Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 15 L 3237/18
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 7. November 2018 sinngemäß gestellte Antrag,
3festzustellen, dass die Klage 15 K 8375/18 gegen die Entscheidung der dortigen Beklagten über das Absehen von der Weiterführung des Amtes als Präsidentin der Antragsgegnerin aufschiebende Wirkung hat,
4hilfsweise im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Antragstellerin berechtigt und verpflichtet ist, das Amt der Präsidentin kommissarisch auszuüben,
5hilfsweise der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, der Antragstellerin die kommissarische Ausübung des Amtes der Präsidentin zu ermöglichen,
6hat keinen Erfolg.
71. Der Antrag ist mit seinem Hauptbegehren bereits nicht statthaft.
8Ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft, wenn die Behörde einen Verwaltungsakt vollzieht, obwohl der gegen ihn erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zukommt.
9Der Klage 15 K 8375/18, inhaltlich gerichtet gegen den unter dem Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschluss der Hochschulwahlversammlung vom 24. September 2018, die Antragsgegnerin zu bitten, von der Fortführung des Amtes als Präsidentin der Antragsgegnerin abzusehen (im Folgenden: Beschluss der Hochschulwahlversammlung), kommt – ungeachtet der Frage, ob richtiger Klagegegner die Antragsgegnerin oder die Hochschulwahlversammlung der Antragsgegnerin ist – keine aufschiebende Wirkung zu. Aufschiebende Wirkung hat nach § 80 Abs. 1 VwGO allein die Anfechtungsklage, und zwar auch bei rechtsgestaltenden oder feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung.
10Die Antragstellerin hat unter dem genannten Aktenzeichen bereits keine Anfechtungsklage, sondern eine Feststellungsklage erhoben. Selbst wenn die Antragstellerin den angekündigten Antrag noch auf einen Anfechtungsantrag umstellen sollte, änderte dies nichts. Eine Anfechtungsklage gegen den Beschluss der Hochschulwahlversammlung wäre unstatthaft und würde als offensichtlich unzulässig deshalb keine aufschiebende Wirkung entfalten.
11Vgl. Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 80 Rdnr. 32 m.w.N.
12Die Anfechtungsklage ist eine Gestaltungsklage, die auf die Aufhebung eines den Kläger beschwerenden Verwaltungsaktes gerichtet ist.
13BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1967 – I C 49.64 –, juris, Rdnr. 17, und Urteil vom 25. Februar 1969 – I C 65.67 –, juris, Rdnr. 35
14Hier fehlt es jedoch an einem die Antragstellerin belastenden Verwaltungsakt.
15Nach § 35 Satz 1 VwVfG NRW ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
16Es spricht bereits alles dafür, dass dem Beschluss der Hochschulwahlversammlung die Qualität eines Verwaltungsaktes fehlt, weil die Hochschulwahlversammlung nicht als Behörde zum Zwecke des Vollzugs der Gesetze (§ 1 Abs. 2 VwVfG NRW), sondern im Rahmen der Selbstverwaltung der Hochschule als Körperschaft des öffentlichen Rechts als deren Organ und in diesem Sinne hochschulpolitisch tätig geworden ist.
17Jedenfalls aber fehlt es an einer die Antragstellerin belastenden Maßnahme. Die von der Hochschulwahlversammlung ausgesprochene Bitte, von der Fortführung des Amtes als Präsidentin abzusehen, entbindet sie unmittelbar lediglich von ihr kraft Gesetzes obliegenden Aufgaben und hat insoweit allein begünstigenden Charakter.
18Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob die Abwahl der Antragstellerin durch die Hochschulwahlversammlung rechtmäßig und sie deshalb gemäß § 20 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über die Hochschulen für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. September 2014, GV.NRW. S. 547, zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Oktober 2017, GV.NRW. S. 806, (HG NRW i.V.m.) § 31 Abs. 3 Halbsatz 2 des Gesetzes über die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) kraft Gesetzes entlassen ist. Denn die Antragstellerin hat am 28. August 2018 ihren Rücktritt vom Amt der Präsidentin der Antragsgegnerin erklärt. Infolge dieser einseitigen, rechtsverbindlich gestaltenden Erklärung ist die Antragstellerin nicht länger Inhaberin des Amtes mit der Folge, dass ihr die aus der Amtsinhaberschaft folgenden Rechte nicht mehr zustehen und sie die mit der Amtsstellung verbundenen Pflichten nicht mehr treffen.
19Mit dem Rücktritt ist die Amtsstellung der Antragstellerin als Präsidentin beendet. Nach den Regelungen in §§ 10 Abs. 1 Satz 4, 20 Abs. 4 Satz 2 HG NRW steht der Rücktritt sowohl dem Ablauf der Amtszeit und als auch allen anderen Beendigungsgründen, wie etwa der Abwahl, gleich.
20Soweit die Antragstellerin versucht, ihre Rücktrittserklärung zu ihren Gunsten dahingehend einschränkend zu interpretieren, dass sie lediglich vom konkret-funktionellen Amt zurückgetreten, das Statusamt aber unberührt geblieben sei, geht dies fehl. Dabei bedarf keiner Klärung, ob die Rücktrittserklärung zugleich als Antrag auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Zeit nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (BeamtStG) verstanden werden musste.
