Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 1 K 4699/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils beitreibbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
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Die nicht erwerbstätige Klägerin ist seit Januar 2005 Mitglied des Rates der Beklagten. Sie ist schwerbehindert und lebt zusammen mit ihrem ebenfalls schwerbehinderten Ehemann, der bereits seit über 20 Jahren eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht. Vor ihrer Wahl in den Rat übernahm sie weitgehend die in dem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann anfallenden Arbeiten. Ihr Mann kümmerte sich lediglich um den Müll und erledigte schriftliche Arbeiten (Versicherungen, Rechnungen etc.). Zudem führte er kleinere Einkäufe aus. Haushaltstätigkeiten, die wegen ihrer Behinderungen weder die Klägerin noch ihr Mann ausführen konnten, wie etwa das Tragen schwerer Einkäufe oder anderer Dinge, sowie das Putzen der Wohnung an schwer zugänglichen Stellen, übernahm schon zu diesem Zeitpunkt ihr – nicht im selben Haushalt lebender - Neffe. Mit der Zunahme ihrer eigenen Belastungen durch die Übernahme des Fraktionsvorsitzes und der Verschlimmerung der Demenzerkrankung ihrer Mutter übertrug die Klägerin ihrem Neffen weitere Aufgaben. Seit einigen Jahren ist es so, dass der heute 18 Jahre alte Neffe täglich nach Anleitung durch die Klägerin die in der Wohnung der Eheleute anfallenden Arbeiten (Staubsaugen, Putzen, Einkaufen, Kochen, Aufräumen, Renovierungsanstriche etc.) ausführt.
2Mit Schreiben vom 15. Januar 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr gemäß der beigefügten Aufstellung u.a. nach § 45 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) Verdienstausfallentschädigung für von ihr an 60 verschiedenen Tagen im Zusammenhang mit ihrem Mandat wahrgenommene Termine im zweiten Kalenderhalbjahr des Jahres 2011 im Umfang von insgesamt ungefähr 151 Stunden zu gewähren. Sie gab an, dass sie im Zusammenhang mit ihrer Mandatstätigkeit noch eine Vielzahl von Terminen wahrnehme, die nicht Gegenstand des Entschädigungsantrages seien. Zudem sei sie ehrenamtliche Vorsitzende einer Selbsthilfegruppe und versorge unentgeltlich ihre alleinstehende 83-jährige Mutter. Aufgrund ihrer eigenen Behinderung benötige sie zudem für viele Tätigkeiten mehr Zeit als ein gesunder Mensch. Vor diesem Hintergrund sei es ihr nicht möglich, Hausarbeit zu anderen Zeiten nachzuholen.
3Mit Schreiben vom 16. Januar 2012 führte der Bürgermeister der Beklagten aus, aus dem Antrag der Klägerin ergebe sich nicht, weshalb es ihr nicht möglich sei, Hausarbeit außerhalb der antragsgegenständlichen Termine vor- oder nachzuholen. Dies sei aber Voraussetzung des geltend gemachten Entschädigungsanspruchs. Der Bürgermeister der Beklagten gab der Klägerin Gelegenheit, bis zum 14. Februar 2012 hierzu ergänzend vorzutragen.
4Daraufhin übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 14. März 2012 eine Aufstellung ihrer privaten und politischen Tätigkeiten im Antragszeitraum. Sie stellt darin, bis auf Urlaubs- und Krankheitszeiten und mit Ausnahme einiger Sonntage, sämtliche Tage des Antragszeitraumes tageszeitlich im Wesentlichen lückenlos dar. Danach entfiel der Zeitraum von 8.00 bis 10.00 Uhr vormittags regelmäßig auf "Körperpflege und Frühstück". Im Anschluss waren ihre Tagesabläufe insbesondere durch Termine geprägt, die im Zusammenhang mit ihrer Mandatstätigkeit standen. Zudem verwendete die Klägerin regelmäßig Zeit für die Betreuung bzw. Pflege ihrer Mutter - im streitgegenständlichen Zeitraum an 36 verschiedenen Tagen insgesamt über 87 Stunden.
