Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 26 L 1172/00
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 4.000,00 DM festgesetzt.
1
Gründe:
2Das Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit den gestellten Anträgen,
31. die Antragsgegnerin zu verpflichten, die erfolgte Umsetzung der Antragstellerin rückgängig zu machen und sie so lange als Leiterin der Bezirksverwaltungsstelle II in E weiter zu beschäftigen, bis ihr ein anderer amtsangemessener Dienstposten zugewiesen wird,
42. hilfsweise, der Antragsgegnerin zu untersagen, die Stelle des Leiters/der Leiterin der Bezirksverwaltungsstelle II bis zum Abschluß eines Hauptsacheverfahrens anderweitig zu besetzen,
53. hilfsweise, der Antragsgegnerin aufzugeben, der Antragstellerin einen angemessenen Dienstposten zuzuweisen,
6hat weder mit dem unter 1. aufgeführten Hauptantrag noch mit den unter 2. und 3. aufgeführten und vom Gericht gemäß § 86 Abs. 3 VwGO ausgelegten Hilfsanträgen Erfolg.
71. Der Hauptantrag ist zulässig, aber nicht begründet.
8Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts eines Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. den §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
9Vorliegend steht der Antragstellerin jedenfalls kein Anordnungsanspruch zu.
10Die angegriffene Maßnahme der Antragsgegnerin - die Umsetzung der Antragstellerin von der Stelle der Leiterin der Bezirksverwaltungsstelle II (zunächst) auf die Stelle Sachbearbeiterin im Frauenbüro - war nach der in einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht rechtswidrig. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch darauf, daß ihre erfolgte Umsetzung rückgängig gemacht wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Umsetzung eines Beamten eine innerbehördliche Organisationsmaßnahme des entsprechenden Dienstherrn ohne Verwaltungsaktsqualität.
11Vgl. nur: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 -, in: BVerwGE 60, 144, 146 f. = NJW 1981, 67; BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1989 - 2 ER 301/89 -, veröffentlicht in der Juris-Dokumentation.
12Der Beamte hat keinen Anspruch auf die unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm einmal übertragenen Amtes im konkret-funktionalen Sinn, sondern muß Änderungen seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines statusrechtlichen Amtes hinnehmen.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1975 - 6 C 17.72 -, in: ZBR 1975, 226 f.; Urteile vom 28. November 1991 - 2 C 7.89 -, in: NVwZ 1992, 573 f., und - 2 C 41.89 -, BVerwGE 89, 199, 201.
14Der Beamte hat lediglich einen Anspruch auf Übertragung eines seinem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechenden funktionalen Amtes.
15Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1975 - 6 C 17.72 -, in: ZBR 1875, 226, 228; Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 -, in: BVerwGE 60, 144, 150; Urteil vom 29. April 1982 - 2 C 41.80 -, in: BVerwGE 65, 270, 273.
16Hinsichtlich der Änderung des dienstlichen Aufgabenbereichs kommt dem jeweiligen Dienstherrn des Beamten eine nahezu uneingeschränkte organisatorische Dispositionsbefugnis zu; er kann den Aufgabenbereich des Beamten aus jedem sachlichen Grund verändern.
17Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. November 1991 - 2 C 7.89 -, in: NVwZ 1992, 573 f., und - 2 C 41.89 -, in: BVerwGE 89, 199, 201.
18Der Beamte kein Recht am Amt" im Sinne eines Rechts an einem bestimmten Amt.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1975 - 6 C 17.72 -, in: ZBR 1975, 226, 228.
20Besonderheiten des dem Beamten übertragenen Amtes, wie zum Beispiel eine Leitungsfunktion oder gesellschaftliches und kollegiales Ansehen und Sozialprestige, entfalten keine das Ermessen des Dienstherrn bei der Änderung des Aufgabenbereichs einschränkende Wirkung.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1975 - 6 C 17.73 -, in: ZBR 1975, 226, 228; Urteile vom 28. November 1991 - 2 C 7.89 -, in: NVwZ 1992, 573 f., und - 2 C 41.89 -, in: BVerwGE 89, 199, 201; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen (OVG NRW), Beschluß vom 11. April 1984 - 1 B 371/84 -, in: NVwZ 1985, 923.
22Ebenso unerheblich ist beispielsweise der Verlust an Aufstiegsmöglichkeiten, die Verringerung der Mitarbeiterzahl bzw. einer Funktionsbezeichnung ohne statusrechtliche Bedeutung.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 -, in: BVerwGE 60, 144, 153.
24Anders als bei einer Ernennung oder Beförderung gilt der Grundsatz der sogenannten Bestenauslese bei einer Umsetzung grundsätzlich nicht.
