Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 17 K 2816/13
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin führt unwidersprochenen Angaben zufolge bereits langjährig Altkleidersammlungen in verschiedenen Städten und Kreisen in Nordrhein-Westfalen mittels Altkleidercontainern durch und ist ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb. Zum Zeitpunkt der Anzeige nach § 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) im August 2012 hatte das Unternehmen 24 Beschäftigte und 11 Fahrzeuge. Im Gebiet der Beklagten bewirtschaftete es bereits vor dem in-Kraft-treten des KrWG zum 1. Juni 2012 insgesamt 7 Container für Altkleidung und Schuhe an unterschiedlichen Standorten; die Container sind alle auf privatem Grund platziert. Es werde etwa 10 Tonnen Altkleider und Schuhe mittels dieser Container pro Jahr erwirtschaftet, die sodann von den Vertragsfirmen der Klägerin, F. GmbH in X. und B. F1. GmbH in B1. verwertet werden.
3Die Beklagte betreibt über einen abfallwirtschaftlichen Rahmenvertrag mit der B2. GmbH (B2. ) seit 1999 ein flächendeckendes Netz aus rund 640 Containern für Altkleider und Schuhe. Mit der Leerung der Behälter, der Sortierung und Verwertung der Sammelware hat die B2. nach einem Vergabeverfahren die F2. Textilverwertung GmbH (F2. GmbH) unterbeauftragt. Die Erlöse aus der Altkleider- und Schuhesammlung werden dem Gebührenhaushalt für Abfall gutgeschrieben.
4Am 20. August 2012 zeigte die Klägerin die von ihr in dem Stadtgebiet der Beklagten durchgeführte gewerbliche Sammlung von Textilien und Schuhen aus privaten Haushalten nach § 18 Abs. 1 KrWG an. Die eingereichten Unterlagen wurden von der Beklagten als unzureichend erachtet und daher mit E-Mail vom 27. September 2012 (u.a. Liste der genauen Containerstandorte) ergänzt.
5Mit Schreiben vom 5. Oktober 2012 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Untersagung der Sammlung an. Die getätigten Angaben reichten für eine Anzeige im Sinne des § 18 Abs. 1, 2 KrWG nicht aus. Zudem stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG entgegen, da die Beklagte selbst eine eigene Sammlung betreibe. Eine Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gem. § 18 Abs. 4 KrWG holte die Beklagte nicht ein, da die Notwendigkeit einer solchen nicht gesehen wurde; sie sei selbst als kreisfreie Stadt öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger.
6Mit Bescheid vom 22. Februar 2013 untersagte die Beklagte der Klägerin mittels der in ihrem Stadtgebiet aufgestellten Container Alttextilien und Schuhe einzusammeln. Alle entsprechenden Container seien unverzüglich und dauerhaft zu entfernen. Diese Anordnung gelte sowohl für die im öffentlichen Straßenraum als auch auf privaten Grundstücksflächen aufgestellten Sammelcontainer (Ziffer 1). Ferner untersagte sie der Klägerin auch jegliche andere Art der gewerblichen Einsammlung von Alttextilien und Schuhen von privaten Haushaltungen, wie z.B. eine Haus-zu-Haus Sammlung im Stadtgebiet (Ziffer 2). Die Beklagte drohte für den Fall, dass die Ziffer 1 nicht befolgt würde die Entfernung der Container im Wege der Ersatzvornahme an. Die Kosten würden dafür pro Container voraussichtlich 100,00 Euro betragen (Ziffer 4). Für den Fall, dass die Klägerin entgegen der Regelung in Ziffer 2 weiter sammeln sollte, werde für jede Zuwiderhandlung, „d.h. z.B. für jeden festgestellten Tag einer Haus-zu-Haus Sammlung“ ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro angedroht (Ziffer 5).
7Die Beklagte stützte die beiden Untersagungen in Ziffer 1 und 2 des Bescheides auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG und begründete ihre Entscheidung im Wesentlich wie folgt: Der Sammlung stünden öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Durch sie werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 17 Abs. 3 KrWG gefährdet. Die Beklagte habe die B2. mit der Sammlung von Alttextilien und Schuhen beauftragt damit flächendeckend mit 640 Containern eine haushaltsnahe Erfassung möglich sei. Die sieben Sammlungscontainer der Klägerin stünden hingegen allein in verdichteten Wohngebieten, in denen ein hoher Alttextilumschlag zu erwarten sei; dieser „Rosinenpickerei“ müsse begegnet werden. Zudem müsse es dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger möglich sein, seine Leistungen zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren zu erbringen. Er sei daher auf die Einnahmen aus der Vermarktung werthaltiger Abfälle zur Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung angewiesen. Diese Einnahmen würden geschmälert durch die gewerblichen Sammler. Dadurch könnten die Erlöse aus der Vermarktung von Abfällen zur Verwertung nicht mehr in ausreichender Weise in den Gebührenhaushalt einfließen. Schließlich sei zu befürchten, dass das mit der Verwertung beauftragte Fachunternehmen die Geschäftsbeziehungen zu ihr abbrechen werde, wenn die Einnahmen zurückgingen, da dann eine Sammlung zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen gem. § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht mehr möglich sei. Die Sammlung der Klägerin sei schließlich auch nicht wesentlich leistungsfähiger gemäß § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG. Die Tatsache, dass es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine Bestandssammlung handele, die dem besonderen Schutz gemäß § 18 Abs. 7 KrWG unterläge, führe zu keinem anderen Ergebnis als der Untersagung, da das öffentliche Interesse an einer funktionierenden, flächendeckenden hochwertigen Abfallentsorgung den Interessen der Klägerin, insbesondere die werthaltigen Abfälle zum Zwecke der Gewinnerzielung zu sammeln und damit dem System des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu entziehen, überwiege.