5Mit Bescheid vom 04. Juni 2012 lehnte der Bürgermeister der Beklagten den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte er aus, die von der Klägerin mit Schreiben vom 14. März 2012 vorgelegte Aufstellung mache deutlich, dass sie üblicherweise in den Zeiten, für die sie wegen ihrer Teilnahme an Sitzungen Haushaltsentschädigung beantrage, keine Haushaltstätigkeiten ausführe. Daher fehle es schon an der Grundvoraussetzung für die begehrte Entschädigung.
6Die Klägerin hat am 25. Juni 2012 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, sie falle als Haushaltsführende in den personellen Anwendungsbereich des § 45 Abs. 2 Nr. 3 GO NRW. Der Begriff der Mandatsausübung aus § 45 Abs. 1 Satz 1 GO NRW sei weit zu verstehen. Aufgrund des Facettenreichtums der Tätigkeit als Ratsmitglied könne die Regelung der Zuständigkeit des Rates in § 41 Abs. 1 GO NRW nur beispielhaft und nicht abschließend Hinweise geben. Da neben der Wahrnehmung der Sitzungstermine auch sonstige Tätigkeiten zur Mandatsausübung gehörten, müsse davon ausgegangen werden, dass abgesehen von Arztbesuchen, privaten Tätigkeiten und Engagement in Vereinen der Großteil der von ihr in der Aufstellung vom 14. März 2012 angegebenen Tätigkeiten ihrer Mandatsausübung zuzurechnen sei. Die Mandatsausübung habe bei ihr den Umfang einer Vollzeittätigkeit; so habe sie beispielsweise im Juli 2011 durchschnittlich sieben Stunden täglich mit der Mandatsausübung verbracht. Ein solches Stundenpensum könne auch bei einer Hausfrau kaum in den Arbeitsalltag integriert werden. Durch die Aufstellung ihrer Tagesabläufe sei dokumentiert, dass sie durchschnittlich von 7:30 Uhr bis mindestens 20:00 Uhr beschäftigt sei. Daher stünden ihr keine "Ausweichtermine" zur Erledigung ihrer Hausarbeit zur Verfügung. Ein Ausweichen auf Zeiträume vor 7:30 Uhr oder nach 20:00 Uhr sei ihr nicht zuzumuten, da dies keine adäquate Arbeitszeit sei. Weiterhin sei sie nicht verpflichtet, die für die Versorgung ihrer Mutter erforderlichen Stunden zugunsten der Erledigung eigener Hausarbeiten zu verschieben.
7Die Klägerin beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Juni 2012 zu verpflichten, ihr entsprechend der dem Schreiben vom 15. Januar 2012 beigefügten Aufstellung Entschädigung gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 3 Gemeindeordnung NRW in Höhe des Regelsatzes für die dort genannten Sitzungen zu bewilligen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung verweist sie auf den Bescheid vom 04. Juni 2012. Die Klägerin, die selbst keine Hausarbeiten erledige, führe keinen Haushalt im Sinne des § 45 Abs. 2 Nr. 3 GO NRW.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des übersandten Verwaltungsvorganges Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
15Die Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Fall Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Die Gewährung der Entschädigung stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar. Sie enthält eine Regelung, denn mit der Zahlung ist die Entscheidung verbunden, dass und in welcher Höhe dem jeweiligen Ratsmitglied die Aufwandsentschädigung konkret zusteht. Ihr kommt auch Außenwirkung zu, denn der Anspruch auf Bewilligung der Entschädigung ist nicht den organschaftlichen Rechten eines Ratsmitglieds zuzurechnen. Die Entschädigung dient vielmehr der Kompensation von Nachteilen, die den Einzelnen durch die Mandatswahrnehmung in seinem privaten Vermögen treffen. Die Klägerin ist daher in ihren privaten finanziellen Belangen berührt und nicht in ihrem kommunalverfassungsrechtlichen Status als Ratsmitglied.
16Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 29. Oktober 2010 – 1 K 8272/09 –, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 23. Mai 2001 – 2 A 790/99 –, NVwZ 2002, 119, 120; s. auch Nds. OVG, Urteil vom 21. September 1999 – 10 L 1997/99 –, juris.
17In der Sache hat die Klage keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Bewilligung der für das 2. Halbjahr 2011 begehrten Entschädigung.
