Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 20 K 7946/01
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 2. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Direktors des Landschaftsverbandes Rheinland vom 13. November 2001 verpflichtet, die Miete für die Wohnung des Klägers im Haus L3 00 in L2 für die Zeit von Januar 2001 bis März 2001 aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 22. August 1934 geborene Kläger leidet u.a. an einem schweren Parkinsonsyndrom und demenzieller Entwicklung. Nachdem mehrere Versuche, ihm durch einen ambulanten Pflegedienst zuhause zu versorgen, auf Grund der Ausprägung seines Krankheitsbildes mit erheblicher Einschränkung der Mobilität sowie Minderung der intellektuellen Funktionen gescheitert waren, bescheinigte die Klinik L4, Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie in L2, in der er seit dem 4. Oktober 2000 untergebracht war, die Indikation für eine Heimaufnahme des Klägers. Am 30. November 2000 wurde der Kläger von der Klinik in das Seniorenheim D-Stift der Stadt L2 verlegt.
3Bereits am 28. November 2000 hatte der Betreuer des Klägers beim Beklagten die Übernahme der nicht durch die Pflegeversicherung und das Pflegewohngeld gedeckten Heimkosten aus Sozialhilfemitteln sowie die Übernahme der Umzugs- bzw. Haushaltsauflösungskosten und der Mietkosten bis zur Genehmigung der Wohnungskündigung durch das Vormundschaftsgericht beantragt. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 bezifferte der Betreuer des Klägers die Kosten für den Umzug/die Haushaltsauflösung auf 1.700 DM
4Mit Bescheid vom 22. Januar 2001 bewilligte der Beklagte Hilfe zur Pflege durch Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Der Antrag auf Übernahme der Umzugskosten wurde vom Beklagten hingegen telefonisch abgelehnt.
5Unter dem 8. März 2001 erteilte das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Betreuers vom 11. Dezember 2000 die Genehmigung zur Kündigung des Mietvertrages. Der Betreuer des Klägers schloss mit dem Vermieter sodann eine Auflösungsvereinbarung, wonach das Mietverhältnis zum 31. März 2001 beendet wurde.
6Am 17. März 2001 beantragte der Betreuer des Klägers den Erlass einer einstweiligen Anordnung - 20 L 695/01 - mit dem Ziel, den Beklagten vorläufig zur Übernahme der Mietkosten sowie der Umzugskosten bzw. Kosten der Haushaltsauflösung zu verpflichten. Nachdem sich der Beklagte bereit erklärt hatte, die Kostenpauschale in Höhe von 1.700 DM aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen, erklärten die Beteiligten das Verfahren insoweit für erledigt. Hinsichtlich der begehrten Übernahme der laufenden Mietkosten nahm der Betreuer des Klägers den Antrag zurück, nachdem er vom Berichterstatter auf das Fehlen eines Anordnungsgrundes hingewiesen worden war. Das Verfahren wurde durch Beschluss vom 17. April 2001 eingestellt.
7Mit Bescheid vom 2. Mai 2001 lehnte der Beklagte die Übernahme der Miete für die Zeit von Januar 2001 bis einschließlich März 2001 unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 BSHG ab und führte hierzu aus, der Unterkunftsbedarf des Klägers sei anderweitig gedeckt worden. Die Voraussetzungen für eine Hilfegewährung nach § 15a BSHG lägen ebenfalls nicht vor.
8Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Personen durch Widerspruchsbescheid vom 13. November 2001 - zugestellt am 16. November 2001 - als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Ein Anspruch auf Übernahme der Mietkosten bestehe aus Bedarfsdeckungsgesichtspunkten nicht. Dies ergebe sich aus dem das Sozialhilferecht prägenden und vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung hervorgehobenen Grundsatz, dass die Sozialhilfe dazu diene, eine gegenwärtige Notlage zu beheben. Die gegenwärtige Notlage des Klägers bestehe in der Hilfebedürftigkeit im Hinblick auf die Unterbringung. Nur hierfür habe der Sozialhilfeträger einzutreten. Der vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Dezember 1997 entschiedene Fall sei auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar. In dem vom Bundesverwaltungsgericht zu entscheidenden Fall habe der stationär untergebrachte Hilfe Suchende eigenes Einkommen gehabt, von dem nach §§ 84, 85 BSHG Mietzinsverpflichtungen, die durch die Verzögerung der Wohnungsaufgabe auf Grund eines vormundschaftsgerichtlichen Verfahrens entstanden seien, als besondere Belastungen hätten abgesetzt werden können. Vorliegend verfüge der Kläger jedoch über kein eigenes Einkommen, von dem Belastungen im Sinne der §§ 84, 85 BSHG abgesetzt werden könnten.
