Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 23 K 5050/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die 0000 geborene Klägerin ist die Witwe des verstorbenen E. G. . Dieser stand bis zu seinem Tod im Feuerwehrdienst der Beklagten.
3Der am 00. Juni 1953 geborene E. G. gehörte seit 1975 der Berufsfeuerwehr der Beklagten an. Er war seit langem Beamter auf Lebenszeit und wurde im Juni 2006 zum Brandamtsrat (Besoldungsgruppe A 12 Bundesbesoldungsordnung – BBesO) befördert.
4Im Dezember 2009 befand E. G. sich im Sachbereich 304 der Berufsfeuerwehr der Beklagten und nahm dort die Planstelle 3497 wahr, die seinem Dienstrang entsprechend im Stellenplan der Beklagten mit A 12 BBesO bewertet war. Mit einem internen Vermerk der Beklagten vom 18. Dezember 2009 wurde eine neue Bewertung der Stelle des Klägers mit nunmehr „A 13 gD“ aufgrund von zusätzlichen Aufgaben vorgeschlagen. Mit Verfügung vom 19. Februar 2010 wurde die vorgeschlagene Neubewertung für die Planstelle des Klägers mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 vorgenommen. Eine Beförderung des Klägers in den der Stellenbewertung entsprechenden Dienstrang erfolgte zunächst nicht.
5Mit Wirkung vom 1. Januar 2012 ernannte die Beklagte Herrn G. zum Brandoberamtsrat (Besoldungsgruppe A 13 gD). Wenig später verlängerte die Beklagte auf seinen Antrag seine (eigentlich am 30. Juni 2013 endende) Dienstzeit um sechs Monate bis einschließlich 31. Dezember 2013 gemäß § 32 Abs. 1 Landesbeamtengesetz NRW.
6Am 7. April 2013 verstarb Herr G. plötzlich und unerwartet – wohl aufgrund einer Komplikation bei einer Gelenksoperation.
7Die Beklagte setzte das Witwengeld der Klägerin mit Bescheid vom 18. April 2013 mit dem Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % (für den Verstorbenen, sowie 60 % hiervon für die Witwe) aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 12 BBesO auf brutto monatlich 1768,27 EUR fest. Die tabellarische Berechnung der Versorgungsbezüge enthielt den Passus: „In letzte Besoldungsgruppe eingewiesen zum: 01.06.2006“.
8Unter dem 8. Mai 2013 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Festsetzung der Hinterbliebenenversorgung mit der Begründung, dass das Witwengeld aus der Besoldungsgruppe A 13 zu berechnen sei, da der Verstorbene seit 2009 eine Tätigkeit ausgeübt habe, die im Stellenplan der Beklagten mit der Besoldungsgruppe A 13 ausgewiesen sei, und zudem auch die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllt gewesen seien. Die erfolgte Beförderung zum 1. Januar 2012 sei verspätet und entbinde die Beklagte deshalb nicht von der Verpflichtung, die Hinterbliebenenbezüge nach der tatsächlich ausgeübten Besoldungsgruppe zu berechnen.
9Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2013 zurück und begründete diesen im Wesentlichen mit den Rechtsfolgen des § 5 Abs. 3 BeamtVG, wonach derjenige, der aus einem Amt in den Ruhestand tritt, das er noch nicht mindestens zwei Jahre lang bekleidet hat, die Versorgungsbezüge nach dem zuvor bekleideten Amt erhalte. Die Vorschrift stelle allein auf das innegehabte Amt – also die erfolgte Beförderung – ab, weshalb das Vorbringen der Klägerin zur Ausübung der höherwertigen Tätigkeiten keine Auswirkungen habe.