8Dagegen hat die Klägerin am 1. März 2013 Klage erhoben. Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Die Ermächtigungsgrundlage begegne bereits europarechtlichen Bedenken. Auch sei der Bescheid formell rechtswidrig. Insbesondere könne die Beklagte als Untere Umweltschutzbehörde, da sie gleichzeitig auch öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei, aufgrund dieser Interessenkollision nicht die zuständige Behörde im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sein, sollte eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung der internen Bearbeitungen nicht vorgelegen haben. Jedenfalls eine personelle Trennung werde bestritten. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Der Sammlung stünden öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht entgegen. Durch die Sammlung werde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gem. der Regelungen in § 17 Abs. 3 KrWG keinesfalls gefährdet. Hinsichtlich des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass bloße Bestehen einer eigenen Erfassung und Verwertung sei bereits hinreichend für eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungs- und Organisationsverantwortung. Die dortige Regelung sei europarechtskonform auszulegen und restriktiv zu verstehen; es müsse eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegen, an der es hier aber fehle. Selbst unterstellt, die Beklagte habe Einnahmeverluste von 10 Prozent durch die Tätigkeit der gewerblichen Sammler, führe dies zu keiner solchen Beeinträchtigung. Die Gefahr eines defizitären Wirtschaftens etwa der B2. sei dafür ebenfalls nicht ausreichend. Solche Einnahmeverluste wären auch unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Sammlung gem. § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG unerheblich, denn es wurde von der Rechtsprechung ‑ schon zum früheren § 13 KrW-/AbfG ‑ angenommen, Einbußen von 10 bis 15 Prozent seien zu vernachlässigen. Ferner läge keine Gefährdung der Gebührenstabilität gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG vor. Nicht jede durch eine gewerbliche Sammlung verursachte Gebührenänderung sei eine Gefährdung der Gebührenstabilität. Zudem seien die Einnahmen der gewerblichen Sammler auch bislang schon dem Gebührenhaushalt vorenthalten worden, ohne dass es zu einer nachhaltigen Veränderung der Gebühren gekommen sei. Jedenfalls sei die Sammlung der Klägerin wesentlich leistungsfähiger im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG, die Leistungsfähigkeit der Sammlung der B2. bleibe insbesondere in Bezug auf das Effizienzkriterium beträchtlich hinter denen der gewerblichen Sammlungen zurück. Schließlich seien entgegen der Ansicht der Beklagten die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG nicht gegeben. Ein Unterlaufen einer diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen komme nicht in Betracht, da die Klägerin bereits vor der Ausschreibung mit der Sammlungstätigkeit begonnen und auch keinen Ausschreibungswettbewerb verloren habe. Ein anderes Verständnis ziehe den faktischen Ausschluss jeglicher privater Konkurrenz nach sich. An dem Erschwerungstatbestand in der Norm mangele es schon, weil das Vergabeverfahren abgeschlossen sei. Schließlich sei die Untersagungsverfügung auch unverhältnismäßig und berücksichtige nicht die grundrechtlich geschützte Position der Klägerin hinreichend. Auch die Androhung der Ersatzvornahme und des Zwangsgeldes seien daher rechtwidrig.
9Die Klägerin beantragt,
10den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie führt in Ergänzung zu der Begründung des Bescheides im Wesentlichen aus: Sie sei für den Erlass des Bescheides zuständig. Im Erlasszeitpunkt des Bescheides habe bereits eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgaben der Unteren Umweltschutzbehörde und der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorgelegen; damit sei dem Neutralitätsgebot umfassend Rechnung getragen worden. Auch lägen die materiellen Voraussetzungen für eine Untersagung vor. Der Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG entgegen. Im Zusammenwirken mit den 26 anderen gewerblichen Altkleidersammlungen werde die Funktionsfähigkeit der eigenen kommunalen Sammlung im Stadtgebiet gefährdet. Im Rahmen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG reiche das bloße Bestehen einer solchen Sammlung für das Greifen der gesetzlichen Vermutung und damit die Untersagung aus. Einer Einzelfallprüfung bestimmter Interessen bedürfe es in diesem Falle daher nicht mehr. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG sei ferner einschlägig, da aufgrund der Einnahmeausfälle die Gebührenstabilität der Abfallentsorgung gefährde werde, zumal der Ausstieg der Drittbeauftragten F2. GmbH bei einem weiteren Einnahmerückgang drohe. Durch die von der Klägerin selbst angegebene Sammeltätigkeit von ca. 10t pro Jahr würden bei einem Marktpreis von 170,00 Euro/t für Alttextilien etwa 1.700,00 Euro jährlich dem Gebührenhaushalt entzogen. Hinzu kämen noch die Verluste durch weitere 26 Sammler. 2011 hätten die Einnahmeverluste so insgesamt 51.000,00 Euro betragen, das sei erheblich. Schließlich sei auch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG gegeben. In ihrem Auftrag habe die B2. ein Vergabeverfahren für die zu vergebende Sammelleistung durchgeführt, was die Firma F2. GmbH gewonnen habe. Dieses Unternehmen müsse vor Wettbewerbern geschützt werden. Es werde durch die Tätigkeit der Übrigen gewerblichen Sammler daher auch das Vergabeverfahren unterlaufen. Die Untersagungen seien ferner verhältnismäßig, insbesondere sei kein besonderer Bestandsschutz nach § 18 Abs. 7 KrWG zu berücksichtigen, denn die Klägerin habe auch schon vor in-Kraft-treten des KrWG die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet. Schließlich habe sie unter dem früheren § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nachgewiesen, daraus ergäben sich Zuverlässigkeitsbedenken, die eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG rechtfertigen könnten.
14Das Gericht hat mit Verfügung vom 13. Juni 2013 die Beklagten gebeten, u.a. mitzuteilen, welche Mengen (in Tonnen/Jahr) an Altkleidern und Schuhen in ihrem Stadtgebiet (Zeitraum 2009-2012, ggf. auch Prognose 2013) angefallen seien und welche ungefähren Anteile davon einerseits durch sämtliche gewerbliche Sammler dieser Abfallfraktion und andererseits durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einen von diesem beauftragten Dritten erfasst würden. Die Beklagte hat sich dahingehend eingelassen, sie könne die Menge der Altkleider und Schuhe die durch die gewerblichen Sammler eingesammelt würden, nicht ermitteln. Es könne lediglich festgestellt werden, dass seit 2009 ein erheblicher Rückgang der kommunalen Sammlungsmengen (um fast 35%) zu verzeichnen sei, nämlich ausgehend von 1875t im Jahre 2009, 1697t im Jahre 2010, 2011 auf 1419t bis in das Jahr 2012 auf schließlich 1234t im Jahr. Den Gesamtkosten der Abfallwirtschaft von rund 88 Mio. Euro stünde ein durchschnittlicher Erlös der kommunalen Altkleidersammlung von rund 460.000,00 Euro gegenüber, der folglich 0,52% des gesamten Abfallgebührenhaushaltes ausmache. Den vermeintlich kausal auf die gewerblichen Sammler zurückzuführende Rückgang der kommunalen Sammlungsmengen hat die Klägerin bestritten, jedenfalls sei er nicht auf ihre Tätigkeit zurückzuführen, da sie bereits lange vor dem Jahre 2009 im Stadtgebiet der Beklagten gesammelt habe. Auf fernmündliche Nachfrage des Gerichts am 10. Juni 2014 hat die Beklagte ergänzt, dass die kommunale Sammelmenge für das Jahr 2013 insgesamt 1781t betrage, prognostisch für 2014, auf Basis der Zahlen für das erste Quartal gerechnet, sollen 2356t zu erwirtschaften sein. Die Sammelmenge der gemeinnützigen Sammler habe 2013 258t betragen und werde prognostisch 2014 wohl insgesamt 296t erreichen. Die Menge der von gewerblichen Sammlern im Stadtgebiet gesammelten Alttextilien könne nach wie vor nicht angegeben werden.