9Der Kläger hat durch seinen Betreuer am 8. Dezember 2001 Klage erhoben, mit der er weiterhin die Übernahme der Mietkosten für die Zeit von Januar bis März 2001 aus Sozialhilfemitteln begehrt.
10Er trägt vor: Wegen Einholung der notwendigen Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht für die Wohnungsauflösung sei eine Kündigung des Mietvertrages erst zum 31. März 2001 möglich gewesen. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes sei am 15. März 2001 bei dem Betreuer eingegangen. Vom Vermieter sei sogar auf die übliche Kündigungsfrist von drei Monaten verzichtet worden. Da Mietkosten nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als besondere Belastungen im Sinne von §§ 84,85 BSHG anerkannt seien, könne für die Entscheidung nicht maßgeblich sein, ob der jeweilige Antragsteller über Einkommen verfüge oder nicht. Im Übrigen ergebe sich der Anspruch aus § 75 BSHG.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid des Beklagten vom 2. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landschaftsverbandes Rheinland vom 13. November 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Miete für die von dem Kläger bis zur Heimaufnahme bewohnte Wohnung für die Zeit von Januar 2001 bis März 2001 abzüglich etwa bereits geleisteter Rückerstattungen durch den Vermieter zu übernehmen.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Er nimmt zur Begründung Bezug auf die Gründe des Widerspruchsbescheides des Direktors des Landschaftsverbandes vom 13. November 2001.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Landschaftsverbandes Rheinland ergänzend Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch darauf, dass er die Mietkosten für die Wohnung im Haus L3 00 in L2 für die Zeit von Januar bis März 2001 aus Sozialhilfemitteln übernimmt.
19Rechtsgrundlage für diesen Anspruch sind die §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 BSHG.
20Hilfe zum Lebensunterhalt ist gemäß § 11 Abs. 1 BSHG dem zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. So liegt es hier, da der Kläger weder über ausreichendes Einkommen noch über Vermögen verfügte, um seinen notwendigen Lebensunterhalt sicherzustellen. Zum notwendigen Lebensunterhalt gehört gemäß § 12 Abs. 1 BSHG u.a. auch die Unterkunft. Diese Vorschrift wird im vorliegenden Fall nicht durch speziellere Vorschriften - etwa über die Hilfe in besonderen Lebenslagen - verdrängt. Die Vorschrift ist nicht allein schon deshalb unanwendbar, weil der Kläger in dem hier zur Beurteilung stehenden Zeitraum bereits stationär untergebracht war. Denn § 27 Abs. 3 BSHG bestimmt nur, dass die Hilfe in besonderen Lebenslagen auch den in der Einrichtung gewährten Lebensunterhalt umfasst, wenn die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung gewährt wird. Hingegen schließt die Vorschrift des § 27 Abs. 3 BSHG, anders als es die Formulierung im Ausgangsbescheid des Beklagten vom 2. Mai 2001 nahe zu legen scheint, die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt neben der Hilfe in besonderen Lebenslagen nicht aus, sofern (auch) die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb der genannten Einrichtungen erforderlich ist, um einen entsprechenden Bedarf des Hilfe Suchenden zu decken.
21Im vorliegenden Fall war die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für den Kläger in Form der Übernahme einer laufenden Mietzinsverpflichtung für die Wohnung im Haus L3 00 in L2 erforderlich. Dem kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht entgegengehalten werden, dass der Unterkunftsbedarf des Klägers durch die Unterbringung im Seniorenheim D-Stift der Stadt L2 gedeckt gewesen wäre. Richtig ist insoweit allerdings, dass ein Anspruch auf Sozialhilfe ausgeschlossen ist, soweit der in Rede stehende Bedarf anderweitig gedeckt ist oder gedeckt werden kann. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BSHG, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich selbst helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Das Einsetzen der Sozialhilfe hängt nach ständiger Rechtsprechung,
22vgl. nur BVerwG, Urteile vom 30. April 1992 - 5 C 12.87 - FEVS 43, 59 und - 5 C 26.88 - FEVS 43, 95, sowie Urteil vom 23. Juni 1994 - 5 C 26.92 - ZfSH/SGB 1994, 588,
23davon ab, dass im Zeitpunkt der Behördenentscheidung ein sozialhilferechtlicher Bedarf besteht.