10Die Klägerin hat am 11. Juni 2013 hiergegen Klage mit dem Begehren erhoben, dass das Witwengeld auf der Grundlage der Besoldungsgruppe A 13 zu zahlen sei. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass die Beklagte schon Anfang des Jahres 2010 das hätte tun müssen, was sie letztlich im Dezember 2011 tat, nämlich bei der Bezirksregierung E1. entsprechende Aktivitäten im Hinblick auf die Ermöglichung von Beförderungen zu entfalten, um so Genehmigung oder Freigabe der Beförderung des Verstorbenen und anderer Beamter der Beklagten zu erzielen. Wäre dies zu diesem früheren Zeitpunkt erfolgt, so hätte der Verstorbene bei seinem Tod das Amt A 13 gD schon mindestens zwei Jahre innegehabt. Da Besoldung nicht „nach Kassenlage“ erfolgen dürfe, könne die Beklagte sich auch nicht darauf berufen, sie hätte keine Mittel gehabt.
11Die Klägerin beantragt schriftsätzlich wörtlich,
12die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2013 zu verpflichten, bei der Berechnung ihres Witwengeldes das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 13 gD LBesO zu Grunde zu legen,
13hilfsweise,
14die Beklagte zu verurteilen, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und entstehen wird, dass die Beklagte es pflichtwidrig unterlassen hat, Herrn E. G. trotz Vorliegens der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht bereits im Jahre 2009 zu befördern, und dementsprechend bei der Berechnung der Hinterbliebenenbezüge der Klägerin das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 13 gD LBesO zu Grunde zu legen.
15Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
16die Klage abzuweisen.
17Sie beruft sich zur Begründung ergänzend im Wesentlichen darauf, dass ihr die Beförderung des Verstorbenen vor dem Zeitpunkt, zu dem diese tatsächlich erfolgte, aus haushaltsrechtlichen Gründen wegen der damals gegebenen Situation mit drohender Überschuldung rechtlich unmöglich gewesen sei. Erst aufgrund einer Ende 2011 entstandenen neuen Erlasslage habe sie die Beförderung des Verstorbenen zum Januar 2012 ermöglicht. Hierbei sei er – gerade im Hinblick auf seinen absehbaren Eintritt in den Altersruhestand - als einziger Beamter der Beklagten mit höherer Besoldungsgruppe als A 10 bevorzugt befördert worden. Ein Schadensersatzanspruch sei deshalb ausgeschlossen.
18Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, die beigezogenen Personalakten der Beklagten betreffend den verstorbenen Herrn E. G. und deren Verwaltungsvorgänge zu den Hinterbliebenenbezügen einerseits und der haushaltsrechtlichen Situation der Beklagten in den Jahren 2008 bis 2012 andererseits Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 3. Dezember 2014 gemäß § 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden ist.
21Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
22Die zulässige Klage ist – sowohl im Hauptantrag, als auch im Hilfsantrag – nicht begründet.
23Der Bescheid der Beklagten vom 18. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten; sie hat keinen Anspruch darauf, dass bei der Berechnung ihres Witwengeldes die Besoldungsgruppe A 13 zu Grunde gelegt wird (unten I.), auch nicht im Wege des Schadensersatzes (unten II.) (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
24I.
25Die Klägerin hat zunächst nicht den mit dem Hauptantrag geltend gemachten, unmittelbar aus dem Recht der Beamtenversorgung folgenden Anspruch auf Gewährung von Witwengeld unter Berücksichtigung ruhegehaltfähiger Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A 13.
26Der Anspruch der Klägerin auf Witwengeld ergibt sich aus §§ 19, 20 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) und ist mit 60 % der Versorgungsbezüge, die der Verstorbene bei einem Eintritt in den Ruhestand zum Zeitpunkt des Todes erhalten hätte, richtig bemessen. Hiergegen wendet sie sich auch nicht, sondern sie begehrt, dass die Besoldungsgruppe A 13 der Berechnung zu Grunde gelegt wird.
27Dies kann sie jedoch nicht verlangen. Die Beklagte hat zutreffend die Besoldungsgruppe A 12 in der Endstufe in ihre Berechnung eingestellt.