15Der am 21. März 2013 bei Gericht gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 und 2 der hier angefochtenen Untersagungsverfügung wiederherzustellen und gegen die Ziffern 4 sowie 5 der vorgenannten Verfügung anzuordnen, hatte Erfolg (Beschluss vom 13. Juni 2013 - 17 L 558/13).
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Das Gericht konnte nach Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-).
19A. Die zulässige Klage ist begründet.
20Die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 22. Februar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21I. Die Beklagte hat die Untersagungen in Ziffer 1 und Ziffer 2 bezüglich der von der Klägerin angezeigten Sammlung von gebrauchten Textilien und Schuhen in der Verfügung vom 22. Februar 2013 auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG gestützt, um die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen zu gewährleisten.
221. Bei einem unionsrechtskonformem Verständnis der §§ 18 Abs. 5, 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG bestehen keine Zweifel an der Vereinbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmungen mit dem Unionsrecht. Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 f. AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar,
23vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG BT-Drucks. 17/6052, S. 85,
24diese sind jedoch unionsrechtlich gerechtfertigt. Die Rechtfertigung von Überlassungspflichten insbesondere in Bezug auf getrennt gesammelte Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen ergibt sich aus Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV. Hiernach gelten die Vorschriften der Verträge nicht für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten ist als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu bewerten,
25vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 40 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 10. November 1998 – C-360/96 –, juris.
26Dies zugrunde gelegt, ist unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben und der dazu ergangenen Rechtsprechung jeweils bezogen auf den Einzelfall zu prüfen, inwieweit die Überlassungspflicht gerechtfertigt ist. Dafür gibt die Ausnahmeregelung in § 17 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei unionsrechtskonformen Verständnis genügend Raum,
27vgl. zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 11 ff. m.w.N.
282. Gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zu der im wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelung (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)) wurde höchstrichterlich geklärt, dass die Norm mit ihrem partiellen Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen eine verfassungsrechtlich zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) darstellt,
29vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2009 – 7 C 16/08 –, juris Rn. 36.
30Auch für das geltende Recht trifft diese Rechtsprechung zu,
31vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 109 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 10 m.w.N.,
32zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt grundsätzlich die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zu Gunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen werden kann.
33II. Die Untersagungsverfügung in Ziff. 1 (1.) und Ziff. 2. (2.) ist jedoch -ungeachtet der Frage ihrer formellen Rechtmäßigkeit- materiell rechtswidrig.
341. Rechtsgrundlage für die in Ziff. 1 der Verfügung ausgesprochene Untersagung der Containersammlung ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG. Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der -hier aufgrund der gewerblichen Sammlerin- in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Letztere Norm ist als Ausnahmeregelung zu den grundsätzlich bestehenden Überlassungspflichten (§ 17 Abs. 1 KrWG) konzipiert. Die Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG für ‑ wie hier ‑ Abfälle aus privaten Haushaltungen besteht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
35Die von der Klägerin eingesammelten Alttextilien und -schuhe unterliegen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG, weil sie einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (a) und überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung nicht entgegenstehen (b).
36a) Die Klägerin führt die Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zu.
37Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung der von der Klägerin eingesammelten Alttextilien und Schuhe die Schadlosigkeit im Sinne § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt; dies trägt die Beklagte auch in Bezug auf das geltende KrWG nicht vor.
38Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass die Verwertung mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang stünde. Soweit die Beklagte im Rahmen ihrer Erwiderung zu § 18 Abs. 7 KrWG dazu Stellung nimmt, ob sie unter Geltung des vormaligen § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG den Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung durch die Klägerin als geführt angesehen hätte und dies vornehmlich mit dem Hinweis verneint, die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb reiche nicht aus, es müssten diverse Anlagengenehmigungen nach dem BImSchG oder dem Baurecht vorliegen, dringt sie bei Übertragung dieser Argumentation auf das geltende Recht nicht durch. Insoweit ist § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG nicht dahingehend zu verstehen, dass sämtliche Verstöße, so solche denn überhaupt hier vorliegen, gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei und im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG) auftreten können, die Verwertung „ordnungswidrig“ machten. Die Beklagte überspannt hier deutlich die Anforderungen.
39In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kreislaufwirtschaftsgesetz wird hinsichtlich § 7 Abs. 3 KrWG ausgeführt, die Forderung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung diente der Sicherstellung der zentralen Anforderungen an den Gesundheits- und Umweltschutz,
40vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 79.
41§ 7 Abs. 3 KrWG entspricht der Vorgängerregelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Hinsichtlich dieser Vorschrift ist im vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren die Vorstellung geäußert worden, die geforderte Übereinstimmung der Verwertung mit anderen Rechtsvorschriften solle gewährleisten, dass der Einsatz von Rückständen im Wirtschaftskreislauf gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfe,
42vgl. BT-Drucks. 12/5672, S. 42.
43Denn den Beiden zuvor wiedergegebenen Begründungen kann nicht entnommen werden, jeder beliebige Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit ein Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung bestehe, führe zur „Ordnungswidrigkeit“ der Verwertung. Vielmehr ist zunächst einmal davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, mit denen die Verwertung im Einklang stehen muss, einen verwertungsspezifischen Bezug aufweisen müssen in dem Sinne, dass sie für den eigentlichen Verwertungsvorgang von Relevanz sein können. Zudem ist mit Blick auf die Begründung zum Entwurf des § 7 Abs. 3 KrWG, die den Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Umweltschutz betont, davon auszugehen, dass die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch einen diesbezüglichen Bezug oder Zusammenhang aufweisen müssen,
44vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 - 20 A 3044/11, juris Rn. 84ff.
