Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 22 K 8954/03
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind togoische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1) und 2) halten sich seit dem 30. April 2002 in der Bundesrepublik auf. Der Kläger zu 3) ist am 4. Dezember 2002 in der Bundesrepublik geboren. Der Kläger zu 1) sowie die Klägerin zu 2) haben am 30. April 2002 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte gestellt, über den ausweislich der Verwaltungsvorgänge jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides im Dezember 2003 noch nicht rechtskräftig entschieden war. Der Kläger zu 1) sowie die Klägerin zu 2) erhalten seit ihrem Zuzug nach N im Juni 2002 sowie der Kläger zu 3) seit seiner Geburt im Dezember 2002 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Kläger bewohnen eine Wohnung im Übergangsheim C 000 in N.
3Anfang September 2003 beantragten die Kläger mündlich sowie schriftlich durch ihre Prozessbevollmächtigten unter dem 23. September 2003 die Zustimmung zum Umzug in eine Wohnung auf dem privaten Wohnungsmarkt. Zur Begründung führten sie aus, der Kläger zu 3) leide seit seiner Geburt an rezidivierenden Infekten der unteren und oberen Luftwege. Inzwischen sei eine Dauermedikation notwendig. Die Krankheitsentwicklung sei auf die nicht tragbare Wohnsituation zurückzuführen, da die Krankheitsentwicklung auch maßgeblich von Umgebungseinflüssen (Feuchtigkeit, Schimmel, etc.) abhänge. Dem Antrag fügten die Kläger eine Bescheinigung des Krankenhauses O vom 10. September 2003 bei. Nach dieser Bescheinigung hat sich der Kläger zu 3) auf Grund einer schweren obstruktiven Bronchitis in stationärer Behandlung befunden. Der Kläger zu 3) leide seit Geburt unter dieser Erkrankung, sodass jetzt eine Dauermedikation notwendig geworden sei. Die Familie sei in einer für dieses Kind nicht tragbaren Wohnsituation, sodass aus medizinischer Sicht ein Wohnungswechsel angestrebt werden sollte. Es wäre schön, wenn sich das Sozialamt diesbezüglich einsetzen könnte, da die Krankheitsentwicklung des Kindes auch maßgeblich von Umgebungseinflüssen (Feuchtigkeit, Schimmel etc.) abhinge,. Die Kläger reichten ferner ein Attest der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin H vom 18. September 2003 ein. Nach diesem Attest leidet der Kläger zu 3) seit seiner Geburt an rezidivierenden Infekten der unteren und oben Luftwege. In dem Attest wird weiter ausgeführt, dass nach den Schilderungen der Eltern dies in der Hauptsache auf die schlechte Wohnsituation der Familie zurückzuführen sei. In dem Attest wird zugleich die Bitte geäußert, das wohnliche Umfeld der Familie besonders in Bezug auf Feuchtigkeit und Schimmel zu überprüfen. Am Ende des Attestes heißt es, zur Genesung des Kindes sei ein Wohnungswechsel aus ärztlicher Sicht dringend erforderlich.
4Die Beklagte veranlasste daraufhin eine örtliche Überprüfung durch einen Sozialarbeiter. Nach dem Bericht vom 24. September 2003 (Bl. 143 der Verwaltungsvorgänge) konnte dieser Feuchtigkeit nicht feststellen. In dem Bericht vom 24. September 2003 heißt es weiter, dass der Klägerin zu 2) vor einer Woche ein Umzug in das Übergangsheim B3 00" oder M 00/00" sowie ein Umzug innerhalb von C 000 in ein Zimmer ihrer Wahl angeboten worden sei. Dies habe die Klägerin zu 2) aber abgelehnt, da alle Übergangsheime gleich schlecht seien. Die Klägerin zu 2) sei ausschließlich an einem Umzug in eine von der Beklagten finanzierte eigene Wohnung interessiert.
5Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 25. September 2003 den Antrag auf Genehmigung zum Umzug in eine Wohnung auf dem privaten Wohnungsmarkt ab. Zwar leide der Kläger zu 3) an rezidivierenden Infekten der oberen und unteren Atemwege. Die Behauptung der Kläger, dies sei auf die Wohnsituation zurückzuführen, sei durch eine örtliche Überprüfung nicht bestätigt worden. Die Begehung der Wohnräume habe ergeben, dass diese weder feucht seien noch Schimmel vorhanden gewesen sei. Das Angebot, in eine andere Sammelunterkunft zu verziehen, sei abgelehnt worden. Die Klägerin zu 2) habe erklärt, dass sie ausschließlich an der Anmietung einer privaten Wohnung interessiert sei. Es stehe jedoch grundsätzlich nicht im Belieben des Hilfe Suchenden, zwischen der Unterkunft in einer Sammelunterkunft und der Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt zu wählen. Angesichts der in § 53 Asylverfahrensgesetz zum Ausdruck gebrachten asylpolitischen Zielrichtung komme ein Abweichen von diesem Grundsatz nur in Betracht, wenn atypische Umstände vorlägen, die ein Außerachtlassen der gesetzgeberischen Intension erforderten. Die Notwendigkeit der Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt sei daher unter besonders strengen Kriterien zu prüfen. Auf Grund ständig wiederkehrender Infekte der Atemwege bei Säuglingen und Kleinkindern seien jedoch die Tatbestandsmerkmale atypischer Umstände nicht erfüllt. Infektionen, gleich welcher Art, seien gerade in den ersten Lebensjahren in den hier herrschenden klimatischen Verhältnissen nicht als ungewöhnlich oder gar atypisch anzusehen.
6Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 7. November 2003 Widerspruch ein mit der Begründung, besondere Umstände lägen auf Grund der Krankheitssituation der Kinder vor.
7Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2003 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Kläger gehörten zum Personenkreis des § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG. Grundsätzlich bestehe daher nur ein Anspruch auf Deckung des Unterkunftsbedarfs mittels Sachleistungen, hier durch Unterbringung in einer Sammelunterkunft. Zwar leide der Kläger zu 3) an einer obstruktiven Bronchitis, die nach der von ihm vorgelegten Bescheinigung der Ärztin für Kinderheilkunde am Krankenhaus O einen Umzug als wünschenswert erscheinen lasse; der Umzug sei aber nicht zwingend notwendig. Nach dem Bericht des zuständigen Sozialarbeiters seien die von den Klägern bewohnten Räume frei von Schimmel und Feuchtigkeit. An einem Umzug innerhalb des Hauses C 000 oder an einem Umzug in ein anderes (grundrenoviertes) Übergangsheim seien die Kläger nicht interessiert. Nach einem mit der Kinderarztpraxis H geführten Telefongespräch sei im Übrigen ein Umzug nur notwendig, wenn die Räume feucht und schimmelig seien. Sofern dies - wie hier - nicht zutreffe, bestehe keine Notwendigkeit, die Wohnung zu wechseln.
8Die Kläger haben am 18. Dezember 2003 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie weiter die Zustimmung zur Anmietung einer Wohnung auf dem frei finanzierten Wohnungsmarkt begehren. Zur Begründung machen sie geltend: Die Räumlichkeiten seien feucht. Es sei auch Schimmel an den Wänden erkennbar. Im Übrigen habe die Beklagte die negative Wohnsituation der Kläger in ihrem Bescheid vom 25. September 2003 nicht bestritten.
9Die Kläger beantragen - sinngemäß -,
10die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 zu verpflichten, der Anmietung einer frei finanzierten Wohnung angemessener Größe zuzustimmen und die entsprechenden Kosten zu übernehmen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung führt sie aus, es sei offensichtlich, dass die ärztlichen Atteste zwar die Erkrankung des Klägers zu 3) bestätigten und eine allgemeine Tatsache wiedergäben, wonach eine Atemwegserkrankung durch negative Wohnsituationen (Feuchtigkeit, Schimmel) begünstigt bzw. verschlimmert werde. Allerdings spreche nichts dafür, dass die Schlussfolgerung auf Grund persönlicher Kenntnisse erfolgt sei. Die angebliche Exponation der Räumlichkeiten sei nach Feststellungen des zuständigen Sozialarbeiters nicht gegeben. Weder seien die Räume feucht noch schimmelig. Im Übrigen könne dem durch ordnungsgemäßes Lüften vorgebeugt werden und rechtfertige insofern keinen Umzug. Da in den Räumen jedoch geraucht werde, was bekanntlich erheblich zur Verschlechterung einer obstruktiven Bronchitis beitrage, hätten es die Kläger selbst in der Hand, für eine Besserung der Situation zu sorgen. Darüber hinaus sei das Angebot der Beklagten, andere Räumlichkeiten, ggf. auch in einem anderen Übergangsheim, zu beziehen, abgelehnt worden.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
17Der Bescheid der Beklagten vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003, mit dem die Zustimmung zur Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt und die Übernahme der entsprechenden Kosten abgelehnt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in eigenen Rechten; den Klägern steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
18Die Bestimmungen der §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1, 22 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 22 BSHG kommen als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, weil die Kläger nach § 120 Abs. 2 BSHG keine Sozialhilfeleistungen beanspruchen können. Die Kläger fallen vielmehr - unstreitig - in dem hier maßgeblichen Zeitraum als Asylantragsteller unter den Personenkreis der Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Ziffer 1 bzw. 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 26. Mai 1997 (BGBl. I, S. 1130).
19Ein Anspruch der Kläger auf Zustimmung der Beklagten zur Anmietung ergibt sich zunächst nicht aus § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG. Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG, dass der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt wird. Der notwendige Bedarf an Unterkunft" ist durch die Unterbringung der Leistungsberechtigten in einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne des § 44 Asylverfahrensgesetz oder vergleichbaren Einrichtungen wie in einem städtischen Übergangsheim oder in einer anderen Gemeinschaftsunterkunft sicherzustellen. Nur insoweit haben die Kläger auf die Zuweisung einer Unterkunft als Sachleistung einen subjektiv-rechtlichen Anspruch,
20vgl. Schellhorn/Schellhorn, Kommentar zum Bundessozialhilfegesetz, 16. Aufl. 2002, § 3 AsylbLG Rn. 11 mit Nachweisen zur Rechtsprechung.
