Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 1 L 2156/01
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 1 K 4218/01, soweit sie auf Aufhebung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2001 (Az.: 00.0.0.00) und deren Widerspruchsbescheides vom 7. August 2001 gerichtet ist, aufschiebende Wirkung hat.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 4218/01 wird, soweit sie auf Aufhebung des Ersatzvornahmebescheides der Antragsgegnerin vom 7. August 2001 (Az.: 00.0.0.00) gerichtet ist, wiederhergestellt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 16.000,-- DM festgesetzt.
Der Tenor soll den Beteiligten vorab telefonisch bekannt gegeben werden.
1
Gründe:
2Die aus dem Tenor ersichtlichen Anträge haben Erfolg.
3I.
4Der Antrag zu 1. ist zulässig und begründet.
5Für den Fall, dass eine Behörde die einem Rechtsmittel zukommende aufschiebende Wirkung nicht beachtet, ist analog § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ein auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung gerichteter Antrag statthaft, soweit es sich bei der angegriffenen Maßnahme um einen Verwaltungsakt handelt.
6Vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Aufl., § 80 Anm. 181 m.w.N.
7Diese Voraussetzung ist gegeben. Mit der angefochtenen kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügung vom 7. Juli 2001 hat die Antragsgegnerin a) nach § 119 Abs. 1 Satz 2 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) den Beschluss des Rates der Stadt E2 vom 25. Juni 2001 insoweit aufgehoben, als der Rat die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens betreffend die Errichtung einer forensischen Klinik in E2 (im Folgenden: Bürgerbegehren Forensik") für zulässig erklärt und als Termin für die Abstimmung über den Bürgerentscheid den 23. September 2001 bestimmt hat, b) der Stadt E2 gemäß § 120 Abs. 1 GO NRW aufgegeben, bis zum 31. Juli 2001 einen Beschluss herbeizuführen, der die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens feststellt, und c) für den Fall des Untätigbleibens die Ersatzvornahme nach § 120 Abs. 2 GO NRW angedroht. Mit diesen gegenüber der Stadt E2 ausgesprochenen Aufsichtsmaßnahmen hat die Antragsgegnerin hoheitliche Maßnahmen zur Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen getroffen, mithin einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) erlassen.
8Vgl. auch Rehn/Cronauge, Kommentar zur GO NRW, Stand: März 2001, § 123 Anm. I. 1; Held/Becker/Decker/Kirchhof/Krämer/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen, Stand: September 2000, § 123 GO Anm. 2.
9Die Antragsteller können auch geltend machen, durch die Verfügung vom 7. Juli 2001 in eigenen Rechten verletzt zu sein, § 42 Abs. 2 VwGO analog. Das sich aus dieser Vorschrift ergebende Erfordernis der Antragsbefugnis ist erfüllt, wenn eine Verletzung der Rechte der Antragsteller durch den angefochtenen Verwaltungsakt jedenfalls nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unmöglich erscheint.
10Vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Anm. 65 m.w.N.
11Dies ist zu bejahen. Zwar ist Adressatin der kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügung die Stadt E2 und sind die Antragsteller demgegenüber außerhalb des kommunalaufsichtlichen Rechtsverhältnisses stehende Dritte. Dennoch berührt die Verfügung auch sie in eigenen Rechten. Die gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW vom Rat zu treffende Entscheidung über die rechtliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ist gegenüber den Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens (vgl. § 26 Abs. 2 Satz 2 GO NRW) ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG. Ihr kommt unmittelbare Rechtswirkung nach außen zu, da die Adressaten der Entscheidung, die Vertretungsberechtigten, im Verhältnis zur Gemeinde Außenstehende sind. Bereits dem Ratsbeschluss kommt auch Regelungswirkung zu, da er auf eine verbindliche Feststellung der Zulässigkeit des Begehrens gerichtet ist. Der für die Durchführung des Beschlusses zuständige (Ober- )Bürgermeister hat insoweit keine eigene Entscheidungsbefugnis; die ihm obliegende Ausführung beschränkt sich vielmehr auf die bloße Bekanntmachung (§ 41 VwVfG) der Ratsentscheidung.
12Vgl. dazu näher Urteil der Kammer vom 13. Februar 1998 - 1 K 5181/96 -, NWVBl. 1998, S. 368.
