Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 22 L 3215/18.A
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I. aus I1. wird abgelehnt.
Der Eilantrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz ist abzulehnen, weil der Antragsteller bis zum Abschluss dieses Verfahrens durch den vorliegenden Beschluss nicht glaubhaft gemacht hat, dass er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, § 166 VwGO i. V. m. § 114 S. 1 ZPO.
3Nach § 117 Abs. 2 ZPO sind dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Da das Bundesministerium der Justiz Vordrucke für die Erklärung eingeführt hat, muss sich die Partei ihrer bedienen (§ 117 Abs. 4 ZPO, PKHVV vom 17. Oktober 1994, BGBl. I S. 3001 in der derzeit geltenden Fassung).
4Bei einem anwaltlich vertretenen Antragsteller muss dabei nicht auf das verfahrensrechtliche Erfordernis des § 117 Abs. 2 und 4 ZPO hingewiesen werden.
5Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Dezember 2011 – 18 E 1316/11 ‑, und vom 16. April 2014 ‑ 18 E 397/14 ‑ m. w. N.
6Ausgehend hiervon kam die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Antragsteller keine formularmäßige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat.
7Der am 5. November 2018 sinngemäß gestellte Antrag,
8die aufschiebende Wirkung der Klage 22 K 8902/18.A gegen Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24. Oktober 2018 anzuordnen,
9hat keinen Erfolg.
10Der Antrag nach § 80 Absatz 5 VwGO ist gemäß § 34a Abs. 2 S. 1 Asylgesetz (AsylG) statthaft. Insbesondere ist die dort bestimmte Antragsfrist von einer Woche nach Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides (hier am 31. Oktober 2018) gewahrt.
11Der Antrag ist aber unbegründet.
12Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers an der beantragten Aussetzung der Vollziehung das bezüglich der Abschiebungsanordnung durch § 75 AsylG gesetzlich angeordnete öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt. Die dabei vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides begegnet bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Greifbare Anhaltspunkte, aufgrund derer das Suspensivinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegen könnte, sind auch im Übrigen nicht ersichtlich.
13Die Abschiebungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1, 2. Alt AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
14Die in Bezug genommene Vorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG bestimmt, dass ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III‑VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Dublin III-VO findet gemäß ihres Art. 49 Unterabsatz 2 Satz 1 auf Schutzgesuche Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2013 gestellt werden, mithin auch auf den von dem Antragsteller im September 2018 gestellten Asylantrag.
15Nach den maßgeblichen Vorschriften ist die Schweiz der zuständige Staat. Dies ergibt sich entweder aus Art. 13 Abs. 2 Unterabsatz 1 Dublin III-VO oder aus Art. 21 Abs. 1 Unterabsatz 3, Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO. Nicht einschlägig dürfte hingegen Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO sein, weil es keinen an die Schweiz angrenzenden Staat gibt, der ein „Drittstaat“ im Sinne von Art. 2 lit. a Dublin III-VO ist.
16Nach Art. 13 Abs. 2 UA 1 der Dublin III‑VO ist die Schweiz für die Prüfung des Asylantrages des Antragstellers zuständig. Nach dieser Norm ist in den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig ist, der Mitgliedstaat zuständig, in dem sich der betreffende Ausländer ausweislich der in dieser Norm genannten Erkenntnismittel vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten aufgehalten hat. Die Anfrage im EURODAC‑Verzeichnis hat ausweislich des Übermittlungsprotokolls vom 6. September 2018 ergeben, dass sich der Antragsteller vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in der Schweiz aufgehalten hat und dort am 8. November 2016 erkennungsdienstlich behandelt wurde sowie einen Asylantrag gestellt hat. Soweit ersichtlich hat er das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates erst Anfang September 2018, und damit mehr als fünf Monate später, wieder verlassen und reiste in das Bundesgebiet ein.