18Maßgeblich für das das 2. Halbjahr 2011 betreffende Begehren der Klägerin ist § 45 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 GO NRW in seiner bis zum 28. September 2012 geltenden Fassung (GO NRW a.F.) in Verbindung mit der inhaltsgleichen Vorschrift des § 6 Abs. 4 lit. d) Hauptsatzung der Stadt N vom 18. September 1992 in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 07. Mai 2008 (Hauptsatzung). Nach diesen Regelungen haben u.a. Ratsmitglieder, die einen Haushalt mit mindestens zwei Personen führen und nicht oder weniger als 20 Stunden je Woche erwerbstätig sind, für die Zeit der mandatsbedingten Abwesenheit vom Haushalt einen Anspruch auf mindestens eine Entschädigung in Höhe des Regelstundensatzes von 9,00 Euro nach § 6 Abs. 4 lit. a) Satz 2 Hauptsatzung.
19Die danach für die von der Klägerin begehrte Entschädigung erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.
20Zwar dürfte zunächst ganz Überwiegendes dafür sprechen, dass die nicht erwerbstätige Klägerin einen Haushalt mit zwei Personen führt. Dabei meint das Merkmal der Haushaltsführung im Sinne der genannten Regelungen nicht die Tätigkeiten, die jede Person im eigenen Haushalt ohnehin wahrnehmen muss. Der Haushaltsführende übernimmt vielmehr auch für die weiteren zum Haushalt gehörenden Personen die Verantwortung für die Ausführung der üblicherweise in einem Haushalt anfallenden Tätigkeiten, wie etwa Kochen, Putzen, Einkaufen und Wäsche Waschen.
21Vgl. OVG Münster, Urteil vom 26. September1996 – 15 A 2733/93 –, NVwZ 1997, 617.
22Solche Arbeiten werden nach den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben bei ihr und ihrem Ehemann mittlerweile überwiegend von ihrem Neffen und nur zu einem geringen Teil von ihr selbst ausgeführt. Dies steht aber im Ergebnis nicht der Annahme entgegen, die Klägerin führe einen Haushalt. Nach der Systematik der oben genannten Regelungen ist die eigenhändige Ausführung der maßgeblichen Haushaltsarbeiten nicht erforderlich. Denn nach § 45 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 GO NRW a.F. und § 6 Abs. 4 lit. d) Satz 2 Hauptsatzung können statt des Regelstundensatzes für die mandatsbedingte Haushaltsabwesenheit die notwendigen Kosten für eine Vertretung im Haushalt ersetzt werden. Ist danach der Ersatz der Kosten einer Haushaltsvertretung nur anstatt, also unter den Voraussetzungen des Anspruchs auf Ersatz des Regelstundensatzes möglich, so bedeutet dies zugleich, dass der Einsatz einer Haushaltsvertretung das Merkmal der Haushaltsführung nicht zwingend entfallen lässt. Entscheidend dürfte deshalb sein, ob sich die von der Vertretung ausgeführten Arbeiten einer anderen Person zurechnen lassen, die die auszuführenden Arbeiten maßgeblich veranlasst und steuert und deshalb im Sinne der fraglichen Vorschriften den Haushalt "führt". Gemessen daran dürfte hier die Klägerin die Haushaltsführende sein, denn neben den von ihr selbst ausgeführten kleineren Arbeiten lässt sie den wesentlichen Teil der übrigen im Rahmen der Haushaltsführung notwendigen Arbeiten nach ihrer Vorgabe durch ihren Neffen erledigen. Hierzu gibt sie ihrem Neffen die erforderlichen Arbeitsanweisungen, indem sie Einkaufszettel schreibt, ihm die Ausführung konkreter Arbeiten aufgibt oder allgemeine Hausarbeitspläne erstellt. Die vom Ehemann der Klägerin ausgeführten Arbeiten (Müll, Schreibarbeiten, kleine Einkäufe) fallen demgegenüber nicht derart ins Gewicht, dass sie geeignet wären, die zentrale Position der Klägerin bei der Koordination und Steuerung der auszuführenden Haushaltsarbeiten in Frage zu stellen.
23Dem Entschädigungsanspruch der Klägerin steht aber unbeschadet der Frage, wie die Ermittlung der regelmäßigen individuellen Arbeitszeit Haushaltsführender nach § 45 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. GO NRW a.F. zu erfolgen hat, bzw., ob diesem Erfordernis durch § 6 Abs. 5 Satz 2 Hauptsatzung ausreichend Rechnung getragen wird, entgegen, dass sie die mit ihrem Entschädigungsantrag vom 15. Januar 2012 geltend gemachte Abwesenheit vom Haushalt durch sachgerechte Vor- oder Nachholung von Haushaltsarbeiten hätte kompensieren können.
24Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, der sich die Kammer anschließt, setzt der Anspruch auf Bewilligung einer Entschädigung gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 3 GO NRW a.F. für mandatsbedingtes Unterbleiben von Haushaltsführungstätigkeit voraus, dass diese nicht adäquat zu einem anderen Zeitpunkt vor- oder nachgeholt werden kann.
25OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 15 A 79/10 –.
26Daran fehlt es hier. Die Klägerin hätte die mit ihrem Entschädigungsantrag für das zweite Halbjahr 2011 geltend gemachten Abwesenheitszeiten von durchschnittlich ungefähr 2 ½ Zeitstunden pro Tag (60 Tage / insgesamt ungefähr 151 Stunden) kompensieren können. Aus der von ihr mit Schreiben vom 14. März 2012 übersandten Darstellung ihrer Tagesabläufe ergibt sich, dass sie im zweiten Halbjahr 2011 in einem die geltend gemachten Abwesenheitszeiten übersteigenden Umfang über Zeitressourcen verfügte, in denen sie Haushaltstätigkeiten hätte ausführen können.
27Erhebliche Zeitressourcen ergeben sich zunächst daraus, dass die Klägerin für den Vorgang "Körperpflege, Frühstück" regelmäßig den Zeitraum von 8:00 bis 10:00 Uhr ansetzt. Wenn die Klägerin ihre Körperpflege und ihr Frühstück bis 8:00 Uhr beenden würde, wie sie es am 13. Juli und 25. November 2011 getan hat, stünden ihr bereits an den allermeisten Tagen zwei zusätzliche Zeitstunden für die Erledigung von Haushaltstätigkeiten zur Verfügung. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es für die Klägerin unzumutbar sein könnte, bereits ab 8.00 Uhr Haushaltstätigkeiten auszuführen; in ihrem Schriftsatz vom 31. Oktober 2012 hält sie selbst erst Zeiträume vor 7:30 Uhr für inakzeptabel.
28Die Klägerin muss sich für die Vor- und Nachholbarkeit von Haushaltstätigkeiten ferner auch auf Zeiten verweisen lassen, die sie für die Pflege und Betreuung ihrer Mutter verwendet hat (insgesamt über 87 Stunden an 36 verschiedenen Tagen im streitgegenständlichen Zeitraum). Zwar mag es einer sittlichen Pflicht entsprechen, dass sich die Klägerin im genannten zeitlichen Umfang um ihre Mutter kümmert, deren regelmäßige Betreuung und Versorgung im Übrigen nach den von der Klägerin gemachten Angaben durch einen professionellen Pflegedienst gewährleistet ist. Allerdings sind andere Tätigkeiten oder Verpflichtungen als Haushaltstätigkeiten (und – soweit einschlägig Erwerbstätigkeit in einem Umfang von bis zu 20 Stunden je Woche) bei der Frage der Vor- oder Nachholbarkeit von Haushaltstätigkeit im Rahmen des § 45 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 GO NRW a.F. ohne Belang. Die genannte Regelung geht davon aus, dass Hausarbeit grundsätzlich täglich und jederzeit anfallen kann, so dass stets die Möglichkeit einer Kollision von Mandatsausübung und Haushaltsführung besteht und der Mandatsträger, der einen Haushalt führt, gezwungen ist, wegen und für die Zeit der Mandatsausübung eigene versäumte Hausarbeiten nachzuholen oder durch eine Ersatzkraft – gegen Entgelt – erledigen zu lassen. Darin besteht der geldwerte Nachteil, der durch Gewährung von Verdienstausfallersatz auch für Hausfrauen ausgeglichen werden soll.
29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. September 1996 – 15 A 2733/93 –.
30Daraus folgt zugleich, dass andere private Zeitdispositionen unabhängig davon, ob sie freiwillig erfolgen oder auf einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht beruhen, nicht dazu führen, dass ihretwegen die Möglichkeit zur Vor- oder Nachholung mandatsbedingt unausgeführter Haushaltstätigkeit verneint wird.