13An einen positiven Ratsbeschluss nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW knüpfen sich darüber hinaus weitere, die Vertretungsberechtigten begünstigende Rechtswirkungen: Der Rat hat nunmehr darüber zu befinden, ob er dem Bürgerbegehren entspricht. Folgt er dem Begehren in der Sache nicht, löst diese Entscheidung gemäß § 26 Abs. 6 Satz 3 GO NRW eine Frist von drei Monaten aus, innerhalb derer ein Bürgerentscheid durchzuführen ist.
14Aufgrund dieser mit dem positiven Ratsbeschluss nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW verbundenen Rechtswirkungen stellt sich mithin der Beschluss des Rates der Stadt E2 vom 25. Juni 2001, mit dem die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt und ein zeitnaher Termin zur Durchführung des Bürgerentscheids bestimmt worden ist, als eine die Antragsteller begünstigende Regelung dar. Dies gilt mit Blick darauf, dass bereits der Ratsbeschluss unmittelbar die rechtlich verbindliche Feststellung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens enthält, auch ungeachtet des Umstandes, ob der Ratsbeschluss den Antragstellern im Sinne von § 41 VwVfG bekannt gegeben worden ist und damit ein wirksamer Verwaltungsakt vorliegt (vgl. § 43 VwVfG).
15Durch die angefochtene kommunalaufsichtsrechtliche Verfügung vom 7. Juli 2001 wird in die durch die Ratsentscheidung für die Antragsteller ausgelösten positiven Rechtswirkungen eingegriffen und können die Antragsteller daher eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen. Dies gilt zunächst, soweit die Antragsgegnerin die Aufhebung des Ratsbeschlusses vom 25. Juni 2001 verfügt hat. Denn durch diese Maßnahme werden die mit der Zulässigkeitsfeststellung verbundenen, die Antragsteller begünstigenden Rechtswirkungen beseitigt. Aber auch bezüglich der nach § 120 Abs. 1 GO NRW getroffenen Maßnahme einschließlich der Androhung der Ersatzvornahme ist eine Rechtsverletzung der Antragsteller nicht ausgeschlossen. Dies ergibt sich (jedenfalls) im Hinblick darauf, dass diese Aufsichtsmaßnahmen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die - von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 7. August 2001 verfügten - Ersatzvornahme nach § 120 Abs. 2 GO NRW sind.
16Vgl. zu den Voraussetzungen für die Ersatzvornahme im Einzelnen Rehn/Cronauge, a.a.O., § 120 Anm. II. 3 a.E., Anm. III. 1..
17Mit Verfügung vom 7. August 2001 hat die Antragsgegnerin im Wege der Ersatzvornahme an Stelle des Rates der Stadt E2 beschlossen, dass das Bürgerbegehren Forensik" unzulässig ist. Da diese Entscheidung an die Stelle des vom Rat nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW zu treffenden Beschlusses tritt, ist sie, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, gegenüber den Antragstellern als Initiatoren und Vertretungsberechtigte des Bürgerbegehrens ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG. Die kommunalaufsichtsrechtliche Verfügung vom 7. August 2001 berührt somit nicht nur Rechte der Stadt E2, sondern unmittelbar auch solche der Antragsteller. Mit Blick darauf, dass die Ersatzvornahme nach § 120 Abs. 2 GO NRW auf einer Anordnung nach § 120 Abs. 1 GO NRW aufbaut" und ferner regelmäßig eine Androhung der Ersatzvornahme voraussetzt, ist daher möglich, dass auch letztere Maßnahmen die Antragsteller in eigenen Rechten verletzen. Dabei ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass auf Grund des Stufenverhältnisses von § 120 Abs. 1 und Absatz 2 GO NRW Einwendungen gegen die Anordnung nach Absatz 1 (nur) im Rahmen eines Rechtsmittels gegen diese Verfügung zu berücksichtigen sind, während im Rahmen eines gegen die Ersatzvornahme gerichteten Rechtsmittels lediglich solche Einwendungen zu beachten sind, die sich gegen die Ersatzvornahme selbst richten. Würde die Anordnung nach § 120 Abs. 1 GO NRW unanfechtbar, wären die Antragsteller mithin mit Einwendungen gegen diese ausgeschlossen.