45Hiervon ausgehend liegt auf der Hand, dass die von der Beklagten geltend gemachten und noch nicht einmal im Ansatz konkretisierten etwaigen Verstöße gegen bauordnungsrechtliche- oder immissionsschutzrechtliche Genehmigungserfordernisse nicht dazu führen würde, der Verwertung ihre Ordnungsgemäßheit abzusprechen. Auch dürfte es, Verstöße gegen etwaige Genehmigungserfordernisse unterstellt, selbst dann regelmäßig an einem hinreichenden Bezug zum Verwertungsvorgang oder an einem erkennbaren Zusammenhang mit Gesundheits- und Umweltschutzaspekten fehlen.
46Aufgrund der Darlegungen der Verwertungswege im Anzeige- und im folgenden Verwaltungsverfahren ist auch im Übrigen davon auszugehen, dass die Verwertung gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften steht und nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.
47Die im Rahmen der Anzeige erbrachte Darlegung -nur dies fordert das novellierte KrWG in § 18 Abs. 2 Nr. 5- einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung durch Vorlage von entsprechenden Bestätigungen der Verwertungsunternehmen (F. GmbH und B. F1. GmbH) ist grundsätzlich hinreichend, sofern diese nachvollziehbar und transparent sind sowie keine tatsachengestützten Bedenken gegen die zertifizierten Entsorgungsfachbetriebe im Hinblick auf etwaige Missstände der Verwertung bestehen. Hier ist insbesondere für Missstände weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ungeachtet dessen legen die -im Rahmen des § 18 Abs. 7 KrWG i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG- vorgelegten zahlreichen Rechnungen der Klägerin an die F. GmbH und (eine) an die B. F1. GmbH über die regelmäßige Anlieferung von Alttextilien von Januar 2011 bis Mai 2012 eine ebenfalls heute weiterhin erfolgende ordnungsgemäße Verwertung der Alttextilien nahe. Soweit zum Teil gefordert wird bzw. wurde, der gewerbliche Sammler müsse stets einen Vertrag mit dem Verwerter vorlegen, in dem dieser unabhängig vom jeweiligen Erlös die Abnahme der Stoffe garantiere,
48vgl. VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2013 - AN 11 K 12.00358 -, juris, Rn. 34; noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: VG Ansbach, Beschluss vom 30. März 2012 - AN 11 S 12.00357 -, juris, Rn. 25,
49kann dem jedenfalls unter dem geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetz im hier streitgegenständlichen Bereich der Alttextil- und Schuhsammlung aufgrund des Charakters des Abfalls als „klassischer“ und vor allem werthaltiger Abfall, (ähnlich wie Altglas oder Altpapier), für den etablierte Verwertungswege bestehen, nicht gefolgt werden. Dies insbesondere angesichts des dauerhaft deutlich positiven Marktwertes von Alttextilien und der Tatsache, dass jedenfalls die Firma F. GmbH, zu der die Klägerin ausweislich der Anzahl der vorgelegten Rechnungen wesentliche Geschäftsbeziehungen unterhält, gerichtsbekannt selbst für Kommunen im Gerichtsbezirk als beauftragter Dritter für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Sammlung und Verwertung von Alttextilien wahrnimmt. An der Sicherstellung ausreichender Verwertungskapazitäten zu zweifeln, besteht mangels entsprechender Anhaltspunkte kein Anlass.
50Sofern die Beklagte meint, die Klägerin habe bereits unter dem früheren § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG nicht die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nachgewiesen, daraus ergäben sich heute Zuverlässigkeitsbedenken, die auch eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG rechtfertigen könnten, ist diese Annahme vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht ansatzweise nachvollziehbar. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Beklagte selbst einräumt, unter Geltung des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG sei kein Sammler aufgefordert worden, den Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zu erbringen. Selbst wenn die gewerblichen Sammler hier aber in der Pflicht gesehen würden, kann der Nicht-Nachweis nicht mit dem Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen gleichgesetzt werden. Insbesondere ist auf Grundlage der vorigen Darlegungen nicht erkennbar, worin denn ein systematisches und massives Fehlverhalten des gewerblichen Sammlers liegen solle, welches bei prognostischer Betrachtung die Gefahr böte, im Falle der Durchführung der Sammlung käme es zu gewichtigen Verstößen gegen Verwertungsvorschriften, die die Annahme eines Unzuverlässigkeitsverdikts rechtsfehlerfrei rechtfertigten -wobei dahingestellt bleiben kann, ob nicht bei einer mangelhaften ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ohnehin § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG der Alt. 1 als speziellere Norm vorginge-,
51vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. März 2013 - 20 B 444/13 -, juris.
52Im Übrigen wurde bereits in dem vorangegangenen Eilverfahren zum Ausdruck gebracht, es lägen auch keine Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit der seinerzeitigen Antragstellerin vor,
53vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Juni 2013 - 17 L 558/13 -, UA S. 8f., n.V.
54Dem ist die Beklagte nicht mehr hinreichend entgegengetreten; entsprechende Hinweise sind auch sonst nicht ersichtlich.
55b) Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, die die in Ziff. 1. des Bescheides vom 22. Februar 2013 angeordnete Untersagung rechtfertigen könnte.
56Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet (Satz 1). Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (Satz 2 Alt. 1) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (Satz 2 Alt. 2). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (Nr. 1), die Stabilität der Gebühren gefährdet (Nr. 2) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (Nr. 3).
57Hier sind der klägerischen Sammlung entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Form der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten nicht anzunehmen. Weder wird die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) (aa.) noch wird gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich durch die Sammlung der Klägerin beeinträchtigt. Dem steht nicht entgegen, dass die B2. (durch die beauftragte Firma F2. GmbH) eine eigene hochwertige Erfassung und Verwertung der Alttextilien durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) (bb.). Zudem gefährdet die gewerbliche Sammlung der Klägerin nicht die Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) (cc.). Schließlich wird auch nicht die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG) (dd.).
58aa. Die Sammlung verhindert nicht die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen, § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Dies gilt auch, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen betrachtet wird, § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG.
59Mit Hilfe des § 17 Abs. 3 KrWG sollen die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgewogen werden, weshalb für die Auslegung von Absatz 3 primär die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 106 Abs. 2 AEUV heranzuziehen ist,
60vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (rechte Spalte, zweiter Absatz).
61Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem betrauten Unternehmen die Erfüllung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen,
62vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 34; EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris Rn. 54. Insoweit geht das Verständnis der Vorschrift über deren reinen Wortlaut hinaus.
63Der Schutz der Wirtschaftlichkeit ist nur Mittel zum Zweck der Gewährleistung eines nachhaltigen Funktionierens der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse,
64vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 31,
65zu denen – wie bereits ausgeführt – auch die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten gehört.