24Im vorliegenden Fall bestand ein sozialhilferechtlicher Bedarf des Klägers in Form ungedeckter Unterkunftskosten. Bei den laut Mietvertrag monatlich zu erbringenden Mietzinsen handelte es sich um Kosten der "Unterkunft" im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG, § 3 Abs. 1 RegelsatzVO. Die Aufwendungen waren nämlich unmittelbar mit der Deckung des Unterkunftsbedarfs des Klägers verbunden.
25Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können grundsätzlich auch für die Beschaffung, Nutzung oder Erhaltung der Unterkunft eingegangene Verbindlichkeiten (Schulden) "Aufwendungen" im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO sein,
26vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 5. Oktober 1972 - V C 50.71 - BVerwGE 41, 22 - (laufende Lasten für ein Eigenheim mit Ausnahme der Tilgungslasten -) und BVerwG, Urteil vom 30. April 1992 - 5 C 26.88 - a.a.O. (Kosten der Auszugsrenovierung),
27wenn und soweit es sich um mit dem sächlichen Unterkunftsbedarf notwendig verbundene wirtschaftliche Belastungen handelt.
28vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1995 - 5 C 28.93 - FEVS 46, 311 zur Übernahme von Aufwendungen anlässlich der Einweisung in eine Obdachlosenunterkunft.
29Unerheblich soll es hiernach auch sein, wenn der tatsächliche Unterkunftsbedarf des Klägers bereits vor Entstehen der konkreten Aufwendungen - im Falle des Bundesverwaltungsgerichts mit der ordnungsbehördlichen Beschlagnahme und Einweisung - gedeckt worden ist,
30vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1995 a.a.O.
31Zwar wird ein unmittelbarer Zusammenhang von Aufwendungen und Unterkunft in aller Regel nicht bestehen, wenn es sich hierbei um Mietzinsen für eine nicht mehr bewohnte Unterkunft handelt, weil in diesem Fall durch die neue Wohnung der maßgebliche sächliche Unterkunftsbedarf gedeckt worden ist,
32vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 1996 - 24 E 931/96 - und auch schon VG Düsseldorf, Urteil vom 30. November 1999 - 20 K 490/98 -.
33Eine Ausnahme kann allerdings dann anerkannt werden, wenn der Auszug aus der bisherigen Wohnung nach sozialhilferechtlichen Maßstäben notwendig war und ohne den Wohnungswechsel vor Ablauf der Kündigungsfrist ein (weiterhin) bestehender sächlicher Unterkunftsbedarf nicht rechtzeitig hätte gedeckt werden können; mit anderen Worten, wenn der Hilfe Suchende zur Vermeidung von Obdachlosigkeit oder von anderen, vergleichbar schweren Nachteilen gezwungen war, die neue Wohnung bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist an Stelle der alten Wohnung anzumieten und er auch nicht in der Lage war, die Unterkunftskosten für die alte Wohnung - etwa durch die Stellung eines zumutbaren Nachmieters - zu vermeiden. Die für die alte Wohnung noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu zahlende Miete kann in einem solchen Fall eine Aufwendung sein, die unmittelbar mit der Deckung des aktuellen Bedarfs für die Erhaltung einer Unterkunft verbunden ist. Hierbei wird es insbesondere auf die Umzugsgründe und die örtlichen Verhältnisse ankommen. Es obliegt dem Hilfe Suchenden, dem Sozialhilfeträger substantiiert darzulegen, dass eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunftsalternative im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht auffindbar war.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 1996 - 24 E 931/96 -. Ähnlich auch OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Oktober 2001 - 4 MA 2958/01 - FEVS 53, 247 m.w.N. (Die bis zur Beendigung des Mietverhältnisses für die bereits geräumte Wohnung - neben der für die neu bezogene Wohnung - geschuldete Miete kann als Unterkunftsbedarf anerkannt werden, wenn es notwendig gewesen ist, dass der Hilfeempfänger gerade diese neue Wohnung zu diesem Zeitpunkt gemietet und bezogen hat, und wenn er alles ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um die Aufwendungen für die frühere Wohnung so gering wie möglich zu halten.") und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Juni 1999 - 7 S 458/99 - FEVS 51, 127 (Zu den Kosten der Unterkunft im Sinne von § 12 Abs. 1 BSHG können grundsätzlich auch die durch einen notwendigen Umzug entstehenden doppelten Mietbelastungen rechnen...)