28Gemäß § 4 Abs. 3 BeamtVG wird das Ruhegehalt auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet. Für die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge gilt § 5 BeamtVG. Danach sind gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 BeamtVG als ruhegehaltfähige Dienstbezüge unter anderem gemäß Nr. 1 das Grundgehalt zugrundezulegen, das dem Beamten zuletzt zugestanden hat. Hieraus folgt, dass im Grundsatz das Grundgehalt nach der letzten dem Dienstrang entsprechenden Besoldungsgruppe zu berücksichtigen ist. Dieser Dienstrang ist letztlich das statusrechtliche „Amt“, das der Beamte innehatte, das durch die Dienstbezeichnung bestimmt wird, die ihrerseits in den Besoldungsordnungen – den dem Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) oder den in Landesrecht übergeleiteten Gesetzen beigefügten Tabellen und Listen – einer Besoldungsgruppe zugeordnet werden. Das statusrechtliche Amt des verstorbenen E. G. war zum Zeitpunkt seines Todes „Brandoberamtsrat“. Das Amt des „Oberamtsrat“ ist generell der Besoldungsgruppe A 13 nach BBesO A zugeordnet. Hiernach wäre die Witwenversorgung der Besoldungsgruppe A 13 zu entnehmen.
29Jedoch enthält § 5 Abs. 3 S. 1 BeamtVG eine Sonderregelung: Wenn der Beamte beim Eintritt in den Ruhestand (oder wie hier zum Todeszeitpunkt) die zu diesem Zeitpunkt innegehabte Besoldungsgruppe – „das Amt“ – nicht mindestens zwei Jahre bekleidet, sind nur die Bezüge des vorher bekleideten Amtes ruhegehaltfähig. Eine spezielle Regelung für den Fall des Versterbens im Dienst, die hiervon abweichen würde, besteht nicht.
30Hierbei ist zu berücksichtigen, dass durch Art. 6 Nr. 4b des Versorgungsreformgesetzes (VReformG) vom 29. Juni 1998 (BGBl. I S. 1666) § 5 Abs. 3 BeamtVG neugefasst worden und die dort geregelte Wartefrist auf drei Jahre ausgedehnt und auf laufbahnfreie Ämter erstreckt worden war. Diese Änderung hat das Bundesverfassungsgericht,
31BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 – 2 BvL 11/04 -, BVerfGE 117, 372 ff.
32für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Damit galt unmittelbar wieder die bisherige zweijährige Wartefrist. Für den Bund hat der Gesetzgeber mit dem DNeuG hieraus die Konsequenz gezogen und wieder eine entsprechende zweijährige Wartefrist in § 5 Abs. 3 S. 1 BeamtVG geregelt und rückwirkend zum 13. April 2007 in Kraft gesetzt. Entgegen dem Text des § 5 Abs. 3 S. 1 BeamtVG in der bis 31. August 2006 geltenden Fassung (a.F.; vergleiche § 108 BeamtVG neuer Fassung) gilt deshalb sowohl nach dem im Juni 2013 in Kraft getretenen Landesbeamtenversorgungsgesetz NRW (LBeamtVG), als auch nach dem davor geltenden Beamtenversorgungsgesetz a. F. eine zweijährige Wartefrist.
33In dieser Fassung steht § 5 Abs. 3 BeamtVG der Berücksichtigung der Besoldungsgruppe A 13 bei der Festsetzung des Witwengeldes der Klägerin entgegen.