17Jedenfalls ergibt sich dieses Ergebnis auch aus Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 3 oder 23 Abs. 3 Dublin III‑VO. Nach diesen Normen ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, in dem der betreffende Ausländer ein Schutzgesuch gestellt hat und der nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Antragstellung bzw. zwei Monaten nach Erhalt einer Eurodac-Treffermeldung ein (Wieder-)Aufnahmegesuch an einen anderen Staat gestellt hat, den er für zuständig hält. So liegt der Fall hier. Der Antragsteller war nach eigenen Angaben auf dem Landweg über Griechenland, Bulgarien, Serbien, Ungarn, Slowenien und Italien in die Schweiz eingereist und stellte in der Schweiz ausweislich des EURODAC-Treffers vom 6. September 2018 am 8. November 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Schweiz richtete kein (Wieder-)Aufnahmegesuch an einen anderen Staat, sondern hat den Asylantrag des Antragstellers in der Sache (negativ) beschieden, wie aus der auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) Dublin III-VO gestützten Antwort der Schweizer Dublin-Behörde vom 23. Oktober 2018 an das Bundesamt ersichtlich ist.
18Die damit nach den genannten Vorschriften der Dublin III‑VO für die Schweiz anzunehmende Zuständigkeit ist auch nicht nachträglich entfallen. Insbesondere hat das Bundesamt innerhalb der in Art. 23 Abs. 2 UAbs. 1 Dublin III-VO genannten Frist am 22. Oktober 2018 ein Wiederaufnahmegesuch an die Schweiz gerichtet, das ausweislich der automatisch generierten Empfangsbestätigung am gleichen Tag dort eingegangen ist. Die Schweiz hat mit Schreiben vom 23. Oktober 2018, übermittelt am selben Tage, dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben.
19Ferner ist die Zuständigkeit nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III‑VO wegen Ablaufs der Überstellungsfrist auf die Antragsgegnerin übergegangen. Die Annahme des Wiederaufnahmegesuchs durch die Schweiz liegt weniger als sechs Monate zurück und die Überstellungsfrist wurde durch die Stellung des vorliegenden fristgerecht gestellten Eilantrages unterbrochen.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 ‑ 1 C 15/15 ‑, Rdn. 11, juris.
21Darüber hinaus kann sich der Antragsteller auch nicht erfolgreich darauf berufen, die Antragsgegnerin sei verpflichtet, von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Dublin III-VO Gebrauch zu machen, weil seiner Überstellung in die Schweiz rechtliche Hindernisse entgegenstünden. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert nur die Überstellung dorthin, begründet aber kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
22vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - C 394/12 -, juris, Rdn. 60, 62 und Urteil vom 14. November 2013 - C 4/11 -, juris, Rdn. 37; BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6/14 -, juris, Rdn. 7.
23Davon abgesehen ist die Antragsgegnerin aber auch nicht - unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO - nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO gehindert, der Antragsteller in die Schweiz zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylantragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufwiesen, die für den Antragsteller eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) bzw. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) mit sich brächte. Die Voraussetzungen, unter denen dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,
24EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rdn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413,
25der Fall wäre, liegen hier nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK entsprechenden Schwere nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können.
26Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rdn. 94.
27Die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, ist nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta implizieren,
28EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rdn. 86.
29Eine Widerlegung der Vermutung ist aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Das Gericht muss sich vielmehr die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Absatz 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rdn. 6 ff. m. w. N.
31Nach diesen Maßstäben fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in der Schweiz mit systemischen Mängeln behaftet wären, die eine beachtliche Gefahr einer dem Antragsteller drohenden unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta, Art. 3 EMRK im Falle seiner Überstellung in die Schweiz nach sich ziehen könnten.
32Dem erkennenden Gericht liegen in Übereinstimmung mit der weiteren Rechtsprechung,
33VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 4. Januar 2018 – 6a L 3589/17.A -, juris, Rdn. 12 ff. m. w. N.; VG Greifswald, Beschluss vom 6: Dezember 2017 - 6 B 2236/17 As HGW -, juris, Rdn. 11; VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. März 2018 - 22 L 79/18.A -, juris, Rdn. 27, und vom 16. Juli 2018 – 12 L 3931/17.A –, juris; VG Würzburg, Urteil vom 16. Januar 2018 – W 8 K 17.50655 –, juris; VG München, Beschlüsse vom 11. Mai 2018 – M 21 S 18.31077 –, juris, und vom 12. Juli 2018 – M 18 S 18.51044 –, juris,
34keine Erkenntnisse vor, die den Schluss rechtfertigen würden, dass die Schweiz die in der Grundrechte-Charta der EU, der EMRK oder der GFK verbrieften Rechte von Asylbewerbern nicht einhalte. Solche folgen entgegen der Annahme des Antragstellers auch nicht aus den Besonderheiten des schweizerischen Asylverfahrens.