18Vgl. allgemein Held/Becker/Decker/Kirchhof/Krämer/ Wansleben, a.a.O., § 120 GO Anm. 2 a.E.; Lübking/Vogelsang, Die Kommunalaufsicht, 1998, Anm. 304; siehe auch BVerwG, Urteil vom 25. April 1972 - I C 3.70 -, DVBl. 1972, S. 828 (829); OVG NRW, Beschluss vom 10. November 1986 - 15 B 2606/86 -; Urteil vom 23. Juni 1989 - 4 A 505/86 -, NWVBl. 1990, S. 87.
19Müssten die Antragsteller somit inhaltliche Einwendungen gegen die der Stadt E2 mit Verfügung vom 7. Juli 2001 aufgegebenen Maßnahme - Feststellung, dass das Bürgerbegehren Forensik" unzulässig ist - bereits im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Anordnung nach § 120 Abs. 1 GO NRW geltend machen, ergibt sich daraus zugleich, dass sie auch schon durch diese Aufsichtsmaßnahme in eigenen Rechten verletzt sein können.
20Den Antragstellern fehlt auch nicht etwa deshalb das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für ihren Antrag, weil sie darauf verwiesen werden könnten, gegen die mit Verfügung von 7. August 2001 ergangene Feststellung, dass das Bürgerbegehren Forensik" unzulässig ist, den nach § 26 Abs. 6 Satz 2 GO NRW vorgesehenen Rechtsbehelf zu ergreifen. Wenn gleich die Antragsteller diese Möglichkeit haben, haben sie dennoch ein rechtlich schützenswertes Interesse daran, unmittelbar gegen die kommunalaufsichtsrechtlichen Maßnahmen vorzugehen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Antragsteller für den Fall des erfolgreichen vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Verfügungen vom 7. Juli und 7. August 2001 eine Rechtslage haben, in der der Ratsbeschluss vom 25. Juni 2001 (wieder) Rechtswirkungen entfaltet. Das hat zur Folge, dass das in § 26 Abs. 6 GO NRW vorgesehene weitere Verfahren (Bürgerentscheid) durchzuführen ist. Verweist man die Antragsteller demgegenüber darauf, gegen die Entscheidung, dass das Bürgerbegehren unzulässig ist, nach § 26 Abs. 6 Satz 2 GO NRW vorzugehen und gegebenenfalls um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen, ist ihre Ausgangssituation ungünstiger, da ein sie begünstigender Ratsbeschluss nicht existent ist. Da die Durchführung eines Bürgerentscheids nach § 26 Abs. 6 GO NRW einen positiven Beschluss nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW voraussetzt, könnten die Antragsteller die Durchführung eines Bürgerentscheids nur im Wege des Erlasses einer entsprechenden einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erreichen. Der Erfolg eines solchen Antrages unterläge aber erschwerten Zulässigkeitsvoraussetzungen, da dieser auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet wäre.
21Vgl. z.B. OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, S. 140, wonach ein solcher Antrag voraussichtlich unzulässig wäre; siehe auch Beschluss vom 20. März 1995 - 15 B 546/95 -; ferner VG Frankfurt, Beschluss vom 11. Februar 1997 - 7 G 4/97 - (JURIS).
22Vor diesem Hintergrund verweisen die Antragsteller zu Recht darauf, dass Rechtsschutz unmittelbar gegen die aufsichtsrechtlichen Maßnahmen für sie effektiver ist als derjenige gegen die durch die Antragsgegnerin verfügte negative Entscheidung nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW.
23Die Antragsteller haben schließlich auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 17. August 2001 beantragt, den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen, und zur Begründung unter anderem angeführt, dass dem von den Antragstellern erhobenen Rechtsmittel gegen die Verfügung vom 7. Juli 2001 keine aufschiebende Wirkung zukomme.
24Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
25Die von den Antragstellern gegen die Verfügung vom 7. Juli 2001 erhobene Klage 1 K 4218/01 hat gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung.