34Der Fall des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zeichnet sich dadurch aus, dass sein statusrechtliches Amt – sein Dienstrang – von der Bewertung seines Dienstpostens – seiner Planstelle – in der Zeit bis zu der mit Wirkung vom 1. Januar 2012 erfolgten Beförderung zum Brandoberamtsrat abwich. Seine Planstelle war ursprünglich mit A 12 bewertet und sein Dienstrang war dementsprechend Brandamtsrat, was nach BBesO A der Stufe A 12 entspricht. Dann wurde die Bewertung der Planstelle mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 auf A 13 angehoben. Der Stellenbewertung A 13 entspricht für den gehobenen Dienst das Amt „Oberamtsrat“, also im Bereich der Feuerwehr „Brandoberamtsrat“. Wird die Bewertung einer Planstelle angehoben, so ändert sich das statusrechtliche Amt des Stelleninhabers nicht automatisch, sondern es bedarf der Beförderung. Die 2-Jahres-Frist beginnt dann nicht mit der Anhebung der Stellenbewertung, sondern erst mit der diese Anhebung nachvollziehenden Beförderung.
35Vgl. Schachel, in: Schütz/Maiwald, Beamtenversorgungsgesetz, Stand Oktober 2014, § 5 Rn. 42; Bauer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Kommentar, Stand August 2014, Hauptband I, § 5 Erl. 8, Ziff. 6.3.1.
36Die tatsächliche Beförderung ist beim verstorbenen Ehemann der Klägerin erst mit Wirkung vom 1. Januar 2012 erfolgt, was für die Erfüllung der 2-Jahres-Frist nicht ausreicht.
37Die von der Klägerin geltend gemachte Argumentation, ihr verstorbener Ehemann habe schon deutlich früher die seit Dezember 2009 mit A 13 bewertete Funktion auf seiner Planstelle wahrgenommen, läuft im Ergebnis auf die früher in § 5 Abs. 3 S. 4 BeamtVG in der bis 31. Dezember 1998 geltenden Fassung hinaus. Danach war auch diejenige Zeit in die Zweijahresfrist einzurechnen, in der der Beamte vor der Amtsübertragung die höherwertigen Funktionen des ihm erst später übertragenen Amtes tatsächlich wahrgenommen hat. Die Regelung ist mit Wirkung vom 1. Januar 1999 aufgehoben worden und deshalb im Grundsatz derzeit nicht mehr anwendbar, mit Ausnahme der von der Übergangsregelung in § 69 c BeamtVG geregelten Fälle. § 5 Abs. 3 BeamtVG ist danach in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung anzuwenden: gemäß § 69 c Abs. 1 auf Versorgungsfälle, die vor dem 1. Januar 1999 eingetreten sind, sowie gemäß Abs. 2 für Beamte, die vor dem 1. Januar 2001 befördert worden sind oder denen bis zu diesem Zeitpunkt ein anderes Amt mit höherem Endgrundgehalt verliehen worden ist. Beide Fälle sind auf den verstorbenen Ehemann der Klägerin nicht anwendbar, da sein Versorgungsfall mit dem Tod im Jahr 2013 eingetreten und die letzte Beförderung zum 1. Januar 2012 erfolgt ist.
38Letztlich ist damit nach dem geltenden Recht der Versorgung der Beamten eindeutig, dass die Klägerin als Witwe des verstorbenen Herrn G. kein Witwengeld aus der Besoldungsgruppe A 13 verlangen kann, weil seit dem Zeitpunkt der Beförderung nach A 13 – zum Brandoberamtsrat – bis zu seinem Tod noch keine zwei Jahre vergangen waren und es auf die Wahrnehmung höherwertiger Funktionen nicht (mehr) ankommen kann.
39Das Vorbringen der Klägerin, welches den Vorwurf der Verzögerung der Beförderung gegenüber der Beklagten in den Mittelpunkt stellt, ist unmittelbar nach dem Beamtenversorgungsgesetz unerheblich. Es kann lediglich für einen Schadensersatzanspruch von Bedeutung sein mit dem Ziel, den Betroffenen im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als wenn der Beamte pflichtgemäß zum entsprechend früheren Zeitpunkt befördert worden wäre,
40vgl. Bauer, a. a. O., § 5 Erl. 8 Ziff. 5.1.
41Dieses Begehren macht die Klägerin aber mit dem Hilfsantrag geltend. Der Hauptantrag war abzuweisen.