35Insbesondere führt das Vorbringen des Antragstellers in diesem Eilverfahren, systemische Mängel lägen deshalb in der Schweiz vor, weil dort der subsidiäre Schutz als Bestandteil des internationalen Schutzes nach den nationalen Vorschriften der Schweiz nicht geprüft werde, nicht zum Erfolg des Antrags.
36Es trifft nach summarischer Prüfung in diesem Eilverfahren zwar wohl zu, dass das Schweizer Recht keinen Schutzstatus wie den subsidiären Schutz enthält und auch kein dortiges Rechtsinstitut einen entsprechenden Prüfungsmaßstab umfasst wie § 4 AsylG in Umsetzung der unionsrechtlichen Vorschriften ihn kodifiziert. Dies ist insbesondere nicht in der „Gewährung vorübergehenden Schutzes“ gemäß Art. 4 des Schweizer Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) und ebenfalls nicht in der „Anordnung der vorläufigen Aufnahme“ gemäß Art. 83 des Schweizer Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG – Fassung vom 1. Januar 2019) enthalten.
37Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. November 2016 – OVG 3 B 2.16 –, juris Rn. 21; VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. März 2018 – 22 L 79/18.A –, juris Rn. 10 ff.; VG Lüneburg, Beschluss vom 14. März 2018 – 3 B 5/18 –, juris Rn. 16; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 31. Juli 2018 – 3a L 1351/18.A –, S. 5 bis 7 des Entscheidungsumdrucks (soweit ersichtlich nicht veröffentlicht).
38Hintergrund dürfte insofern sein, dass die Schweiz sich zwar durch völkerrechtlichen Vertrag an das Dublin-System in Gestalt der Dublin III-VO angeschlossen hat, sie hat jedoch die für die Schweiz als Nicht-Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht unmittelbar bindende Richtlinie 2011/95/EU („Qualifikations-Richtlinie“) nicht durch völkerrechtliche Vereinbarung als geltendes Recht übernommen. Damit ist sie auch nicht zur Umsetzung von Art. 18 Qualifikations-RL über die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus – und damit zur Schaffung entsprechender nationaler Regelungen – verpflichtet.
39Dies mag zwar einen systemischen Mangel des nach dem Unionsrecht vorgesehenen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Schweiz darstellen, es ist hier aber weder erkennbar noch glaubhaft gemacht, dass aus diesem Mangel die Gefahr einer Menschenrechtsverletzung für den Antragsteller (und andere Antragsteller in vergleichbarer Lage) folgt. Es müsste nämlich eine Situation vorliegen, in der der betroffene Asylbewerber – hier der Antragsteller – Gründe für die Gewährung internationalen Schutzes vorträgt, die voraussichtlich nach dem nationalen Schweizer Recht nicht zu einer Schutzgewährung führen würden, obwohl sie bei ihrem Vorliegen vom subsidiären Schutz nach dem Unionsrecht erfasst sind. Der betroffene Asylbewerber muss mit anderen Worten genau in die „Schutzlücke“ fallen, die das nationale Schweizer Recht gegenüber dem im Unionsrecht vorgesehenen Schutzumfang aufweist, was ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Menschenrechtsverletzung aussetzt.
40Dies ist hier weder ersichtlich noch glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat sich lediglich pauschal auf die „Schutzlücke“ berufen und geltend gemacht, somit würde ein gerade für die Situation in Sri Lanka besonders relevanter Prüfungsgesichtspunkt vollständig entfallen. Es ist jedoch nicht substantiiert oder glaubhaft gemacht, welche Gefahren der Antragsteller bei Rückkehr nach Sri Lanka befürchtet, die vom subsidiären Schutz nach dem Unionsrecht erfasst würden, nicht jedoch von den Rechtsinstituten des nationalen Schweizer Rechts.