66An dieser Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber bei der Formulierung der „Wirtschaftlichkeitsklausel“ in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG orientiert,
67vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 140; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (rechte Spalte, dritter Absatz) und S. 87 (rechte Spalte, letzter Absatz).
68Indes konkretisieren auch die in den Gesetzesmaterialien zitierten beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes,
69Urteile vom 15. November 2007 – C-162/06 –, juris und vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris,
70ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Gerichtes hinreichend, was im Einzelnen unter „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ zu verstehen ist,
71so auch OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 158.
72Soweit in den zwei zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes sinngemäß darauf hingewiesen wird, zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen gehöre auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen, kann offen bleiben, ob sich diese Überlegung nur auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen bezieht, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf,
73vgl. EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 – C-320/91 –, juris,
74oder auch auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Teil der öffentlichen Hand. Auf letzteren träfe der Aspekt des Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen wohl „nur bedingt“,
75so OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160,
76zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist.
77Selbst wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aber wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansähe, könnte aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass er nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genösse,
78vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
79Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender Höhe erhoben würden, d. h. es würde - zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen - keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung ungewisser Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Gesamtkostendeckung erreicht würde,
80vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160.
81Dies vorausgeschickt, kann sich die Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, sie sei darauf angewiesen, durch die Vermarktung werthaltiger Abfälle eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung vornehmen zu können, ihr diese Möglichkeit aber genommen werde, wenn etwa die gesamten Erlöse aus der Vermarktung aller Alttextilien nicht mehr in ausreichender Weise in den Abfallgebührenhaushalt flössen.
82Ob unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen darüber hinaus nicht auch auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden kann,
83dagegen OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 162,
84und es der Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dementsprechend verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, sie könne die ihr obliegende Verpflichtung nicht zu niedrigeren Gebühren erbringen, kann dahinstehen. Für die vorzitierte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mag die Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG Anhaltspunkte liefern, der entnommen werden kann, jedenfalls die Gebührenstabilität betreffende gebührenrechtliche Aspekte sollten bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG – Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen – primär keine Rolle spielen. Der Gesetzgeber habe, wie § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeige, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG (wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung) zugeordnet.
85Selbst wenn man entgegen diesem Ansatz unter das Tatbestandmerkmal der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ auch gebührenrechtliche Aspekte fasste ‑ wofür der ansonsten praktisch leerlaufende Anwendungsbereich der Norm sprechen mag ‑ führte dies hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Dabei dürfte in Abgrenzung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG, der die Stabilität der Gebühren zum Inhalt hat, der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dann eröffnet sein, wenn diesbezüglich nicht die Stabilität der Gebühren als solche in Frage steht, sondern die Rechtmäßigkeit der Abfallgebühren selbst. Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf, dürfte insoweit eine Grenze der wirtschaftlichen Entsorgungssicherheit darstellen,
86vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 164 m.w.N.
87Für einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bestehen hier indes keine Anhaltspunkte.
88bb. Auch die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. beauftragten Dritten wird nicht gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG durch die Sammlung der Klägerin wesentlich beeinträchtigt.
89Die Beklagte beruft sich zutreffend darauf, sie führe – durch die beauftragte B2. bzw. die Firma F2. GmbH – im Stadtgebiet ein eigenes hochwertiges Erfassungssystem für Alttextilien durch. Sie bzw. die B2. verfügte zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses ausweislich ihrer nicht bestrittenen Angaben etwa über 640 im Stadtgebiet verteilte Sammelbehälter für Alttextilien und Schuhe.
90Allein die Existenz eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einem beauftragten Dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen Entsorgungssystems begründet indes die Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, von der gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG bei einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung auszugehen ist, nicht. Zwar ist dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Ein rein formales Verständnis der Vorschrift führte im Ergebnis aber zu einem vom Unions- und Verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrentenschutz, sofern ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt besteht und zwar unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt,
91vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 38, VG Würzburg, Urteil vom 12. November 2013 ‑ W 4 K 13.326 –, juris Rn. 24 ff.
92Die Folge wäre gleichsam eine Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die mangels Aufgabenbezug die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV verfehlen und gegen das darin enthaltene Gebot der Erforderlichkeit verstoßen würde. Denn Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt nur den Schutz der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nicht aber den Schutz der Aufgabenerfüllung gerade durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger,
93vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 147.
94Dieselbe Überlegung gilt hinsichtlich der nationalen Grundrechte, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG, soweit durch dieses Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger stärker geschützt würde, als zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung erforderlich,
95vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 38.
96Ob dieser Problematik dadurch Rechnung zu tragen ist, dass man den Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dahin versteht, der Gesetzgeber habe klarstellen wollen, auf der Tatbestandsseite seien wegen der Formulierung „insbesondere anzunehmen“ Regelbeispiele normiert, was nicht ausschließe, dass die dort zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise unzutreffend sei,
97vgl. so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 39,
98bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man der Ansicht folgte, im Falle einer haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung des Abfalls durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger neben einer gewerblichen Sammlung sei nach dem formalen Wortlaut der Vorschrift stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen,
99vgl. Siederer/Wenzel/Schütze, Unzulässigkeit gewerblicher Sammlungen bei bestehenden Erfassungssystemen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, AbfallR 2014, S. 79 (81 f.); Dageförde/Thärichen, Die Untersagung gewerblicher Sammlungen von Alttextilien, AbfallR 2013, S. 125 (134 ff.),
100wäre der Wortlaut der Norm zumindest unions- bzw. verfassungskonform dergestalt zu reduzieren, dass die gewerbliche Sammlung trotz bestehenden hochwertigen Entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des beauftragten Dritten bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zulässig sei,
101vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 38; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 41; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 ‑ AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 85.
102Ein rein formales Verständnis der Vorschrift wäre im Übrigen auch mit der Gesetzessystematik des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vereinbar. § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG dient der Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Es liegt auf der Hand, dass die dort inmitten stehende Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden kann.
103Die Annahme der „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gebietet vielmehr eine zweistufige Prüfung.
104In einem ersten Schritt ist unter Auswertung konkreten Zahlenmaterials zu prüfen, ob lediglich geringfügige Mengen durch sämtliche gewerbliche Sammler dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Entsorgungsgebiet entzogen werden. Ist dies der Fall, kann nahezu stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ausgeschlossen werden. Einen Mengenentzug von bis zu 10 %, der aufgrund der allein in Rede stehenden Alttextiliensammlung naturgemäß an der Gesamtsammelmenge dieser Abfallfraktion im Entsorgungsgebiet gemessen werden muss, erachtet die Kammer als geringfügig,
105vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 42; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 ‑ M 17 K 13.2189‑ , juris Rn. 66; VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 39 ff., die jeweils auf eine Menge zwischen 10 und 15 % abstellen.