42II.
43Der Hilfsantrag der Klägerin,
44die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und entstehen wird, dass die Beklagte es pflichtwidrig unterlassen hat, Herrn E. G. trotz Vorliegens der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht bereits im Jahre 2009 zu befördern, und dementsprechend bei der Berechnung der Hinterbliebenenbezüge der Klägerin das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 13 gD LBesO zu Grunde zu legen,
45ist nach § 88 VwGO sinnvoll so auszulegen, dass sie beantragt,
46die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin im Wege des Schadensersatzes versorgungsrechtlich so zu stellen, als ob der verstorbene Herr E. G. vor dem 7. April 2011 zum Brandoberamtsrat ernannt worden wäre.
47Dies hätte die zwingende Folge, dass die Beklagte der Klägerin nicht § 5 Abs. 3 S. 1 BeamtVG entgegen halten dürfte. Dann wäre das Witwengeld aus der Besoldungsgruppe A 13 zu gewähren.
48Es kann dahinstehen, ob der Hilfsantrag mit diesem Begehren schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, weil die Klägerin dieses vor der Klageerhebung bei der Beklagten noch nicht geltend gemacht hat und deshalb darüber bisher weder ein Verwaltungsverfahren noch ein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden ist,
49vgl. hierzu Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl., 2013, § 10 Rn. 64.
50Denn jedenfalls besteht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht.
51Rechtswidrig verzögerte Beförderungen können zu Schadensersatzansprüchen im Bereich der Beamtenversorgung – gegebenenfalls auch für die Hinterbliebenen – führen. Versorgungsbezüge aus einem Beförderungsamt sind im Wege des Schadensersatzes möglich, wenn der Dienstherr bei der Beförderung die Auswahlkriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung verletzt hat. Eine solche Verletzung der dem Beamten gegenüber bestehenden Fürsorgepflicht bzw. des Beamtenverhältnisses kann auch durch eine rechtswidrig verzögerte Beförderung erfolgen. Ein solches Verhalten des Dienstherrn liegt aber nur vor, wenn sich das Ermessen des Dienstherrn in der Frage der Beförderung soweit reduziert hatte, dass die Beförderung gerade dieses Beamten, um den es geht, als das einzig mögliche pflichtgemäße Handeln erscheinen musste. Dies gilt auch für den Zeitpunkt der Beförderung, um den es hier geht.
52Vgl. Bauer, a. a. O., § 5 Erl. 1 Ziff. 3 m. w. N.
53In den genannten Kriterien sind die Voraussetzungen des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs konkretisiert: Schuldhafte Verletzung der Fürsorgepflicht bzw. der sonstigen aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten gegenüber dem Beamten durch den Dienstherrn, die zu einem zurechenbaren Vermögensschaden geführt hat. Weil diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, kann offen bleiben, ob die Witwe (oder andere Angehörige) eines verstorbenen Feuerwehrmannes Schadensersatz wegen der Verletzung der grundsätzlich dem Beamten selbst gegenüber bestehenden Pflichten geltend machen kann.
54Vgl. zu den Voraussetzungen Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl., 2013, § 10 Rn. 59, sowie zur Geltendmachung durch Hinterbliebene, ebenda, Rn. 58 m. w. N. in Fn. 218.
55Hier fehlt es – wohl aus verschiedenen Gründen – schon an einer Verletzung der Pflicht zur Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) durch den Umstand, dass der Verstorbene nicht vor dem 7. April 2011 zum Brandoberamtsrat befördert worden ist. Es ist von der Klägerin keine Reduzierung des Beförderungsermessens der Beklagten auf Null zu Gunsten ihres verstorbenen Ehemannes in Bezug auf eine Beförderung zum Brandoberamtsrat vor dem 7. April 2011 dargelegt.