26Die Voraussetzungen in § 80 Abs. 2 VwGO, wonach die aufschiebende Wirkung entfiele, liegen nicht vor. Ein Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 VwGO ist ersichtlich nicht gegeben. Ebenso wenig ist mit Blick auf die angefochtene Maßnahme der Androhung der Ersatzvornahme § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 VwGO einschlägig. Soweit § 8 des nordrhein- westfälischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung vorsieht, dass Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörden und der Vollzugsbehörden (§§ 2 und 56 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVG NRW) in der Verwaltungsvollstreckung richten, keine aufschiebende Wirkung haben, erfasst diese Regelung nicht kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahmen nach §§ 118 ff. GO NRW. Denn bei diesen handelt es sich nicht um Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung" im Sinne von §§ 55 ff. VwVG NRW, sondern um eigenständige, spezielle Verfahrensvorschriften zur Regelung des besonderen Rechtsverhältnisses der Kommunalaufsicht.
27Vgl. auch Lübking/Vogelsang, a.a.O., Anm. 227; ferner Schnapp, Die Ersatzvornahme in der Kommunalaufsicht als Verwaltungsakt, DÖV 1971, S. 659; siehe auch z.B. OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 1994 - 15 B 3280/93 -, wonach prozessual-rechtlich hinsichtlich einer Maßnahme nach § 109 Abs. 2 GO NRW a.F. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO herangezogen worden ist; siehe auch Beschluss vom 3. April 1995 - 15 B 947/95 -: § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bezüglich einer Verfügung, die auch die Androhung der Ersatzvornahme zum Gegenstand hat; a.A. OVG NRW, Beschluss vom 26. Juni 1979 - 15 B 634/79 -: Androhung der Ersatzvornahme und Ersatzvornahme unterfallen (§ 187 Abs. 3 VwGO i.V.m.) § 8 AGVwGO.
28Auch die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO liegen nicht vor. Anders als bei der gleichfalls von den Antragstellern angefochtenen Verfügung vom 7. August 2001 hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der Verfügung vom 7. Juli 2001 die sofortige Vollziehung nicht angeordnet.
29Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klage der Antragsteller gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2001 offensichtlich unzulässig wäre. Dabei kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen dieser Umstand überhaupt geeignet ist, die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise nicht eintreten zu lassen.
30Vgl. dazu näher Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Anm. 50 m.w.N..
31Denn die Klage der Antragsteller ist nicht offensichtlich unzulässig. Insbesondere fehlt ihnen nicht offensichtlich die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO, da sie, wie dargelegt, geltend machen können, durch die angefochtene Verfügung in eigenen Rechten verletzt zu sein.
32II.
33Der Antrag zu Ziffer 2. hat ebenfalls Erfolg, da er zulässig und begründet ist.
34Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft. Auch bei der angefochtenen Verfügung vom 7. August 2001, mit der die Antragsgegnerin im Wege der Ersatzvornahme festgestellt hat, dass das Bürgerbegehren Forensik" unzulässig ist, handelt es sich als Aufsichtsmaßnahme nach § 120 Abs. 2 VwGO um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG.
35Vgl. Rehn/Cronauge, a.a.O., § 123 Anm. I. 1; Held/Becker/Decker/ Kirchhof/Krämer/ Wansleben, a.a.O., § 123 GO Anm. 2.
36Darüber hinaus stellt sich die Ersatzvornahme als Entscheidung nach (§ 120 Abs. 2 i.V.m.) § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW (auch) gegenüber den Antragstellern als Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG dar. Diese sind somit auch antragsbefugt, da sie als Adressaten eines sie belastenden Verwaltungsaktes geltend machen können, in eigenen Rechten verletzt zu sein.
37Den Antragstellern fehlt auch, wie dargelegt, nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis an dem Antrag zu 2., weil sie den nach § 26 Abs. 6 Satz 2 GO NRW vorgesehenen Rechtsbehelf ergreifen könnten. Auf die entsprechenden Ausführungen unter I. wird Bezug genommen.
38Die Antragsteller haben ihren Antrag ferner zutreffend gegen die Antragsgegnerin als Aufsichtsbehörde und nicht gegen den Rat der Stadt E2 gerichtet, an dessen Stelle die Antragsgegnerin im Wege der Ersatzvornahme entschieden hat, vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 2 AGVwGO NRW. Die Aufsichtsbehörde bleibt auch dann Handelnde im Sinne dieser Vorschriften und damit die richtige Antragsgegnerin, wenn sie nach § 120 Abs. 2 GO NRW im Aufgabenkreis einer der Aufsicht unterstehenden Gebietskörperschaft tätig geworden ist.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 1989 - 15 B 2575/88 -, NWVBl. 1989, S. 373 (374);
40Der Antrag ist auch begründet.
41Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Klage und Widerspruch grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt indes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO
42- dazu, dass kein Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 VwGO vorliegt, vgl. oben -
43dann, wenn wie hier die sofortige Vollziehung von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, im öffentlichen oder überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet wird. Das Gericht der Hauptsache kann allerdings in einem solchen Fall gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei der Entscheidung darüber, ob die Vollziehung ausgesetzt und die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage wiederhergestellt werden soll, hat das Gericht den voraussichtlichen Erfolg des eingelegten Rechtsbehelfs mit zu berücksichtigen. Erweisen sich der Widerspruch oder die Klage bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Überprüfung als offensichtlich begründet, ist ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu verneinen. Können die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht mit der erforderlichen Sicherheit beurteilt werden, erweist er sich also weder als offensichtlich begründet noch als offensichtlich unbegründet, ist eine Interessenabwägung im weiteren Sinne vorzunehmen. Führt die Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung mit dem Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung dazu, dass das öffentliches Interesse als schutzwürdiger anzuerkennen ist, ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerechtfertigt; anderenfalls ist die aufschiebende Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs wiederherzustellen.
44Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 7. August 2001 wiederherzustellen, weil diese bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erscheint.
45Die Ersatzvornahme nach § 120 Abs. 2 GO NRW setzt voraus, dass eine vollziehbare Anordnung nach § 120 Abs. 1 GO NRW vorliegt, der die Gemeinde nicht fristgemäß nachgekommen ist.
46Das Erfordernis einer vollziehbaren Anordnung ergibt sich mit Blick auf das Stufenverhältnis von § 120 Abs. 1 und Absatz 2 GO NRW, wonach die Maßnahme nach Absatz 2 auf die in Absatz 1 genannte aufbaut: Dieses gestufte Verfahren ist insoweit den vollstreckungsrechtlichen Regelungen zur Anwendung von Verwaltungszwang vergleichbar. Die Zulässigkeit von Verwaltungszwangsmitteln setzt nach § 55 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein- Westfalen - VwVG NRW) voraus, dass der zu vollstreckende Verwaltungsakt vollziehbar ist. Mit Blick darauf, dass das gestufte Verfahren nach § 120 Abs. 1 und Absatz 2 GO NRW strukturell dem gestreckten vollstreckungsrechtlichen Verfahren entspricht, ist der in § 55 Abs. 1 VwVG NRW zum Ausdruck kommende Grundsatz, dass ein Verwaltungsakt erst im Falle seiner Unanfechtbarkeit oder der sofortigen Vollziehbarkeit kraft Gesetzes bzw. behördlicher Anordnung vollzogen werden darf, auf die kommunalaufsichtsrechtliche Ersatzvornahme zu übertragen.
47Dazu, dass die Anordnung nach § 120 Abs. 1 GO NRW vollziehbar sein muss, vgl. auch Lübking/Vogelsang, a.a.O., Anm. 228; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 1989 - 4 A 505/86 -, a.a.O., in dem im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeitsprüfung einer Ersatzvornahme darauf verwiesen wird, die zu Grunde liegende Anordnung sei vollziehbar.
48Danach erweist sich die von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 7. August 2001 verfügte Ersatzvornahme als offensichtlich rechtswidrig, da die zu Grunde liegende Anordnung nach § 120 Abs. 1 GO NRW nicht vollziehbar ist. Eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist nicht ergangen. Die Verfügung vom 7. Juli 2001 ist auch nicht unanfechtbar, da der von den Antragstellern dagegen erhobenen Klage, wie sich aus den Ausführungen zu dem Antrag zu 1. ergibt, aufschiebende Wirkung zukommt.
49Vorsorglich weist die Kammer ergänzend auf Folgendes hin:
50Auch wenn man den vorgenannten Gesichtspunkt der fehlenden Vollziehbarkeit der Anordnung nach § 120 Abs. 1 GO NRW außer Acht ließe, wäre die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller wiederherzustellen gewesen, da sich mit den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zur Verfügung stehenden Mitteln nicht feststellen lässt, dass der angegriffene Bescheid offensichtlich rechtmäßig ist, und die deshalb erforderliche Interessenabwägung im weiteren Sinne zu Gunsten der Antragsteller ausfällt.
