Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 25 K 5633/98
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 1998 und sein Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1998 werden aufgehoben, soweit darin Hundesteuer für mehr als zwei Hunde festgesetzt worden ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist von Beruf Landwirt. Er ist hauptsächlich mit der Milchviehhaltung befasst.
3Der Kläger hält insgesamt fünf Hunde, von denen er drei im landwirtschaftlichen Betrieb einsetzt. So werden die Kühe unter Einsatz der Hunde etwa von einer Weide auf die andere getrieben, täglich von der Weide geholt oder in dem Stall in den Melkstand getrieben. Außerdem werden die Hunde eingesetzt, wenn Rinder auf der Weide aussortiert oder etwa auf Anhänger verladen werden müssen.
4Der Beklagte zog den Kläger bis zum 31. Dezember 1997 auf der Grundlage seiner bis dahin geltenden Hundesteuersatzung zur ermäßigten Hundesteuer als sog. Zwingersteuer heran.
5Mit Schreiben vom 8. Januar 1998 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass eine neue Hundesteuersatzung beschlossen worden sei, die eine Ermäßigung für die Zwingersteuer nicht mehr vorsehe und bat ihn, die Anzahl der von ihm gehaltenen Hunde mitzuteilen, damit die Hundesteuer nach der neuen Satzung berechnet werden könne.
6Daraufhin teilte der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 20. Januar 1998 mit, dass er insgesamt fünf Hunde halte und bat zugleich, ihm die Hundesteuer für drei Hunde im Hinblick auf § 3 Abs. 3 b der Satzung zu erlassen.
7Mit Bescheid vom 10. Februar 1998 lehnte der Beklagte den Ermäßigungsantrag des Klägers mit der Begründung ab, dass die nach dieser Vorschrift erforderlichen Voraussetzungen bei dem Kläger nicht vorlägen.
8Mit Hundesteuerbescheid vom 3. März 1998 zog der Beklagte den Kläger für das Jahr 1998 für die von ihm gehaltenen fünf Hunde zur Hundesteuer für jeden gehaltenen Hund in Höhe von 156,00 DM , insgesamt zu 780,00 DM heran.
9Gegen die Ablehnung der Ermäßigung legte der Kläger mit Schreiben vom 7. März 1998 Widerspruch ein, mit dem er im Wesentlichen geltend machte: Die drei Hunde seien Gebrauchshunde zur Bewachung von nicht gewerblich gehaltenen Herden, da sein Betrieb von der Finanzverwaltung als landwirtschaftlicher und nicht als Gewerbebetrieb eingestuft worden sei.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1998 lehnte der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Hundesteuerbescheid vom 3. März 1998 mit der Begründung als unbegründet ab, die Vorschrift des § 3 Abs. 3 b der Hundesteuersatzung verlange, dass die Hunde ausschließlich zur Bewachung von nicht gewerblich gehaltenen Herden eingesetzt würden. Dies sei nur gegeben, wenn die Hunde zum Hüten von Vieh erforderlich und ausschließlich zu diesem Zweck verwandt würden, was bei dem Kläger, der seine Hunde nur gelegentlich und nebenher zum Viehhüten einsetze, nicht der Fall sei.
11Am 1. Juli 1998 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seiner bisherigen Ausführungen ergänzend geltend macht: Seine Hunde habe er nicht zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse angeschafft. Vielmehr dienten sie ausschließlich der Arbeitserledigung in seinem landwirtschaftlichen Betrieb. Ohne ihren Einsatz müsse er Arbeitskräfte oder sonstige technische Hilfsmittel zum Einsatz bringen.
12Der Kläger beantragt,
13den Bescheid des Beklagten vom 3. März 1998 und seinen Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1998 insoweit aufzuheben, als darin Hundesteuer für mehr als 2 Hunde festgesetzt worden ist.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Der Beklagte vertritt die Auffassung, sein Hundesteuerbescheid sei rechtmäßig.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die als Anfechtungsklage gegen den Hundesteuerbescheid des Beklagten vom 3. März 1998 in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 1998 gerichtete Klage ist zulässig und begründet.
20Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 1998 in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 1998 ist in dem angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt insoweit den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21Soweit der Beklagte den Kläger in dem angefochtenen Bescheid auch zur Hundesteuer für die drei in seinem landwirtschaftlichen Betrieb eingesetzten Hunde zur Hundesteuer herangezogen hat, findet der Bescheid keine Rechtsgrundlage in der Hundesteuersatzung der Gemeinde xxxx.