56Zunächst hätte dies wohl eine Ausschreibung der Stelle erfordert, die auch anderen Beamten im Amt eine Brandamtsrats die Möglichkeit der Bewerbung gegeben hätte. Denn es ist nicht ohne Weiteres klar, dass derjenige, der auf einem Dienstposten derzeit verwendet wird, auch von der dort möglichen Beförderung ohne Auswahlentscheidung profitiert. Sodann hätte unter den zu erwartenden Bewerbern eine Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG erfolgen müssen. Es ist nicht erkennbar, dass in einer recht großen Stadt wie der Beklagten (oder gegebenenfalls auch überörtlich) keine anderen geeigneten Bewerber vorhanden gewesen wären. Dies kann letztlich aber im Hinblick auf die – nachstehend zu erörternde – Haushaltssituation der Beklagten offen bleiben.
57Eine Fürsorgepflichtverletzung durch die Beklagte durch verspätete Beförderung – hier: nach dem 6. April 2011 – ist schon wegen der besonderen Haushaltssituation, in der die Beklagte sich in der Zeit von 2009 bis Ende 2011 befand, ausgeschlossen. In dieser war der Beklagten die Beförderung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zum Brandoberamtsrat vor dem 7. April 2011 – und allein dies würde der Klägerin zum Erfolg verhelfen – rechtlich unmöglich: es war der Beklagten schlicht haushaltsrechtlich verboten. Das Unterbleiben einer laufbahnrechtlich zulässigen Beförderung, die jedoch zum konkreten Zeitpunkt haushaltsrechtlich ausgeschlossen war, ist keine Verletzung der Fürsorgepflicht. Es mag für die Betroffenen misslich sein und als ungerecht empfunden werden; eine rechtswidrige Pflichtverletzung ist es nicht.
58Diese spezielle haushaltsrechtliche Situation hat die Beklagte eingehend in der Klageerwiderung dargelegt und auf Anforderung des Gerichts durch in Beiakte 1 zu 23 K 5049/13 zusammengefasste weitere Unterlagen konkretisiert und belegt. Im Einzelnen:
59Zunächst war ab dem Zeitpunkt der Höherbewertung der Stelle des verstorbenen Ehemannes der Klägerin (dem 1. Dezember 2009) die Wartefrist (Erprobungszeit) für die Beförderung im gehobenen Dienst gemäß § 10 Abs. 4 Satz 3 lit. b Laufbahnverordnung NRW i. d. F. vom 30. Juni 2009 (LVO a. F.) von sechs Monaten abzuwarten. Danach war laufbahnrechtlich die Beförderung erst ab dem 1. Juni 2010 möglich.
60In der Zeit zwischen dem 1. Juni 2010 und dem 7. April 2011 war die Beförderung der Beklagten haushaltsrechtlich verboten. Sie war zu diesem Zeitpunkt von Überschuldung bedroht (zum Überschuldungsverbot vgl. § 75 Abs. 7 Gemeindeordnung NRW – GO NRW). Aus diesem Grunde konnte sie keinen den üblichen Anforderungen entsprechenden Haushaltsplan durch Haushaltssatzung erlassen, sondern es war ein sog. Haushaltssicherungskonzept gemäß § 76 Abs. 1 GO NRW erforderlich. Dieses bedarf jedoch der Genehmigung durch die zuständige Bezirksregierung, hier E1. , vgl. § 76 Abs. 2 Satz 2 GO NRW. Die Bezirksregierung hatte die Genehmigung des Haushaltssicherungskonzepts der Beklagten in den Jahren 2010 und 2011 endgültig verweigert. Zugleich galt zu diesem Zeitpunkt für alle hiervon betroffenen sog. Nothaushaltskommunen der Leitfaden des damaligen Innenministeriums NRW (IM NRW) vom 6. März 2009 „Maßnahmen und Verfahren zur Haushaltssicherung“. Dieser schloss für überschuldete und von Überschuldung bedrohte Kommunen – wie die Beklagte es damals war – Beförderungen vollständig aus. Dies folgte dort aus Kapitel 5 „Umgang mit (drohender) Überschuldung“, wo in Ziff. 11 ausgeführt wird, dass personalwirtschaftliche Maßnahmen, zu denen die Gemeinde nicht rechtlich verpflichtet ist, nicht zulässig sind.