21Dieser Verpflichtung kommt die Beklagte durch Unterbringung der Kläger in dem Übergangswohnheim C 000 nach. Ein Ermessen wird der Beklagten in § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG nicht eingeräumt. Die Kläger können daher aus § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG keinen Anspruch auf die eigenständige Anmietung einer Wohnung und Übernahme der hierdurch entstehenden Unterkunftskosten herleiten.
22Vgl. Schellhorn/Schellhorn, a.a.O., § 3 AsylbLG Rn. 11, 12 mit Nachweisen zur Rechtsprechung.
23Ein Anspruch der Kläger ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs. 2 AsylbLG. Danach können, soweit es nach den Umständen der Unterbringung oder der örtlichen Gegebenheiten erforderlich ist, an Stelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG Leistungen in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder, wen besondere Umstände der Aushändigung von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen entgegenstehen, in gleichem Wert auch Geldleistungen gewährt werden. Der Wert dieser Geldleistungen umfasst gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG auch die notwendigen Kosten für die Unterkunft. Damit ermöglicht diese Vorschrift den Unterkunftsbedarf durch Geldleistungen für eine frei angemietete Wohnung zu übernehmen sowie im Vorgriff darauf die Erteilung der Zustimmung zur Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt. Die Entscheidung darüber, ob die Unterkunft an Stelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen durch Geldleistungen gewährt wird, steht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Ermessen der zuständigen Behörde, das vom Gericht nur mit den sich aus § 114 VwGO ergebenden Grenzen geprüft werden kann. Besondere Umstände, die entgegen den Zielvorstellungen des Asylbewerberleistungsgesetzes im Falle der Kläger eine Ermessensreduzierung der Beklagten auf Null in dem Sinne begründen könnte, dass die Zustimmung zur Anmietung einer Privatwohnung erteilt werden muss und die Unterkunftskosten nur durch Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für eine solche Wohnung zu gewähren sind, haben die Kläger nicht substantiiert dargetan.
24Die allein geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers zu 3) begründen jedenfalls nicht die Notwendigkeit der Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt. Zwar leidet der Kläger zu 3) nach den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen an rezidivierenden Infekten der unteren und oberen Atemwege. Die Krankheitsentwicklung ist, wie sich aus den vorgelegten Attesten vom 10. September und 18. September 2003 ergibt, maßgeblich von Umgebungseinflüssen, wie Feuchtigkeit und Schimmel, abhängig. Zwar wird nach den ärztlichen Bescheinigungen ein Wohnungswechsel für erforderlich gehalten, sofern die gegenwärtige Wohnung Feuchtigkeit und Schimmel aufweist. Dass der Kläger zu 3) wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen zwingend aber auf die Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt angewiesen ist, lässt sich den ärztlichen Bescheinigungen dagegen nicht entnehmen. Selbst wenn daher entgegen den Feststellungen des Sozialarbeiters anlässlich der häuslichen Überprüfung der Wohnung der Kläger am 24. September 2003 die Räumlichkeiten nach dem Vorbringen im Klageverfahren feucht sein sollten und auch Schimmel an den Wänden erkennbar sein sollte, ist die Anmietung einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers zu 3) nicht erforderlich. Die Kläger konnten vielmehr auf das Angebot der Beklagten eingehen, innerhalb des gegenwärtigen Übergangsheimes ein Zimmer ihrer Wahl zu nehmen oder in das Übergangsheim B3 00" oder M 00/00" umzuziehen. Mit diesen Angeboten hat die Beklagte in ausreichendem Maße den gesundheitlichen Bedürfnissen des Klägers zu 3) entsprochen, zumal der Kammer aus anderen Verfahren bekannt ist, dass das Übergangsheim M vor nicht langer Zeit renoviert worden ist. Die Weigerung der Kläger, in ein anderes grundrenoviertes Übergangsheim umzuziehen, mit der pauschalen - durch nichts belegten - Behauptung, alle Übergangsheime seien gleich schlecht, macht vielmehr deutlich, dass sie unabhängig von den gesundheitlichen Gründen des Klägers zu 3) ausschließlich an der Anmietung einer frei finanzierten Wohnung interessiert sind. Dies widerspricht aber den Zielvorstellungen des Asylbewerberleistungsgesetzes, nach denen der notwendige Bedarf an Unterkunft" durch Sachleistungen gedeckt wird. Die Entscheidung der Beklagten, den Unterkunftsbedarf der Kläger weiterhin durch die vorrangig zu gewährende Sachleistung in Form der Unterbringung in einem Übergangsheim sicherzustellen, statt der von den Klägern begehrten Anmietung einer freien Wohnung auf dem Wohnungsmarkt, ist daher nicht zu beanstanden und ermessensgerecht.
25Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
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