22Zwar ergibt sich die Steuerbefreiung für die drei in dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers eingesetzten Hunde entgegen der ursprünglich von dem Kläger vertretenen Auffassung nicht aus § 3 Abs. 3b der Satzung der Stadt xxxx. Denn darin wird Steuerbefreiung nur für die Haltung von nicht zu Erwerbszwecken gehaltenen Hunden gewährt, die als Gebrauchshunde ausschließlich zur Bewachung von nicht gewerblich gehaltenen Herden verwandt werden. Die Voraussetzungen dieser Befreiungsvorschrift erfüllt der Kläger u.a. aber schon deshalb nicht, weil er seine Kühe und Rinder - wie noch darzulegen sein wird - gewerblich i.S. dieser Vorschrift hält und auch die Haltung der drei Hunde selbst Erwerbszwecken dient.
23Auch sieht § 1 der Satzung vor, dass Gegenstand der Steuer das Halten von Hunden im Stadtgebiet ist, was für eine Steuerpflicht des Klägers sprechen könnte. Diese Vorschrift ist aber unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW),
24vgl. etwa Urteil vom 5. Juli 1995 - 22 A 2104/94 -, NWVBl. 1996, 15 und Urteil vom 28. März 1996 - 22 A 5055/95 -,
25der mit der im Jahr 1997 neugefassten Satzung Rechnung getragen werden sollte, verfassungskonform dahin auszulegen, dass Gegenstand der Steuer das Halten von Hunden nur dann ist, wenn darin die besondere Leistungsfähigkeit des Halters durch die Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Bestreitung eines Aufwandes zum Ausdruck kommt, der über das für die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Erforderliche hinausgeht. Denn nach Art. 105 Abs. 2a GG ist die Gemeinde nur zur Erhebung von Aufwandsteuern berechtigt. Dementsprechend hat das OVG NW in mehreren Entscheidungen darauf hingewiesen, dass Satzungsregelungen, die etwa gewerblich oder von juristischen Personen gehaltene Hunde zum Gegenstand der Besteuerung machen, gegen die Verfassung verstoßen und nichtig sind,
26vgl. etwa OVG NW, Urteil vom 5. Juli 1995, a.a.O. sowie Urteil vom 28. März 1996.
27Wie sich insbesondere auch aus dem an den Kläger gerichteten Schreiben des Beklagten vom 8. Januar 1998 ergibt, hat der Satzungsgeber der Gemeinde xxxx seine Satzung unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung geändert und etwa auch die Steuerermäßigung für die sog. Zwingersteuer im Hinblick auf die auch insoweit vom OVG NW geäußerten verfassungsmäßigen Bedenken entfallen lassen. Dass der Satzungsgeber auch mit § 1 seiner Satzung nur das Halten von Hunden zum Gegenstand der Steuer machen wollte, soweit damit ein über die Befriedigung der allgemeinen Lebensbedürfnisse hinausgehender Aufwand betrieben wird, wird letztlich auch durch die Fassung des § 3 Abs. 3b der Satzung belegt, wonach eine Befreiung von der an sich zulässigen Besteuerung für nicht zu Erwerbszwecken gehaltene Hunde, die als Gebrauchshunde ausschließlich zur Bewachung von nicht gewerblich gehaltenen Herden verwandt werden, vorgesehen ist. Aus der Fassung dieser Vorschrift lässt sich entnehmen, dass der Satzungsgeber - zu Recht - davon ausgegangen ist, dass das Halten von Hunden zu Erwerbszwecken oder zur Bewachung von gewerblich gehaltenen Herden schon von vornherein nicht der Besteuerung unterliegt, weil darin eben kein besonderer Aufwand zum Ausdruck kommt. Dabei ist im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung des OVG NW, der in der genannten Bestimmung verwandte Begriff "gewerblich" nicht im gewerberechtlichen Sinne zu verstehen, aus dem etwa die sog. Urproduktion herausfällt, sondern in einem weiteren Sinne nämlich dahingehend, dass gewerbliche Herdenhaltung immer dann gegeben ist, wenn die Tiere zur Einkommenserzielung gehaltenen werden. In diesem Falle dient nämlich die Haltung der Hütehunde letztlich auch der Einnahmeerzielung mit der Folge, dass eine Besteuerung unzulässig ist. Die Satzung befreit daher lediglich dann von der Hundesteuer, wenn die Hunde ausschließlich zur Bewachung von "Hobbyherden" eingesetzt werden, weil dann in der Haltung der zu bewachenden Herden selbst auch schon eine besondere Leistungsfähigkeit zum Ausdruck kommt.