25Vgl. nur: Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig- Holstein, Beschluß vom 18. Mai 1994 - 3 M 17/94 -, in: NVwZ RR 1995, 45, 46; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 12. Februar 1997 - 4 S 3464/96-, veröffentlicht in der Juris-Dokumentation; zur Unbeachtlichkeit des Grundsatzes der Bestenauslese bei der Entscheidung zwischen Beförderung und Unterbesetzung: BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14.98 -, in: ZBR 2000, 40, 42 f.
26Nur bei einer Umsetzung auf einen Beförderungsdienstposten oder bei der Übertragung eines höher bewerteten Dienstpostens hat der Dienstherr die Grundsätze der Bestenauslese zu beachten.
27Vgl. nur: OVG NRW, Beschluß vom 30. August 1985 - 1 B 319/85 -, in: ZBR 1986, 54 f. (in Zusammenhang mit einem Fall der sogenannten Topfwirtschaft); auch: Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 4. Auflage, Rdnr. 67.
28Das im Falle einer schlichten Umsetzung bestehende Ermessen des Dienstherrn führt zudem nicht etwa dazu, daß der Beamte grundsätzlich einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung dieses Ermessens hätte. Vielmehr hat er die dienstliche Anordnung des Dienstherrn als ein nicht mit eigenen Rechten ausgestattetes Glied der Verwaltung grundsätzlich auszuführen.
29Vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluß vom 12. Februar 1997 - 4 S 3464/96 -, veröffentlicht in der Juris-Dokumentation.
30Bei der Ermessensausübung sind dem Dienstherrn grundsätzlich sehr weite Grenzen gesetzt.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 -, in: BVerwGE 60, 144, 153; OVG NRW, Beschluß vom 11. April 1984 - 1 B 371/84 -, in: NVwZ 1985, 923.
32Die Ermessenserwägungen können dementsprechend im Allgemeinen gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie durch Ermessensmißbrauch geprägt wurden, also willkürlich waren. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle bleibt grundsätzlich darauf beschränkt zu prüfen, ob ein sachlicher Grund für die Umsetzung vorlag und ob die Gründe des Dienstherrn seiner tatsächlichen Einschätzung entsprochen haben und nicht nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit allein oder maßgebend auf anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen, oder ob sie aus anderen Gründen willkürlich sind.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1991 - 2 C 7.89 -, in: NVwZ 1992, 573, 574, und - 2 C 41.89 - in: BVerwGE 89, 199, 202; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 12. Februar 1997 - 4 S 3464/96 -, veröffentlicht in der Juris- Dokumentation.
34Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Entscheidung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin von ihrem bisherigen Dienstposten als Leiterin der Bezirksverwaltungsstelle II umzusetzen, rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat nämlich im Interesse einer konstruktiven und reibungslosen Zusammenarbeit zwischen der Bezirksvertretung und der Verwaltung entschieden, der Antragstellerin neue Aufgaben zu übertragen. Die entsprechende Zusammenarbeit mit der Bezirksvertretung als der politischen Stadtteilvertretung erschien ihr nicht mehr gewährleistet. Hierbei handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts um keine willkürliche Maßnahme. Jedenfalls im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bedarf es auch keiner weiteren detaillierten Darlegung der konkreten Gründe in diesem Einzelfall durch die Antragsgegnerin. Die Antragstellerin hat demgegenüber sinngemäß lediglich darauf hingewiesen, daß die Umsetzung aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit erfolgt sei. Daß die Antragsgegnerin in die Antragstellerin nicht mehr das für die Besetzung der Stelle der Leiterin der Bezirksverwaltungsstelle II erforderliche Vertrauen hat, stellt jedoch ein sachgerechtes Kriterium für die streitige Umsetzung dar.
35Vgl. Urteil der Kammer vom 9. Juni 2000 - 26 K 5184/97 - .
36Anhaltspunkte dafür, daß die Begründung der Antragsgegnerin nur vorgeschoben wäre, sind nicht ersichtlich und von der Antragstellerin nicht substantiiert geltend gemacht worden.
37Es ist auch nicht ersichtlich, daß das gesetzliche Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt sein könnte. Gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 5 zweiter Fall LPVG NRW kommt dem Personalrat unter anderem bei Umsetzungen von mehr als drei Monaten ein Mitbestimmungsrecht zu. Unterliegt eine Maßnahme der Mitbestimmung, muß der Personalrat gemäß § 66 Abs. 1 LPVG NRW zustimmen. Da die Antragstellerin zunächst nur bis zu einem Zeitraum von drei Monaten umgesetzt werden sollte, bedarf es der Mitwirkung des Personalrates nicht. Insbesondere ist auch nicht zu erkennen, daß auf diesem Wege die Mitwirkungsrechte des Personalrats umgangen werden sollten.