31Schließlich ergeben sich weitere grundsätzlich für die Ausführung von Haushaltstätigkeiten zur Verfügung stehende Zeiträume für die Klägerin daraus, dass sie nach ihrer o.g. Darstellung ihrer Tagesabläufe und ihrem Schriftsatz vom 31. Oktober 2012 an vielen Tagen in einem zeitlichen Umfang mandatsbezogene Tätigkeiten ausgeführt hat, die einer Vollzeitbeschäftigung entsprechen. Der Entschädigungsanspruch nach § 45 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 GO NRW a.F. setzt auch voraus, dass die den Mandatsträger an der Ausübung der Haushaltsführung hindernde Mandatsausübung erforderlich ist (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 GO NRW a.F.). Als erforderlich in diesem Sinne kann indes nur eine Mandatsausübung angesehen werden, die noch dem ehrenamtlichen Charakter des kommunalen Mandats entspricht, der eine Vergütung für geleistete Arbeit und für aufgewendete Zeit ausschließt.
32Zur Unvereinbarkeit einer partiellen Vergütung der Mandatstätigkeit mit dem Charakter des Ratsmandates als Ehrenamt siehe OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 15 A 79/10 –, juris Rdz. 27; Held, Winkel u.a., GO NRW, Kommentar, Stand: Juli 2012, § 45, Anm. 2.
33Der Charakter einer ehrenamtlichen Tätigkeit ist aber jedenfalls dann nicht mehr gegeben, wenn eine Entschädigung für mehr als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit gefordert wird.
34Vgl. Held, Winkel u.a., GO NRW, Kommentar, Stand: Juli 2012, § 45, Anm. 1.
35Ein über dieses Maß hinausgehender Zeiteinsatz ist in der Regel nicht mehr als im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 GO NRW a.F. erforderlich anzusehen. Wendet der kommunale Mandatsträger mehr als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit für mandatsbezogene Termine und Arbeiten auf, so sind die auf diese Tätigkeiten entfallenden Zeiträume bei der Bewertung, ob sie für die Vor- oder Nachholung von Haushaltstätigkeit zur Verfügung stehen, nicht anders zu beurteilen als sonstige private Zeitdispositionen. Hiernach können die von der Klägerin in der von ihr übermittelten Darstellung aufgeführten Mandatstätigkeiten, die vom Umfang nahezu einer Vollzeitbeschäftigung entsprechen, nicht vollumfänglich als erforderliche Mandatsausübung im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 GO NRW a.F. angesehen werden, da die Mandatsausübung nicht mehr den ehrenamtlichen Charakter des Ratsmandats wahrt. Soweit die Mandatstätigkeiten damit mehr als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit einnehmen, muss sich die Klägerin die hierfür aufgewandten Zeiträume als Zeiten anrechnen lassen, die ihr für die Vor- oder Nachholung von Haushaltstätigkeit zur Verfügung stehen. Ausgehend von der auf den Monat Juli 2011 bezogenen Einschätzung der Klägerin ergeben sich so unter diesem Gesichtspunkt Zeitressourcen im Umfang von mehreren Zeitstunden täglich.
36Damit übersteigen die der Klägerin zur Vor- oder Nachholung von Haushaltstätigkeiten zur Verfügung stehenden Zeitressourcen die von ihr mit ihrem Entschädigungsantrag geltend gemachten Zeiträume. Diese Zeitressourcen lassen auch jeweils eine zeitnahe Vor- oder Nachholung unterbliebener Haushaltstätigkeiten zu, denn nach den obigen Ausführungen ergeben sie sich in ausreichender Größe regelmäßig täglich. Ein Anspruch auf Bewilligung von Entschädigung besteht deshalb nicht. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin bestimmte Haushaltstätigkeiten - insbesondere schwere, in besonderem Maße körperlichen Einsatz fordernde Arbeiten, wie das Tragen schwerer Einkäufe oder das Putzen an schwer zugänglichen Stellen – tatsächlich überhaupt nicht selbst ausführen und deshalb auch nicht vor- oder nachholen kann. Insoweit fehlt es schon an einem kausalen Zusammenhang mit der Mandatsausübung der Klägerin, denn sie kann diese Arbeiten nicht wegen ihres Mandates, sondern wegen ihrer körperlichen Behinderung nicht selbst erledigen.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
38Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.
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