51Bei summarischer Prüfung spricht vieles dafür, dass die Ersatzvornahmeverfügung auch ungeachtet der fehlenden Vollziehbarkeit der Anordnungsverfügung rechtswidrig ist. Denn die Rechtmäßigkeit der zu Grunde liegenden Anordnungsverfügung vom 7. Juli 2001 unterliegt erheblichen Bedenken. Die Aufsichtsbehörde kann rechtmäßig nach § 120 Abs. 1 GO NRW von der Gemeinde nur solches Handeln verlangen, wozu diese rechtlich verpflichtet ist.
52Vgl. Rehn/Cronauge, a.a.O., § 120 Anm. II. 1; Lübking/Vogelsang, a.a.O., Anm. 220.
53Die Antragsgegnerin hat der Stadt E2 aufgegeben, einen Beschluss nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW herbeizuführen, der die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens Forensik" feststellt. Es spricht indes vieles dafür, dass ein solcher Beschluss rechtswidrig und vielmehr die Entscheidung des Rates der Stadt E2 vom 25. Juni 2001, dass das Bürgerbegehren zulässig ist, rechtmäßig ist.
54Die Antragsgegnerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, das Bürgerbegehren sei unzulässig, weil der Stadt E2 für die mit dem Bürgerbegehren zur Entscheidung gestellte Frage die Verbandskompetenz fehle. Zwar muss der Gegenstand des Bürgerbegehrens eine Angelegenheit betreffen, die der Zuständigkeit der Gemeinde unterfällt.
55Vgl. Rehn/Cronauge, a.a.O., § 26 Anm. II. 2; Held/Becker/Decker/Kirchhof/Krämer/ Wansleben, a.a.O., § 26 GO, Anm. 2.1.
56Diese Voraussetzung ist hier indes gegeben. Die Verbandskompetenz der Stadt E2 für den Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nicht deshalb zu verneinen, weil nach § 29 Maßregelvollzugsgesetz das Land für Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischem Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt zuständig ist (Absatz 1) und die Durchführung dieser Aufgabe die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen für den Maßregelvollzug einschließt (vgl. Absatz 2). Es kann hier dahinstehen, inwieweit sich dadurch eine Einschränkung der gemeindlichen Planungshoheit ergibt. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob sich die gemeindliche Befassungskompetenz für die mit dem Bürgerbegehren zur Entscheidung gestellte Frage nicht bereits daraus ergibt, dass der Stadt E2 mit der vom Land Nordrhein- Westfalen eingeräumten Möglichkeit, einen eigenen (alternativen) Standortvorschlag für die Forensikklinik zu unterbreiten, ein Anhörungsrecht eingeräumt worden ist. Auch wenn die Entscheidung über den Standort einer forensischen Klinik eine rein überörtliche Angelegenheit ist, schließt dies die Befassungskompetenz der Gemeinde nicht aus.
57Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) gewährleistet der Gemeinde das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Daraus erwächst der Gemeinde die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Gewalt überantwortet sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen.
58Vgl. BVerfG, BVerfGE 79, S. 127 (146).
59Darüber hinaus kann der Gemeinde aber auch die Berechtigung zustehen, sich aus ihrer ortsbezogenen Sicht mit bestimmten Fragen zu befassen, welche sich aus der Wahrnehmung von Aufgaben öffentlicher Verwaltung ergeben, die nach der gesetzlichen Kompetenz- und Zuständigkeitsordnung anderen Trägern öffentlicher Gewalt zugewiesen sind. Voraussetzung ist allerdings, dass die Angelegenheit einen spezifischen Ortsbezug hat. Ist ein solcher zu bejahen, kann sie auch zu außerhalb ihres Kompetenz- und Zuständigkeitsbereich liegenden Angelegenheiten Stellung nehmen.
60Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 1990 - 7 C 37/89 und 7 C 40/89 -, NVwZ 1991, S. 682 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. November 1987 - 7 A 37/87 -, DVBl. 1988, S. 796;
61Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn mit Blick darauf, dass die fragliche Forensikklinik nach den Plänen des Landes auf E2 Gemeindegebiet entstehen soll und damit die gemeindliche Planungshoheit betroffen ist, sind unmittelbar örtliche Interessen berührt.