106Wird die Menge von 10 % überschritten, ist von dieser Zahl losgelöst auf einer zweiten Stufe zu erwägen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall gegeben ist. Dabei ist leitend, dass im Mittelpunkt der Regelung des § 17 Abs. 3 KrWG die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme steht,
107vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 87,
108die in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht gewahrt bleiben muss. Das schließt aber Beeinträchtigungen durch private Konkurrenten nicht aus. Denn § 17 Abs. 3 KrWG will die öffentliche Hand nicht vor (privater) Konkurrenz schützen,
109vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -, juris.
110Ein anderes Verständnis wäre wie bereits ausgeführt schwerlich mit Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV vereinbar, denn diese Vorschrift stellt die Mitgliedsstaaten vom europäischen Wettbewerbsrecht nur insoweit frei, als die Wettbewerbsnachteile des betrauten Unternehmens Korrelat seines Gemeinwohlauftrags sind,
111vgl. VG Würzburg, Urteil vom 22. Oktober 2013 – W 4 K 12.1071 –, juris Rn. 31 mit Verweis auf Klement in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 143.
112Dies zugrunde gelegt, ist maßgebend, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. der beauftragte Dritte wegen der gewerblichen Sammlungen gehalten ist, seine Entsorgungsstruktur wesentlich zu ändern oder anzupassen,
113vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 88,
114wobei es hier keiner Entscheidung bedarf, ob man dabei auf die Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes oder nur auf die Struktur innerhalb der jeweiligen Abfallfraktion – hier: Alttextilien – abstellt.
115Hiernach gibt es keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin werde, ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG), die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten gefährdet.
116Substantielle Angaben darüber, welche Mengen Alttextilien durch gewerbliche Sammler der Sammlung der Beklagten insgesamt „entzogen“ werden, konnte die Beklagte trotz entsprechender Aufklärungsverfügung vom 13. Juni 2013 und fernmündlicher Nachfrage des Gericht vom 10. Juni 2014 nicht machen. Sie führte aus, es könne nicht ermittelt werden, welche Mengen Altkleider und Schuhe gewerbliche Unternehmen im Stadtgebiet eingesammelt hätten. Seit 2009 sei lediglich ein Rückgang der Menge der kommunalen Sammlung um fast 35% zu verzeichnen, nämlich von 1875t auf 1234t/Jahr im Jahre 2012. Auf die vorzitierte fernmündliche Nachfrage ergänzte die Beklagte ihren Vortrag dahin, die kommunale Sammelmenge für das Jahr 2013 habe insgesamt wieder 1781t betragen, prognostisch für 2014, auf Basis der Zahlen für das erste Quartal gerechnet, stünden 2356t im Raum. Die Sammelmenge der gemeinnützigen Sammler -vornehmlich des E. - habe 2013 258t betragen und werde prognostisch 2014 wohl 296t erreichen. Die Menge der von gewerblichen Sammlern im Stadtgebiet gesammelten Alttextilien könne nach wie vor nicht angegeben werden. Soweit die Beklagte auf eine Aufstellung des kommunalen Sammlers vom 21. Mai 2012 zurückgreift, die 131 Fremdcontainer (inklusive der gemeinnützigen Sammlungen) aufweist, ergäbe sich auf Basis der jährlichen kommunalen Altkleidertonnage für 2012 von 1234/t bei 640 Containern insgesamt ein -ganz grob geschätzter und ungeachtet der Validität des Rechenweges- Mengenentzug von ca. 252 t/Jahr. Legte man diese Zahl zugrunde, ergäben sich damit ca. 20 % der anhand der pro Einwohner im Jahr (geschätzt) anfallenden Gesamtmenge von 10 kg Alttextilien. Es bleibt mangels ermittelbarer näherer Angaben letztlich aber ungewiss, ob diese Sammelmengen tatsächlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. dem beauftragen Dritten durch die gewerblichen Sammler entzogen werden. Dem Begehren der Klägerin, diese Sammelmengen seitens der Beklagten zu verifizieren und einen Kausalzusammenhang hinsichtlich des Mengenrückgangs der kommunalen Sammlung gerade zu ihrer Sammlung herzustellen (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 28. November 2013, S. 12), braucht nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn zugunsten der Beklagten deren Zahlenangaben unterstellt und weiter zu ihren Gunsten die Überschreitung der Geringfügigkeitsschwelle angenommen, führte dies bei der auf der zweiten Stufe durchzuführenden Einzelfallbetrachtung nicht zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Es ist von der Beklagten nämlich weder dargelegt noch sonst ersichtlich, die Sammlung der Klägerin zöge – auch unter Berücksichtigung der sonstigen gewerblichen Sammler – Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht nach sich, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien führten bzw. geführt hätten. Allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des nach Angaben der Beklagten vorhandenen Potenzials an Wertstoffen muss nicht korrelierend mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sein. Das Gesetz nimmt in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht auf den Entzug bestimmter Abfallmengen Bezug, sondern verwendet die Begriffe der „Planungssicherheit“ und „Organisationsverantwortung“. Hinreichende Angaben darüber, wie sich der Verlust der Sammelmenge auf die Planungssicherheit bzw. die Organisationsverantwortung auswirken, fehlen indes. Es ist zurzeit konkret nichts dafür ersichtlich, dass die B2. bzw. die unterbeauftragte F2. GmbH ihre Sammlung von Alttextilien neben den gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen nicht wie bisher wird weiterführen können. Dies gilt auch deshalb, weil die B2. über „gesicherte“ Stellplätze für ihre Container verfügt und jederzeit auf neue Standplätze ‑ auch im öffentlichen Straßenraum ‑ zurückgreifen könnte. Sind schon keine relevanten Auswirkungen auf die Entsorgungsstruktur im Bereich der Abfallfraktion Alttextilien ersichtlich, stehen demgemäß erst Recht keine durch die gewerblichen Sammler verursachten erforderlichen Änderungen oder Anpassungen der Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes im Raum.
117Den Nachweis oder jedenfalls die Darlegung der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten hat schließlich die Beklagte zu erbringen. Denn bei Eingriffsmaßnahmen trägt grundsätzlich die Behörde die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der entsprechenden Ermächtigungsnorm, aus der sie eine für sich günstige Rechtsfolge ableitet,
118vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 1993 – 7 B 190/93 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 25. März 1964 – VI C 150.62 –, juris Rn. 17.