38Vgl. grundsätzlich zur Mitwirkungsbefugnis des Personalrats bei Umsetzungen: BVerwG, Urteil vom 13. November 1986 - 2 C 20/84 -, in: NVwZ 1987, 502 f. = Schütz, Beamtenrecht, Entscheidungssammlung, ES/A II 4.3 Nr. 4 = DVBl 1987, 416 f., Urteil vom 28. August 1986 - 2 C 67.85 -, in: Buchholz, 237.5, § 42 LBG Hessen Nr. 5, 177 ff., Urteil vom 6. April 1989 - 2 C 26.88 -, in: Recht im Amt 1989, 303 f.
39Unabhängig davon, ob eine erfolgte Umsetzung überhaupt in einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes rückgängig gemacht werden kann (Rückumsetzung), ist für das Gericht nicht erkennbar, daß die Antragstellerin aufgrund ihrer Umsetzung nicht mehr amtsangemessen verwendet worden ist bzw. verwendet werden soll.
40Eine Rückumsetzung im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnend: OVG NRW, Beschluß vom 11. April 1984 - 1 B 371/84 -, in: NVwZ 1985, 923; vgl. zur amtsangemessenen Verwendung: BVerwG, Urteil vom 3. März 1975 - 6 C 17.72 -, in: ZBR 1975, 226 ff., Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 -, in: BVerwGE 60, 144, 150 f.; Urteil vom 1. Juni 1995 - 2 C 20.94 -, in: BVerwGE 98, 334, 337 f.
41Die Verpflichtung zur amtsangemessenen Verwendung hat die Antragsgegnerin uneingeschränkt zugestanden. Insbesondere aufgrund der dem Gericht vorliegenden Stellenausschreibung für die fragliche Stelle im Frauenbüro vom 16. Februar 2000 ist nach summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren auch nichts dafür ersichtlich, daß es sich hierbei um eine nicht amtsangemessene Verwendung der Antragstellerin handeln könnte. Bei der entsprechenden Prüfung ist stets auf den abstrakten Aufgabenbereich und auf die durchzuführenden Tätigkeiten abzustellen.
42Vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 -, in: BVerwGE 60, 144, 150 f.
43Daraus ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts keine unangemessene Verwendung.
442. Hinsichtlich des Hilfsantrages zu 2. fehlt der Antragstellerin ebenfalls ein Anordnungsanspruch. Zum einen ist die erfolgte Umsetzung durch die Antragsgegnerin aus den oben zu 1. aufgeführten Gründen rechtlich nicht zu beanstanden. Zum anderen ist aufgrund der summarischen Prüfung in diesem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kein Anspruch der Antragstellerin zu erkennen, daß die Antragsgegnerin die Stelle der Leiterin der Bezirksverwaltungsstelle II gerade (erneut) mit ihr besetzen müßte. Es ist bereits fraglich, ob die Antragstellerin wirksam zur Stadtoberamtsrätin ernannt worden ist. Die entsprechende Ernennungsurkunde vom 27. Dezember 1999 weist nämlich lediglich eine Unterschrift auf. Ausweislich § 17 Abs. 2 der maßgeblichen Hauptsatzung der Antragsgegnerin vom 4. Juli 1995 in der Fassung von Oktober 1997 sind jedoch unter anderem Ernennungsurkunden für Beamtinnen und Beamte vom Oberstadtdirektor (bei sinngemäßer Auslegung nunmehr vom Oberbürgermeister gemäß §§ 62 ff. GO NRW) und einer weiteren vertretungsberechtigte Beamtin oder Angestellten oder eines weiteren vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten zu unterschreiben. Dies ist vorliegend erkennbar nicht geschehen. Mithin kommt es aufgrund der summarischen Prüfung im vorliegenden Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erkennbar nicht in Betracht, daß die Stelle der Leiterin der Bezirksverwaltungsstelle II, die im Stellenplan nach der Besoldungsgruppe A 14 ausgewiesen ist, von der Antragstellerin als Beamtin mit der Besoldungsgruppe A 12 oder A 13 (g. D.)zu besetzen ist. Daher kann die Antragstellerin zur Zeit keine ernsthafte Bewerberin für die entsprechende Stelle sein.
453. Auch der weitere Hilfsantrag ist unbegründet. Die Antragstellerin hat noch nicht einmal ansatzweise glaubhaft gemacht, daß die Antragsgegnerin sich weigert bzw. nicht in der Lage ist, ihr einen angemessenen Dienstposten entsprechend ihres noch zu klärenden statusrechtlichen Amtes im Bereich in der Stadtverwaltung E zuzuweisen.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
47Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 3 GKG.
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