Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 34 K 2276/00.PVL
Tenor
Die Einstellung der Bewerber für die Hauptschule mit der Fächerkombination Englisch/Französisch zum 1. Februar 2000 ohne Zustimmung des Antragstellers und ohne Stufenverfahren verletzt dessen Mitbestimmungsrechte.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller ist ein bei der Beteiligten gebildeter Personalrat. Die Beteiligte legte dem Antragsteller mit Begleitschreiben vom 14. Januar 2000 eine Liste von zum 1. Februar 2000 beabsichtigten Einstellungsmaßnahmen (Vorgriffseinstellungen) im so genannten schulscharfen Einstellungsverfahren (gemäß dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 11. September 1997 GABl. NW S 230) vor. In der Liste befanden sich unter anderem 14 Bewerber und Bewerberinnen mit der Fächerkombination Englisch/Französisch" bzw. Französisch/Englisch", die an verschiedenen Hauptschulen eingestellt werden sollten. In der Erörterung der Maßnahme am 24. oder 25. Januar 2000 verweigerte der Antragsteller seine Zustimmung zur Einstellung der Bewerber mit der Fächerkombination Englisch/Französisch". Der Antragsteller und die Beteiligte vereinbarten, dass die Bewerber mit diesen Fächerkombinationen im Wege der Eilmaßnahme nach § 66 Abs. 8 LPVG NRW zum 1. Februar 2000 vorläufig eingestellt werden sollten und den Bedenken des Antragstellers durch Einleitung des Stufenverfahrens Rechnung getragen werden sollte.
4Mit Schreiben vom 25. Januar 2000 lehnte der Antragsteller die beabsichtigte Einstellung der Bewerber der Fächerkombination Englisch/Französisch" förmlich mit der Begründung ab, die Einstellungen würden am Fächerbedarf der Hauptschule vorbeigehen. Faktisch würde hierdurch die Einstellung von Ein-Fach-Lehrer/-innen erfolgen, obwohl an Hauptschulen zunehmend der Einsatz von Lehrer/-innen mit mehreren Fächern in einer Klasse praktiziert werde.
5Mit Schreiben vom 3. Februar 2000 teilte die Beteiligte dem Antragsteller mit, dass sie die Einstellungen trotz der vorgetragenen Bedenken im Wege der Maßnahme nach § 66 Abs. 8 LPVG NW vorzunehmen gedenke. Die Sache werde alsbald dem Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSWWF) mit der Bitte um Einleitung des Stufenverfahrens vorgelegt. Mit Schreiben an die Beteiligte vom 22. Februar 2000 lehnte das MSWWF den Antrag der Beteiligten auf Einleitung des Stufenverfahrens ab und führte hierzu aus, die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers sei unbeachtlich, da sie die Definition des fächerspezifischen Bedarfes der Schulen und die Festlegung der Reihenfolge des Zugriffs auf die Bewerber betreffe, die nicht der Zustimmung des Personalrates unterliege. Die Maßnahme gelte daher als gebilligt.
6Dies teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit Schreiben vom 1. März 2000 mit.
7Am 12. April 2000 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Er ist der Ansicht, seine Zustimmungsverweigerung sei beachtlich. Er habe sich darin an dem vom MSWWF selbst definierten fächerspezifischen Bedarf orientiert. Dieser sehe eine Fächerkombination Französisch/Englisch an Hauptschulen gerade nicht vor.
8Der Antragsteller beantragt,
9festzustellen, dass die Einstellung von Bewerbern für Hauptschulen mit der Fächerkombination Englisch/Französisch zum Einstellungstermin 1. Februar 2000 ohne Zustimmung des Antragstellers und ohne Durchführung des Stufenverfahrens das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt hat.
10Die Beteiligte beantragt,
11den Antrag abzulehnen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
13II.
14Der Antrag ist zulässig und begründet.
15Der Antrag ist zulässig. Er richtet sich gegen eine Maßnahme der Beteiligten. Gegenüber dem Antragsteller wird das Land als Dienstherr allein durch die Leitung der Dienststelle, bei der er gebildet ist, repräsentiert (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Dezember 1994, 1 A 2005/92.PVL, NWVBl 1995, 432). Das ist hier die Beteiligte. In ihrem Verantwortungsbereich liegen die streitigen Einstellungen. Die Entscheidung des MSWWF, das Stufenverfahren abzubrechen, begründet keine das Feststellungsinteresse des Antragstellers ausschließende Verbindlichkeit für den Antragsteller, da es sich um keine förmliche, nach den gesetzlichen Vorschriften über das Stufenverfahren das Verfahren abschließende Entscheidung handelt (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Dezember 1994, a.a.O.).