119Hinzu kommt, dass die Beteiligten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind. Diese Mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den Vortrag von Umständen, die der „Sphäre“ eines Beteiligten ‑ hier der Beklagten ‑ zuzurechnen sind,
120vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 86 Rn. 11 m.w.N.
121cc) Die Beklagte kann weiterhin nicht geltend machen, die gewerbliche Sammlung der Klägerin gefährde die Gebührenstabilität, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG.
122Dieses Kriterium bedarf der Auslegung, da sich der Begriff der Gebührenstabilität aus sich heraus nicht ohne Weiteres erschließt. Gebühren sind per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der Höhe gleichbleibend, sondern sind regelmäßig jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden und sich gegebenenfalls verändernden Kosten der Abfallentsorgung neu zu kalkulieren,
123vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 178.
124Anzuerkennen ist, wenn die Beklagte schlagwortartig zusammengefasst die Privatisierung der Gewinne bei Sozialisierung der Verluste zu vermeiden versucht,
125vgl. zu diesem Ansatz Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 180; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 149.
126Jedoch ist dazu nicht der Ausschluss gewerblicher Sammler zum Zwecke der Erhebung der niedrigsten Gebühren geeignet. Denn dieser Ansatz führte dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil gewerblichen Sammlungen stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um „werthaltige“ Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung „entzogen“ werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigsten Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis höhere Gebühren verursacht,
127vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 192.
128Daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige Gebührensteigerung zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität führen kann. Die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stellt als Einrichtung der Daseinsvorsorge kein gewinnorientiertes Unternehmen dar; die Kosten sind durch kostendeckend zu kalkulierende Benutzungsgebühren von den Gebührenschuldnern zu tragen. Eine geringe Gebührenbelastung ist daher zunächst ein privates Interesse des Gebührenschuldners, hinzutreten mag eine kommunalpolitische Motivation Gebührenerhöhungen zu vermeiden,
129vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, juris Rn. 28 noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG.
130Diese grundsätzlichen Erwägungen schließen allerdings eine Auswirkung des Gebührenaspektes im Einzelfall auf die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht aus. Maßgeblich ist, dass es durch die Tätigkeit eines gewerblichen Sammlers – ggf. in der Zusammenschau mit anderen gewerblichen Sammlern – prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen Gebührenerhöhung kommt, die gerade kausal auf die Entziehung der Abfallfraktion durch den bzw. die Sammler zurückzuführen sein muss,
131vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 183; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17 Rn. 152.
132Wann eine nicht nur geringfügige Gebührenerhöhung vorliegt braucht hier keiner Entscheidung zugeführt zu werden. Das Argument der Beklagten, sie könne bei geringeren Erlösen aus der Alttextilienverwertung entsprechend weniger eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen, greift nicht. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen schon nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren - eben durch Quersubventionierung aufgrund Erlösen aus der Alttextilienverwertung -, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, es stünde eine relevante Gebührensenkung im Raum, wenn denn die Beklagte – gäbe es keine gewerblichen Sammler mehr im Stadtgebiet – eine höhere Sammelmenge und dementsprechend höhere Vergütungen aus der Alttextilienverwertung erhielte. Ausgehend von dem von der Beklagten selbst beispielhaft für 2011 mitgeteilten Entzug von Alttextilerlösen durch gewerbliche Sammler im Stadtgebiet (51.000,00 Euro entgangener Gewinn bei einem von der Beklagten zugrundegelegten Preis von 170,00 Euro/t) -unterstellt einmal dieser Rückgang sei kausal auf deren Tätigkeit zurückzuführen- entgingen ihr (zusätzliche) Erlöse aus der Verwertung in Höhe von ca. 120.000,00 Euro -bei hier veranschlagten 400,00 Euro erzielbarem Erlös pro Tonne-,
133vgl. zu dem erzielbaren Durchschnittserlös: OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2014 ‑ 20 B 331/13 ‑, juris Rn. 44.
134In das Verhältnis zu den übrigen Kosten der Abfallentsorgung gesetzt (laut Mitteilung der Beklagten: ca. 88 Mio. Euro) macht dieser Betrag nur ca. 0,136 % aus und fällt damit ersichtlich nicht wesentlich ins Gewicht. Überdies müssten bei dieser Betrachtung dann auch noch der Beklagten entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten ggf. in Form von Fremdleistungsentgelten in Abzug gebracht werden, die sogar Gebührenauswirkungen von unter diesem Betrag liegend wahrscheinlich machten. Darauf kam es aber nicht mehr an. Selbst die Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 8. Juli 2013 zugrundegelegt, der durchschnittliche Erlös der kommunalen Altkleidersammlung stehe zu den Kosten der gesamten Abfallwirtschaft in einem Verhältnis von etwa 0,52 %, ergäben sich anhand dieser Werte bei Wegfall der gesamten kommunalen Altkleidersammlung keine hier relevanten Gebührenauswirkungen,
135vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -, juris: eine geschätzte Erhöhung der Abfallgebühren von 2% ist in jedem Falle unbeachtlich.
136dd. Überwiegende der Sammlung entgegenstehende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
137Was die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nicht in erster Linie um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies vordergründig nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend geht es bei der Norm darum, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine hinreichend konkret angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen „unterlaufen" wird,
138vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 194; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 - 17 K 3013/13 -.
139An einem konkret bevorstehenden Vergabeverfahren, in Ansehung dessen beurteilt werden könnte, was „erheblich erschwert“ werden soll, fehlt es hier bereits, auf ein solches hat sich die Beklagte auch nicht berufen.
140Weiterhin ist nicht ersichtlich, der Bestand der Drittbeauftragung stehe aufgrund eines „Unterlaufens“ der Vergabe in Frage oder werde gefährdet. Dies schon deshalb, weil die Firma F2. GmbH, welche offenbar das von der B2. im Auftrag der Beklagten durchgeführte Vergabeverfahren für sich entschieden hat, seinerzeit in Kenntnis der (zu diesem Zeitpunkt wohl auch von der Klägerin schon durchgeführten, vgl. den im Eilverfahren vorgelegten Vertrag über einen Stellplatz, datierend vom 22. Dezember 1999) gewerblichen Sammlungen das Auftragsverhältnis mit der Beklagten bzw. der B2. eingegangen ist. Ungeachtet dessen ist es aber auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht deren Aufgabe, das Unternehmen, welches den Wettbewerb für sich entschieden hat, zu schützen, denn wie bereits dargelegt, will die Norm nach ihrer Schutzrichtung nicht den Wettbewerber privilegieren. Auch das Argument einer befürchteten „Rosinenpickerei“ bei lukrativen gewerblichen Containerstandorten greift nicht zugunsten der Beklagten durch. Der im Ausschreibungsverfahren erfolgreiche Bieter kann bereits mit Blick auf mögliche gemeinnützige Sammlungen keinesfalls fest mit einer bestimmten Abfall- oder Wertstoffmenge rechnen,
141vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17 Rn. 189.