35Eine solche Zwangslage bestand im vorliegenden Fall für den Kläger. Unstreitig war der Kläger nicht mehr in der Lage sich selbst zu versorgen, sondern er war auf Pflege durch Dritte angewiesen. Mithin war die vorhanden Unterkunft im Hause L3 00 in L2 nicht mehr geeignet, seinen Unterkunftsbedarf in sozialhilferechtlich angemessener Art und Weise zu befriedigen. Stattdessen war der Kläger gezwungen, den mit dem Pflegebedarf einhergehenden veränderten sächlichen Unterkunftsbedarf durch die Inanspruchnahme stationärer Pflege in einem Pflegeheim zu decken. Mangels akuter ärztlicher Behandlungsbedürftigkeit konnte er nicht mehr bis zur Kündigung des Mietvertrages im Krankenhaus verbleiben, andererseits war eine Rückkehr in die eigene Wohnung nicht mehr zu verantworten. Auf Grund der zunächst einzuholenden Genehmigung des Vormundschaftsgerichts war dem Betreuer des Klägers - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - die sofortige Kündigung des Mietvertrages nicht möglich. Der Kläger hatte damit keine Möglichkeit, seinen Unterkunftsbedarf auf eine kostengünstigere Weise zu decken und konnte insbesondere nicht vermeiden, dass weiterhin noch Zahlungsverpflichtungen für die Wohnung im Haus L3 00 in L2 entstanden. Der Kläger - vertreten durch seinen Betreuer - hat alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen, um die Kostenlast soweit als möglich zu vermeiden. Denn er hat unverzüglich den Antrag beim Vormundschaftsgericht gestellt, er hat unverzüglich nach Erteilung der Genehmigung zur Wohnungsauflösung den Mietvertrag gekündigt und er hat sogar mit dem Vermieter Einvernehmen über eine vorzeitige Entlassung (des Klägers) aus dem Mietverhältnis erzielt. War nach alledem der sofortige Auszug aus der Wohnung erforderlich und waren die hier in Rede stehenden noch bis März 2001 anfallenden Unterkunftskosten unvermeidbar, so besteht ein Anspruch auf Übernahme dieser Kosten aus Sozialhilfemitteln.
36Nichts Gegenteiliges folgt aus der von den Beteiligten erörterten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Dezember 1997- 5 B 21.97 - FEVS 48,241 Insbesondere lässt sich dieser Entscheidung nicht entnehmen, dass laufende Mietzinsverpflichtungen, die bei Unterbringung eines Hilfe Suchenden im Pflegeheim durch die Verzögerung der Wohnungsaufgabe auf Grund des erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungsverfahrens entstehen, nur dann berücksichtigt werden können, wenn der Hilfe Suchende über eigenes Einkommen verfügt. Das Bundesverwaltungsgericht führt nämlich in der genannten Entscheidung ausdrücklich aus:
37Dem Sozialhilferecht ist kein Strukturprinzip zu entnehmen, das es rechtfertigen könnte, das wirtschaftliche Risiko für die aus dieser staatlichen Inschutznahme resultierenden Mietbelastungen auf den Vermieter abzuwälzen."
38Diese wirtschaftliche Risikozuordnung bei der Unterbringung eines unter Betreuung stehenden Hilfe Suchenden muss aber gleichermaßen und unabhängig davon gelten, ob der Hilfe Suchende über eigenes Einkommen verfügt oder nicht. Es ist in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kein vernünftiger Grund ersichtlich, den Hilfebedürftigen mit eigenem Einkommen anders zu behandeln als den Hilfebedürftigen ohne eigenes Einkommen und im ersten Fall den Vermieter vom wirtschaftlichen Risiko freizustellen, hingegen im zweiten Fall das wirtschaftliche Risiko voll auf den Vermieter abzuwälzen.
39Schließlich scheitert das Klagebegehren auch nicht daran, dass Sozialhilfe grundsätzlich nicht für die Vergangenheit beansprucht werden kann. Der hier in Rede stehende Unterkunftsbedarf des Klägers gehört nicht der Vergangenheit an, sondern bestand und besteht in Gestalt des Bedarfs zur Finanzierung der Unterkunft fort.
40vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1995 a. a.O.
41Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs wird sich der Kläger vom Vermieter geleistete Erstattungen von Betriebsvorauszahlungen auf seinen Anspruch anrechnen lassen müssen. Dies entspricht auch seinem Klagebegehren, wie es im Antrag zum Ausdruck gekommen ist. Lediglich im Hinblick auf die fehlende Bezifferung der Miethöhe und der erhaltenen Rückzahlungen wurde wegen des Erfordernisses hinreichender Bestimmung und Bestimmbarkeit des Tenors von einer entsprechenden Tenorierung abgesehen.
42Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
43Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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