61Dies ergibt sich zugleich aus § 82 GO NRW, weil in der Situation der so genannten vorläufigen Haushaltsführung ohne beschlossene Haushaltssatzung einschließlich Haushaltssicherungskonzept nach dem in dessen Abs. 1 Nr. 1 enthaltenen Verbot die Gemeinde ausschließlich Aufwendungen entstehen lassen darf, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist. Ein Dienstherr darf aber – in den von der Fürsorgepflicht vorgezeichneten äußeren Grenzen – nach Ermessen darüber entscheiden, ob eine Beförderung vorgenommen wird,
62vgl. zu diesem organisations- und verwaltungspolitischen Ermessen Schnellenbach, a. a. O., § 3 Rn. 59 ff. m. w. N.
63Insbesondere folgt ein Anspruch des verstorbenen Ehemannes der Klägerin auf Beförderung, der keinem Ermessen unterliegt, nicht aus der Bewertung der Stelle mit A 13, und somit dem Stellenplan der Beklagten. Der Stellenplan ist keine verbindliche Zusage, aus dem der Beamte einen Anspruch auf Beförderung herleiten könnte,
64vgl. Verwaltungsgericht (VG) E1. , Urteil vom 26. Oktober 2004 – 26 K 1653/04 -, Juris Rn. 22 f.
65Ein Anspruch auf Beförderung kann nur im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten bestehen und unterliegt damit den Beschränkungen der vorläufigen Haushaltswirtschaft nach § 82 Abs. 1 - Abs. 3 GO NRW, soweit der Dienstherr die Regeln der vorläufigen Haushaltswirtschaft anzuwenden hat,
66so z. B. VG E1. , Urteil vom 9. Juli 2010 – 26 K 5181/09 -, Juris Rn. 28 f.
67Dass der Beklagten im maßgeblichen Zeitraum – ab Juni 2010 bis April 2011 – Beförderungen haushaltsrechtlich untersagt waren, ergibt sich auch aus konkreten Unterlagen: Mit Schreiben der Kämmerei der Beklagten an die Bezirksregierung E1. vom 27. Juli 2010 übermittelte die Beklagte der Bezirksregierung die Haushaltssatzung der Beklagten für die Jahre 2010 und 2011 sowie das Haushaltssicherungskonzept für den Zeitraum 2010 bis 2014. Die Bezirksregierung reagierte hierauf unter dem 15. Dezember 2010 und lehnte die Genehmigung des Haushaltssicherungskonzepts für den Zeitraum 2010 bis 2014 ab. Die Bezirksregierung wies zugleich darauf hin, dass infolge dessen die Haushaltssatzung der Beklagten für die Jahre 2010/2011 nicht öffentlich bekannt gemacht werden dürfe und die haushaltswirtschaftlichen Beschränkungen gemäß § 82 GO NRW uneingeschränkt zu beachten seien; da das Eigenkapital der Beklagten im Laufe des Jahres 2011 aufgezehrt sein werde, liege ein Verstoß gegen das Überschuldungsverbot vor; damit gelte die Bindung an Kapitel 5 des Leitfadens des IM NRW vom 6. März 2009; ein Personalausgabenbudget könne nicht gewährt werden, weshalb Beförderungen von Beamten weiterhin nicht gestattet seien. Zuvor hatten in einem Gemeinschaftsgespräch des GPR am 12. März 2009 zum Tagesordnungspunkt „Beförderungen 2009“ der Oberbürgermeister und exponierte Vertreter der Verwaltung der Beklagten zum einen darauf hingewiesen, dass die Bezirksregierung eine streng juristische Meinung zur Frage von Beförderungen in Nothaushaltssituationen habe, weshalb Beförderungen erst möglich würden, wenn ein entsprechendes Haushaltssicherungskonzept von der Bezirksregierung genehmigt würde, zum anderen versicherten sie, dass alle Hebel in Bewegung gesetzt würden, um Beförderungen möglich zu machen.All dies war unmissverständlich. Parallel hierzu entfaltete die Beklagte jedoch in den Jahren 2010 und 2011 erkennbare Bemühungen darum, diese auch aus ihrer Sicht für ihre Beamten unbefriedigende Situation zu verbessern. Diese Bemühungen blieben jedoch zunächst erfolglos.