62Vgl. allgemein dazu auch Rehn/Cronauge, a.a.O., § 2 Anm. I. 3.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Februar 1988 - 1 S 1919/87 -, DÖV 1988, S. 476; BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990 - 7 C 37/89 -, a.a.O..
63Bei dem Antragsgegenstand des Bürgerbegehrens handelt es sich auch im Übrigen um eine an die Stelle einer Ratsentscheidung tretende Angelegenheit im Sinne des § 26 Abs. 1 GO NRW. Es spricht vieles dafür, dass die Voraussetzung einer Entscheidung" bereits deshalb gegeben ist, weil die mit dem Bürgerbegehren zur Entscheidung gestellte Frage als Wahrnehmung des der Stadt E2 vom Land Nordrhein-Westfalen eingeräumten Anhörungsrechts zu bewerten ist. Denn die Möglichkeit, einen alternativen Standortvorschlag zu machen, schließt als denkbare Stellungnahme mit ein, dass die Stadt nach Prüfung der Angelegenheit zu dem Ergebnis kommt, dass kein Standort innerhalb der Gemeinde - einschließlich der vom Land favorisierten - geeignet ist, und einen entsprechenden Ratsbeschluss verabschiedet. Aber selbst für den Fall, dass der Gegenstand des Bürgerbegehrens im Sinne einer (bloßen) Resolution oder Meinungsäußerung zu werten wäre, sind die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 GO NRW gegeben. Mit der Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid hat der Landesgesetzgeber beabsichtigt, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, über (wichtige) Angelegenheiten der Gemeinde an Stelle des Rates zu entscheiden. Durch die Formulierung an Stelle des Rates zu entscheiden" sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass Angelegenheiten, für die der Gemeinde die Kompetenz fehlt, als Gegenstand eines Bürgerbegehrens/Bürgerentscheids nicht in Betracht kommen.
64Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung, Kreisordnung und anderer Kommunalverfassungsgesetze des Landes Nordrhein-Westfalen" vom 4. Februar 1993 (Landtags-Drucksache 11/4983), S. 7 und 8.
65Eine Einschränkung dahingehend, dass Resolutionen, Meinungsäußerungen und vergleichbare Ratsbeschlüsse unabhängig davon, ob eine gemeindliche Verbandskompetenz besteht, generell als Antragsgegenstand eines Bürgerbegehrens ausgeschlossen sind, lässt sich der Begründung indes nicht entnehmen. Diese lässt vielmehr den Schluss zu, dass als Antragsgegenstand alle Angelegenheiten in Betracht kommen sollten, für die die Gemeinde die Verbandskompetenz hat und in denen eine (Mit-)Gestaltungskompetenz wahrgenommen werden soll, es sei denn, es liegt ein Fall des § 26 Abs. 5 GO NRW vor.
66In diesem Sinne ist auch der entsprechende Hinweis bei Held/Becker/Decker/Kirchhof/Krämer/ Wansleben, a.a.O., § 26 GO, Anm. 2.1., zu verstehen; ebenso Rehn/Cronauge, a.a.O., § 26 Anm. III. 1.
67Davon ausgehend erweist sich der Gegenstand des Bürgerbegehrens nicht als unzulässig, da, wie dargelegt, die Verbandskompetenz der Gemeinde gegeben ist. Auch ist nicht ersichtlich, dass ein sonstiger Ausschlusstatbestand nach § 26 Abs. 5 GO NRW gegeben wäre. Da das Begehren schließlich die beschränkte gemeindliche Gestaltungskompetenz nicht verschweigt, kann es auch nicht mit dem Argument abgewiesen werden, es spiegele den Bürgern eine in Wahrheit nicht bestehende rechtliche Eingriffsmöglichkeit vor.
68Hat somit das Bürgerbegehren Forensik" einen zulässigen Antragsgegenstand, spricht, da auch im Übrigen bei summarischer Prüfung keine die Zulässigkeit ausschließenden Gesichtspunkte ersichtlich sind, vieles dafür, dass die Anordnungsverfügung vom 7. Juli 2001 rechtswidrig und demnach aufzuheben ist. Damit fehlte es zugleich an der Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahmeverfügung, da diese auf einer Anordnung nach § 120 Abs. 1 GO NRW aufbaut.