28Die Haltung der drei in dem Betrieb des Klägers eingesetzten Hunde unterliegt daher nicht der Hundesteuer, da mit ihr nicht die besondere Leistungsfähigkeit des Klägers durch seine Verwendung seines Einkommens oder Vermögens zur Bestreitung eines Aufwandes zum Ausdruck kommt, der über das für die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Erforderliche hinausgeht. Vielmehr hält er diese drei Hunde, um sie in seinem landwirtschaftlichen Betrieb einzusetzen und damit zugleich die Einstellung von Arbeitskräften oder den Einsatz von Maschinen zu sparen. Die Haltung dieser Hunde erfolgt daher ebenso wie die Milchviehhaltung zu Erwerbszwecken und stellt keinen besonderen Luxusaufwand dar, der Anknüpfungspunkt für die Erhebung von Steuern sein könnte. Der mit der Haltung dieser Hunde verbundene finanzielle Aufwand stellt damit eine Betriebsausgabe dar, für deren Besteuerung der Gemeinde eine Rechtsgrundlage fehlt.
29Die von dem Kläger behaupteten tatsächlichen Grundlagen, aus denen heraus er die Steuerfreiheit herleitet, also insbesondere dass er drei seiner Hunde hält, um sie in seinem Betrieb einzusetzen, etwa um die Kühe und Rinder mit ihrer Hilfe von einer auf die andere Weide zu treiben, oder um die Kühe in dem Stall in den Melkstand zu treiben, werden von dem Beklagten nicht bestritten. Soweit der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid ausgeführt hat, die Hunde müssten zum Hüten von Vieh erforderlich sein und dafür ausschließlich eingesetzt werden, diente dies zum einen der Auslegung des Tatbestandes des § 3 der Satzung über deren Anwendbarkeit die Beteiligten gestritten haben. Soweit der Beklagte darüber hinaus daran auch für die Beantwortung der Frage festhält, ob die Haltung von Hunden auch für gewerblich gehaltene Herden der Besteuerung unterliegt, kann ihm nicht gefolgt werden. Werden Hunde gehalten, um sie in einem Betrieb einzusetzen, so stellen die dadurch anfallenden Kosten - wie erwähnt - Betriebskosten dar und dient die Hundehaltung gerade nicht der Befriedigung eines persönlichen "Luxusbedürfnisses". Dass Hunde für einen Betrieb gehalten werden, setzt aber nicht voraus, dass sie pausenlos für diesen im Einsatz sind. Gegenstand der Hundesteuer ist nämlich das Halten von Hunde. Erfolgt die Hundehaltung zu Zwecken des Betriebes, so entfällt die Hundesteuer und zwar unabhängig davon, ob die Hunde lediglich zu bestimmten Zeiten oder pausenlos im Einsatz sind. Dies hängt vielmehr von der Art des Betriebes und nicht dem Grund für die Hundehaltung ab. Ob die Haltung der Hunde für den Betrieb erforderlich sind oder der Kläger etwa seinen Betrieb auch anders organisieren könnte, ist in die unternehmerische Freiheit des Klägers selbst gestellt. Dem Beklagten steht es insoweit nicht zu, dem Kläger Vorgaben zu seiner Betriebsgestaltung machen. Hat der Kläger sich entschlossen, für die Bewältigung der im Betrieb anfallenden Aufgaben Hunde einzusetzen, so kann die Haltung dieser Hunde aus den oben genannten verfassungsrechtlichen Gründen nicht besteuert werden. Schließlich bedarf es keiner weiteren Begründung, dass die von dem Vertreter des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung befürchteten Missbrauchsfälle eine Besteuerung der Haltung von Hunden im Widerspruch zu der Verfassung nicht rechtfertigen können.
30Die Klage hätte davon abgesehen auch dann Erfolg, wenn entgegen den obigen Ausführungen § 1 der Satzung auch das Halten von Hunden zum Gegenstand der Steuer macht, wenn der damit verbundene Aufwand nicht über das für die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Erforderliche hinausgeht und auch solche Fälle erfasst werden, in denen der mit der Hundehaltung erforderliche Aufwand - wie vorliegend - der Einkommenserzielung dient. Denn in diesem Falle wäre die Satzungsbestimmung aus den oben genannten Gründen nichtig und könnte keine Rechtsgrundlage für die Besteuerung der Hundehaltung des Klägers bilden.
31Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich mit dieser Entscheidung auch der Steuersatz für die beiden weiteren Hunde des Klägers, deren Haltung der Steuerpflicht unterliegt, nach § 2b der Satzung auf 132,00 DM ermäßigt.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
33
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.