68Erst mit dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW (MIK) vom 15. November 2011 zu Beförderungen in Kommunen ohne genehmigtes Haushaltssicherungskonzept einschließlich (drohend) überschuldeter Kommunen (so genannte Nothaushaltskommunen) wurde den Bezirksregierungen erlaubt, in dem im Einzelfall angemessenen Umfang Personalentwicklungsmaßnahmen, z.B. Beförderungen, im Wege der Duldung zu tolerieren. Den so eröffneten Spielraum nutzte die Beklagte zügig und konsequent im Interesse ihrer Beamten. Die Bezirksregierung erklärte mit ihrer Verfügung vom 20. Dezember 2011 die Duldung in Bezug auf 103 Beförderungen von Beamten zum 1. Januar 2012. Dies sollte sich eigentlich nur auf Ämter bis maximal A 11 beziehen. Faktisch befand sich unter den zum 1. Januar 2012 beförderten Beamtinnen und Beamten außer dem verstorbenen Ehemann der Klägerin kein Beamter mit höherer Besoldungsgruppe als A 10. Die Beklagte berücksichtigte hier in besonderer Weise den absehbaren Altersruhestand des verstorbenen Herrn G. . Schon mit der Beförderung zum 1. Januar 2012 hätte dieser die 2-jährige Wartefrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG bis zu seinem regulären Altersruhestand am 30. Juni 2013 (vgl. § 117 Abs. 3 LBG) nicht erreichen können, weshalb seine Dienstzeit auf seinen Antrag um sechs Monate verlängert wurde.
69All dem ist zu entnehmen, dass die Beklagte alles getan hat, um den verstorbenen Ehemann der Klägerin – und andere ihrer Beamten – auch in schwierigen Zeiten mit außergewöhnlicher Haushaltssituation baldmöglichst zu befördern, und insbesondere Herrn G. die Versorgung aus dem letzten Amt A 13 (Brandoberamtsrat) zu ermöglichen. Dies ist jedoch durch seinen unerwarteten Tod vereitelt worden. Eine – zumal schuldhafte – Verletzung der Fürsorgepflicht ist darin nicht zu erblicken.
70Der aus Sicht der Ehefrau des Verstorbenen – der Klägerin – wahrgenommene Ablauf, dass die Beklagte erst auf nachhaltigen Protest der betroffenen Beamten, einschließlich einer Petition an den Landtag NRW, aktiv wurde und dadurch im Herbst bzw. am Jahresende 2011 die Duldung der Beförderungen zum 1. Januar 2012 herbeiführte, mag subjektiv aus Sicht der mit den internen Vorgängen nicht vertrauten Beamten (sowie ihrer Partner/innen) so gewesen sein. Diese hatten eventuell den Eindruck, die Beklagte habe zuvor nicht hinreichende Aktivitäten mit dem Ziel der Beförderungen entfaltet. Tatsächlich war es jedoch anders, wie sich den Darlegungen der Beklagten und den nachprüfbaren Unterlagen entnehmen lässt.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
72Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
73Beschluss:
74Der Streitwert wird auf 4.123,44 Euro festgesetzt.
75Gründe:
76Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt und berücksichtigt den 2-fachen Jahresbetrag der erstrebten Versorgungsdifferenz (171,81 Euro x 24).
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