21Jedenfalls ist das Amt der Präsidentin einer Hochschule des Landes Nordrhein-Westfalen nicht bloß ein Laufbahnamt, sondern ein sogenanntes funktionsgebundenes Amt. Ein solches Amt wird nicht abstrakt, sondern nach der damit konkret verbundenen Funktion umschrieben.
22BVerwG, Urteil vom 2. September 1999 – 2 C 36.98 –, juris, Rdnr. 16.
23Das Amt im statusrechtlichen Sinne fällt beim funktionsgebundenen Amt mit dem konkret-funktionellen Amt zusammen. So ist auch das Amt der Präsidentin einer – in der Ernennungsurkunde zu bestimmenden – Hochschule nach Anlage 4 zum Besoldungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2016, GV.NRW. 2016 S. 642, der Besoldungsgruppe W3 zugeordnet; zugleich sind gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 HG NRW die Vorschriften über die Laufbahnen – soweit Mitglieder des Rektorats in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen sind – nicht anzuwenden. Beides zusammen lässt die mit der Kategorie des funktionsgebundenen Amtes beschriebene enge Verbindung zwischen dem Amt im funktionellen und im statusrechtlichen Sinne erkennen.
24Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. April 2018 – 2 BvL 10/16 –, juris, Rdnr. 52 (zum Amt des Hochschulkanzlers nach brandenburgischem Hochschulrecht).
25Auch ein Recht auf – kommissarische – Fortführung des Amtes als Präsidentin bis zur Bestellung eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin steht der Antragstellerin offensichtlich nicht zu.
26Die Vorschrift des § 20 Abs. 4 HG NRW begründet ein solches Recht nicht. Nach Satz 1 der genannten Vorschrift sind hauptberufliche Rektoratsmitglieder, zu denen der jeweilige Präsident bzw. die Präsidentin der Hochschule der Antragsgegnerin gemäß §§ 14 Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 HG NRW i.V.m § 3 der Grundordnung der Antragsgegnerin zählt, verpflichtet, soweit andere Gesetze oder Verordnungen nicht etwas anderes bestimmen, im Falle ihres Rücktritts oder nach Ablauf oder nach einer sonstigen Beendigung ihrer Amtszeit, das Amt bis zur Ernennung einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers weiterzuführen. Wie bereits der Wortlaut erkennen lässt, begründet die Vorschrift eine Pflicht des Präsidenten oder der Präsidentin, dessen/deren Amtszeit – aus welchen Gründen auch immer – beendet ist, das Amt für eine Übergangszeit fortzuführen. Ein Recht vermittelt sie dem ehemaligen Amtsinhaber nicht.
27Soweit die Antragstellerin – wie sie mit den anhängig gemachten gerichtlichen Verfahren dokumentiert – offenkundig ein Interesse daran hat, die Position der Präsidentin für den Übergangszeitraum weiter auszuüben, ist dieses Interesse rechtlich nicht geschützt. Die Vorschrift des § 20 Abs. 4 Satz 1 HG NRW dient allein den Interessen der Hochschule und damit dem öffentlichen Interesse an einem kontinuierlichen Funktionieren der Selbstverwaltung der Hochschule hier an einem geordneten Übergang.
28Haase, in: Leuze/Epping, Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen, Stand April 2018, § 10 Rdnr. 10.
29So soll sie verhindern, dass eine hauptamtliche Position im Rektorat über eine längere Zeit unbesetzt bleibt und der Hochschule aus der Notwendigkeit Schaden entsteht, die mit der vakanten Stelle verbundenen Befugnisse über einen längeren Zeitraum durch den oder die nach den gesetzlichen Vorgaben berufenen Vertreter oder Vertreterin ausüben lassen zu müssen. Soweit die Anwendung der Vorschrift dazu führt, dass der ehemalige Amtsinhaber im Falle der Erfüllung der Pflicht zur Amtsfortführung Ansprüche auf Vergütung seiner Tätigkeit erwirbt, handelt es sich nicht um eine vom Gesetz zum Schutz der finanziellen Interessen des ehemaligen Amtsinhabers mit der Pflichtenbegründung bezweckte Folge, sondern lediglich um einen jenen faktisch begünstigenden Rechtsreflex.
302. Der Antrag bleibt auch mit den Hilfsbegehren erfolglos.
31Gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Anordnungsgrund und der Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).
32Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
33Für ihr auf kommissarische Fortführung des Amtes als Präsidentin der Antragsgegnerin gerichtetes Begehren fehlt es – wie bereits gezeigt – an einer Anspruchsgrundlage.
34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Von einer Reduzierung des Streitwerts sieht die Kammer aufgrund der mit einer Umsetzung der begehrten vorläufigen Entscheidung wegen des Zeitablaufs notwendigerweise einhergehenden endgültigen Vorwegnahme der Hauptsache ab.
36Rechtsmittelbelehrung:
37(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
38Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
39Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
40Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
41Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –).
42Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
43(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
44Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
45Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
46Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
47Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
48War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Referenzen
- 2 BvL 10/16 1x (nicht zugeordnet)
- 15 K 8375/18 2x (nicht zugeordnet)