41Unabhängig von einem solchen konkreten Vorbringen, das die Relevanz der etwaigen „Schutzlücke“ für einen Asylbewerber in der Situation des Antragstellers verdeutlicht, kann ein solcher Mangel keine Auswirkungen für die Zuständigkeitsbestimmung im Dublin-Verfahren haben. Dementsprechend ist den vom Antragsteller in Bezug genommenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen, welche die dargestellte „Schutzlücke“ in der Schweiz monieren, auch nichts zur Zuständigkeit nach der Dublin III-VO zu entnehmen. Es handelt sich vielmehr um Entscheidungen, die die Voraussetzungen einer Unzulässigkeitsentscheidung gemäß §§ 29 Abs. 1 Nr. 5, 71a Asylgesetz (bei Zweitantrag) aus diesem Grund verneinen, weil in der Schweiz über vollständigen internationalen Schutz – wegen des fehlenden subsidiären Schutzes – noch nicht entschieden worden sei.
42Vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 14. März 2018 – 3 B 5/18 –, juris Rn. 16; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 31. Juli 2018 – 3a L 1351/18.A –, S. 5 bis 7 des Entscheidungsumdrucks (soweit ersichtlich nicht veröffentlicht).
43Zu dem vorstehenden Ergebnis passt es, dass in keiner veröffentlichten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zur Zuständigkeitsbestimmung nach der Dublin III-VO systemische Mängel in Bezug auf die Schweiz – und insbesondere in Bezug auf die etwaige Schutzlücke – festgestellt werden. Ein solches Problem wurde bisher soweit ersichtlich nicht thematisiert – nach dem Vorstehenden wohl zu Recht.
44Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 4. Januar 2018 – 6a L 3589/17.A -, juris, Rdn. 12 ff. m. w. N.; VG Greifswald, Beschluss vom 6: Dezember 2017 - 6 B 2236/17 As HGW -, juris, Rdn. 11; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 20. März 2018 - 22 L 79/18.A -, juris, Rdn. 27, und vom 16. Juli 2018 – 12 L 3931/17.A –, juris; VG Würzburg, Urteil vom 16. Januar 2018 – W 8 K 17.50655 –, juris; VG München, Beschlüsse vom 11. Mai 2018 – M 21 S 18.31077 –, juris, und vom 12. Juli 2018 – M 18 S 18.51044 –, juris.
45Auch in den vorliegenden Berichten über die Menschenrechtslage in der Schweiz von Nichtregierungsorganisationen wird anscheinend die gerügte Schutzlücke im nationalen Schweizer Recht nicht problematisiert.
46Vgl. Asylum Information Database (AIDA): SFH/ecre: Country Report: Switzerland – Update 2017; amnesty international (ai) vom 20. Mai 2017: Schweiz 2017, und vom 23. Januar 2018: Schweiz 2017/2018.
47Unter diesen Umständen steht gegenwärtig auch im Sinne von § 34a Abs. 1 S. 1 AsylG fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat nach dieser gesetzlichen Maßgabe neben zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten und ‑hindernissen auch zu prüfen, ob der Abschiebung inlandsbezogene Vollzugshindernisse entgegenstehen. Für eine insoweit eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde verbleibt daneben kein Raum,
48vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 -18 B 1060/11 -, juris Rdn. 4; OVG Niedersachsen, Urteil vom 4. Juli 2012- 2 LB 163/10 -, juris Rdn. 41; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 – OVG 2 S 6.12 -, juris Rdn. 4 ff.; VGH Bayern, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris Rdn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris Rdn. 7; VGH Baden‑Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, juris Rdn. 4 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris Rdn. 9 ff.; OVG Mecklenburg‑Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004- 2 M 299/04 -, juris Rdn. 9 ff.
49Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen,
50vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14-, juris m. w. N.