142ee. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen könnte,
143vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 198 ff.
144Dass die Strukturen der Beklagten für Alttextilien bezogen auf den Sammlungsvorgang als solchen und die Verwertung wesentlich beeinträchtigt werden, ist nicht ersichtlich und wurde von der Beklagten auch nicht (hinreichend konkret) geltend gemacht.
145Schließlich kann unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der klägerischen Sammlung getroffen werden muss, keine, quasi prognostische, wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert, die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Alttextilien für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre Sammlung unvermittelt einstellt. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund des im Stadtgebiet bestehenden flächendeckenden Netzes der Beklagten mit 640 eigenen Containern. Im Übrigen ist gegen eine Reserve- bzw. Auffangfunktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nichts zu erinnern. Ihm kann eine gewisse Flexibilität bei Aufbau und Unterhaltung der Abfallentsorgungsstrukturen zugemutet werden,
146vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 7 ME 192/07 –, juris Rn. 13 zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG.
147Hinzu kommt, dass – jedenfalls soweit die Marktpreise für Alttextilien stabil bleiben oder steigen – davon auszugehen ist, weitere Unternehmen stünden zur Verfügung, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln, Befördern und die Verwertung der Alttextilien im Auftrag der Beklagten übernehmen können und - gegen entsprechende Bezahlung - auch würden.
148ff. Da es bereits an den Voraussetzungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 (sowie Nr. 3) KrWG fehlt, kommt es darauf, ob die Sammlung und Verwertung der Klägerin nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG wesentlich leistungsfähiger ist, als die des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von ihm beauftragten Dritten, nicht mehr an.
149Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung, ob die Beklagte die Vorschrift des § 18 Abs. 7 KrWG und die dort normierten Bestands-/Vertrauensschutzgesichtspunkte zutreffend und hinreichend berücksichtigt hat,
150vgl. dazu bereits der vorangegangene (stattgebende) Beschluss des erkennenden Gerichts vom 13. Juni 2013 - 17 L 558/13 -, n.V.
1512. Die in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheides vom 22. Februar 2013 weiter ausgesprochene Untersagung sämtlicher über die Containersammlung hinausgehender anderer Arten von gewerblichen Sammlungen von Alttextilien und Schuhen von privaten Haushaltungen, wie z.B. eine Haus-zu-Haus-Sammlung innerhalb des Gebietes der Beklagten, ist gleichfalls materiell rechtswidrig.
152Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt schon § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung einer nicht angezeigten gewerblichen Sammlung dar. Bereits nach dem Wortlaut kann nur eine angezeigte (und nicht: eine nicht angezeigte) Sammlung untersagt werden,
153vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2012 - 17 L 1953/12 - m.w.N.; i.Erg. auch OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 - 20 B 331/13 -.
154Die Anzeige der Beklagten vom 20. August 2012 gibt zu der Art der Sammlung an, „in der Städteregion E1. ... 7 Containerstandplätze“ zu bewirtschaften und mit ihnen Alttextilien sowie Schuhe zu sammeln. Die nunmehr untersagte „jegliche andere Art der gewerblichen Einsammlung“, ist von dieser Anzeige bereits nicht umfasst. Zwar mag die Untersagung einer nicht angezeigten anzeigebedürftigen gewerblichen Sammlung auf die Generalklausel des § 62 KrWG i.V.m. § 18 Abs. 1 KrWG gestützt werden können, eine solche Untersagung wäre hier aber jedenfalls ermessensfehlerhaft und damit ebenfalls materiell rechtswidrig. Im Gegensatz zu § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG steht die Untersagung der nicht angezeigten anzeigebedürftigen gewerblichen Sammlung gemäß § 62 KrWG i.V.m. § 18 Abs. 1 KrWG im Ermessen der zuständigen Behörde. Die Beklagte hat bei Erlass der Verfügung vom 22. Februar 2013 diesbezüglich indes kein Ermessen ausgeübt. Da sie sich bei ihrer Entscheidung -insoweit konsequent- gebunden gefühlt hat („Rechtsfolge ... des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ist die Untersagung der Sammlung. Ein Ermessensspielraum hinsichtlich des Einschreitens ist mir daher nicht eingeräumt“), können auch keine Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzt werden,
155vgl. VG Düsseldorf , Beschluss vom 18. Dezember 2012 - 17 L 1953/12 - m.w.N.; VG Düsseldorf , Beschluss vom 13. Juni 2013 - 17 L 558/13 -, n.V.
156Unbeschadet dessen begegnet Ziff. 2 auch Bedenken im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit, denn es ergeben sich keine aktenkundigen tatsächlichen Anhaltspunkte für eine gewerbliche Sammlung der Klägerin außerhalb der von ihr aufgestellten sieben Container, etwa im Holsystem. Betreibt sie über die Sammlung im Bringsystem mittels Containern aber keine weitere anzeigebedürftige Sammeltätigkeit und bestehen auch keine Hinweise hierauf, ist eine „Präventivuntersagung“ wie sie Ziff. 2 der Ordnungsverfügung vornimmt unverhältnismäßig.
157Schließlich gelten die für Ziff. 1 unter A. II. 1. gemachten Ausführungen gleichermaßen auch hier. Überwiegende öffentliche Interessen stünden einer solchen Sammlung im Entscheidungszeitpunkt dieser Rechtssache nicht entgegen.
158III. Die Rechtswidrigkeit der auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 1 (Ziff. 4 der angefochtenen Verfügung) und Nr. 2 (Ziff. 5 der angefochtenen Verfügung), 59, 60 und 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen beruhenden Androhung der Ersatzvornahme bzw. eines Zwangsgeldes folgt bereits aus den materiell rechtswidrigen Grundverfügungen (s. A. II 1., 2.), an die die Zwangsmittelandrohungen anknüpfen und die mit diesem Urteil aufgehoben werden.
159B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung.
160Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
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