69Die danach gebotene allgemeine Interessenabwägung fiele zu Lasten der Antragsgegnerin aus: Die Nachteile für die Antragsteller als Initiatoren des Bürgerbegehrens Forensik" für den Fall, dass die aufschiebende Wirkung nicht wiederhergestellt wird und sich im Hauptsacheverfahren die Klage als erfolgreich erweist, sind von erheblicherem Gewicht als diejenigen auf Seiten der Antragsgegnerin für den Fall, dass die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt wird und sich die angefochtene Ersatzvornahme im Klageverfahren als rechtmäßig erweist. Für das Begehren der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen, streitet das Interesse an der Durchführung des Bürgerentscheids. Dieses Interesse ist - sofern sich das Bürgerbegehren im Rahmen des Hauptsacheverfahrens als zulässig und die kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügungen damit als rechtswidrig erweisen - öffentlicher Natur, da es sich dann in Übereinstimmung mit dem in § 26 GO NRW zum Ausdruck kommenden Anliegen befände, die Bürger einer Gemeinde unmittelbar am politischen Entscheidungsprozess teil haben zu lassen. Besonderes Gewicht erhält das Interesse der Antragsteller an der Durchführung des Bürgerentscheids auf Grund der für die Stadt E2 gegebenen Aktualität der zur Entscheidung gestellten Frage und deren - u.a. durch entsprechende Presseberichterstattung - starker Verankerung im Bewusstsein der abstimmungsberechtigten Bevölkerung. Dies lässt erwarten, dass eine verhältnismäßig hohe Beteiligung an der Abstimmung erfolgt. Dass diesem Gesichtspunkt besonderes Gewicht beizumessen ist, deckt sich auch mit der Intention der Bestimmungen in § 26 Abs. 6 GO NRW, unverzüglich über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu entscheiden und, gegebenenfalls, innerhalb von drei Monaten den Bürgerentscheid durchzuführen. Die Regelungen sollen einen engen zeitlichen Zusammenhang des Bürgerentscheids zu dem jeweiligen aktuellen Diskussions- und Entscheidungsprozess gewährleisten. Dieses Ziel wäre indes mit Rücksicht auf die zu erwartende Dauer des Klageverfahrens nicht mehr zu erreichen, wenn die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde, sich aber im Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit der kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügung(en) ergäbe.
70Gemessen daran muss das Interesse der Antragsgegnerin, als Aufsichtsbehörde den ihrer Auffassung nach rechtswidrigen Bürgerentscheid zu verhindern, zurücktreten: Zwar dürfte bei Durchführung des Bürgerentscheids jedenfalls die Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses Auswirkungen politisch-faktischer Art haben. Indes sind keine irreversiblen Auswirkungen rechtlicher Art zu erwarten. Sollte die Abstimmung im Rahmen des Bürgerentscheids eine Mehrheit für das Bürgerbegehren ergeben, knüpften sich an die getroffene Entscheidung keine Vollzugsfolgen. Denn die mit dem Bürgerbegehren gestellte Frage enthält, da sie der Sache nach auf die Abgabe einer Stellungnahme gerichtet ist, keine vollziehungsfähige und - bedürftige Regelung.
71Siehe zur vergleichbaren Interessenabwägung im Fall einer kommunalaufsichtsrechtlichen Aufhebung eines positiven Ratsbeschlusses nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO NRW VG Münster, Beschluss vom 14. November 1996 - 1 L 1089/96 -, NVwZ 1997, S. 824 (826).
72Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
73Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 Gerichtskostengesetz. Da aus Sicht der Antragsteller nicht primär ein kommunalaufsichtliches Rechtsverhältnis Streitgegenstand ist, sondern die Frage der Durchführung eines Bürgerentscheids, hält die Kammer es für sachgerecht, von dem von ihr regelmäßig in Hauptsacheverfahren betreffend die Zulässigkeit von Bürgerbegehren zugrundegelegten (Auffang- )Streitwert in Höhe von 8.000,-- DM auszugehen. Angesichts der sich für die Antragsteller ergebenden Bedeutung der Anträge ist jeweils eine Verdoppelung des Auffangstreitwertes für das Hauptsacheverfahren (2 x 16.000,-- DM) und jeweils die Hälfte davon für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angemessen.
74Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 20. März 1995 - 15 B 546/95 -.
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