51Derartige zielstaats- oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse sind nicht ersichtlich. Wegen der behaupteten Schutzlücke im nationalen Schweizer Recht in Bezug auf den subsidiären Schutz wird auf die obigen Ausführungen zu systemischen Mängeln verwiesen.
52Sonstige Gründe für ein Überwiegen des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung der Maßnahme vorläufig verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse sind nicht erkennbar.
53Es kann offen bleiben, ob der uneingeschränkt auf den streitgegenständlichen Bescheid bezogene Eilantrag des anwaltlich vertretenen Antragstellers dahingehend auszulegen ist, dass er sich mit dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hilfsweise gegen die in Ziffer 4 des angefochtenen Bescheides bestimmte Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots
54einer Abschiebung wendet. Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ist im Zweifel anzunehmen, dass der Antragsteller alle in Betracht kommenden Rechtsbehelfe einlegen wollte,
55vgl. Kopp, VwGO, 20. Aufl., 2014, Rdn. 3 m. w. N.
56Dies gilt erst Recht angesichts der in § 34a Abs. 2 Satz 3 AsylG geregelten Antragsfrist für einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Eine Auslegung des uneingeschränkt auf den streitgegenständlichen Bescheid bezogenen Antrages dahingehend, dass er Ziffer 4 des Bescheides nicht erfasse, würde zum Verlust dieser Rechtsschutzmöglichkeit führen.
57Sollte sich der Eilantrag auch auf die Befristungsentscheidung in Ziffer 4 des Bescheides beziehen, kann er insoweit sinnvollerweise lediglich als Hilfsantrag ausgelegt werden, da im Falle einer mit dem Hauptantrag erstrebten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides eine Abschiebung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht erfolgen dürfte und der Antragsteller daher kein Rechtsschutzbedürfnis für die vorläufige Regelung eventueller Wirkungen seiner Abschiebung nach § 11 AufenthG hätte.
58Ein hilfsweise gestellter Antrag in Bezug auf das mit einer Abschiebung verbundene gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG (Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides) hätte indes keinen Erfolg.
59Er wäre zulässig, aber unbegründet.
60Ausgehend davon, dass die Abschiebung ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auslöst,
61vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - BVerwG 1 C 26.14 -, juris Rn. 27,
62ist die streitgegenständliche Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere frei von Ermessensfehlern. Der Antragsteller hat weder einen Anspruch auf Aufhebung der Befristungsentscheidung noch auf eine kürzere Befristung.
63Bei der Entscheidung über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG, die von Amts wegen zu erfolgen hat (§ 11 Abs. 2 S. 1 AufenthG) handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, § 11 Abs. 3 S. 1 AufenthG. Diese ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich nur darauf, ob die Behörde das Ermessen in seiner Reichweite erkannt, ihre Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten hat, § 114 Satz 1 VwGO, § 40 VwVfG.
64Nach diesen Maßstäben begegnet die Befristungsentscheidung des Bundesamtes keinen rechtlichen Bedenken. Mit einer Befristung auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung hat das Bundesamt die Reichweite seines Ermessens nicht überschritten. Aus der Begründung ist zudem erkennbar, dass es seine Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet hat, indem es das öffentliche Interesse an dem Verbot einer kurzfristigen Wiedereinreise des Antragstellers mit dessen Interesse an einer erneuten Einreise in das Bundesgebiet abgewogen hat. Dabei hat es mit Hinweis darauf, dass besondere schutzwürdige Interessen des Antragstellers an einer kurzfristigen Wiedereinreise nicht ersichtlich sind, das öffentliche Interesse in nicht zu beanstandender Weise entsprechend seiner ständigen Verwaltungspraxis für vergleichbare Fälle gewichtet.
65Vgl. zur Überprüfung der Ermessensentscheidung nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG auch: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2017 ‑ 11 A 52/17.A ‑, Rdn. 110, juris.
66Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das Bundesamt diese Abwägung auf der Grundlage eines falschen Sachverhalts vorgenommen hätte oder sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt nachträglich in einer Weise verändert hätte, die eine Ergänzung der Ermessensausübung erfordern würde.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
68Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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