahlbereich in einem Wahlgebiet Wahlvorschläge mit mehreren Kandidaten aufzustellen, sodass sie im Falle des Ausschlusses des wahlbereichsübergreifenden Sitzübergangs gegenüber größeren Parteien deutlich benachteiligt wären. Die von Ihnen errungenen Sitze müssten dann im Falle des Todes oder des Ausscheidens des Sitzinhabers aus anderen Gründen stets unbesetzt bleiben, wenn auf dem erfolgreichen Wahlvorschlag kein weiterer Kandidat vorhanden ist. Dies bedeutete auch ein Verstoß gegen die Gleichheit der Wahl. Stimmen für die kleineren Parteien hätten einen geringeren Erfolgswert, wenn die mit diesen Stimmen erreichten Sitze nicht nachbesetzt werden könnten und somit verloren gingen.“
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(ebenso VG Lüneburg, Urt. vom 14.11.2007 -5 A 252/06 -, beide Entscheidungen sind veröffentlicht in juris sowie unter www.dbovg.niedersachsen.de). Daran ist festzuhalten.
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Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Beklagten und zur Richtigstellung auch der vorgenannten Kammerentscheidung ist jedoch hervorzuheben, dass eine Entscheidung nach § 44 Abs. 5 NKWG nur in den von dieser Vorschrift genannten Anwendungsfällen zu treffen und im Rahmen des (besonderen) Verfahrens nach § 49a NKWG zu überprüfen ist. Davon zu unterscheiden ist das (allgemeine) Wahleinspruchsverfahren nach den §§ 46 ff NKWG. Für das Verfahren zur Feststellung des Wahlergebnisses, das in den §§ 35 bis 38 NKWG geregelt ist und ggf. in das Wahlprüfungsverfahren gemäß §§ 46 bis 49 NKWG einmündet, hat der Gesetzgeber noch keinen Bedarf gesehen, alle Eventualitäten, insbes. auch die Fälle des Sitzverlustes im Laufe der Wahlperiode, zu regeln. Er hat solche Entscheidungen dem Verfahren nach § 44 NKWG überantwortet, das ein gesondertes Verfahren ist, wie auch § 36 Abs. 5 Satz 3 NKWG betont. Die Unterschiede dieser Verfahren dürfen nicht durch die verschiedenen, jeweils nur im Verfahrenskontext gemeinten und nur so verständlichen Bedeutungen des Ausdrucks „Ersatzperson“ verdeckt werden.
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Vor diesem Hintergrund kann auch das Argument des Beklagten nicht verfangen, die Feststellung des Wahlergebnisses stehe dem Begehren des Klägers entgegen. Das trifft nicht zu. Der Wahlausschuss hatte sich insoweit auf die von § 38 Abs. 3 NKWG geregelte, auf den Wahlvorschlag des Gewählten beschränkte Entscheidung über die (mangels auch nur eines weiteren Bewerbers) fehlende(n) Ersatzperson(en) der NPD zu beschränken. Er hatte nicht über einen der Anwendungsfälle des § 44 NKWG zu befinden und hat demgemäß auch keine diesbezügliche Regelung getroffen, deren Bestandskraft dem gegenwärtigen Begehren des Klägers entgegengehalten werden könnte. Wäre die nach § 38 Abs. 3 NKWG zu treffende Entscheidung auch für die in § 44 NKWG geregelten Fälle maßgeblich, machte das Verfahren nach § 44 NKWG keinen Sinn und wäre auch die Regelung des § 49a NKWG überflüssig.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidungen zur Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 167 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Berufung wird auf Antrag des Beklagten gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Das Verfahren betrifft eine Rechtsfrage mit Auswirkungen über den Einzelfall hinaus, die in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden kann.
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