16Der Zulässigkeit des Antrages steht ferner weder entgegen, dass die Maßnahme, anlässlich derer der Streit entstanden ist, von der Beteiligten bereits vollzogen wurde noch, dass der Erlass des MSWWF vom 11. September 1997 mittlerweile durch Nachfolgeerlasse abgelöst ist, die für den Bereich der Hauptschulen infolge des Bewerbermangels mittlerweile sogar Einstellungen erlauben, die sich überhaupt nicht mehr an den durch die Staatsexamen nachgewiesenen Fächerkombinationen der Bewerber orientieren. Denn hinter dem konkreten Antrag steht die Rechtsfrage, ob der Antragsteller rügen darf, dass die Beteiligte bei Einstellungen von Lehrern an Hauptschulen im schulscharfen Auswahlverfahren von den zuvor durch Gesetz, Verwaltungspraxis und Richtlinien definierten Voraussetzungen abweicht. Diese Frage hat nicht zuletzt wegen des von der Vertreterin der Beteiligten im Anhörungstermin geschilderten noch zunehmenden Mangels an geeigneten Bewerbern für die Hauptschule eine hohe Aktualität und kann sich jederzeit erneut stellen.
17Der Antrag ist begründet.
18Der Antragsteller hat sich mit seiner Zustimmungsverweigerung nicht außerhalb des durch § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW geregelten Mitbestimmungstatbestandes Einstellung" bewegt. Unter dem personalvertretungsrechtlichen Begriff der Einstellung ist die Eingliederung eines neuen Beschäftigten in die Dienststelle zu verstehen. Die Mitbestimmung erstreckt sich auf die zur Einstellung vorgesehene Person, auf die von ihr auszuübende Tätigkeit und ggfls. die tarifliche Bewertung der Tätigkeit. Auf diese Modalitäten kann der Personalrat einwirken, wenn er berechtigte, sich etwa aus seinem kollektiven Schutzauftrag ergebende Gründe hat (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Januar 1999, 1 A 6324/99.PVL). Die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers berührt diese Punkte. Der Antragsteller rügt substanziiert, dass die von den Bewerbern auszuübende Tätigkeit, nämlich die Unterrichtung von Schülern an der Sekundarstufe I an Hauptschulen, nach den bisher von der Beteiligten verwendeten Kriterien andere, nämlich weiter gehende Anforderungen verlange, als sie die Bewerber vorweisen können. Neben der Lehrbefähigung für Englisch müsse die durch Staatsexamen nachgewiesene Befähigung für ein weiteres an Hauptschulen regelmäßig unterrichtetes Fach hinzu kommen. Der Einwand zielt auf die zuvor geltende Verwaltungspraxis, die durch die seinerzeit geltenden Richtlinien gestützt wurde (vgl. Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 11. September 1997 GABl. NW S 230). Eine Abweichung davon in Einzelfällen, ohne generelle Änderung der Verwaltungsvorschriften berührt das allgemeine Recht der Personalvertretung aus § 64 Nr. 2 LPVG NRW. Die Verweigerung hat auch einen hinreichenden Bezug zu der Gesamtheit der bereits Beschäftigten, deren kollektive Rechte der Personalrat wahr nimmt. Die Interessen der Lehrer an Hauptschulen werden kollektiv berührt, wenn die Beteiligte Bewerber mit Ein-Fach-Qualifikation" (hier Englisch) einstellt, deren zweites Fach an der Hauptschule nicht unterrichtet wird.
19Ob sich der Antragsteller mit seiner Zustimmungsverweigerung im Stufenverfahren durchsetzen kann, insbesondere wenn tatsächlich ein krasser Mangel an Bewerbern existiert, ist unerheblich. Jedenfalls liegt die Rüge nicht so völlig außerhalb des durch § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG eingeräumten Mitbestimmungstatbestandes Einstellung", dass sie als unbeachtlich hätte übergangen werden dürfen.
20Eine Kostenentscheidung entfällt im landespersonalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
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